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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 26.10.1999 – 16 K 2935/98

    Zwar ist die Gesamtbewertung bei einem Mietwohngrundstück grundsätzlich nach dem Ertragswertverfahren vorzunehmen; muss allerdings der Gesamtkaufpreis eines Mietwohngrundstücks -zur Ermittlung des Gebäudewertanteils als AfA-Bemessungsgrundlage- aufgeteilt werden, ist hierfür regelmäßig eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Sachwerte von Grund und Boden sowie des Gebäudes geboten.


    IM NAMEN DES VOLKES hat der 16. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX, der Richter am Finanzgericht XXXXXXXXXXXXXXX und XXXXXXXXXXXX sowie der ehrenamtlichen Richter XXXXXXXXXXXX und XXXXXXXXXXXXX auf Grund mündlicher Verhandlung vom 26. Oktober 1999

    für Recht erkannt:

    1. In Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1994 vom XXXXXX 1998 und für 1995 vom XXXXX 1998, jeweils in Gestalt der einheitlichen Einspruchsentscheidung vom XXXXXXXXXX 1998, wird die Einkommensteuer 1994 auf XXXXXXXXXX DM und die Einkommensteuer 1995 auf XXXXXXXXXXX DM festgesetzt.

    2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar.

    Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    4. Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin klagt zugleich als Gesamtrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes XXXXXXXXXXX, mit dem sie auch in den Streitjahren 1994 und 1995 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt wurde.

    Der Verstorbene war seit längerem Eigentümer eines Hälfteanteils am Mietwohngrundstück (6 Wohnungen) Hauptstraße 5 in X-Stadt. Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom XXXXXXXXXXXXX 1993 den anderen Hälfteanteil zum Kaufpreis von 950.000 DM zuzüglich 26.683,85 DM Nebenkosten. Nutzen und Lasten dieses Anteils gingen am 1. April 1994 auf die Klägerin über.

    Im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berechneten die Eheleute die Absetzungen für Abnutzung (AfA) des hinzuerworbenen Hälfteanteils am Gebäude Hauptstraße 5 für 1994 wie folgt:

    Kaufpreis976.683,85 DM
    ./. Grund- und Bodenanteil 30 v. H.293.005,15 DM
    Gebäudeanteil683.678,70 DM


    AfA nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG): 2 v. H. (12 Monate)13.673,00 DM
    davon 9/1210.255,00 DM


    Das beklagte Finanzamt (FA) erließ zunächst unter dem Datum vom XXXXXXXX 1996 einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ESt-Bescheid für 1994, der eine ESt in Höhe von XXXXXXX DM ausweist.

    Nach Rücksprache mit dem Finanzamt X-Stadt führte das FA eine Kaufpreisaufteilung durch, die einen Bodenwertanteil von 60 v. H. ergab. Die Kaufpreisaufteilung wurde dabei zugunsten der Steuerpflichtigen hilfsweise im Sachwertverfahren durchgeführt, da bei Anwendung des Ertragswertverfahrens mit den vom Finanzamt X– Stadt vorgegebenen Werten kein Gebäudewertanteil verblieben wäre.

    Danach ergab sich folgende AfA-Berechnung:

    Kaufpreis976.683,85 DM
    ./. Grund- und Bodenanteil 60 v. H.586.010,31 DM
    Gebäudeanteil390.673,54 DM


    AfA 2 v. H. (12 Monate)7.814,00 DM
    davon 9/125.861,00 DM


    Den geänderten, weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ESt-Bescheid 1994 mit einer ESt-Schuld von XXXXXXX DM gab das FA am XXXXXXXXX 1996 zur Post.

    Hiergegen wandte die Klägerseite sich mit dem Einspruch. Zur Begründung wurde vorgebracht, die vom FA vorgenommene Kaufpreisaufteilung sei unzutreffend. Nach dem vom öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter Regierungsbaumeister XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX, Mitglied des Gutachterausschusses, erstellten Gutachten, auf das gemäß § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen wird, sei nur ein Bodenwertanteil von 43,3 v. H. anzusetzen. Das ergebe einen AfA-Betrag von (9/12 =) 8.308 DM.

    Daraufhin führte das FA unter teilweiser Übernahme der vom Gutachter vorgegebenen Werte erneut eine Kaufpreisaufteilung durch, in der es den Bodenwertanteil für das Mietwohngrundstück – nun im Ertragswertverfahren – wie folgt ermittelte:

    Jahresrohertrag (lt. ESt-Erklärung)70.000,00 DM
    ./.Bewirtschaftungskosten 20 v. H.14.000,00 DM
    Grundstücksreinertrag56.000,00 DM
    ./.Bodenwertverzinsung
    880 qm × 1.180 DM = 1.038.000 DM
    Verzinsung Mietwohngrundstück 4 v.H.41.520,00 DM
    Gebäudereinertrag14.480/00 DM


    ×Vervielfältiger 23, 12 Baujahr 1960, Alter 34 Jahre Restnutzungsdauer 66 Jahre Verzinsung 4 v. H.
    =Gebäudeertragswert – gerundet -335.000,00 DM
    +Bodenwert1.038.000,00 DM
    Grundstücksertragswert1.373.000,00 DM
    Anteil Grund und Boden75 v. H.


    Das FA wies die Ehegatten im Schreiben vom 25. Juni 1996 auf die Möglichkeit einer verbösernden Einspruchsentscheidung (EE) hin.

    Am XXXXXXXXXX 1998 gab das FA den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ESt-Bescheid 1995 mit einer Steuerfestsetzung in Höhe von XXXXXXX DM zur Post. Der betreffende AfA-Betrag beläuft sich darin auf 7.814 DM (Zugrundelegung eines Bauwertanteils von 40 v. H. = 390.674 DM). Auch hiergegen wandte die Klägerseite sich mit dem Einspruch. Erneut begehrte sie den Ansatz des im Gutachten ermittelten Grund- und Bodenanteils von 43,3 v. H.

    Während des Einspruchsverfahrens fertigte das FA für 1994 und 1995 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte ESt-Bescheide, denen die Kaufpreisaufteilung im Ertragswertverfahren mit einem Grund- und Bodenwertanteil von 75 v. H. zugrunde gelegt wurde. Den geänderten ESt-Bescheid 1994 mit einer Steuerfestsetzung von XXXXXXX DM und den geänderten ESt-Bescheid 1995 mit einer Steuerfestsetzung von XXXXXXX DM gab das FA am 4. März 1998 mit einfachem Brief zur Post. Zur Korrektur eines Rechenfehlers änderte das FA die ESt-Festsetzung für 1995 mit Bescheid vom 31. März 1998 erneut und setzte die ESt auf XXXXXXX DM herab.

    In der zusammengefaßten EE vom XXXXXXX 1998 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht aufgehoben. Zur Begründung führte das FA aus, bei Mietwohngrundstücken werde der Grundstückswert im wesentlichen durch den nachhaltig erzielbaren Grundstücksertrag bestimmt. Dem Käufer eines derartigen Objekts komme es in erster Linie darauf an, welche Verzinsung ihm das investierte Kapital einbringe. Deshalb sei hier für die Verkehrswertermittlung das Ertragswertverfahren anzuwenden. Hieraus folge aber auch, daß zur Aufteilung auf die Einzelwerte ebenfalls das Ertragswertverfahren heranzuziehen sei. Bei Eigentumswohnungen gehe der Bundesfinanzhof (BFH) davon aus, daß die Aufteilung nach dem Sachwertverfahren zu erfolgen habe (vgl. Urteil vom 15. Januar 1985 IX R 81/83, BStBl II 1985, 252). Hier stünden regelmäßig auch die Selbstnutzung und steuerliche Vorteile im Vordergrund. Deshalb sei diese Rechtsprechung nicht auf Mietwohngrundstücke übertragbar.

    Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hält daran fest, daß die vorzunehmende Aufteilung von Grundstücks- und Gebäudewert nach dem Sachwertverfahren zu erfolgen habe. Das ergebe folgende Beträge:

    Bodenwertanteil lt. Klageantrag 43,3 v. H. Gebäudewertanteil lt. Klageantrag 56,7 v. H. 553.846,00 DM

    1994

    Gebäude-AfA

    lt. Klageantrag
    2 v. H. von 553.846,00 DM11.077,00 DM
    davon 9/128.307,00 DM


    1995

    Gebäude AfA

    lt. Klageantrag11.077,00 DM


    Die Klägerin beantragt, in Änderung der ESt-Bescheide für 1994 vom XXXXXXX 1998 und für 1995 vom XXXXXXXX 1998, jeweils in Gestalt der einheitlichen EE vom XXXXXXX 1998, die ESt 1994 auf XXXXXXX DM und die ESt 1995 auf XXXXXXX DM herabzusetzen,

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt

    Klageabweisung, hilfsweise Revisionszulassung.

    Es ist der Auffassung, die Aufteilung in Gebäude- und Grundstückswert sei zutreffend nach dem Ertragswertverfahren erfolgt. Sollte die Aufteilung wider Erwarten nach dem Sachwertverfahren durchgeführt werden, seien die vom Gutachter Schneider angesetzten Werte maßgebend.

    II.

    XXXKlage ist begründet. Zwar weisen das FA und die XXXerin zu Recht darauf hin, daß bei einem Mietwohn- XXXidstück die Gesamtbewertung grundsätzlich nach dem XXXagswertverfahren vorzunehmen ist. Doch geht die XXXußfolgerung fehl, dies bedinge auch die Aufteilung XXXWerte des Grund und Bodens einerseits und des Ge- XXXes andererseits nach demselben Verfahren. Diese XXXeilung hat auch bei einem Mietwohngrundstück, wor- XXXss im Streitfall geht, entsprechend den Grundsätzen XXXBFH-Urteils in BStBl II 1985, 252, zu erfolgen. XXXalb hat die Klägerseite die Aufteilung des Gesamt- XXXpreises zu Recht nach dem Sachwertverfahren vorge- XXXnen.

    XXXErwirbt jemand ein Grundstück mit aufstehendem Ge- XXXde, ist der einheitliche Kaufpreis nach objektiven XXXichtspunkten auf Grund und Boden einerseits und das XXXäude andererseits aufzuteilen. Im betrieblichen Be- XXXch ist im Zweifel nach dem Verhältnis der Teilwerte XXXbei Wirtschaftsgütern des Privatvermögens nach dem XXXhältnis der Verkehrswerte (gemeiner Wert) aufzutei- XXX(vgl. BFH-Beschluß vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, XXXBl 1978, 620). Etwas anderes kann gelten, wenn die XXXtragsparteien eine sachgerechte Aufteilung vorge- XXXmen haben oder wenn das Gebäude objektiv wertlos XXX(BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 97/87, BStBl XXX9, 604). In letzterem Falle entfällt der volle XXXfpreis auf den Grund und Boden.

    XXXIm Urteil in BStBl II 1985, 252, hat der BFH für XXXrentumswohnungen entschieden, daß die Verkehrswerte XXXand der Sachwerte von Boden- und Gebäudeanteil zu XXXlätzen seien. Die nach der Wertermittlungsverordnung XXXrtV) in der Fassung vom 6. Dezember 1988 (BGBl I XXX8, 2209) grundsätzlich möglichen weiteren Schät- XXXigsmethoden (Vergleichswertverfahren, §§ 13 f WertV, Ertragswertverfahren, §§ 15 ff WertV) hat der BFH im Urteilsfall ausdrücklich als unbrauchbar angesehen. Im Einzelfall könnten Korrekturen erforderlich werden, wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür sprächen, daß im Rahmen des einheitlichen Gesamtkaufpreises für das eine Wirtschaftsgut mehr oder auch weniger als für das andere aufgewendet worden sei. Derartige wertbeeinflussende Umstände würden in der WertV in § 4 Abs. 2, § 6 und §§ 17 bis 19 berücksichtigt. Überhaupt beeinflußten sich die Sachwerte von Boden- und Gebäudeanteil. Der BFH hat im Urteil vom 12. April 1994 IX R 101/90 (BStBl II 1994, 660) daran festgehalten, daß für die Schätzung der Verkehrswerte auf die für das Sachwertverfahren geltenden Vorschriften zurückgegriffen werden könne.

    Diese Rechtsauffassung wird von der erstinstanzlichen Rechtsprechung im wesentlichen geteilt (vgl. z. B. Urteil des Finanzgerichts – FG – Baden-Württemberg vom 29. November 1990 III K 412/84, Datev Lexinform Nr. 97735, rkr.; Urteil des FG Düsseldorf vom 12. Juni 1997 14 K 6480/93 E, G,Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1997, 1302, rkr.; Urteil des FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, vom 29. April 1998 12 K 351/92, EFG 1998, 1191, rkr.; Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 16. Juli 1998 X 128/96, EFG 1998, 1675, rkr. – für „Hausgrundstücke” ganz allgemein; differenzierend für gewerblich genutztes Grundstück Urteil des FG Münster vom 7. Dezember 1995 8 K 4427/92 F,EFG 1996, 270, rkr.).

    Soweit ersichtlich, folgt die Finanzverwaltung ansonsten wohl dieser Rechtsprechung (vgl. z. B. Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 30. März 1990 IV B 2 – S 2171 – 12/90, BStBl I 1990, 149; Verfügung der Oberfinanzdirektion Berlin Nr. 118/1985, EStG Kartei Berlin, § 7 Fach 3 Nr. 1003; sowie den Hinweis bei Birkenfeld, Finanz-Rundschau – FR – 1983, 441, Fußnote 13).

    Die wohl herrschende Meinung in der Literatur teilt diese Rechtsauffassung ebenfalls (vgl. z. B. Birkenfeld, a. a. 0.; Mayer-Wengelin in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum EStG, § 6 Rdnr. 159; Schmidt/Glanegger, EStG, 18. Aufl., § 6 Anm. 118; Stöckel, Deutsche Steuerzeitung – DStZ – 1988, 220, ders. in DStZ 1998, 795, zweifelnd; Winkeljohann in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG und Körperschaftsteuergesetz, § 6 EStG Anm. 313; a. A. z. B. Wichmann, FR 1988, 513).

    b) Im Beschluß vom 24. Februar 1999 IV B 73/98 (BFH/NV 1999, 1201) hat der IV. Senat des BFH zwar bestätigt, daß der BFH die Aussage des Urteils in BStBl II 1985, 242, nicht auf die Aufteilung des Kaufpreises bei Eigentumswohnungen habe beschränken wollen. Vielmehr liege es nahe, das Ertragswertverfahren für die Aufteilung deswegen für ungeeignet zu halten, den Aufteilungsmaßstab zu bestimmen, weil bei diesem Verfahren der Gebäudewert lediglich unter Einbeziehung des „Verzinsungsbetrages des Bodenwertes” – mithin also nicht unabhängig vom Grund und Boden ermittelt werden könne. Es bestünden aber ernstliche Zweifel daran, ob an dieser Auffassung festzuhalten sei. Bei einer Aufteilung nach der Sachwertmethode werde der Anteil des Kaufpreises, der wegen der guten Vermietbarkeit der Immobilie gezahlt werde, allein dem Grund und Boden zugerechnet. Denn der Bodenwert werde bei jeder der genannten Wertermittlungsmethoden nach dem Vergleichswertverfahren, also entweder anhand von Kaufpreisen vergleichbarer Grundstücke oder auf der Grundlage von Bodenrichtwerten ermittelt.

    c) Soweit ersichtlich, hat der BFH bisher in keiner Entscheidung ausdrücklich für Recht erkannt, daß die hier streitige Aufteilung der Werte von Grund und Boden sowie Gebäude nicht nach dem Sachwertverfahren vorgenommen werden dürfe. Vielmehr werden die drei Wertermittlungsverfahren der WertV (Vergleichswert, Ertragswert-, Sachwertverfahren) ganz allgemein bei der Grundstücksbewertung als gleichwertig angesehen. Welches Verfahren jeweils anzuwenden sei, sei nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden (vgl. BGH-Urteile vom 2. Februar 1990 III R 173/86, BStBl II 1990, 497; vom 27. Juni 1995 IX R 130/90, BStBl II 1996, 215; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 13. Juli 1970 VII ZR 189/68, Neue Juristische Wochenschrift 1970, 2018). Allerdings erscheint zweifelhaft, ob in allen Äußerungen zutreffend unterschieden wird zwischen der Gesamtbewertung des Anwesens, die etwa bei Mietwohngrundstücken – die regelmäßig dazu bestimmt sind, nachhaltig Erträge zu erzielen (vgl. dazu BGH a. a. 0.) – grundsätzlich nach dem Ertragswertverfahren zu erfolgen hat, und dem Verfahren zur Aufteilung des Gesamtwerts auf die beiden Wirtschaftsgüter Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits.

    Der Senat verkennt nicht, daß auch die Schätzung von Grundstückswerten und Grundstücksbestandteilen immer mit Unsicherheiten verbunden ist. Das vom FA gefundene Ergebnis, das letztlich auf der vom BFH in ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. Urteil in BStBl II 1985, 252) abgelehnten Restwertmethode beruht, überschreitet aber die noch hinzunehmenden Grenzen. In Anbetracht des im Gutachten beschriebenen Wohnungsstandards ist es nicht nachvollziehbar, daß die Hälfte eines im Jahre 1960 errichteten 6-Familienhauses nach den Verhältnissen in X-Stadt nur einen anteiligen Gebäudewert von 244.171 DM (Stand Ende 1993) haben könnte. Dieses Mißverhältnis beruht insbesondere darauf, daß das FA nur den Grund und Boden mit den aktuellen Werten zum Kaufzeitpunkt in die Vergleichsberechnung einbezogen hat, für das Gebäude jedoch auf eine eigenständige Ertragswertermittlung auf der Basis eines aktuellen Wertes (Baukostenindex) verzichtet hat, sondern nur den Rest des Gesamtertragswertes nach Abzug des Bodenertragswertes angesetzt hat.

    2. Der erkennende Senat ist unter Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis gelangt, daß den Gegebenheiten des vorliegenden Falles für die Aufteilung nach dem Grundstückswert und dem Gebäudewert das Sachwertverfahren eher gerecht wird. Der Senat sieht mit Birkenfeld (a. a. 0.) die Sachwerte von Grund und Boden, Gebäude und Außenanlagen als in Wechselbeziehung zueinander stehende preisbeeinflussende Umstände eines Gesamtkaufpreises. Ein Zinsfuß für eine angemessene Verzinsung kann im Regelfall – so auch hier – nur für beide Wirtschaftsgüter einheitlich festgestellt werden (vgl. Schmidt/Glanegger, a. a. 0.). Für eine isolierte Verzinsung des Bodenwerts sieht der Senat im Streitfall keine Grundlage. Der streitgegenständliche Grund und Boden kann nicht losgelöst vom darauf errichteten Gebäude beurteilt werden. Etwas Abweichendes könnte z. B. gelten, wenn – was hier nicht der Fall ist – das Grundstück mit einem zum Abriß bestimmten Gebäude erworben worden wäre. Auch sonst liegt hier kein Ausnahmefall vor etwa in der Weise, daß eines der beiden Wirtschaftsgüter maßgebend für eine überhöhte oder zu niedrige Verzinsung wäre, wodurch Korrekturen am gefundenen Ergebnis erforderlich werden könnten.

    Mit diesem Ergebnis sieht sich der erkennende Senat im Einklang mit der bisherigen höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung. Daß die Grundsätze des Urteils in BStBl II 1985, 252, auch für Mietwohngrundstücke gelten, macht noch folgende Überlegung deutlich: Erwirbt ein Käufer in einer Eigentumswohnanlage mit sechs Wohnungen eine Wohnung, so ist die betreffende Aufteilung im wesentlichen unstreitig (auch das FA sieht dies nicht anders) nach dem Sachwertverfahren vorzunehmen. Es ist schwer vorzustellen, daß die Bewertungsmethode immer dann umzustellen sein soll, wenn der Steuerpflichtige ggf. alle sechs Eigentumswohnungen oder das 6-Familienhaus zu ungeteiltem Eigentum erwirbt. Zur Vollständigkeit wird noch darauf hingewiesen, daß der vom FA in Bezug genommene Kommentar Simon/Kleiber, Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten, 7. Aufl., Abschn. 3.5, bei im Jahre 1960 errichteten Mietwohngrundstücken von einem durchschnittlichen Bodenwertanteil von 22,9 v. H. ausgeht. Diese Untersuchung beruht auf Wertermittlungen, die Ende der 80er Jahre durchgeführt wurden. Dem Senat ist bekannt, daß dieser Durchschnittswert für die Verhältnisse in X-Stadt zu niedrig ist. Doch hat der Sachverständige dem bei seinem Schätzungsverfahren mit der Ermittlung eines Bodenwertanteils von 43,3 v. H. angemessen Rechnung getragen.

    3. Hiernach ergibt sich folgende neue Berechnung der festzusetzenden ESt:

    a) 1994

    Zu versteuerndes Einkommen bisherXXXXXXXXX DM
    ./. Differenz AfA lt. Urteil8.307 DM
    AfA bisher3.663 DM4.644 DM
    zu versteuerndes Einkommen lt. UrteilXXXXXXXXX DM
    festzusetzende ESt lt. UrteilXXXXXXX DM


    Der Antrag der Klägerin enthält insoweit einen Rechenfehler.

    b) 1995

    Zu versteuerndes Einkommen bisherXXXXXXX DM
    ./. Differenz AfA lt. Urteil11.077 DM
    AfA bisher4.884 DM6.193 DM
    zu versteuerndes Einkommen lt. UrteilXXXXXXX DM
    festzusetzende ESt lt. UrteilXXXXXXX DM


    4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 135 FGO.

    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung.

    5. In Hinblick auf den BFH-Beschluß in BFH/NV 1999, 1201, wird die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

    VorschriftenEStG § 7 Abs 4, EStG § 6 Abs 1

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