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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 31.08.2005 – V 2/04

    Überprüfung der Bewertungen zur Steuerberaterprüfung im Überdenkensverfahren auch hinsichtlich des Bewertungsmaßstabes


    Tatbestand

    Der Kläger nahm an der schriftlichen Steuerberaterprüfung 2003 - seine erste Wiederholungsprüfung - teil. Die von ihm gefertigten Aufsichtsarbeiten wurden unter Verwendung von Musterlösungen mit Bewertungsvorschlägen wie folgt bewertet (erreichbare Punktzahl jeweils 100):

    1. Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete:Note 4,5
    2. Steuern vom Einkommen und Ertrag:Note 5
    3. Buchführung und Bilanzwesen: Note 5
    Gesamtnote 4,83


    In Hamburg bestanden von den 436 Kandidaten, die die schriftliche Prüfung ablegten, 253 (58%) die Steuerberaterprüfung 2003 nicht. An der schriftlichen Prüfung hatten 121 Kandidaten teilgenommen, die sich - wie der Kläger - im zweiten Versuch befanden. Von diesen bestanden 47,9% die schriftliche Prüfung nicht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Aufstellungen der Beklagten über die Ergebnisse der Steuerberaterprüfungen Hamburg für 1999 bis 2003 (Blatt 99 FG-Akte), über die Ergebnisse der Steuerberaterprüfung 2003 in allen Bundesländern (Blatt 97 FG-Akte) und über die Aufgliederung der Rücktritte während der Steuerberaterprüfungen 1994 - 2004 (Blatt 179 FG-Akte) Bezug genommen.

    Mit Bescheid vom 15.12.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe, weil die Gesamtnote für die Prüfung die Zahl 4,5 übersteigt. Am 07.01.2004 hat der Kläger gegen die Prüfungsentscheidung Klage erhoben.

    Er hält die Prüfungsentscheidung für rechtswidrig, weil die Prüfer seine Aufsichtsarbeit „Buchführung und Bilanzwesen” nicht zutreffend bewertet hätten. Die Beanstandungen für diese Klausur stellte der Kläger in seinen Schriftsätzen vom 16.02.2004 (Blatt 11 ff., 16 bis 29 FG-Akte) sowie vom 12.08.2004 (Blatt 103 ff., 104 bis 111 FG-Akte) zusammen, auf die Bezug genommen wird. Unter Berücksichtigung der Korrektur-Beanstandungen hält er eine Vergabe zusätzlicher 20 Punkte (insgesamt 55,5 Punkte) und eine Benotung der Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” mit 4,0 sowie als Gesamtnote zumindest 4,5 für zutreffend.

    Im Einzelnen reklamiert er - nach Durchführung des Überdenkensverfahrens - noch folgende zusätzlichen Punkte, wobei sich die Wertungspunkte auf die in den bundes-einheitlichen Musterlösungen enthaltenen, regelmäßig auf insgesamt 100 Punkte bepunkteten Lösungsschritte beziehen:

    Wertungspunkt/e zusätzliche/r vom Kläger beanspruchte/r Punkt/e
    7,81,5
    91
    101
    11, 121
    131
    150,5
    281
    290,5
    30, 311
    381
    39 - 412
    43, 441
    45 - 471,5
    58, 591
    621
    781
    830,5
    Summe17,5


    Während des finanzgerichtlichen Verfahrens hat der Kläger beantragt, das Überdenkensverfahren gemäß § 29 DVStB durchzuführen. Er wendet sich gegen den Bewertungsmaßstab für alle drei Klausuren und gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeit „Buchführung und Bilanzwesen” im Einzelnen. Unter dem 07.06.2004 haben die Erst- und Zweitkorrektoren der Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” eine gemeinsame Stellungnahme zu den Einwendungen des Klägers verfasst, mit der sie im Ergebnis weitere 2,5 Punkte (insgesamt 38 Punkte) vergeben haben und bei der Benotung mit einer 5 geblieben sind. Auf die Stellungnahme der Prüfer, Bl. 60 bis 68 FG-Akte, wird Bezug genommen. Das Ergebnis des Überdenkensverfahrens ist dem Kläger mit Schreiben vom 18.06.2004 unter Beifügung - nur - der schriftlichen Stellungnahme der Korrektoren der Klausur Buchführung und Bilanz mitgeteilt worden. Auch nach erneuter Überprüfung (Schreiben vom 31.03.2005) der Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” auf Grund der Einwendungen des Klägers im Schreiben vom 12.08.2004 sind die Korrektoren bei ihrer Einschätzung geblieben.

    Für die Klausur „Steuern vom Einkommen und Ertrag” hat der Erstkorrektor am 14.04.2004 und der Zweitkorrektor am 23.04.2004 eine Stellungnahme im Überdenkensverfahren abgegeben. Für die Klausur „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” haben die Erstkorrektorin und der Zweitkorrektor eine gemeinsame Stellungnahme im Überdenkensverfahren am 29.03.2004 abgegeben. Nachdem dem Kläger die Ergebnisse dieser beiden Überdenkensverfahren während des finanzgerichtlichen Verfahrens bereits mitgeteilt worden waren (FG-Akte Bl. 70), wurden ihm sowie dem erkennenden Senat erst in der mündlichen Verhandlung Kopien jener Stellungnahmen ausgehändigt. Da sich die Gesamtnote dadurch nicht verbesserte, änderte die Beklagte den angefochtenen Prüfungsbescheid nicht.

    Über die seiner Auffassung nach fehlerhafte Bewertung seiner schriftlichen Leistungen in der Aufsichtsarbeit „Buchführung und Bilanzwesen” hinaus macht der Kläger für die Bewertung aller drei Klausuren geltend: Die Prüfungsanforderungen seien überspannt gewesen. Als konkrete Indizien für die Überspannung der Prüfungsanforderungen seien zu berücksichtigen: 1. die hohe Durchfallquote in Hamburg, 2. die Überlänge der Klausuren, 3. die Streubreite der vergebenen Noten, 4. die unterschiedliche Bewertung der Klausuren in den einzelnen Bundesländern, 5. die Stellungnahme renommierter Kursanbieter, 6. das Störgefühl auch anderer Prüfungsteilnehmer und 7. die Ausführungen der hessischen Prüfungsbehörde.

    zu 1. Die Durchfallquote des Prüfungsjahres 2003/2004 liege bei annähernd 70%, in anderen Bundesländern noch darüber, ohne dass die Ergebnisse der mündlichen Prüfung berücksichtigt seien. Für die Bewertung der Klausuren sei deshalb ein besonders milder Bewertungsmaßstab angezeigt. Die auffällig hohe Durchfallquote in Hamburg stelle ein Indiz für überspannte Prüfungsanforderungen dar.

    Die Versuche der Beklagten, die hohe Durchfallquote zu relativieren und an der mangelnden Eignung sowie Vorbereitung der Kandidaten festzumachen, beinhalteten nicht belegte Behauptungen. Der deutliche Anstieg der Durchfallquote in den Jahren 2002 und 2003 zeige die überzogenen Anforderungen in den Examina. Man könne nicht ernsthaft behaupten wollen, dass 50 bis 80% (je nach Bundesland) aller Teilnehmer unvorbereitet in die Prüfung gegangen sein; diese Quote dürfte bei allenfalls 10% liegen.

    zu 2. Ein weiteres Indiz für überspannte Prüfungsanforderungen sei die Tatsache, dass die Klausuren für die zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit von sechs Stunden zu lang gewesen seien. Kein Prüfungsteilnehmer sei in der Lage gewesen, in der verfügbaren Zeit in Bezug auf die Sachverhalte der schriftlichen Steuerberaterprüfung 2003, alles vollständig zu lesen, vollständig zu bearbeiten und anschließend vollständig niederzuschreiben. Er, der Kläger, habe für jede der drei Klausuren den Zeitaufwand für die rein mechanischen Vorgänge überprüft. Er habe für das zweimalige Durchlesen des jeweiligen Aufgabentextes in üblicher Lesegeschwindigkeit und das Abschreiben der jeweiligen Musterlösung - 6,8 Stunden für die Aufsichtsarbeit „Verfahrensrecht und andere Rechtsgebiete”, - 6,8 Stunden für die Aufsichtsarbeit „Steuern vom Einkommen und Ertrag” und - 6,05 Stunden für die Aufsichtsarbeit „Buchführung und Bilanzwesen” benötigt. Danach wäre Zeit für das rechtliche Durchdenken des Sachverhalts, für das Lesen der einschlägigen Normen und das Abwägen von Für und Wider für eine bestimmte Lösung im Rahmen der Subsumtion nicht mehr möglich gewesen. Auch sei dem Kläger eine Toilettenpause von fünf Minuten zuzubilligen. Keinesfalls dürfe die Aufgabenstellung aber so lang sein, dass eine hinreichende Beschäftigung mit dem komplexen Sachverhalt unmöglich sei. Dieser Selbstversuch sei nicht untauglich und substantiiere seinen Vortrag im Hinblick auf die überzogenen Prüfungsanforderungen.

    Zum Beweise dafür, dass in der vorgegebenen Zeit - die Klausur „Verfahrensrecht und andere Rechtsgebiete” nur zu 80%, - die Klausur „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag” ebenfalls nur zu 80% und - die Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” nur zu 85% hätten bearbeitet werden können, beantrage er die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

    Es liege in derart überzogenen Prüfungsanforderungen ein Verstoß gegen Art. 12 Grundgesetz vor. Den gerichtsfreien Beurteilungsspielraum hätten die Prüfer dadurch überschritten bzw. nicht in dem gebotenen Umfang ausgeübt - und dadurch die Verfassung verletzt -, indem sie durch zu lange Klausuren überzogene Prüfungsanforderungen nicht durch einen milderen Beurteilungsmaßstab (auch nicht nachträglich im Überdenkensverfahren) abgemildert hätten. Überzogene Prüfungsanforderungen kämen auch dadurch zum Ausdruck, dass die Prüfer in der Darstellung ihres Gesamteindrucks zur Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” ausgeführt hätten, dass er, der Kläger, „in weiten Teilen der Klausur die Problembereiche nicht - wie in der Aufgabenstellung gefordert - erschöpfend beurteilt” habe.

    Zum Beweise dafür, dass die Klausuren des Steuerberaterexamens 2003 nicht in vollem Umfang zu bearbeiten/lösbar und damit die Prüfungsanforderungen überzogen gewesen seien, beziehe er sich auf das Zeugnis der Oberfinanzpräsidenten der Oberfinanzdirektion Düsseldorf, Münster, Karlsruhe, Stuttgart, Koblenz und Chemnitz sowie des Präsidenten des Landesamtes für Finanzen Saarbrücken und des Senators für Finanzen, Bremen (Blatt 115, 116 FG-Akte). In der in diesen sechs Bundesländern vorgenommenen Aufwertung der Klausuren liege ein Indiz für überzogene Prüfungsanforderungen.

    Er sei nicht der Auffassung, dass der Inhalt der Klausuren „zu schwer”, also vom Niveau her zu hoch angesiedelt gewesen sei. Er trete der Darstellung des Beklagten entgegen, dass er, der Kläger, im Steuerrecht ahnungslos (Seite 6 des Schriftsatzes des Beklagten vom 12.07.2004) und des Lesens juristischer Sachverhalte kaum mächtig sei (Seite 12 desselben Schriftsatzes des Beklagten). Er beherrsche durchaus die Fähigkeit des (zügigen) Lesens. Er habe einen juristischen Universitätsabschluss mit Promotion und sei es von seinem Studium gewohnt, mit komplexen, juristischen Sachverhalten und Texten umzugehen und diese unter Zeitdruck zu lesen. Es sei nicht davon auszugehen, dass bei ihm eine Leseschwäche vorliege. Zum Beweis dafür, dass die von ihm behaupteten Lesezeiten benötigt würden, beziehe er sich auf ein Sachverständigengutachten.

    Er habe sein erstes und zweites juristisches Staatsexamen mit der Note befriedigend bestanden. Seine Dissertation und das Rigorosum seien mit „magna cum laude” bewertet worden. Der Zeugnisdurchschnitt der Stationen im Referendariat liege bei 13,3 Punkten. Diese Noten verdeutlichten, dass er, der Kläger, eine „ordentliche” juristische Qualifikation besitze und sein juristisches Handwerkszeug beherrsche. An der „juristischen Grundqualifikation” des Klägers könne es nicht liegen.

    Seine Qualifikation im Steuerrecht sei durch - die Teilnahme an steuerrechtlichen Vorlesungen während des Studiums, - den mit Erfolg im Referendariat bestandenen „Fachanwaltslehrgang im Steuerrecht”, - die Absolvierung seiner steuerlich ausgerichteten Anwaltsstation bei ... A (Bewertung mit 13 Punkten), - eine Station beim Finanzamt Hamburg-... während des Referendariats (Bewertung mit 15 Punkten), - die Arbeit als angestellter Rechtsanwalt bei A im Bereich der Wirtschaftsprüfung mit Befassung vornehmlich steuerlicher Fragen, - die Vorbereitung mit dem B-Fernkurs auf die Steuerberaterprüfung 2002 und - die Absolvierung diverser Kurse beim Lehrgangswerk C in S sowie - die Teilnahme an zwei Klausurenkursen erfolgt. Er habe in der Zeit von Juni 2002 bis Oktober 2003 ausschließlich für das Steuerberaterexamen gelernt und weit mehr als 70 Übungsklausuren geschrieben.

    Er beantrage die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob ein durchschnittlich begabter Steuerberateranwärter unter Berücksichtigung seiner Berufserfahrung nach § 36 StBerG in Bezug auf alle drei schriftlichen Aufsichtsarbeiten der Steuerberaterprüfung 2003 in der vorgegebenen Bearbeitungszeit von jeweils 6 Stunden alle Aufgaben vollständig lesen, rechtlich und rechnerisch vollständig bearbeiten und vollständig zu Papier bringen könnte, wie es die Musterlösungen des Beklagten verlangten bzw. wenn dies nicht der Fall sein sollte, wie viel Prozent jeder einzelnen Klausur würde vollständig bearbeitet werden können.

    zu 3. Ein weiteres Indiz für die Überspannung der Prüfungsanforderungen sei die Streubreite der vergebenen Noten. Die Notenstufen 1 und 2 seien faktisch nicht vergeben worden und auch nicht erreichbar gewesen. Das Steuerberaterexamen 2003 scheine nur die Noten 4 bis 6 zu kennen, wobei der Schwerpunkt im Bereich der 5 bis 5,5 gelegen haben dürfte. Auch in einer inhomogenen Gruppe, die die Beklagte anführe, müsse es eine angemessene Gruppe befriedigender, guter und sehr guter Bewerber geben. Im Steuerberaterexamen 2003 in Hamburg habe es aber keine 1 und 2 und wohl auch keine 3 gegeben. Zum Beweise der Behauptung der ungleichen Notenverteilung und dass nahezu alle Teilnehmer nicht 100% der Aufgabe hätten bearbeiten können, beziehe er sich auf die Vorlage der entsprechenden Statistik der Beklagten, alternativ auf die Vorlage aller in Hamburg gefertigten Klausuren.

    zu 4. In anderen Bundesländern (z.B. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen) sei es zumindest hinsichtlich der Aufsichtsarbeit „Steuern vom Einkommen und Ertrag” zu einer Senkung der Höchstpunktzahl und damit zu einem milderen Beurteilungsmaßstab gekommen. Alle drei Aufsichtsarbeiten des Klägers hätten eines derartigen Ausgleichs bedurft. Unter Zugrundelegung der in Baden-Württemberg geltenden Benotung hätte der Kläger mit seinen erreichten 32,5 Punkten die Note 4,0 erhalten. Die Aufwertung der Klausuren unter Zugrundelegung eines Bearbeitungsumfangs von 80% bzw. von 85 Prozent für die Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” führe zu folgender Benotung: - Klausur „Verfahrensrecht und andere Rechtsgebiete” (80%) es: 4,0 - Klausur „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag” (80%): 4,5 - Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” (85%): 4,5 (bzw. 3,5 unter Berücksichtigung der ihm, dem Kläger, insgesamt zustehenden Bewertung von 55,5 Punkten). - Damit ergebe sich eine Gesamtnote von 4,33 bzw. 4,0 (55,5 Punkte).

    Die unterschiedliche Behandlung der Klausuren in Berlin und Baden-Württemberg zeige eine Abhängigkeit von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland auf.

    Der Hamburger Arbeits- und Beratungsmarkt verkrafte offenbar mehr neue Steuerberater als Berlin, aber deutlich weniger als Baden-Württemberg. Niemand in Deutschland dürfe jedoch wegen seines Wohnortes in einem bestimmten Bundesland bei bundeseinheitlichen Regelungen benachteiligt werden. Die Steuerberaterprüfung sei eine bundeseinheitliche Prüfung. Sie sei im Steuerberatungsgesetz und in der DVStB bundeseinheitlich geregelt. Der geprüfte Steuerberater könne seinen Beruf in der ganzen Bundesrepublik ausüben.

    zu 5. Renommierte Kursanbieter hätten sich wegen der hohen Durchfallquote und des Umfangs der Klausuren kritisch zu dem Ergebnis der Prüfung 2003 geäußert. Die Kursanbieter B und C seien sehr gut in der Lage, den Schwierigkeitsgrad bzw. die Länge der Klausuren einzuschätzen. Auch die Berliner Praktiker hätten zu Recht auf die massive Überforderung der Kandidaten hingewiesen. Da dies auf Grund der bundesweit gleichen Klausuren auch die Hamburger Kandidaten betreffe - das Schreiben habe verallgemeinernde und über die Grenzen Berlins hinausgehende Wirkung -, beziehe er sich zum Beweise dafür, dass die Stofffülle in der vorgegebenen Bearbeitungszeit nicht vollständig zu bearbeiten gewesen sei auf das Zeugnis - des Präsidenten des Steuerberaterkammer Berlin, - des Vorstands der Ernst & Young AG Berlin, - des Vorstands der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG Berlin, - des Vorstands der PWC Deutsche Revision AG Berlin, - der geschäftsführenden Partner Deloitte & Touche GmbH Berlin, - des Vorstands BDO Deutsche Warentreuhand AG Hamburg, - des Herrn Ruprecht Röver (Röver & Partner KG) Berlin, - des Herrn Dr. Gerhard Müller-Kröncke (MKKD Müller-Kröncke und Droege GmbH) Berlin und - des Herrn Prof. Dr. Herbert Bültmann (Präsident a.D. FG Berlin) Berlin (Blatt 117, 118 FG-Akte).

    Die Steuerberaterkammer Berlin habe in ihrer Kammermitteilung II 2004 darauf hingewiesen, dass Ursache der Durchfallquote der letzten beiden Durchgänge auch „die häufig nicht praxisgerechten und viel zu komplexen Aufgabenstellungen” gewesen seien. Auf ihre Initiative hin würden die Klausuren nunmehr von Absolventen der Finanzfachhochschule probegeschrieben und anschließend einer kritischen Beurteilung unterzogen. Die Einsicht der Behörde zeige deutlich, dass es 2003 Überspannungen gegeben habe. Für 2003 könne dies nur bedeuten, dass ein Bewertungsausgleich vorzunehmen sei.

    Schließlich habe auch der für Prüfungen bei der Oberfinanzdirektion Berlin zuständige Beamte D festgestellt, dass Verbesserungsbedarf bestehe. Jedenfalls seien die Klausurfindungskommission und die Klausurüberprüfungskommission nicht geeignet, Überspannungen der Prüfungsanforderungen festzustellen und zu verhindern. Die Beklagte habe bis zum Prüfungsjahr 2003 keine geeigneten Vorprüfungsinstrumente gehabt und damit die Fürsorgepflicht für den Prüfling verletzt.

    zu 6. Über die gesamte Bundesrepublik zeige sich, dass sich bei einer großen Anzahl von Prüflingen ein erhebliches Störgefühl wegen der Länge der Klausuren eingestellt habe.

    zu 7. Die hessischen Prüfer hätten die Schwierigkeit innerhalb der Ertragssteuerklausur erkannt und beschlossen, bei dem 100-Punkte-Schema zu bleiben, zum Ausgleich jedoch großzügig zu bewerten.

    Das Überdenkensverfahren gemäß § 29 DVStB sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das Nachschieben von Gründen durch die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Stellungnahmen der Korrektoren sei unzulässig.

    Der Kläger beantragt, den negativen Prüfungsbescheid vom 15.12.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Aufsichtsarbeiten des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bewerten.

    Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte trägt vor: Die Prüfungsanforderungen seien nicht überspannt worden. Sie, die Beklagte, habe sämtlichen Prüfern die Frage einer Überspannung der Prüfungsanforderungen vorgelegt. Die Prüfer der Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” hätten diese Frage mitgeprüft und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass die Arbeit nicht zu schwer gewesen sei. Die anderen Prüfer hätten sich gegenüber der Prüfungsbehörde ebenfalls dahingehend geäußert, dass die Klausuren nicht zu schwer gewesen seien und eine Veränderung des Bewertungsmaßstabes nicht geboten gewesen sei. Dieses habe sie dem Kläger am 12.07.2004 mitgeteilt. Sie habe der Prüfung weder sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt noch allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt. Die von dem Kläger angeführten Indizien für die behauptete Überspannung der Prüfungsanforderungen seien nicht stichhaltig und böten keine konkreten Anhaltspunkte. Die Klausuren zur Steuerberaterprüfung 2003 seien deutschlandweit schlecht ausgefallen. Die Ergebnisse wiesen - wie auch in der Vergangenheit - landesspezifische Unterschiede auf, die beispielsweise auf das Niveau der Bewerber zurückzuführen seien.

    Der Kläger selbst habe die nach der Rechtsänderung geltenden erleichterten Mindestanforderungen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung erfüllt. Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Befassung des Klägers mit der komplexen Materie des Steuerrechts etwa während des Studiums seien aus den vorliegenden Personalunterlagen nicht ersichtlich.

    Durch die Erleichterung der Zulassungsvoraussetzungen habe eine Vielzahl an Bewerbern mit zeitlichen Mindestvoraussetzungen für die praktische Tätigkeit an der Steuerberaterprüfung teilgenommen. Mit dieser Zunahme der Bewerber sei es zu-gleich zu einem sprunghaften Anstieg der Anzahl der durchgefallenen Bewerber für die Prüfungen 2002 und 2003 gekommen. Die Höhe der Durchfallquote stelle ein besonderes Problem der Metropolen im Vergleich zu den Flächenstaaten dar. Die Durchfallquoten seien niemals allein ausreichend zur Begründung der Überspannung der Prüfungsanforderungen. Maßgeblich sei die Einschätzung, ob der Bewerber in der Lage sei, den Beruf eines Steuerberaters ordnungsgemäß auszuüben. Von der Durchfallquote in Hamburg könne nicht zwangsläufig auf den Schwierigkeitsgrad der Klausuren, den individuellen Beurteilungsmaßstab der Korrektoren oder die konkrete Bewertung der einzelnen Leistungen des Klägers geschlossen werden.

    Auch wenn es in sechs anderen Ländern (Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Saarland und Bremen) zu einem Abweichen von dem Punkteschema gekommen sein sollte, sei nicht bekannt, in welcher Weise dadurch die Notenvergabe beeinflusst wäre. Der Aufstellung der bundesweiten Ergebnisse in 2003 lasse sich jedoch entnehmen, dass es im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht zu fundamentalen Veränderungen bei der Durchfallquote gekommen sei.

    Die Klausuren des Prüfungsjahres 2004 seien probegeschrieben worden. Die Klausuren würden in ihrem Inhalt und Umfang seit Jahren einer umfangreichen Vorprüfung durch die zuständigen Landesfinanzbehörden unterzogen. Nachdem eine Klausurfindungskommission die Klausuren für die einzelnen Prüfungsgebiete konzipiert und dabei auch Aufgabenstellungen aus der Vergangenheit berücksichtigt habe, finde eine erste Kontrolle der Klausuren bezüglich Schwierigkeitsgrad und Umfang statt. In einem zweiten Schritt erfolge sodann eine Überprüfung durch eine Klausurüberprüfungskommission. Beide Kommissionen seien mit Vertretern verschiedener Bundesländer besetzt. Danach würden die Klausuren an die jeweiligen Finanzbehörden bzw. -ministerien übersandt, wo sodann eine weitere Überprüfung erfolge. Im Zuständigkeitsbereich der Beklagten sei es deshalb bereits seit Jahren üblich, dass die Klausuren aus den jeweiligen Rechtsgebieten auch vor dem Beginn der Korrektur durch ausgewählte Prüfer in einer landesinternen Prüfung vorgeprüft und die jeweiligen Lösungshinweise und darin enthaltenen Punktevorschläge auf Richtigkeit und Angemessenheit hin untersucht sowie gegebenenfalls ergänzt würden. Diese Prüfung sei auch für die Klausuren des Jahres 2003 erfolgt. Dabei seien die Klausuren von der gesamten Prüfungskommission, die sich zu diesem Zweck zusammengefunden habe, sowohl vom Schwierigkeitsgrad als auch von der Bearbeitungszeit her als akzeptabel eingeschätzt worden.

    Die vom Kläger eingereichten Einschätzungen Außenstehender seien ungeeignet als Indiz für die Überspannung der Prüfungsanforderungen. Die Kursanbieter hätten ein wirtschaftliches Eigeninteresse an einer hohen Anzahl von Teilnehmern. Die Einschätzung von Berliner Praktikern des Steuerrechts sei vor dem Hintergrund der Ergebnisse in Berlin erfolgt. Eine verallgemeinernde Wirkung über den Raum Berlin hinaus sei dem Schreiben nicht beizumessen. Im Übrigen handele es sich um bloße Meinungsbekundungen. Sie seien zudem für diesen Rechtsstreit unerheblich, da die Klausurenerstellung nach § 18 DVStB den obersten Landesbehörden zugewiesen und die Steuerberaterprüfung Ländersache sei. Die Länder erarbeiteten abgestimmt Klausuren (Aufgabentexte, Lösungshinweise und Bewertungsbögen). Die Aufgaben seien regelmäßig identisch. Diese Übereinstimmungen beruhten allerdings nicht auf bundeseinheitlichen Regelungen, sondern auf einer Abstimmung der Länder. Mit der Übereinstimmung in den Klausurterminen seien die Gemeinsamkeiten der Landesprüfung auch erschöpft. Der Inhalt des Schreibens von Hamburger Praktikern des Steuerrechts werde von einem Mitglied des Prüfungsausschusses 1, das bei P arbeitet, nicht geteilt. Ausschlaggebend sei allein ein objektiver Prüfungsmaßstab.

    Hinsichtlich des von dem Kläger angestellten Selbstversuchs sei dessen Vortrag unschlüssig. Ein wiederholtes Durchlesen des Sachverhalts sei nicht zwingend erforderlich. Die Lese- und Schreibgeschwindigkeit des Klägers könne nicht auf sämtliche Prüflinge übertragen werden. Die in Bezug genommenen Tabellen über die Ergebnisse in anderen Bundesländern und in Hamburg belegten, dass eine signifikante Zahl von Bewerbern in der Lage gewesen sei, die Klausuren in der zur Verfügung stehenden Zeit mit dem Ergebnis der Zulassung zur mündlichen Prüfung zu lösen. Bei den Lösungshinweisen handele es sich um ein unverbindliches Angebot einer Darstellung der möglichen Lösungsschritte im Wege einer maximalen Ausformulierung, die teilweise sogar mit Lösungsalternativen versehen sei. Die Prüfer akzeptierten eine erheblich abgespeckte Form.

    Ein Bewertungsausgleich sei nicht angezeigt. Die Klausur im Verfahrensrecht sei weder unangemessen schwer noch zu lang gewesen. Aufgrund der übereinstimmenden Entscheidungen der Klausurkorrektoren habe keine rechtliche Notwendigkeit zur gemeinsamen Entscheidung durch den Prüfungsausschuss bestanden. Gleichwohl habe der Prüfungsausschuss 1 in der Notenkonferenz vom 10.12.2003 auch die Ergebnisse des Klägers beraten. Der Ausschuss sei indes zu dem Ergebnis gelangt, dass angesichts des Erreichens von nur 111 Punkten im Verhältnis zu den für die Zulassung zur mündlichen Prüfung notwendigen mindestens 120 Punkten für den Kläger eine Entscheidung nach § 24 Abs. 5 DVStB nicht in Betracht gekommen sei.

    Am 31. August 2005 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden; auf die Niederschrift über diesen Termin wird Bezug genommen.

    Dem Gericht haben ein grüner Hefter „Dr. T...” sowie zu den Klausuren 1 bis 3 jeweils die Aufgabentexte, die Lösungsskizzen, die Bewertungsbogen, die Korrekturlisten und die Aufsichtsarbeiten vorgelegen.

    Gründe

    I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

    Der Kläger ist durch die Prüfungsentscheidung vom 15.12.2003 nicht in seinen Rechten verletzt. Dieser Bescheid lässt Rechtsfehler, die zu einer Aufhebung der angefochtenen Prüfungsentscheidung der Beklagten führen, nicht erkennen.

    1. Die Auffassung des Klägers, dass das Überdenkensverfahren gemäß § 29 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, führt aus mehreren Gründen nicht zum Erfolg der Klage.

    a) Zum einen könnte dies selbst dann nicht zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen, wenn die Verfahrensweise der Beklagten - zunächst nur die Bekanntgabe der Ergebnisse des Überdenkensverfahrens bzgl. der Klausuren „Steuern vom Einkommen und Ertrag” sowie „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” - tatsächlich zu Beanstandungen Veranlassung gäbe. Nicht einmal dann, wenn dieses verwaltungsinterne Kontrollverfahren gänzlich unterblieben wäre, würde daraus folgen, dass schon allein deshalb der Prüfungsbescheid aufzuheben wäre. Es handelt sich dabei nämlich um ein eigenständiges Verfahren, dessen Fehlen oder ein dabei unterlaufener Formfehler sich auf die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung nicht unmittelbar auswirken kann. Derartige Fehler führen lediglich dazu, dass die Sache für das Gericht regelmäßig noch nicht entscheidungsreif ist. Denn die in Bezug auf etwaige Bewertungsspielräume notwendig unvollkommene und unvollständige Rechtskontrolle des Gerichts bedarf insoweit eines Ausgleichs und einer Ergänzung durch ein verwaltungsinternes Überdenken der Bewertungen in geeigneter Form (vgl. Bundesverwaltungsgericht BVerwG, Urteil vom 16.04.1997, 6 C 9/95, NJW 1998, 323, m.w.N.).

    b) Zum anderen kann der Senat in den beanstandeten Vorgängen auch keine ausreichenden Umstände für eine Aufhebung der Prüfungsentscheidung erkennen.

    Der Anspruch des Kandidaten auf Rechtsschutz durch eine verwaltungsinterne Kontrolle im Wege des Überdenkens seiner gegen die Prüfungsentscheidung erhobenen Einwendungen ist ein selbständiger verfahrensrechtlicher Anspruch. Ob und unter welchen Voraussetzungen dieser Anspruch in einen Anspruch auf Aufhebung der Prüfungsentscheidung und erneute Bescheidung gleichsam umschlagen kann, kann offen bleiben. Für möglich gehalten wird ein solches „Umschlagen”, wenn sich entweder die Prüfungsbehörde weigert, ein erforderliches verwaltungsinternes Überdenkensverfahren überhaupt durchzuführen, oder sie ein solches Verfahren zwar durchgeführt hat, dabei jedoch den rechtlichen Anforderungen an ein solches Verfahren nicht gerecht geworden ist und nicht damit zu rechnen ist, dass die Mängel des Verfahrens noch beseitigt werden (BFH, Urteil vom 08.02.2000, VII R 52/99, BFH/NV 2000, 755). Weder liegen diese Sachverhalte im Streitfall vor, noch kann der Senat feststellen, dass dieser Anspruch in anderer Weise in einem gravierenden Maße verletzt worden wäre.

    c) Zwar hat die Beklagte dem Kläger - wie auch dem erkennenden Senat - die schriftliche Äußerung der Korrektoren der Klausuren „Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete” und „Steuern vom Einkommen und Ertrag” erst in der mündlichen Verhandlung bekannt gegeben. Auch bezweifelt der Senat, dass die Rechtsansicht der Beklagten zutrifft, gemäß § 29 DVStB genüge regelmäßig die bloße Bekanntgabe des Überdenkens der Benotung durch die Prüfer. Angesichts der erforderlichen Orientierung des Überdenkensverfahrens an dem Ziel, einen Ausgleich für die unvollkommene Kontrolle von Prüfungsentscheidungen durch die Finanzgerichte darzustellen und damit zugleich - in Ergänzung des gerichtlichen Rechtsschutzes - eine Komplementärfunktion für die Durchsetzung des Grundrechts der Berufsfreiheit zu erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1993, 6 C 35.92, BVerwGE 92, 132, 137, und Beschluss vom 18.12.1997, 6 B 69/97, JURIS), erscheint es nicht sachgerecht, das Überdenken auf einen einmaligen, argumentativ auch nicht andeutungsweise offen zu legenden Vorgang zu beschränken. Vielmehr können die vom Kandidaten zur Einleitung des Überdenkensverfahrens zunächst vorgetragenen Sachargumente auf die Stellungnahme der Prüfer hin zu einer Replik mit zusätzlichen, detaillierten Bedenken führen. Andererseits hängt die Intensität, mit der die Prüfer ihre Bewertung zu überdenken haben, davon ab, wie intensiv und ins Einzelne gehend der Kandidat sein Überdenkensbegehren begründet.

    Im Streitfall hat der Kläger - auch - angeregt, den Bewertungsmaßstab zu überdenken. Die Beklagte hat glaubhaft und unwidersprochen vorgetragen, dass sie die Prüfer gebeten hat, die Bewertungen auch hinsichtlich des Bewertungsmaßstabes zu überprüfen. Aus den nunmehr nachgereichten schriftlichen Äußerungen der Korrektoren ist erkennbar, dass dies zutrifft und die Korrektoren dies auch bedacht haben. Angesichts des Umstandes, dass es sich bei den Einwendungen des Klägers gegen den für die Bewertung anzulegenden Bewertungsmaßstab - trotz der vorgetragenen Einzelheiten zu Bearbeitungszeit und Lösungsmöglichkeit der Klausuren - um pauschale Einwendungen handelt, begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, wenn ihm als Ergebnis keine einzelne Äußerungen der Prüfer, sondern nur das Ergebnis des Überdenkens mitgeteilt wird.

    d) Schließlich kann auch ein „Nachschieben” von Gründen während des gerichtlichen Verfahrens nicht unzulässig sein. Das Überdenkensverfahren gemäß § 29 DVStB dient gerade der Ausübung der Kontrolle der behördlichen Prüfungsentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens über diese Entscheidung. Vorliegend hat der Kläger umfangreich Gelegenheit gehabt, seine Einwendungen gegen die Prüfungsentscheidung vorzutragen; diese sind von den Korrektoren auch gewürdigt worden. Ob die Durchführung des Überdenkensverfahrens für diese beiden Klausuren im Hinblick darauf, dass der Kläger keine Einwendungen gegen die Bewertung seiner Aufsichtsarbeiten im Einzelnen angeführt hat, überhaupt erforderlich war, kann deshalb dahingestellt bleiben.

    2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. BFH, Urteil vom 21.05.1999, VII R 34/98, BFHE 188, 502, BStBl II 1999, 573), sind Prüfungsentscheidungen höchstpersönliche Werturteile, die nur einer beschränkten gerichtlichen Überprüfung zugänglich sind. Das Gericht kann nur prüfen, ob die Prüfer bzw. der Prüfungsausschuss - allgemein gültige Bewertungsgrundsätze nicht beachtet haben, - sich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, - von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen sind und - die für die Prüfung maßgebenden Verfahrensbestimmungen eingehalten haben (vgl. BFH, Urteile vom 24.08.1976, VII R 17/74, BFHE 120, 106, BStBl II 1976, 797; vom 30.01.1979, VII R 13/78, BFHE 127, 290, BStBl II 1979, 417, und vom 20.12.1983, VII R 123/83, BFHE 140, 125, BStBl II 1984, 280).

    Im Streitfall macht der Kläger eine Überspannung der Prüfungsanforderungen geltend; diesem Merkmal ist indes kein eigenständiger Wert beizumessen. Es handelt sich dabei vielmehr um einen Unterfall der Fälle, in denen allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind.

    a) Allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe sind alle aus Rechtsnormen ableitbaren Bewertungsmaßstäbe. Hierunter fallen im Wesentlichen die Maßstäbe, die sich aus den Prinzipien des Verfassungsrechts (insbesondere Gleichheitssatz, Willkürverbot) ergeben, und die aus den rechtlich umrissenen Zielen der jeweils in Betracht kommenden Prüfung (hier §§ 37 Abs. 1 i.V.m. 33 StBerG) zu entnehmen sind. Für die Prüfung, ob allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt worden sind, kommt es auch auf die gestellten Prüfungsanforderungen an.

    b) Von sachfremden Erwägungen würden sich die Prüfer dann leiten lassen, wenn sie die in der Steuerberaterprüfung zu stellenden Anforderungen nicht an Ziel und Zweck der Prüfung (vgl. §§ 37 Abs. 1 i.V.m. 33 des Steuerberatungsgesetzes - StBerG -) ausrichteten, sondern damit die Absicht verfolgten, den Zugang zum Beruf des Steuerberaters zahlenmäßig zu beschränken.

    3. Im Streitfall haben die Prüfer nicht allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe außer Acht gelassen und sich auch nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Der Senat sieht deshalb auch keine Veranlassung, den diesbezüglichen Beweisanträgen des Klägers näher zu treten.

    a) Bei der Bewertung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten des Klägers ist eine Verletzung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe durch die Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) nicht gegeben; darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bewertung nicht mit den Zielen der Steuerberaterprüfung im Sinne der §§ 37 Abs. 1 i.V.m. 33 StBerG übereinstimmt.

    aa) Die Höhe der Quote der Bewerber, die die schriftliche Prüfung nicht bestanden haben, kann zwar im Rahmen der Prüfung durch das Gericht, ob allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind, als Indiz dafür herangezogen werden, dass die Prüfer ihre Anforderungen nicht ausreichend an Ziel und Zweck der Prüfung ausgerichtet haben. Weder das StBerG noch das Verfassungsrecht schreiben aber ein bestimmtes Quorum der Prüfungskandidaten vor, deren Leistungen in der Prüfung als für das Bestehen der Prüfung ausreichend bewertet werden müssen. Eine hohe Misserfolgsquote wird daher den Prüfern zwar im Allgemeinen Anlass geben müssen, in besonderem Maße kritisch ihre Bewertungsmaßstäbe zu überdenken, weil sie eine Überspannung der Prüfungsanforderung als möglich erscheinen lässt; es wäre hingegen sachwidrig, die auf der Grundlage einer Bewertung der Leistungen des Prüflings vorgenommene Benotung zu verändern, um eine bestimmte, etwa in Angleichung an frühere Prüfungstermine angestrebte Misserfolgsquote zu erzielen. Es ist vielmehr Aufgabe der Prüfer bzw. der Prüfungsausschüsse, im Rahmen ihres prüfungsspezifischen Beurteilungsvorrechts die Bewertungsmaßstäbe unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabe festzulegen und im Einzelfall die Bewertung der Prüfungsleistung des Kandidaten vorzunehmen, ohne dass sich aus statistischen Betrachtungen über die Misserfolgsquote insoweit brauchbare Kontrollmaßstäbe gewinnen ließen (vgl. BFH, Urteile vom 08.02.2000, VII R 52/99, a. a. O.; vom 06.03.2001, VII R 38/00, BFHE 195, 83, BStBl II 2001, 370).

    Mit 58% war die Höhe der Quote derjenigen Prüfungskandidaten, die die schriftliche Steuerberaterprüfung 2003 in Hamburg abgelegt und nicht bestanden haben, - auch im Vergleich zu den Vorjahren (2002: 45,3%, 2001: 32,1%) - sehr hoch. Das Hamburger Ergebnis der schriftlichen Steuerberaterprüfung 2003 weicht allerdings nicht unverhältnismäßig von dem Bundesdurchschnitt ab. Das gewichtete arithmetische Mittel („gewogener Durchschnitt”) der bundesweit durchgefallenen Kandidaten betrug 52,2%. Gleichwohl besagt eine sehr hohe Durchfallquote noch nicht mit einer jeden anderen Schluss ausschließenden Deutlichkeit, dass in dem richterlich zu überprüfenden Einzelfall die angegriffene Beurteilung nicht doch gerechtfertigt war.

    Im Streitfall fehlen denn auch weitere konkrete Anhaltspunkte, die die Verletzung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe oder die Annahme sachfremder Erwägungen gerade bei der Bewertung der Klausuren des Klägers rechtfertigen würden.

    Die statistischen Durchfallquoten allein bieten keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe im oben genannten Sinne verletzt worden sind. Eine Durchfallquote von 58% sprengt noch nicht offensichtlich den Rahmen des Normalen. Das statistische Ergebnis einer Prüfung ist von diversen Faktoren abhängig. So trägt die unzureichende Vorbereitung von Kandidaten auf die Prüfung ebenso zu einem schlechten - mitunter sehr schlechten - Ergebnis bei wie die - noch - mangelnde Fähigkeit, sich mit der geprüften Materie sachkundig zu befassen. Nicht nur der Schwierigkeitsgrad der zur Prüfung gestellten Aufgaben beeinflusst die Quote, sondern auch die persönlichen Voraussetzungen, die ein jeder Kandidat mit sich bringt. Schließlich ist auch ein promovierter Jurist mit einer Qualifikation als Fachanwalt für Steuerrecht, selbst nach mehrjähriger Berufserfahrung und mit den besonderen Qualifikationen, wie der Kläger sie in anerkennenswerter Weise vorgelegt hat, nicht davor gefeit, eine Steuerberaterprüfung nicht zu bestehen. Das Bestehen dieser Prüfung erfordert besondere Fähigkeiten und Kenntnisse im Steuerrecht, die das rechtswissenschaftliche Studium wie auch das Absolvieren eines sechswöchigen Kursus zur Erlangung der Qualifikation als Fachanwalt für Steuerrecht nicht selbstverständlich mit sich bringen.

    bb) Eine Verletzung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe ist auch nicht damit zu begründen, dass der Umfang des Aufsichtsarbeiten im Verhältnis zur Bearbeitungszeit unangemessen wäre.

    Gem. § 37 Abs. 2 StBerG gliedert sich die Prüfung in einen schriftlichen Teil aus drei Aufsichtsarbeiten und eine mündliche Prüfung. § 18 Abs. 1 Satz 3 DVStB regelt, dass die Bearbeitungszeit für jede Arbeit mindestens vier und höchstens sechs Stunden betragen soll.

    Im Streitfall hat die Beklagte eine sechsstündige Bearbeitungszeit für jede Aufsichtsarbeit vorgesehen und damit die maximale Bearbeitungszeit ausgeschöpft. Zwar ist die jeweilige Aufgabenstellung der Aufsichtsarbeiten komplex und umfangreich. Der Prüfungskandidat hat auf Grund dessen zur Bewältigung der jeweiligen Aufgabe seine ihm zur Verfügung stehende Zeit zu strukturieren und einzuteilen. Das erfordert ein konzentriertes und angestrengtes Arbeiten, um eine Aufgabenstellung von 13 (Klausur 1), beziehungsweise jeweils 11 (Klausur 2 und 3) Seiten einer Klausurlösung zuzuführen. Die Prüfungsentscheidung ist jedoch nicht wegen des Umfangs der Aufgabenstellung bereits als rechtswidrig und als Verstoß gegen die vorgenannten Vorschriften zu werten. Der Umfang und der Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellung ist vielmehr bei der individuellen Leistungsbemessung des Klägers durch seine Prüfer zu berücksichtigen. Insoweit ist der Beweisantritt des Klägers durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Darlegung, dass die Aufsichtsarbeiten in der vorgegebenen Zeit nicht in vollem Umfang bewältigt werden konnten, nicht geeignet. Es kommt auch nicht darauf an, dass der Prüfungskandidat nicht in der Lage ist, die Musterlösung nach zweimaligem Lesen der jeweiligen Klausuraufgabe innerhalb von sechs Stunden abzuschreiben. Denn die Musterlösung dient den Korrektoren als Hilfe und Grundlage für die Bewertung der Aufsichtsarbeiten. Sie ist zu diesem Zweck von besonderer Ausführlichkeit, ohne dass von einem Prüfungskandidaten erwartet wird, in der vorgeschriebenen Bearbeitungszeit sämtliche Aspekte der Musterlösung in der dort vorliegenden Ausführlichkeit aufzuzeigen.

    cc) Auch das von dem Kläger behauptete Fehlen durchschnittlicher, guter und sehr guter Noten bei der schriftlichen Steuerberaterprüfung 2003 vermag die Außerachtlassung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe nicht zu begründen. Das Gericht brauchte diese Behauptung nicht weiter aufzuklären. Denn es stellt keine Verletzung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe dar, wenn bei der Benotung schriftlicher Arbeiten die Noten zwischen 1 und 6 nicht einigermaßen gleichmäßig gestreut worden sind. Es gibt keinen entsprechenden allgemein gültigen Bewertungsmaßstab. Auch aus § 15 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Diese Bestimmung legt nur fest, im Rahmen welcher Notenskala sich die Bewertung der Prüfer zu vollziehen hat, ohne damit die Prüfer zu verpflichten, im Rahmen einer Prüfung diese Notenskala gleichmäßig auszuschöpfen. Hinzu kommt, dass aus einer nicht gleichmäßigen Streubreite der Noten hinsichtlich der Notenskala ohnehin keine Schlüsse daraufhin gezogen werden könnten, dass gerade die Noten, mit denen die Leistungen des Klägers bewertet worden sind, falsch waren und berichtigt werden müssten (vgl. BFH, Urteil vom 30.01.1979, VII R 13/78, a.a.O.).

    dd) Auch kommt es in diesem Zusammenhang für die Beurteilung der Verletzung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe nicht darauf an, wie die Klausuren in den anderen Bundesländern bewertet worden sind und ob einzelne Bundesländer bei der Bewertung der Klausuren die höchstmögliche Punktzahl auf 80 reduziert haben. Denn der Ausgleich von besonders hohen Anforderungen in einer schriftlichen Arbeit kann nicht nur durch die Herabsetzung der Höchstpunktzahl vorgenommen werden. Liegen - was sich in der Praxis nie völlig vermeiden lässt - Aufgabenstellungen mit einem sehr hohen Anspruch vor, so kann der Prüfer diese besonders hohen Anforderungen bis zu einem gewissen Grad auch durch die Wahl des entsprechenden Bewertungsmaßstabes ausgleichen und großzügiger als in anderen Fällen Punkte vergeben. Es ist jedenfalls das höchstpersönliche Werturteil eines jeden Prüfers bzw. Prüfungsausschusses, den Schwierigkeitsgrad einer Klausur einzuschätzen und seinen Beurteilungsmaßstab unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes für alle von ihm zu beurteilenden Kandidaten daran auszurichten.

    ee) Gleiches gilt für die von dem Kläger dargelegten Stellungnahmen diverser Fachleute und Institutionen des Steuerrechts zur Höhe der Anforderungen an die Prüfungskandidaten bei der Steuerberaterprüfung 2003. Diese Meinungsbekundungen tragen für die Beurteilung, ob im konkreten Falle der Bewertung der Klausuren des Klägers durch seine Korrektoren allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe außer Acht gelassen wurden, nichts bei. Insoweit ist das Beweisthema des Klägers mit Beweisantritt zur Überspannung der Prüfungsanforderungen bei der Steuerberaterprüfung 2003 im Allgemeinen für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich.

    ff) Die obigen Ausführungen zur Verletzung allgemein gültiger Bewertungsmaßstäbe im individuellen Falle des Klägers zeigen, dass in diesem Zusammenhang das von dem Kläger zur Darlegung überspannter Prüfungsanforderungen weiter angeführte „Störgefühl” auch anderer Prüfungsteilnehmer wie auch die Ausführungen der hessischen Prüfungsbehörde keine andere Entscheidung rechtfertigen.

    b) Dass von den Prüfern bei der Beurteilung der Klausuren des Klägers sachfremde Erwägungen angestellt worden seien und eine versteckte Zugangsbeschränkung zum Beruf des Steuerberaters beabsichtigt gewesen sei, hat auch der Kläger nicht substantiiert behauptet. Die von dem Kläger erhobene Rüge der Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG ist unbegründet. Eine Überspannung der Prüfungsanforderungen könnte allenfalls dann in die Freiheit der Berufswahl eingreifen, wenn sie allein zur Schaffung einer Art von Zugangsbeschränkung zu den steuerberatenden Berufen zu hoch angesetzt worden wäre. Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargetan.

    4. Die Einwendungen des Klägers gegen die Bewertung seiner Aufsichtsarbeit „Buchführung und Bilanzwesen” im Einzelnen führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Die Bewertungen der Prüfer halten einer inhaltlichen Überprüfung stand. Sie leiden weder an fachlichen Beurteilungsmängeln noch an einer rechtlich zu beanstandenden Überschreitung des den Prüfern zustehenden Bewertungsspielraums.

    Bei der Bestimmung der gerichtlichen Kontrolldichte in prüfungsrechtlichen Streitverfahren ist zwischen Fachfragen und prüfungsspezifischen Wertungen zu unterscheiden. Dabei sind unter Fachfragen alle Fragen zu verstehen, die fachwissenschaftlicher Erörterung zugänglich sind. In Bezug auf Fachfragen hat das Gericht (aufgrund hinreichend substantiierter Einwendungen des Kandidaten) darüber zu befinden, ob die von dem Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder jedenfalls vertretbar ist. Hingegen ist den Prüfern ein Bewertungsspielraum zuzubilligen, soweit komplexe prüfungsspezifische Bewertungen im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens getroffen werden müssen, wie z.B. die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung oder die Würdigung der Qualität der „Darstellung” des Prüflings (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 17.04.1991, 1 BvR 419/81 und 213/83, BVerfGE 84, 34, 50 ff.; BVerwG, Urteile vom 21.10.1993, 6 C 12.92, Buchholz, 421.0, Prüfungswesen Nr. 320 S. 307; vom 16. März 1994, 6 C 5.93, Buchholz, Nr. 329 S. 11; Beschluss vom 13.03.1998, 6 B 28.98, nicht veröffentlicht; BFH, Urteil vom 05.10.1999, VII R 152/97, BStBl II 2000, 93, BFHE 191, 140).

    Danach unterliegen prüfungsspezifische Wertungen des Prüfers im Rahmen des Beurteilungsspielraums - insbesondere bei der Notenvergabe und auf der Vorstufe bei der Punktevergabe anhand eines Punkteschemas - nicht der gerichtlichen Nachprüfung. Diese prüfungsspezifischen Bewertungen, die vielfach mit fachlichen Urteilen untrennbar verknüpft sind, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfungsbehörden überlassen, wenn auch deren Bewertungsspielraum Grenzen hat (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991, 1 BvR 419/81, BVerfGE 84, 34; BFH, Beschluss vom 05.05.1999, VII B 343/98, BFH/NV 1999, 1517). Hingegen dürfen zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen. Eine vertretbare mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Eine gerichtliche Korrektur kommt ohnehin nur in Betracht, wenn sich ein Bewertungsfehler auf die Notengebung ausgewirkt haben kann. Kann bei dieser Kausalitätsprüfung die Ursächlichkeit des Fehlers für die Notenvergabe nicht ausgeschlossen werden, kann das Gericht die Leistungsbewertung nicht ersetzen, sondern den Prüfungsbescheid nur aufheben. Die zuständigen Prüfer müssen in diesen Fällen grundsätzlich eine neue fehlerfreie Bewertung nachholen (FG München, Urteil vom 25.09.1991, 4 K 567/91, EFG 1992, 162).

    Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf die von dem Kläger gerügte Bewertung der Klausur „Buchführung und Bilanzwesen” ergibt, dass der Kläger nicht substantiiert dargelegt hat, dass die Notenvergabe auf der - gerichtlich voll nachprüfbaren - unzutreffenden Beurteilung von fachlichen Fragen beruhte. Die Einwendungen des Klägers betreffen vielmehr die - gerichtlich nur in engen Grenzen nachprüfbaren - prüfungsspezifischen Bewertungen. Sie betreffen die Frage, ob die von dem Kläger gegebenen Antworten und Begründungen - auch im Vergleich mit den Arbeiten der anderen Prüflinge - so zutreffend und vollständig waren, dass eine höhere Punktevergabe bzw. bessere Benotung gerechtfertigt gewesen wäre.

    Im Einzelnen ist zu bemerken:

    Wertungspunkte - WP - 7 und 8:

    a) Zum WP 7 hatten die Kandidaten die Auswirkung der im Zusammenhang mit dem Erwerb des Erbbaurechts durch die X-GmbH gezahlten Erschließungskosten auf den in der Handels- und Steuerbilanz auszuweisenden Jahresüberschuss für 2002 darzustellen.

    Die Prüfer haben ihren Bewertungsspielraum nicht überschritten.

    Der Kläger hat die Übernahme der Erschließungskosten durch die X-GmbH als Anschaffungskosten behandelt.

    Bei bilanzierenden Erbbauberechtigten wie der X-GmbH wird jedoch in der Übernahme von Erschließungskosten ein zusätzliches Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Grundstücks durch den Erbbauverpflichteten gesehen, das in der Bilanz des Erbbauberechtigten als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen und jeweils auf die Dauer des Erbbaurechts zu verteilen ist (ständige Rechtsprechung, siehe BFH, Urteil vom 20.03.2002, X R 34/00, BFH/NV 2002, 914).

    Die Prüfer haben die Vergabe eines weiteren Punktes damit abgelehnt, dass der Kläger verkannt habe, dass der von ihm in Bezug genommene Hinweis 33a unter „ABC der Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Grundstück”, Spiegelstrich „Erschließungs-, Straßenanlieger- und anderer auf das Grundstückseigentum bezogene, kommunale Beiträge und Beiträge für sonstige Anlagen außerhalb des Grundstücks” einen anderen Sachverhalt betreffe. In dem Hinweis gehe es um die Errichtung eines Gebäudes im Erbbaurecht und der zeitgleichen Zahlung der Erschließungsbeiträge durch den Erbbauberechtigten.

    Als Begründung dafür, dass Anschaffungskosten gegeben seien, führt der Kläger in seiner Klausurlösung lediglich an, dass es sich bei den Erschließungskosten um kommunale Beiträge handele, auf die sich die von ihm zitierte Fundstelle der Hinweise 33a beziehe. Eine vertretbare Begründung für die Qualifizierung der Erschließungsaufwendungen als Anschaffungskosten hat der Kläger in seiner Arbeit nicht angeführt.

    b) Zum WP 8 geht es um die Behandlung der in der Rechnung der Magdeburger Straßenbau AG ausgewiesenen Vorsteuer.

    Der Kläger ist in der Annahme, dass es sich bei den Erschließungsbeiträgen um Anschaffungskosten handelt, davon ausgegangen, dass die von der Magdeburger Straßenbau AG in Rechnung gestellte Vorsteuer gemäß § 9b Abs. 1 EStG nicht zu den Anschaffungskosten gehört.

    Die Prüfer haben die Vergabe des vollen WP 8 mit der Begründung abgelehnt, dass die Vorsteuer nicht abzugsfähig sei, da die GmbH weder Auftraggeber noch Leistungsempfänger war und es sich bei der Erschließung um eine hoheitliche Maßnahme der Stadt Magdeburg gehandelt habe. Diese Auffassung ist bei der gegebenen Sachverhaltskonstellation fraglich.

    Für die Bestimmung der Person, die gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Leistungsempfänger in Betracht kommt, dienen als Kriterien der zivilrechtliche Leistungsanspruch, dessen Erfüllung, die Entrichtung des Entgelts sowie die tatsächliche Verwendung der Vorleistung. Entscheidend für die Empfängereigenschaft des Verwenders ist der Erwerb und die Verwendung der wirtschaftlichen Substanz, nicht des zivilrechtlichen Eigentums (vgl. Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, § 15 Anm. 225, 236 m. w. N.). Danach kommt nach dem vorliegenden Sachverhalt die X-GmbH als Empfängerin der Erschließungsleistungen in Betracht.

    Auch der weitere Einwand der Prüfer, dass es sich bei der Erschließung um eine hoheitliche Maßnahme der Stadt Magdeburg gehandelt habe, verfängt nicht. Der Sachverhalt geht nämlich nicht davon aus, dass die Magdeburger Straßenbau AG der X-GmbH eine Rechnung im Namen der Stadt Magdeburg erstellt hat. In der Rechnung ist nach dem vorliegenden Sachverhalt lediglich erwähnt, dass die AG im Auftrag der Stadt Magdeburg arbeitet.

    Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt.

    Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. BFH, Urteil vom 28.01.1999, V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628). Nach dem vorliegenden Sachverhalt ist die Magdeburger Straßenbau AG gegenüber der X-GmbH im eigenen Namen aufgetreten und nicht im Namen der Stadt Magdeburg. Danach ist der Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG gegeben; die Vorsteuer ist nicht gemäß § 9b Abs. 1 EStG zu den Anschaffungskosten zu rechnen.

    Der Kläger hat seine Auffassung indes nicht weiter begründet und insbesondere den Sachverhalt nicht unter die Tatbestandsmerkmale des § 9b Abs. 1 EStG subsumiert oder die vorliegende Problematik - kurz - erörtert. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis des Klägers eher zufällig das richtige ist. Die Bewertung seiner Leistungen zu WP 8 mit nur einem halben Punkt liegt im Rahmen des Bewertungsspielraums der Prüfer.

    WP 9 und 10:

    Die Prüfer haben ihren Bewertungsspielraum nicht überschritten. Sie haben die Vergabe von zwei weiteren Punkten damit abgelehnt, dass der Kläger keine Rechnungsabgrenzung des Aufwands für die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts vorgenommen hat und diese auch nicht betragsmäßig berechnet hat. Der Kläger hat diese Darstellungen nicht gebracht, weil er fälschlicherweise das vorausbezahlte Nutzungsentgelt den Anschaffungskosten zugeordnet hat.

    Der Einwand des Klägers, dass hier ein Folgefehler vorliege, geht fehl. Bei sog. Folgefehlern handelt es sich um folgerichtige Weiterführungen eines unrichtigen Ansatzes. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Frage, wie gewichtig ein solcher Folgefehler ist, auch in den gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbaren Beurteilungsspielraum des Prüfers fällt (BVerwG, Beschluss vom 14.11.1986, Buchholz 232.1 § 20 BLV Nr. 1).

    Ist für die Fortführung des richtigen Lösungsansatzes ein höherer Schwierigkeitsgrad zu bewältigen, liegt es im Bewertungsspielraum der Prüfer, für den von dem Kandidaten gewählten Weg keinen oder weniger Punkte zu vergeben. Der Kandidat kann insbesondere nicht Punkte für Leistungen erhalten, die er nicht erbracht hat.

    Der Senat sieht es nicht als unverhältnismäßig an, dass die Prüfer dem Kläger bei den WP 9 und 10 keinen Punkt zuerkannt haben. Denn der vom Kläger begangene Fehler durfte als schwerwiegend angesehen werden. Der Kl&

    VorschriftenDVStB § 29

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