08.01.2010
Finanzgericht München: Urteil vom 11.02.2005 – 14 S 3541/04
Zur Frage des gewöhnlichen Wohnsitzes bei Arbeitsstelle im Ausland und Wohnsitz der Familie im Inland.
BESCHLUSS
In dem Verfahren wegen Bewilligung von Prozesskostenhilfe
für den Rechtsstreit 14 K 3554/04
wegen Zoll
Einfuhrumsatzsteuer
hat der 3. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht … des Richters am Finanzgericht … und des Richters am Finanzgericht … ohne mündliche Verhandlung am 11. Februar 2005 beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren 14 K 3541/04. In diesem Verfahren ist streitig, ob Zoll und Einfuhrumsatzsteuer für die Einfuhr eines Personenkraftwagen (Pkw) entstanden sind.
Der Antragsteller reiste am 8. April 2004 mit dem in Polen zugelassenen Pkw Toyota Avensis, Kennzeichen SD 23888 über das Zollamt Schirnding – Landstrasse (ZA) ein. Das Fahrzeug ist auf den Antragsteller zugelassen. Nach seinen Angaben hat er im Oktober 2002 in Deutschland geheiratet. Am 3. April 2003 beantragte er eine Aufenthaltserlaubnis für den Besuch der Ehefrau und seines Kindes, die in Marktredwitz, … wohnen. Das HZA nahm den Antragsteller mit Abgabenbescheid vom 18. Mai 2004 für 1.624,79 EUR Zoll und 2.859,63 EUR Einfuhrumsatzsteuer in Anspruch. Daraufhin meldete sich der Antragsteller in Deutschland ab und gab die Aufenthaltserlaubnis zurück.
Nach erfolglosem Einspruch erhob der Antragsteller gegen die Einspruchsentscheidung (EE) vom 2. Juli 2004 Klage. Mit Schreiben vom 4. August 2004 beantragte der Antragsteller Prozesskostenhilfe (PKH) für die 1. Instanz und die Beiordnung des Rechtsanwalts Hofer als Prozessbevollmächtigter und trägt im Wesentlichen Folgendes vor: Er habe zu keiner Zeit in Deutschland seinen Lebensmittelpunkt gehabt. Das str. Fahrzeug sei auf ihn in Polen zugelassen. Seit September 2002 sei er als Handelsspezialist bei der Firma … GmbH in Poray ununterbrochen beschäftigt.
Gründe
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Dem Antragsteller ist keine PKH zu gewähren, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung gemäß § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die mit Abgabenbescheid vom 18. Mai 2004 vom Antragsteller angeforderten 1.624,79 EUR Zoll und 2.859,63 EUR Einfuhrumsatzsteuer sind dadurch entstanden, dass die Voraussetzungen für eine einfuhrabgabenfreie vorübergehende Verwendung des in Polen zugelassenen Pkw Toyota Avensis, Kennzeichen SD 23888, bei den Einreisen am 8. April 2004 und zuvor nicht vorlagen (Art. 204 Abs. 1 Buchst. b Zollkodex (ZK) i.V.m. §§ 13 Abs. 2, 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz).
Die einfuhrabgabenfreie vorübergehende Verwendung von Straßenfahrzeugen zum privaten Gebrauch hängt gemäß Art. 558 Abs. 1 Buchst. a und b der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) davon ab, dass das Fahrzeug auf den Namen einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person amtlich zugelassen ist und von einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person verwendet wird. Nach den vom Antragsteller geltend gemachten Gründen sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sich der ständige Mittelpunkt der Interessen des Antragstellers in Marktredwitz befindet.
Eine natürliche Person ist dann außerhalb dieses Gebiets ansässig, wenn sie nicht in der Gemeinschaft ihren normalen Wohnsitz hat (Art. 4 Nr. 2 ZK). Nach der Rechtsprechung des EuGH (Rs. C-2627/99 vom 12. Juli 2001, EuGHE 2001 I-5547) ist dann, wenn eine Person über persönliche und berufliche Bindungen in zwei Mitgliedstaaten verfügt, der im Rahmen einer Gesamtwürdigung anhand aller erheblicher Tatsachen ermittelte Ort ihres gewöhnliches Wohnsitzes der Ort, an dem sich der ständige Mittelpunkt ihrer Interessen befindet. Den persönlichen Bindungen ist der Vorrang einzuräumen, wenn diese Gesamtwürdigung eine solche Ortsbestimmung nicht zulässt.
Zwar hat der Antragsteller Bindungen nach Polen, weil dort seine Mutter wohnt, er polnischer Staatsangehöriger ist und von einer Firma in Polen beschäftigt wird. Der ständige Mittelpunkt seiner Interessen befindet sich jedoch in Marktredwitz. Nach seinen Angaben im Fragebogen zur Ermittlung des gewöhnlichen Wohnsitzes besuche er seine Ehefrau und sein Kind in Deutschland so oft es möglich sei. Das bedeutet, dass der Familienmittelpunkt in Markredwitz liegt. An diesen Ort kehrt der Antragsteller nach seiner Arbeit zurück. Daran ändert nichts, dass eine tägliche Rückkehr wegen der weiten Entfernung zwischen Arbeits- und Wohnort der Familie ausgeschlossen ist.
Nach der o.a. Rechtsprechung sind bei der Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes im Zweifel den persönlichen Bindungen zu einem Ort der Vorrang einzuräumen, dies ist Marktredwitz.