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  • · Fachbeitrag · Steuererklärung

    Praxisfragen zur Rückzahlung von Corona-Soforthilfen bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung

    von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

    | Im Frühjahr 2020 ist vielen Unternehmern eine Corona-Soforthilfe von 9.000 Euro gewährt worden. Im weiteren Jahresverlauf hat sich dann oft herausgestellt, dass die Hilfe nicht benötigt wurde und zurückzuzahlen war. Doch wie wirkt sich die Rückzahlung bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung aus und welche Risiken drohen, wenn die Rückzahlung erst im Folgejahr 2021 erfolgt? SSP klärt auf. |

    Corona-Soforthilfe in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung

    Ermitteln Sie den Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG), gilt für die Betriebseinnahmen und -ausgaben § 11 EStG. Danach haben Sie Betriebseinnahmen im Zeitpunkt des Zuflusses (z. B. Gutschrift auf dem Konto) und Betriebsausgaben im Zeitpunkt des Abflusses (z. B. Abbuchung auf dem Konto) zu berücksichtigen. Haben Sie eine Corona-Soforthilfe erhalten, handelt es sich um eine steuerpflichtige Betriebseinnahme.

     

    Die Zahlung erfolgt aus betrieblichen und nicht aus privaten Gründen. Ein Wahlrecht zur erfolgsneutralen Behandlung der Corona-Soforthilfe nach R 6.5 Abs. 2 EStR (BFH, Urteil vom 29.11.2007, Az. IV R 81/05, Abruf-Nr. 081121) haben Sie nicht, weil die Hilfe sich nicht konkreten Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern zuordnen lässt. Entsprechend handelt es sich bei der Rückzahlung um eine Betriebsausgabe. Erfolgen Aus- und Rückzahlung in einem Jahr, müssen Sie folglich nur die Differenz zwischen beiden Beträgen versteuern. Erfolgte die Auszahlung hingegen im Jahr 2020 und die Rückzahlung im Jahr 2021, müssen Sie mit der Steuererklärung für 2020 zunächst die (bereits zurückgezahlten) Corona-Hilfen versteuern. Erst mit Abgabe der Erklärung für 2021 erhalten Sie den zurückgezahlten Betrag als Betriebsausgabe. Es kann daher zu erheblichen Schwankungen in der Einkommensprogression kommen.

     

    Wichtig | Gemäß § 4 Abs. 3 S. 2 EStG bleiben durchlaufende Posten in Ihrer Gewinnermittlung unberücksichtigt. Das sind Gelder, die Sie im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt haben. Die Corona-Soforthilfe haben Sie jedoch auch bei bestehender Rückzahlungsverpflichtung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vereinnahmt und verausgabt. Sie ist kein erfolgsneutraler durchlaufender Posten.

    Auswirkungen auf die Gewerbesteuer

    Ausgangsgröße für die Gewerbesteuer ist Ihr Gewinn aus Gewerbebetrieb. Er wird nach einkommensteuerlichen Grundsätzen ermittelt (§ 7 S. 1 GewStG). Die Corona-Soforthilfe wirkt sich also auch auf die Gewerbesteuer aus. Erfolgen Aus- und Rückzahlung in einem Jahr, muss nur der Differenzbetrag versteuert werden. Bei Aus- und Rückzahlung in verschiedenen Jahren kann deshalb eine deutliche Mehrbelastung entstehen:

     

    • Beispiel

    Alfred Lutz ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (EÜR). Im Jahr 2020 wurde ihm eine Corona-Soforthilfe ausgezahlt (9.000 Euro). Da er tatsächlich keine Einbußen verzeichnete, hat er sie im Jahr 2021 in voller Höhe zurückgezahlt. Ohne die Soforthilfe belief sich sein Gewinn 2020 und 2021 auf je 24.000 Euro.

     

    Lösung: Die ausgezahlte Soforthilfe erhöht den Gewinn des Jahres 2020 auf 33.000 Euro und die zurückgezahlte Soforthilfe mindert den Gewinn des Jahres 2021 auf 15.000 Euro. Es kommt zu erheblichen Progressionsverschiebungen im Bereich der Einkommensteuer. Zudem muss Alfred für das Jahr 2020 Gewerbesteuer zahlen, da er mit seinem Gewinn von 33.000 Euro den Freibetrag von 24.500 Euro um 8.500 Euro überschreitet. Die Gewerbesteuerbelastung beträgt rund 1.190 Euro (Hebesatz 400 Prozent). Im Jahr 2021 beträgt die Gewerbesteuer null Euro, da der Gewinn unterhalb des Freibetrags liegt. Hätte Alfred die Soforthilfe bereits 2020 zurückgezahlt, wäre in keinem der Jahre Gewerbesteuer angefallen (Gewinn jeweils unterhalb des Freibetrags von 24.500 Euro).

     

    Wichtig | Die Gewerbesteuer ist bis zu einem Hebesatz von 400 Prozent auf die Einkommensteuer anzurechnen (§ 35 EStG). Erfolgt eine Anrechnung, liegt keine Mehrbelastung vor. Kommt es dagegen mangels entsprechend hoher Einkommensteuerfestsetzung nicht zur Anrechnung (z. B. Verluste aus anderen Einkunftsarten), führt die Gewerbesteuer zu einer echten Mehrbelastung. Herr Lutz könnte für 2020 den Gewinn freiwillig durch eine Bilanz (§ 4 Abs. 1 EStG) ermitteln. War für ihn bereits bis zum Ende des Jahres 2020 erkennbar, dass er die Soforthilfe zurückzahlen muss und hat er die Behörde bereits darüber unterrichtet, wäre noch 2020 eine Rückstellung in Höhe der voraussichtlichen Rückzahlungsverpflichtung einzustellen. Sein Gewinn 2020 würde sich um die Rückzahlungsverpflichtung reduzieren und nur 24.000 Euro betragen. Die Gewerbesteuerbelastung würde vermieden.

    Auswirkungen auf die Umsatzsteuer

    Damit ein Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegt, muss ein Leistungsaustausch vorliegen. Haben Sie eine Corona-Soforthilfe erhalten, mangelt es hieran. Denn der Staat erhält für die Soforthilfe von Ihnen keine direkte, erkennbare Gegenleistung. Corona-Soforthilfen sind deshalb nicht steuerbare echte Zuschüsse. Sie sind weder in den Umsatzsteuervoranmeldungen noch in der Jahresanmeldung anzugeben. Gleiches gilt für Rückzahlungen von Soforthilfen (FAQ Corona, Stand 15.09.2021 ‒ XII., Tz. 3).

     

    PRAXISTIPP | Sind Sie als Kleinunternehmer (§ 19 UStG) tätig, hat die Corona-Soforthilfe keine Auswirkung auf die Umsatzgrenze von 22.000 Euro jährlich. Liegen bei Ihnen folglich Betriebseinnahmen in Höhe von 30.000 Euro vor und ist darin eine Corona-Soforthilfe von 9.000 Euro enthalten, liegt der für die Kleinunternehmerregelung maßgebende Umsatz bei nur 21.000 Euro. Im Folgejahr kann damit weiterhin die Kleinunternehmerregelung genutzt werden.

     

    NRW-Corona-Soforthilfe 2.000 Euro für Lebenshaltung

    Während im Frühjahr 2020 bundesweit Corona-Soforthilfen ausgezahlt wurden, konnten Unternehmer in Nordrhein-Westfalen bei Erfüllung der Voraussetzungen und Beantragung im März/April 2020 eine Pauschale von 2.000 Euro für Lebenshaltungskosten beanspruchen. In der Praxis stellt sich die Frage, ob diese Pauschale steuerpflichtig ist oder steuerfrei vereinnahmt werden kann.

     

    Die steuerlich zutreffende Einordnung ist umstritten

    Wie diese Pauschale steuerlich einzuordnen ist, ist aktuell umstritten. Es existiert einerseits die Auffassung, dass es sich um steuerpflichtige Betriebseinnahmen handelt. Andererseits könnte es sich auch um nicht steuerbare Einnahmen handeln.

     

    • Die Argumentation für „nicht steuerbare Einnahmen“: Damit die Soforthilfe der Einkommensteuer unterliegt, muss sie betrieblich veranlasst sein (§ 4 Abs. 4 EStG im Umkehrschluss). Wird die Pauschale von 2.000 Euro zur Deckung des privaten Lebensunterhalts gezahlt, liegt keine betriebliche Veranlassung vor. Die Zahlung ist als Privateinlage zu behandeln.

     

    • Die Argumentation für „steuerpflichtige Betriebseinnahmen“: Die pauschale Zahlung für Lebenshaltungskosten ergibt sich sehr wohl aus dem betrieblichen Bereich. Denn sie ist einerseits an einen betrieblich veranlassten Liquiditätsengpass gebunden und soll zum anderen die Beträge ausgleichen, die der Unternehmer dem betrieblichen Bereich für private Zwecke entnommen bzw. sich als fiktiven Unternehmerlohn gezahlt hätte. Damit muss die Pauschale zunächst dem betrieblichen Bereich zufließen und dort berücksichtigt werden. Im Anschluss kann der Unternehmer diese entnehmen. Auch aus den Corona-FAQ-NRW ergibt sich, dass die Zahlung steuerpflichtig sein soll (Tz. 4.1 und 5.6).

     

    Die Empfehlung von SSP

    Zur zutreffenden steuerlichen Einordnung existieren weder Rechtsprechung noch Verwaltungsvorschriften der Landesfinanzbehörden. Aufgrund der umstrittenen Einordnung empfiehlt SSP, die Zahlung als steuerpflichtige Betriebseinnahme anzusetzen und im Anschluss gegen entsprechende Steuerfestsetzungen ein kostenloses Einspruchsverfahren zu führen.

     

    Sollte das Finanzamt diesem nicht stattgeben, sollte der Einspruch möglichst lange offengehalten werden. Vielleicht ergibt sich ein Musterprozess. Ohne Musterprozess ist im Zweifel zu entscheiden, ob ein kostenpflichtiges Klageverfahren geführt wird. Die Erfolgsaussichten dürften aus Sicht des Autors aber gering sein.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Corona-Prämie: Zahlungsfrist wird bis zum 31.03.2022 verlängert“, SSP 6/2021, Seite 3 → Abruf-Nr. 47390053
    Quelle: Ausgabe 11 / 2021 | Seite 23 | ID 47651741

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