08.01.2010
Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 05.12.2002 – IV 254/2001
Im Untergeschoss eines Wohnhauses belegene Räumlichkeiten, die sowohl für eine nichtselbständige Geschäftsführertätigkeit als auch für eine selbständige Unternehmensberatertätigkeit genutzt werden, erfüllen nicht den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, wenn sie über einen eigenen Außenzugang verfügen, teilweise für geschäftliche Besprechungen genutzt werden und in denen eine Angestellte des Arbeitgebers des Steuerpflichtigen Post erledigt.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für Büroräume im selbstgenutzten Wohnhaus in vollem Umfang als Betriebsausgaben abziehbar sind.
Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielt als Geschäftsführer der Firma A. GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; sein Bruttoarbeitslohn belief sich in den Streitjahren 1996 auf 159.450 DM, 1997 auf 172.623 DM und 1998 auf 174.228 DM. Daneben ist er seit Dezember 1995 als Unternehmensberater gewerblich tätig. Zu seinen Auftraggebern gehören u.a. die Firma B. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger bis Ende 1995 war und die nunmehr von seinem Sohn geführt wird, und die Firma C. GmbH. Den Gewinn ermittelt er nach § 4 Abs. 3 EStG durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Für die Streitjahre erklärte er Gewinne aus der Beratungstätigkeit wie folgt:
Betriebseinnahmen | Betriebsausgaben | Gewinn | |
DM | DM | DM | |
1996 | 93.957 | 61.282 | 32.675 |
1997 | 96.189 | 76.918 | 19.271 |
1998 | 108.192 | 41.937 | -33.745 |
Der Verlust für 1998 beruht im Wesentlichen auf der als Betriebsausgaben angesetzten, im Zusammenhang mit einem Maschinenkauf angefallenen Vorsteuer in Höhe von 63.334,87 DM; die Maschinen werden vom Kläger an verschiedene Firmen vermietet. In den Betriebsausgaben sind Kosten für die im Untergeschoss des Wohnhauses D. Weg 2a, E. befindlichen, im Dezember 1995 fertiggestellten Büroräume in Höhe von 14.408 DM (1996), 15.664 DM (1997) und 13.899 DM (1998: Reinigung 2.600,23 DM, Grundsteuer, Straßenreinigung 1.025,74 DM, Heizung 497,97 DM, Stadtwerke 544,76 DM, Hausversicherungen 473 DM, Absetzung für Abnutzung -AfA- Büroanbau 8.757,29 DM) enthalten.
Das ca. 67 qm große Büro besteht aus zwei Zimmern, einem Raum mit Dusche und WC sowie einem Flur. Ein Zimmer ist mit zwei Schreibtischen,. einer Regalwand, mehreren Sideboards und einem Besprechungstisch ausgestattet. Im anderen Raum befinden sich eine Anbauwand, ein Eck- und ein Bücherschrank sowie ein Sofa. Nach den Feststellungen des Finanzamts werden im Büro die betrieblichen und einige private Unterlagen aufbewahrt. Die Büroräume sind über eine vom Wohnbereich aus nach unten führende Treppe erreichbar. Die Treppe endet in einer Diele (im Plan als Fitnessraum bezeichnet). Von dort aus gelangt man über eine Türe in das Büro. Diese Türe ist -ebenso wie die Türe vom WC zum Saunabereich hin- wie eine Haustüre gestaltet und mit einem Sicherheitsschloss und einer Dreifachverriegelung versehen. Auf der Büroinnenseite der Türen befinden sich jeweils Halteknöpfe, so dass sie vom Büro aus nur mit dem Sicherheitsschlüssel zu öffnen sind. Zum Wohnbereich hin sind Türdrücker angebracht. Die Türen sind durch eine Alarmanlage gesichert. Das Büro verfügt weiterhin über einen eigenen ebenerdigen Zugang nach außen. Wegen der Lage der Büroräume wird auf die Grundrisszeichnungen für das Erd- und Untergeschoss des Anwesens Bezug genommen. Für die Sauna wurde - abweichend vom Plan- eine eigene Dusche mit WC eingebaut. Die Wohnfläche der eigengenutzten Wohnung beträgt 272 qm. Das Grundstück ist als Einfamilienhaus bewertet.
Die Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre 1996-1997 wurden in den Bescheiden vom 28.07.1998 und 22.10.1999, die nach § 164 Abs. 1 AO jeweils unter Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäß durchgeführt. Anlässlich einer abgekürzten Außenprüfung, die sich lt. Prüfungsanordnung vom 03.02.2000 u.a. auf die Einkommensteuer 1996 und 1997 erstreckte, erklärte der Kläger, dass er jeden Tag durchschnittlich 1-2 Stunden in den Büroräumen der Firma A. GmbH (E., F.-Str. 15), 4-5 Stunden im häuslichen Büro und 4 Stunden für die Beratungstätigkeit auswärts arbeite. Auch für die Firma A. GmbH sei er auswärts unterwegs. Im Büro D. Weg 2a fänden ca. 30-40 Besprechungen pro Jahr statt. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen für das Büro nur noch in Höhe von jeweils 2.400 DM als Betriebsausgaben an. Die Gewinne wurden insoweit um 12.008 DM (1996) und 13.264 DM (1997) sowie um die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch in Höhe von 1.696 DM (1996) und 1.800 DM (1997) erhöht; wegen der Einzelheiten wird auf die berichtigte Gewinnermittlung Bezug genommen. In den Änderungsbescheiden vom 04.07.2000 wurde die Einkommensteuer - unter Zugrundelegung berichtigter Gewinne aus der Beratungstätigkeit in Höhe von 56.653 DM bzw. 47.633 DM - 1996 auf 15.466 DM und für 1997 auf 30.377 DM erhöht. Zugleich wurde der Vorbehalt der Nachprüfung jeweils aufgehoben.
Die für 1998 geltend gemachten Aufwendungen für das Büro wurden ebenfalls nur in Höhe von 2.400 DM als Betriebsausgaben anerkannt. Der erklärte Verlust wurde insgesamt um 15.165 DM (Raumkosten 11.001 DM, Umsatzsteuer auf die nicht abziehbaren Kosten 1.559 DM, Minderung AfA Büromöbel 2.605 DM) auf 18.580 DM gekürzt. Im Steuerbescheid für 1998 vom 05.12.2000 wurden die Einkommensteuer auf 44.075 DM und der Solidaritätszuschlag auf 2.424,12 DM festgesetzt.
Die Einsprüche gegen die Festsetzungen der Einkommensteuer 1996 - 1998 und des Solidaritätszuschlags zur Einkommensteuer 1998 blieben ohne Erfolg; insoweit wird auf die Einspruchsentscheidung vom 11.05.2001 Bezug genommen.
Mit der Klage beantragen die Kläger, die Raumkosten für das Büro in voller Höhe zu berücksichtigen und die Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 vom 04.07.2000 sowie für 1998 vom 05.12.2000 und den Bescheid über die Festsetzung des Solidaritätszuschlags zur Einkommensteuer 1998 vom 05.12.2000 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.05.2001 entsprechend zu ändern.
Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen Folgendes vor:
Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG sei nicht anwendbar. Das Büro im Untergeschoss des Anwesens D. Weg 2a stelle kein häusliches Arbeitszimmer, sondern eine Betriebsstätte dar. Für die gewerbliche Tätigkeit stehe kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das Büro sei räumlich vom Wohnbereich getrennt und verfüge über einen gesonderten Eingang, einen eigenen Ver- und Entsorgungskreislauf sowie Telefon- und Faxanschluss. In späteren Jahren sei es als Sitz und Geschäftsstelle der Firma Golfanlage E.-G. GmbH & Co. Betriebs-KG genutzt worden. Die Kosten für das Büro seien daher ohne Beschränkung der Höhe nach abziehbar; insoweit werde auf das Urteil des Finanzgerichts München vom 08.11.2000 (EFG 2001, 264) verwiesen.
Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführer der B. GmbH verfüge er - der Kläger - über große Erfahrungen, die er bei seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit einsetze. Er bringe insbesondere seine Kenntnisse des regionalen Marktes und seine Beziehungen zu Auftraggebern und Subunternehmern ein. Durch die Mitgestaltung der Preispolitik habe er maßgebenden Einfluss auf die Ergebnisse und Liquiditätsentwicklung der von ihm beratenen bzw. vertretenen Firmen. Auch bei Verhandlungen mit Behörden und Banken sei er beteiligt.
Bei der Firma A. GmbH erfülle er vor allem strategische Aufgaben. Mit dem Tagesgeschäft sei er nicht befasst, hierfür seien der kaufmännische und der technische Leiter zuständig. Im Anwesen F.-Str. 15 habe er kein eigenes Büro; Besuche dort dienten hauptsächlich dazu, Berichte entgegen zu nehmen. Die meisten Besprechungen fänden entweder vor Ort bei den Schotterwerken, Baustellen oder Behörden statt oder im Büro D. Weg 2a, wo er sich täglich 4 bis 5 Stunden aufhalte. Die übrige Zeit werde auf Baustellen, Behörden oder Banken verbracht, um mit Kunden, Subunternehmern usw. zu verhandeln und die Projekte voranzutreiben bzw. neue Projekte zu akquirieren. Die Vorbereitung werde jeweils im Büro D. Weg 2a durchgeführt. Insgesamt gesehen könne eine Tätigkeitsabgrenzung nicht konkret vorgenommen werden, da die Tätigkeit sowohl bei der Firma A. GmbH als auch die Tätigkeit als Selbständiger im Prinzip identisch seien. Der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit für die verschiedenen Firmen gliedere sich wie folgt auf die einzelnen Orte auf:
Büroanbau | Verwaltung der beratenen bzw. vertretenen Unternehmen | außer Haus | |
A. GmbH | 50% | 10% | 40% |
B. GmbH | 50% | 10% | 40% |
C. GmbH | 40% | 40”% | 20% |
weitere Aktivitäten | 70% | 10% | 20% |
Im Übrigen seien die Kosten für das Büro auch dann in voller Höhe abziehbar, wenn die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG anzuwenden wäre. Denn die Büroräume bildeten den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers. Die Tätigkeiten als Geschäftsführer und als Unternehmensberater seien identisch und würden im Wesentlichen von den Büroräumen im Anwesen D. Weg 2a aus erbracht.
Die Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG sei darüber hinaus verfassungswidrig. Bei einem Zusammentreffen von mehreren Einkunftsquellen führe das Abstellen auf den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit zu einem Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip. Denn dadurch werde derjenige schlechter gestellt, der neben den gewerblichen Einkünften über eine zweite Einkommensquelle verfüge.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend ausgeführt, dass im Büro D. Weg 2a in den Streitjahren täglich H. I. stundenweise gearbeitet und insbesondere die anfallende Post erledigt habe. Sie sei Angestellte der Firma B. GmbH gewesen, für die er selbst tätig gewesen sei. Die zur Zeit für ihn arbeitende Angestellte heiße J.
Das Büro der Firma A. GmbH in der Hügelstraße 15 bestehe aus vier Zimmern und zwei Toiletten. Ein Zimmer werde vom kaufmännischen Leiter K. ein Zimmer vom technischen Leiter L. benutzt, ein weiterer Raum stehe den Damen der Buchhaltung zur Verfügung. Der kleinere Raum werde durch EDV und Buchhaltung genutzt. Insgesamt habe das Büro eine Größe von ca. 90 qm. In den beiden Steinbrüchen befänden sich nur die erforderlichen Werkmeisterräumlichkeiten.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Folgendes vor:
Die Aufwendungen für die betrieblich genutzten Räume seien nur in Höhe von 2.400 DM als Betriebsausgaben abziehbar. Für die Unternehmertätigkeit stehe zwar kein anderer Raum zur Verfügung. Die Büroräume stellten aber nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers dar. Der Kläger übe seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma A. und als Unternehmensberater, im Wesentlichen außerhalb seines häuslichen Büros aus. Im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut könne nicht allein auf die Beratertätigkeit abgestellt werden.
Die Abzugsbeschränkung finde auch dann Anwendung, wenn -wie im Streitfall- nicht nur ein häuslicher Raum, sondern mehrere Räume beruflich oder betrieblich genutzt würden.
Die Einschränkungen der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer seien mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Insoweit wird auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 07.12.1999 2 BvR 301/98, BStBl. II 2000, 162 Bezug genommen.
Dem Gericht liegen die Steuerakten der Kläger und die Einheitswertakten für das Grundstück E., D. Weg 2a vor.
Gründe
Die Klage ist zum weitaus überwiegenden Teil begründet.
Die Aufwendungen für die im Wohnhaus D. Weg 2a gelegenen Büroräume sind in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen. Wegen der Nutzung des Büros für betriebliche und berufliche Zwecke scheidet ein Abzug der gesamten Kosten als Betriebsausgaben aus. Die Ausgaben für das Büro sind entsprechend dem Umfang der jeweiligen Nutzung zur Hälfte als Betriebsausgaben und zur Hälfte als Werbungskosten abzuziehen. Soweit die Bürokosten der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer dienen, liegt umsatzsteuerlich Eigenverbrauch vor, so dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Ansatz der Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch als fiktive Betriebseinnahme zu erhöhen ist.
1. Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung dürfen den Gewinn nur dann mindern, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 vom Hundert der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 EStG). In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz l Nr. 6 b Satz 3 EStG). Die vorgenannten Regelungen gelten im Rahmen des Werbungskostenabzugs sinngemäß (§ 9 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG).
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erfasst die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG grundsätzlich auch vom Steuerpflichtigen selbstgenutzte Büroräume, die einen Teil seiner Wohnung bilden und dadurch in seine private Sphäre eingebunden und zugleich der Kontrollmöglichkeit der Finanzbehörde entzogen sind (vgl. BFH-Urteil 23.09.1999 VI R 74/98, BStBl. II 2000, 7). Als häusliches Büro in diesem Sinne wird ein Raum angesehen, der nach seiner Lage, Funktion und Ausstattung in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer bzw. -organisatorischer Arbeiten dient (BFH-Urteil vom 19.09.2002 VI R 70/01, Der Betrieb -DB- 2003, 71). In dieser Entscheidung geht der BFH aufgrund der Gesetzesformulierung und -begründung davon aus, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG an den durch die Rechtsprechung geprägten Begriff des häuslichen Arbeitszimmers anknüpfen wollte. Demzufolge kommt es nicht allein auf den räumlichen Zusammenhang eines im selbstgenutzten Wohnhaus gelegenen, betrieblich und beruflich genutzten Raumes des Steuerpflichtigen an, sondern ebenso darauf, in welcher Weise der Raum genutzt wird und wie er ausgestattet ist. Typisch für ein häusliches Arbeitszimmer sind eine büromäßige Einrichtung mit Bücher- und Aktenschränken, Regalen, Computer usw. und einem Schreibtisch als prägendem Möbelstück (vgl. BFH-Urteil in DB 2003, 71). Ob ein Büroraum dem Typus „häusliches Arbeitszimmer” zuzuordnen ist und damit der Abzugsbeschränkung unterliegt, lässt sich nicht generell, sondern nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles entscheiden (vgl. BFH-Urteile in BStBl. II 2000, 7 und in DB 2003, 71).
2. Danach stellt das Büro im Anwesen D. Weg 2a in den Streitjahren kein unter die gesetzliche Abzugsbeschränkung fallendes häusliches Arbeitszimmer dar.
a) Die Büroräume weisen eine gewisse bauliche Abgeschlossenheit gegenüber dem Wohnbereich der Kläger auf. Das Büro befindet sich in nebeneinander liegenden Zimmern im Untergeschoss des Anwesens und verfügt über einen eigenen ebenerdigen Zugang von außen. Die Türen, die vom Büro aus in den Wohnbereich führen, sind - wie der Kläger unwidersprochen durch den Vertreter des Finanzamts und den an der mündlichen Verhandlung teilnehmenden, mit der Außenprüfung beim Kläger befassten Steueramtmann M. dargelegt hat - wie Haustüren angelegt. Sie sind mit einem Sicherheitsschloss und einer Dreifachverriegelung ausgestattet; auf der Büroinnenseite der Türen befindet sich jeweils ein Halteknopf, so dass der Zutritt zur Wohnung vom Büro aus nur mit dem zugehörigen Sicherheitsschlüssel möglich ist. Darüber hinaus sind die Türen durch eine Alarmanlage abgesichert. Der Zugang zum Wohnbereich durch nicht berechtigte Personen ist dadurch wesentlich erschwert. Der haustürähnliche Charakter der Türen zwischen Wohnbereich und Bürotrakt wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass zum Wohnbereich hin Türdrücker angebracht sind. Denn die Türen vermitteln zumindest von der Büroseite aus einen gewissen Abschluss der Büroeinheit.
b) Die Funktion der Büroräume spricht ebenfalls dafür, dass ein häusliches Arbeitszimmer nicht vorliegt. Die Art und Weise der Nutzung übersteigt insgesamt gesehen das für ein Arbeitszimmer übliche Maß. In dem Büro werden zwar die im betrieblichen und beruflichen Bereich anfallenden typischen Büroarbeiten erledigt. Nach den Angaben des Klägers beschäftigt er sich dort insbesondere mit der Ausarbeitung von Genehmigungen, der Erstellung von Angeboten und der Vorbereitung seiner Außentermine. Dies nimmt täglich mehrere Stunden in Anspruch. Daneben benutzt er aber das Büro auch zu Besprechungen in nicht unerheblichem Umfang. Aufgrund der bereits gegenüber dem Betriebsprüfer M. angegebenen Anzahl der Besprechungen von 30 bis 40 pro Jahr, die vom Finanzamt nicht bestritten wird, kann nicht mehr von nur gelegentlichen Gesprächen mit Auftraggebern und sonstigen Personen ausgegangen werden. Der Betriebsprüfer hat zudem anlässlich der Außenprüfung festgestellt, dass das Büro mit einer Besprechungsecke ausgestattet ist. Dies deutet darauf hin, dass der Raum für Besprechungen vorgesehen ist und diese bei Bedarf auch tatsächlich abgehalten werden.
Ein weiteres Indiz für einen höheren Publikumsverkehr im Büro D. Weg 2a ist, dass der Kläger als selbständiger Unternehmensberater nur über diese Büroräume verfügt und er bei seinem Arbeitgeber, der Firma A. GmbH, aufgrund der räumlichen Gegebenheiten in der F.-Str. 15, E. kein eigenes Büro besitzt, sondern nur die Büroräume des kaufmännischen und des technischen Leiters mitbenutzt. Die Funktion der Büroräume im Wohnhaus entspricht auch insoweit nicht der eines häuslichen Arbeitszimmers, als in den Streitjahren dort täglich stundenweise H. I., eine Angestellte der Firma B. GmbH, die anfallenden Büroarbeiten, insbesondere die Post erledigt hat. Im häuslichen Arbeitszimmer arbeiten dagegen in der Regel nur der Steuerpflichtige selbst und/oder Familienmitglieder, nicht aber fremde Arbeitnehmer. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger den Lohn für die Angestellte nicht selbst gezahlt hat, sondern ihm die Arbeitskraft von der B. GmbH, für die er als Unternehmensberater tätig war, zur Verfügung gestellt wurde.
c) Die Größe und die Ausstattung der Räume im Untergeschoss deuten eher auf ein Büro als auf ein häusliches Arbeitszimmer hin. Angesichts der Wohn- und Nutzfläche des Anwesens von insgesamt 339 qm (Wohnen 272 qm, Büro 67 qm) ist zwar ein größeres Arbeitszimmer nicht untypisch. Eine zur betrieblichen und beruflichen Nutzung vorgesehene Fläche von 67 qm ist jedoch ein Anhaltspunkt dafür, dass das für ein Arbeitszimmer -auch in einer Villa- übliche Maß überschritten ist. Neben Büro und Aktenschränken ist das Büro zudem -nach den Feststellungen des Außenprüfers M.- mit zwei Schreibtischen und einer Besprechungsecke eingerichtet. Die Aufstellung mehrerer Schreibtische lässt den Schluss zu, dass im Büro auch mehrere Personen arbeiten. Eine Nutzung durch die Klägerin in den Streitjahren ist nicht erkennbar; sie bezog nach den Angaben in den Einkommensteuererklärungen vom 01.01.1996 bis 01.03.1998 Arbeitslosen- bzw. Krankengeld. Daneben verfügt der Bürotrakt auch über ein eigenes WC. Für den angrenzenden Saunabereich ist -wie der Außenprüfer festgestellt hat- eine gesonderte Dusche mit WC vorhanden.
Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände sind die Büroräume nicht als häusliches Arbeitszimmer zu qualifizieren. Anhaltspunkte für eine private Mitbenutzung in nicht untergeordnetem Umfang, die einen Abzug der Aufwendungen ausschließen würde (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG), sind nicht ersichtlich.
3. Die Aufwendungen für das Büro sind, soweit sie durch die betriebliche Nutzung veranlasst sind, Betriebsausgaben und, soweit sie mit des Geschäftsführertätigkeit des Klägers zusammenhängen, Werbungskosten.
Betrieblich veranlasst im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG sind alle Aufwendungen, die in einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen. Dazu gehören u.a. laufende Kosten für die betrieblich genutzten Räume. Da das Büro D. Weg 2a nicht ausschließlich der Tätigkeit des Klägers als Unternehmensberater dient, sondern daneben im Rahmen der Geschäftsführertätigkeit für die Firma A. GmbH zur Erzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit genutzt wird, kommt eine Berücksichtigung der gesamten Aufwendungen als Betriebsausgaben nicht in Betracht. Vielmehr sind die Raumkosten entsprechend dem Verhältnis der betrieblichen zur beruflichen Nutzung auf Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) und Werbungskosten(§ 9, Abs. 1 Satz 1 EStG) aufzuteilen.
Ein genauer Aufteilungsmaßstab lässt sich jedoch nicht (mehr) ermitteln. Aufzeichnungen darüber, welche Zeit von den vier bis fünf Stunden täglicher Arbeit im Büro auf die Tätigkeit als Geschäftsführer bzw. als Unternehmensberater entfallen, sind nicht vorhanden. Der Kläger hat selbst erklärt, dass die betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten im Prinzip identisch sind und sich im Hinblick auf die Geschäftsbereiche der beratenen und vertretenen Firmen überlagern und ergänzen können. Aus der Aufstellung über den zeitlichen Umfang der Tätigkeiten für die verschiedenen Firmen im Büroanbau, bei den Verwaltungen der jeweiligen Firmen und auswärts ist zwar zu entnehmen, dass der Kläger einen erheblichen Teil seiner Arbeiten im Büro erledigt hat. Sie ermöglicht jedoch keine zeitliche Abgrenzung der betrieblichen und beruflichen Nutzung. Eine Aufteilung unter Zugrundelegung der aus den einzelnen Tätigkeiten erzielten Einnahmen hält der Senat nicht für sachgerecht. Aus der Höhe der Einnahmen kann nicht darauf geschlossen werden, welcher Einsatz im Büro hierfür erforderlich war. Zudem stellen die Einnahmen aus der gewerblichen Tätigkeit -im Gegensatz zu dem Arbeitslohn als Geschäftsführer-Vergütungen dar, die nur im Falle der Erteilung eines Auftrags gezahlt werden. Die Vorarbeiten hierfür können erhebliche Zeit beansprucht haben. Der Senat geht daher im Wege einer Schätzung davon aus, dass das Büro in den Streitjahren jeweils zur Hälfte zur Erzielung von gewerblichen Einkünften und zur Erzielung von Lohneinkünften genutzt wurde. Die Bürokosten in Höhe von 14.408 DM (1996), 15.664 DM (1997) und 13.899 DM (1998) sind in Höhe von 7.204 DM (1996), 7.832 DM (1997) und 6.950 DM (1998) als Betriebsausgaben und in Höhe von 7.204 DM (1996), 7.832 DM (1997) und 6.949 DM (1998) als Werbungskosten abzuziehen.
4. Gewinnerhöhend ist die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch anzusetzen.
Nach § 12 Nr. 3 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung darf u.a. die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Die Nutzung des betrieblichen Büros D. Weg 2a für private Zwecke -der Einkunftserzielung nach § 19 EStG- unterliegt als Eigenverbrauch der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 b Umsatzsteuergesetz -UStG- in der für die Streitjahre geltenden Fassung).
Wertabgaben aus dem Betriebs- in das Privatvermögen werden auch bei der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG in der Weise berücksichtigt, dass sie als fiktive Betriebseinnahme anzusetzen sind (BFH-Urteil vom 18.09.1986 IV R 50/86, BStBl. Il 1986, 907). Nach dem BFH-Urteil vom 08.10.1981 IV R 90/80 (nicht veröffentlicht) kommt es bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht darauf an, wann die auf einen Entnahmeeigenverbrauch entfallende Umsatzsteuer vorangemeldet, festgesetzt oder gezahlt wurde, sondern darauf, wann der umsatzsteuerauslösende und selbstkostenverursachende Entnahmetatbestand verwirklicht wurde. Der Teilwert der Entnahme (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG) hängt von den Selbstkosten ab, die dem Betrieb für die Leistungsabgabe erwachsen.
Danach erhöhen sich aufgrund der privaten Nutzung des Büros in den Streitjahren die Gewinne um die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch. Diese berechnet sich wie folgt:
1996 | ||
Raumkosten insgesamt | 14.408 DM | |
Raumkosten mit Vorsteuerabzug | ||
- AfA | 8.757 DM | |
- Büroreinigung | 4.125 DM | |
- Heizung | 560 DM | |
- Stadtwerke | 143 DM | |
Summe | 13.585 DM | 13.585 DM |
Anteil an den Gesamtkosten 94,2 % als Werbungskosten zu berücksichtigende Aufwendungen | 7.204 DM | |
davon mit Vorsteuerabzug (94,2 %) | 6.786 DM | |
Bemessungsgrundlage Eigenverbrauch | 6.786 DM | |
Umsatzsteuer (15 %) | 1.018 DM |
1997 | ||
Raumkosten insgesamt | 15.664 DM | |
Raumkosten mit Vorsteuerabzug | ||
- AfA | 8.757 DM | |
- Büroreinigung | 4.125 DM | |
- Heizung | 803 DM | |
- Stadtwerke | 493 DM | |
Summe | 14.178 DM | 14.178 DM |
Anteil an den Gesamtkosten 90,5 % als Werbungskosten zu berücksichtigende Aufwendungen | 7.832 DM | |
davon mit Vorsteuerabzug (90,5 %) | 7.088 DM | |
Bemessungsgrundlage Eigenverbrauch | 7.088 DM | |
Umsatzsteuer (15 %) | 1.063 DM |
1998 | ||
Raumkosten insgesamt | 13.899 DM | |
Raumkosten mit Vorsteuerabzug | ||
- AfA | 8.757 DM | |
- Büroreinigung | 2.600 DM | |
- Heizung | 498 DM | |
- Stadtwerke | 545 DM | |
Summe | 12.400 DM | 12.400 DM |
Anteil an den Gesamtkosten 89,2 % als Werbungskosten zu berücksichtigende Aufwendungen | 6.949 DM | |
davon mit Vorsteuerabzug (89,2 %) | 6.199 DM | |
Bemessungsgrundlage Eigenverbrauch | 6.199 DM | |
Umsatzsteuer | ||
Januar bis März 1998: 6.199 DM x 3/12 x 15 % | 232,40 DM | |
April bis Dezember 1998: 6.199 DM x 9/12 x 16 % | 743,80 DM | |
Umsatzsteuer (gerundet) | 976,00 DM |
Die Einkommensteuer berechnet sich wie folgt (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO):
1996 | ||
Gewinn aus der Tätigkeit als Unternehmensberater lt. Finanzamt | 56.653 DM | |
- nicht abzugsfähige Raumkosten lt. Finanzamt | -12.008 DM | |
- Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch lt. Finanzamt | -1.696 DM | |
+ Zuordnung der Raumkosten zu den Werbungskosten | + 7.204 DM | |
+ Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch | + 1.018 DM | |
Gewinn lt. Urteil | 51.171 DM | |
Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit | ||
Einnahmen | 159.450 DM | |
- Werbungskosten | 7.204 DM | |
152.246 DM | ||
zu versteuerndes Einkommen lt. Einspruchsentscheidung | 70.919 DM | |
Minderung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Unternehmensberater (56.653 DM - 51.171 DM) | - 5.482 DM | |
Minderung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit(157.450 DM - 152.246 DM) | - 5.204 DM | |
zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil | 60.233 DM | |
Lohnersatzleistungen | 26.059 DM | |
zu versteuern mit Progressionsvorbehalt nach der Splittingtabelle mit 20,6137 % aus 60.156 DM Einkommensteuer lt. Urteil | 12.400 DM |
1997 | ||
Gewinn aus der Tätigkeit als Unternehmensberater lt Finanzamt | 47.633 DM | |
- nicht abzugsfähige Raumkosten lt. Finanzamt | -13.264 DM | |
- Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch lt. Finanzamt | -1.800 DM | |
+ Zuordnung der Raumkosten zu den Werbungskosten | + 7.832 DM | |
+ Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch | +1.063 DM | |
Gewinn lt. Urteil | 41.464 DM | |
Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit | ||
Einnahmen | 172.623 DM | |
- Werbungskosten | 7.832 DM | |
164.791 DM | ||
zu versteuerndes Einkommen lt. Einspruchsentscheidung | 116.803 DM | |
Minderung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Unternehmensberater (47.633 DM - 41.464 DM) | - 6.169 DM | |
Minderung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (170.623 DM - 164.791 DM) | - 5.832 DM | |
zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil | 104.802 DM | |
Lohnersatzleistungen | 25.888 DM | |
zu versteuern mit Progressionsvorbehalt nach der Splittingtabelle mit 24,9846 % aus 104.760 DM Einkommensteuer lt. Urteil | 26.173 DM |
1998 | ||
Gewinn aus der Tätigkeit als Unternehmensberater lt. Finanzamt | - 18.580 DM | |
- nicht abzugsfähige Raumkosten lt. Finanzamt | -11.001 DM | |
- Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch lt. Finanzamt | -1.559 DM | |
+ Zuordnung der Raumkosten zu den Werbungskosten | + 6.949 DM | |
+ Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch | + 976 DM | |
Gewinn lt. Urteil | -23.215 DM | |
Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit | ||
Einnahmen | 174.228 DM | |
- Werbungskosten | 6.949 DM | |
167.279 DM | ||
zu versteuerndes Einkommen lt. Einspruchsentscheidung | 159.426 DM | |
Minderung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Unternehmensberater (-18.580 DM + 23.215 DM) | - 4.635 DM | |
Minderung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (172.228 DM - 167.279 DM) | - 4.949 DM | |
zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil | 149.842 DM | |
Lohnersatzleistungen | 2.658 DM | |
zu versteuern mit Progressionsvorbehalt nach der Splittingtabelle mit 26,8531 % aus 149.796 DM | ||
Einkommensteuer lt. Urteil | 40.224 DM | |
Solidaritätszuschlag lt. Urteil (5,5 %) | 2.212,32 DM |
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).