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  • · Fachbeitrag · Mietgebrauch

    Hausordnung: Wozu darf der Vermieter den Mieter im Einzelfall verpflichten?

    von RA Markus Wolf, Düsseldorf

    | Will der Vermieter dem Mieter in der Hausordnung Pflichten auferlegen, sind ihm Grenzen gesetzt. Unzulässig sind auf jeden Fall Pflichten, die nicht nur bloße Nebenpflichten sind. Darüber hinaus dürfen nur solche Nebenpflichten aufgebürdet werden, die den Mieter nicht unangemessen benachteiligen bzw. im Gebrauch der Mietsache nicht zu sehr einschränken und/oder nicht als überraschende Klauseln anzusehen sind ( MK 12, 50 ). Die folgende Übersicht behandelt einzelne Regelungsbereiche und zeigt, was in der Hausordnung geregelt werden darf. |

     

    Übersicht / Einzelfragen zur Hausordnung

    Empfang von Besuch

    Dem Mieter steht es grundsätzlich frei, ob, wann und wie viele Personen er in seine Wohnung zu sich nach Hause zu Besuch einlädt. Dies ist Ausfluss des durch Art. 14 GG verbürgten Besitzrechts an der Wohnung und des hieraus folgenden Hausrechts des Mieters (BGH NJW 07, 146; AG Köln WM 04, 673 ). Unzulässig ist daher z.B., wenn die Hausordnung vorschreibt, dass

    • der Mieter nach 22 Uhr keinen Besuch mehr empfangen darf,
    • der männliche Mieter keinen Damenbesuch empfangen darf (AG Wiesbaden ZMR 72, 350) oder
    • Einschränkungen zur Anzahl der Besucher und zur Häufigkeit des Besuchs gemacht werden(BGH NJW 04, 146). Liegt ein Dauerbesuch und damit quasi eine Gebrauchsüberlassung vor, kann dieser unzulässig sein (Dauerbesuch von 3 Monaten: AG Frankfurt a.M./Höchst 12.1.95, Hö 3 C 5179/94).

    Duschen/Baden

    Klauseln, wonach das Duschen und Baden zeitlich eingeschränkt ist, etwa ab 22.00 Uhr oder nachts untersagt ist, sind nach nahezu einhelliger Rechtsprechung unwirksam, weil Bade- und Duschgeräusche, auch zu Nachtzeiten, zum zulässigen und grundsätzlich nicht einschränkbaren, sozialadäquaten Mietgebrauch gehören (LG Köln NJW-RR 97, 1440 ).

    Teilweise wird insoweit aber eine zeitliche Schranke für zulässig erachtet, indem nächtliches Duschen, das länger als 30 Minuten andauert, als nicht mehr vom üblichen Mietgebrauch gedeckt angesehen werden kann (OLG Düsseldorf 5 Ss OWi 411/90). Allerdings ist fraglich, ob letztere Entscheidung ohne Weiteres auf die Zulässigkeit entsprechender Regeln in einer Hausordnung übertragbar ist, weil das OLG Düsseldorf dort in einem anderen Kontext - im Zusammenhang mit dem Landesimmissionsschutzgesetz - entschieden hat.

    Waschen in der Wohnung

    Häufig wird dem Mieter aufgrund der Hausordnung untersagt, seine Wäsche in der Wohnung zu waschen und auf das Waschen und Trocknen in der Waschküche verwiesen. Nach nahezu einhelliger Auffassung gehört das Waschen und Trocknen der Wäsche im Wohnraummietrecht zum Kernbereich des vertragsgemäßen Mietgebrauchs (LG Essen WuM 64, 64; LG Düsseldorf ZMR 60, 109). Dies gilt auch, wenn parallel die Möglichkeit besteht, die Wäsche in der Waschküche zu waschen. Denn die Waschküche soll vor allem denjenigen Mietern eine Waschmöglichkeit bieten, die in Ermangelung eines Waschmaschinenanschlusses oder aus Platzmangel in der Wohnung selbst keine Waschmaschine aufstellen können oder dort und nicht in der Wohnung ihre Wäsche zum Trocknen aufhängen möchten (OLG Frankfurt NJW-RR 02, 82).

    Im Wohnungseigentumsrecht stellt sich die Frage, ob und mit welcher Mehrheit das Waschen und Trocknen in der Wohnung durch Beschluss der Gemeinschaft untersagt werden kann. Nach wohl herrschender Auffassung kann ein entsprechendes Verbot nicht durch Mehrheitsbeschluss, sondern nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer wirksam angeordnet werden (OLG Frankfurt NJW-RR 02,82).

    Hausreinigung/Treppenhausreinigung

    Finden sich weder im Mietvertrag noch in der Hausordnung Regelungen zur Hausreinigung bzw. Treppenhausreinigung, obliegt diese dem Vermieter. Eine Abwälzung auf den Mieter im Rahmen der Hausordnung ist möglich und zulässig (OLG Köln NZM 05, 261; AG Wiesbaden NZM 01, 334).

    Abstellen von Kinderwagen/Rollatoren

    Das Abstellen von Kinderwagen und Rollatoren im Treppenhaus oder Hausflur kann in einer Hausordnung nicht per se wirksam verboten werden. Vielmehr sind die jeweiligen Einzelfallumstände (z.B. sonstige Abstellmöglichkeiten im Objekt, Vorhandensein eines Fahrstuhls) zu berücksichtigen. Einem Mieter kann das Abstellen von Kinderwagen und Rollatoren im Treppenhaus und/oder Hausflur jedenfalls nicht wirksam untersagt werden, wenn er auf diese Abstellmöglichkeit angewiesen ist und die Größe des Hausflurs das Abstellen ohne Versperren des Fluchtweges zulässt (BGH NJW 07, 146). Von einer Zulässigkeit wird man demnach z.B. in folgenden Konstellationen ausgehen können:

    • keine Abstellmöglichkeit in der Wohnung oder
    • Abstellmöglichkeit zwar gegeben, Mieter wohnt aber in Obergeschoss ohne Aufzug.

    Voraussetzung im Fall des Abstellens von Kinderwagen ist aber, dass der Kinderwagen für Kinder des Mieters bestimmt ist. Denn nur dann ist das Abstellen von Kinderwagen auf Gemeinschaftsflächen vom Mietzweck, der mit der Anmietung der Wohnung verfolgt wird, gedeckt. Kinderwagen Dritter dürfen demnach bestenfalls gelegentlich und gleichzeitig nur kurzzeitig in den Gemeinschaftsflächen abgestellt werden.

    Unabhängig von der Zulässigkeit entsprechender einschränkender Regelungen muss gewährleistet sein, dass die Fluchtwege im Brandfall frei gehalten und nicht versperrt sind.

    Musizieren/Musik

    Klauseln, die das Musizieren in Mietwohnungen generell untersagen sind unwirksam, weil das Musizieren vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 2 GG) umfasst ist, das in das Mietverhältnis hineinwirkt (LG Düsseldorf 22.12.89, 22 S 574/89).

    Das Recht des musizierenden Mieters findet jedoch seine Grenze an den Rechten der anderen Mieter auf Ruhe, Entspannung und Erholung. Vor diesem Hintergrund sind in Hausordnungen nur solche Klauseln als wirksam anzusehen, die einen Ausgleich zwischen den Interessen derjenigen Mieter, die ein Musikinstrument spielen und den Interessen der übrigen Mieter herstellen (LG Düsseldorf, a.a.O.; LG Frankfurt a. M. 12.10.89, 2/25 O 359/89). Da es im Einzelfall immer auf eine Vielzahl von Umständen, wie etwa Art und Lautstärke des Musikinstruments und Hellhörigkeit bzw. Schallisolierung des Hauses ankommt, die Regelung in einer Hausordnung aber allgemeinen Charakter hat, ist dem Vermieter zu empfehlen, sich an den allgemeinen Ruhezeiten (13  bis 15 Uhr, 22 bis 7 Uhr) zu orientieren (BGH 10.9.98, V ZB 11/98 ; LG Frankfurt a.M., a.a.O.).

    Übertragen auf das Musik-Hören sind Klauseln zulässig, welche generell die Verpflichtung auferlegen, Musik nur in Zimmerlautstärke zu hören. Zimmerlautstärke ist als eine Lautstärke zu definieren, die in den Nachbarwohnungen nur noch so zu hören ist, wie die allgemeinen für das betreffende Haus typischen Wohngeräusche des täglichen Lebens (LG Hamburg 12.7.95, 317 T 48/95).

    Grillen auf dem Balkon

    Jedes Jahr aufs Neue kommt es im Sommer zu Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Zulässigkeit des Grillens auf dem Balkon. Ob und inwieweit dies untersagt werden kann, wird nicht einheitlich beantwortet. Das LG Essen hält es für zulässig, in der Hausordnung für ein Mehrfamilienhaus das Grillen ausnahmslos zu untersagen (LG Essen 7.2.02, 9 C230/01-). Dies soll gleichermaßen für Holzkohle- wie für Elektrogrill gelten, weil beide Rauch und Gerüche zur Folge haben, die andere Mieter belästigen können (LG Essen, a.a.O.).

    Ruhezeiten/Lärm

    Die Vereinbarung von Ruhezeiten ist unproblematisch. Folgende Ruhezeiten sind üblich und können wirksam zwischen den Mietvertragsparteien vereinbart werden: 12 bis 15 Uhr, 22 bis 7 Uhr und sonntags.

    Hinsichtlich der Zulässigkeit der unterschiedlichen Lärmquellen können nur Anhaltspunkte gegeben werden, weil es insoweit maßgeblich auf die besonderen Einzelfallumstände ankommt. Im Rahmen der Abwägung sind vor allem die Art der Wohnanlage (Familien-Wohnpark, gemischt genutzte Einheiten aus Gewerbe und Wohnraum), deren Hellhörigkeit sowie Art und Intensität etwaigen Umgebungslärms (z.B. Straßenlärm, Kirchenglocken, etc.) zu berücksichtigen.

    Winterdienst (Schneeräumpflicht/Streupflicht)

    Ob und inwieweit der Vermieter die Pflicht zum Winterdienst im Rahmen der Hausordnung auf den Mieter abwälzen kann, ist umstritten.

    Einerseits wird vertreten, dass der Mieter durch eine Regelung in der Hausordnung ohne Weiteres zum Winterdienst verpflichtet werden kann (OLG Frankfurt NJW 89,41 ; LG Karlsruhe ZMR 06, 698 ), andererseits wird die Abwälzung im Rahmen der Hausordnung als unzulässig angesehen (OLG Dresden 20.6.96, 7 U 905/96; LG Frankfurt a.M. WuM 88, 120; LG Marburg 1.8.90, 5 S 58/90; AG Köln 27.1.11, 210 C 107/10). Die Unzulässigkeit wird teils wegen des erheblichen Haftungsrisikos, das mit der Übertragung des Winterdienstes einhergeht, teils wegen Einordnung als überraschender Klausel i.S. des § 305c BGB und teils damit begründet, dass es sich um eine wesentliche Pflicht handelt, die nur im Mietvertrag selbst auf den Mieter abgewälzt werden kann.

    Beachte | Dem Vermieter ist aufgrund der umstrittenen Rechtslage zu empfehlen, eine Übertragung des Winterdienstes im Mietvertrag selbst vorzunehmen. Der Mieter wiederum, dem wirksam diese Verpflichtung auferlegt worden ist, sollte - sofern er nicht über die Versicherung des Hauseigentümers abgesichert ist - unbedingt über eine Haftpflichtversicherung verfügen, die etwaige (Glatteis-) Schäden aus der Verletzung der Winterdienstpflicht abdeckt.

    Selbst im Fall einer wirksamen Abwälzung auf den Mieter hat sich der Vermieter seiner Verkehrssicherungspflicht nicht vollständig entledigt. Denn der Vermieter bleibt zur Überwachung und Kontrolle verpflichtet, ob der Mieter den übertragenen Winterdienst auch tatsächlich und ausreichend vorgenommen hat. Verletzt sich ein Fußgänger bei einem Glatteisunfall und hat der Vermieter weder am Unfalltag noch sonst die ordnungsgemäße Erledigung des Winterdienstes überprüft, hat der Vermieter seine Überwachungspflicht verletzt und sich schadenersatzpflichtig gemacht (OLG Stuttgart 21.2.00, 5 U 75/99).

    Tierhaltung

    Unstreitig ist, dass Klauseln in einer Hausordnung, die das Halten von Tieren ausnahmslos untersagen, unzulässig sind, weil die Tierhaltung grundsätzlich zum vertragsgemäßen Mietgebrauch gehört und vom Besitzrecht des Mieters gedeckt ist. Für allgemein zulässig erachtet wird demgegenüber eine Verbotsklausel, wenn Kleintiere vom Tierhaltungsverbot ausgenommen sind (BGH NJW 08, 218; LG Freiburg WuM 97, 175). Zulässig ist es auch, die Tierhaltung von der Zustimmung des Vermieters bzw. des Verwalters abhängig zu machen. Die Zustimmung darf dann aber nur bei Vorliegen sachlicher Gründe verweigert werden.

    Unproblematisch ist es, das Halten von Kampfhunden durch die Hausordnung zu verbieten, da die Haltung derartiger Hunde nach ganz überwiegender Auffassung weder in Mehr- noch in Einfamilienhäusern zum vertragsgemäßen Mietgebrauch gehört (LG Krefeld NJW-RR 97, 332; LG Gießen NJW 95, 268; AG Spandau GE 02, 670; a.A. LG Berlin GE 05, 871).

    Schließen der Haustür

    Unabhängig davon, ob entsprechende Regelungen, wonach die Haustür ab einer bestimmten Uhrzeit verschlossen zu halten, wirksam sind, sollten sich der Vermieter bzw. die Wohnungseigentümergemeinschaft gut überlegen, ob eine solche Regelung sinnvoll ist. Denn im Brandfall können dadurch den Hausbewohnern die Flucht und der Feuerwehr die Rettung erschwert werden.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2012 | Seite 65 | ID 31799880