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  • · Fachbeitrag · Schadenersatz

    Auch bei formell unwirksamer Mieterkündigung haftet der Vermieter auf Schadenersatz

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Die Kündigung eines Mietverhältnisses, die von einem sachlichen Grund zur fristlosen Kündigung getragen ist, steht, auch wenn sie an einem formellen Mangel leidet, einem auf § 536a Abs. 1 BGB gestützten Ersatz derjenigen Schäden nicht entgegen, die darauf beruhen, dass der Mieter bestehende Mängel der Mietwohnung berechtigterweise zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhandenen Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch eine den Umständen nach angemessene neue Wohnung anzumieten (BGH 3.7.13, VIII ZR 191/12, Abruf-Nr. 132568).

     

    Sachverhalt

    Mit Anwaltsschreiben verlangten die Kläger eine Beseitigung des Schimmelbefalls in ihrer Wohnung und drohten für den Fall der Fristversäumung mit Kündigung. Ob diesem Schreiben eine Originalvollmacht beigefügt war, ist streitig. Mit Anwaltsschreiben vom 1.3.10 kündigten sie das Mietverhältnis wegen der streitigen Schimmelbildung fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.5.10. Die Beklagte wies die Kündigung u.a. deshalb zurück, weil ihr keine Vollmacht beigelegen habe. Die Kläger räumten am 31.3.10 und bezogen eine andere Wohnung. Ihre Schadenersatzklage (Mietdifferenz, Sachverständigen- und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) blieb in den Instanzen erfolglos. Der BGH verweist den Rechtsstreit an das LG zurück.

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Der BGH entscheidet erstmals, dass der Vermieter bei einer materiell begründeten Kündigung auch wenn sie formell fehlerhaft ist, gemäß § 536a Abs. 1 BGB Schadenersatz leisten muss. Er unterstellt für das Revisionsverfahren, dass die Mieträume von Anfang an wegen bauseitig begründeter Schimmelbildung mängelbehaftet sind und hiervon eine Gesundheitsgefahr ausgeht. Da die Beklagte ihre Verantwortlichkeit für die unterstellten Mängel bestritten und eine ihr zur Mängelbeseitigung gesetzte Frist fruchtlos hat verstreichen lassen, waren die Kläger gemäß § 543 Abs. 1 und 3, § 569 Abs. 1 BGB berechtigt, den Mietvertrag fristlos zu kündigen. Folge: Sie können nach § 536a Abs. 1 BGB Ersatz ihres Kündigungsfolgeschadens verlangen.

     

    Das Berufungsgericht hat aus BGH WuM 07, 570 abgeleitet, logische Voraussetzung für einen zu ersetzenden Kündigungsfolgeschaden sei eine wirksame Kündigung des Mieters aufgrund des Schadens. Hieran fehle es, weil die Beklagte die durch Anwaltsschreiben erklärte Kündigung der Kläger wegen fehlender Vollmacht unverzüglich zurückgewiesen habe (§ 174 BGB). Der BGH sieht hierin eine Fehlinterpretation seiner Entscheidung. Er stellt klar, dass die Ersatzpflicht für die Schäden, die durch den - unterstellt - mangelbedingten Umzug der Kläger in eine andere Wohnung entstanden sind, nicht von der Wirksamkeit des Ausspruchs der danach an sich berechtigten Kündigung der Kläger abhängt. Grund: Für eine zusätzliche Einschränkung der Ersatzpflicht des Vermieters dahingehend, dass diese ungeachtet des Kündigungsgrunds, der dadurch herausgeforderten Anmietung der Ersatzwohnung und einer damit verbundenen Freigabe der bisherigen Wohnung erst mit Ausspruch einer formell wirksamen Kündigung entstehen soll, gibt der Wortlaut des § 536a Abs. 1 BGB nichts her. Dieser knüpft für die Schadenersatzpflicht des Vermieters vielmehr nur an das sachliche Vorliegen der dort beschriebenen Mängel oder den Verzug mit der Mängelbeseitigung und einen dadurch verursachten Schaden an.

     

    Soweit es in WuM 07, 570 heißt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die Mietvertragspartei, die durch eine von ihr zu vertretende Vertragsverletzung die andere Partei zu einer „wirksamen“ außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags veranlasst hat, dieser zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens verpflichtet ist, betreffen die Ausführungen allein Fragen des Kündigungsgrunds und der Ersatzpflicht für hierdurch verursachte Schäden. Mit der Frage, ob zusätzliche Voraussetzung für eine Ersatzpflicht auch die formell wirksame Ausübung eines gegebenen Kündigungsrechts ist, hatte sich der Senat indessen bisher nicht befasst.

     

    Merke | Die Zurückweisung einer Kündigung nach § 174 BGB führt zwar zur Unwirksamkeit der Kündigung und damit zum Fortbestand des Mietverhältnisses, befreit den Vermieter aber nicht von einer bereits eingetretenen Ersatzpflicht nach § 536a Abs. 1 BGB.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 164 | ID 42293929