08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 20.04.2004 – III 72/03
Der Einspruch gegen einen Steuer- oder Kindergeldbescheid kann nur bei dem Finanzamt oder der Familienkasse eingelegt werden, dessen bzw. deren Verwaltungsakt angefochten wurde; auf Eingaben bei einem Bundesministerium oder bei der Bundesanstalt für Arbeit kommt es nicht an.
Tatbestand
Streitig ist das Kindergeld für den Sohn ... (F) und die Tochter ... (J) des Klägers, und zwar für F ab Januar 1998 und für J ab Januar 2001.
I. F ist am 1. März 1977 geboren und studierte an der Universität A Rechtswissenschaften bis zum I. jur. Staatsexamen im März 2003 (Kindergeld-Akte -KiG-A- Bl. 154, 170, 173). In der Wartezeit für eine Referendarstelle und vor der Vorbereitung einer Promotion absolvierte er vom 1. April bis 31. Juli 2003 ein unbezahltes Praktikum bei der Europäischen Kommission. Jetzt in 2004 arbeitet er an der Universität als wissenschaftliche Hilfskraft (Finanzgerichts-Akte -FG-A- III 72/03 Bl. 68, 87; FG-A III 417/03 Bl. 19 ff, 23, 24).
J ist am 2. Juli 1982 geboren und studiert ebenfalls Rechtswissenschaften. Bis einschließlich ihres 4. Semesters im Sommer bzw. bis August 2003 studierte sie an der Universität B (KiG-A Bl. 178). Seit September 2003 absolviert sie ein Auslandsstudium mit Erasmus-Stipendium in ...(C)/Italien (FG-A III 72/03 Bl. 134).
Anstelle der durch die Familienkasse wiederholt erbetenen Erklärungen über die Höhe der Einkünfte der Kinder gemäß Vordruck „Erklärungen zu den Einkünften und Bezügen” reichte der Kläger jahrelang nur von den Kindern unterschriebene, selbst formulierte Erklärungen mit folgendem Inhalt ein (für F 1998 KiG-A Bl. 192, für 1999 KiG-A Bl. 191, für beide 2000 KiG-A Bl. 190, für alle 2001 KiG-A Bl. 169, für F 2003 FG-A III 417/03 Bl. 32, für J 2003 FG-A III 72/03 Bl. 71): „Etwaige Einkünfte liegen von dem bestimmten jährlichen Grenzbetrag sicher weit entfernt.” oder ähnlich (an den Kläger gerichtet für Wintersemester 2001/2002 F KiG-A Bl. 149, J Bl. 150): ”... bestätige, dass meine Einkünfte, wie bekannt, bei weitem unter einer deklarierungsfähigen Grenze liegen.”
Nach streitiger diesbezüglicher Korrespondenz wandte der Kläger sich u.a. am 16. September 2002 (KiG-A Bl. 168) und am 31. Dezember 2002 an die Dienstaufsicht des Bundes (KiG-A Bl. 193, 207).
II. Gemäß (mit dem vorliegenden gerichtlichen Verfahren verbundenem) Vortrag des Klägers führte er in der Vergangenheit wegen einer von ihm begehrten Übernahme als beamteter Professor auf Lebenszeit nach einer Verordnung vom 18. Dezember 1979 rechtliche Auseinandersetzungen. Gegen einen Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom 7. Mai 1985 OVG Bs I 6/85 legte er Verfassungsbeschwerde ein; diese wurde durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 29. Juli 1985 2 BvR 732/85 nicht zur Entscheidung angenommen (FG-A III 72/03 Bl. 103, 119; FG-A III 131/04 Bl. 21, 38).
III. Mit Bescheid vom 17. Januar 2003 hob die Familienkasse das Kindergeld für F ab Januar 1998 und für J ab Januar 2001 auf und forderte die bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von umgerechnet 14.759,28 EUR zurück (KiG-A Bl. 200). Nach Zustellung vom 18. Januar 2003 (KiG-A Bl. 202) wurde bei der Familienkasse bis Dienstag 18. Februar 2003 kein Eingang eines Einspruchsschreibens festgestellt.
Mit Eingabe vom 1. Februar 2003 (Einschreiben 3. und Rückschein 4. Februar, KiG-A Bl. 230, 231) und Fax vom 17. Februar 2003 (KiG-A Bl. 229) wandte sich der Kläger an die Bundesministerin der Justiz „Betr. Staatsaufsicht” (KiG-A Bl. 230).
In einem (mit der Klage III 72/03 eingereichten) Faxsendebericht mit Datum 18. Februar 2003 befindet sich die Kopie eines weiteres Faxschreiben an die Bundesanstalt für Arbeit - Hauptstelle - z. Hd. Dr. ... (D) - betreffend eine dortige Mitteilung vom 20. Januar 2003. Beide Vorgänge selbst liegen dem FG nicht vor. In dem Faxschreiben an Dr. D ist auch von einer Zahlungsaufforderung aus dem Landesarbeitsamt Nord vom 18. Januar 2003 die Rede. Weiter heißt es (FG-A Bl. 23): ”... und faxe Ihnen zur Beschleunigung des Verfahrens den in Hamburg eingeworfenen Schriftsatz von heute bei, welcher dort in Zweitschrift (ohne Anlagen) für den Dienstweg beiliegt. ... Anlage: Bl. 294-298”
Mit Eingangsstempel von Mittwoch 19. Februar 2003 ging bei der Familienkasse ein fünfseitiges Schreiben des Klägers vom 18. Februar 2003 mit der Mitteilung ein, dass er sich wegen des Bescheids mit der Bitte um Staatsaufsicht an die Bundesministerin der Justiz gewandt habe (KiG-A Bl. 224). Soweit nach der Rechtsmittelbelehrung ein Einspruch schriftlich einzureichen sei „habe ich es für vorziehenswert angesehen, mich mit der o.g. Bitte um Staatsaufsicht an das Ministerium zu wenden, damit von dort die Maßnahme als nichtig oder unwirksam kassiert oder dafür gesorgt wird, dass sie aufgehoben wird.”
In Kopie waren die vorbezeichneten Eingaben an die Bundesministerin der Justiz vom 1. und 17. Februar 2003 beigefügt.
Das vorgenannte Schreiben vom 18. Februar 2003 an die Familienkasse mit Eingangsstempel 19. Februar 2003 wurde von ihr als Einspruch behandelt. Dieser wurde mit Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2003 wegen Verfristung als unzulässig verworfen (KiG-A Bl. 232, FG-A Bl. 22).
IV. Die dagegen gerichtete - vorliegende - Klage nebst Antrag auf Aussetzung der Vollziehung -AdV- ist am 26. Februar 2003 beim Finanzgericht (FG) eingegangen.
Das Passivrubrum lautet: „gegen „Die zuständige Behörde” Beteiligte: 1. Die Bundesrepublik Deutschland vertreten durch die zuständige Behörde - Frau Bundesministerin der Justiz Brigitte Zypries Bundesministerium der Justiz - ...
und (nachgeordnet) 2. die Bundesanstalt für Arbeit - Hauptstelle - Landesarbeitsamt Nord Arbeitsamt Hamburg - Familienkasse - ...”
Bei dem für das Kindergeld zuständigen III. Senat des FG sind die Klage unter dem Aktenzeichen III 72/03 und der AdV-Antrag unter III 73/03 eingetragen worden.
Am 10. März 2003 ist das Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerin der Justiz, abgetrennt und zuständigkeitshalber an den II. Senat des FG abgegeben worden (FG-A 72/03 Bl. 33).
Der III. Senat hat von den bei ihm verbliebenen Verfahren gegen die beklagte Familienkasse den Antrag auf AdV des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids mit Beschluss vom 7. April 2003, III 73/03, abgelehnt. Er hat den Bescheid mangels feststellbarer rechtzeitiger Einspruchseinlegung als bestandskräftig angesehen und hat die Beschwerde nicht zugelassen (FG-A, III 73/03).
Der II. Senat des FG hat die abgetrennte Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerin der Justiz, mit Urteil vom 11. Juli 2003, II 99/03, als unzulässig abgewiesen, und zwar ohne Zulassung der Revision (FG-A, II 99/03).
Den mit der abgetrennten Klage zusammenhängenden Antrag gegen die Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerin der Justiz, auf einstweiligen Rechtsschutz hat der II. Senat des FG unter den Gesichtspunkten AdV und einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 13. Mai 2003, II 98/03, abgelehnt, ohne die Beschwerde zuzulassen (FG-A II 98/03).
Die gegen das Urteil vom 11. Juli 2003, II 99/03, eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 28. Januar 2004, VIII B 211/03, als unzulässig verworfen (FG-A II 99/03).
Die gegen den Beschluss vom 13. Mai 2003, II 98/03, eingelegte Beschwerde hat der BFH mit Beschluss vom 13. Juni 2003, VIII B 132/03, als unzulässig verworfen (FG-A II 98/03).
Während des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde, VIII B 211/03, hat der Kläger beim BFH mit Schriftsatz vom 22. August 2003 (Tz. III) nochmals Aussetzung der Vollziehung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids beantragt. Der BFH hat diesen Antrag mit Beschluss vom 14. Oktober 2003, VIII S 15/03 (Tz. 2), abgelehnt und ist - bezugnehmend auf den FG-Beschluss vom 7. April 2003, III 73/03 - von der Bestandskraft des Bescheids ausgegangen.
Ebenfalls mit dem Schriftsatz vom 22. August 2003 (Tz. II) hat der Kläger beim BFH einen Antrag auf einstweilige Anordnung zur Regelung der Zahlung von Kindergeld gestellt. Der BFH hat diesen Antrag mit dem vorerwähnten Beschluss vom 14 Oktober 2003, VIII S 15/03 (Tz. 1), an das FG als zuständiges Gericht verwiesen. Nach Eintragung beim II. Senat des FG unter II 476/03 ist der Antrag wegen der begehrten Kindergeld-Regelung zuständigkeitshalber an den III. Senat abgegeben und hier unter III 417/03 eingetragen worden.
In der Anordnungssache sind Anfragen des Vorsitzenden telefonisch vom 2. Dezember 2003 und schriftlich vom 2. Januar 2004 mit Frist Ende Januar 2004 zur Frage des Passivrubrums (Familienkasse statt Bundesministerin der Justiz?) zunächst unbeantwortet geblieben (FG-A, III 417/03, Bl. 7 ff; weiter s. Dienstaufsichtsbeschwerde unten VII). Erst mit Faxschreiben nach der mündlichen Verhandlung und vor der Verkündung vom 20. April 2004 hat der Kläger mitgeteilt, dass es ihm wegen besonderer Belastungen (vgl. unten IX) nicht eher möglich gewesen sei, auf den Anruf vom 2. Dezember 2003 zurückzukommen. Damit hänge zusammen, das für die Hauptsache in der Ordnung des Grundgesetzes zuständige Gericht zu finden (FG-A, III 72/03, Bl. 122; FG-A, III 417/03, Bl. 53).
V. Zwischenzeitlich hat der Kläger am 28. Juli 2003 bei der Familienkasse erneut Kindergeld für F und J beantragt, ohne die Erklärungsvordrucke zu den Einkünften der Kinder ausgefüllt einzureichen.
Daraufhin wurde die Kindergeldzahlung wiederum mit Bescheid vom 16. Dezember 2003 abgelehnt.
Der am Montag 19. Januar 2004 eingegangene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2004 (Poststempel 5. Februar 2004) wegen der fehlenden Nachweise zurückgewiesen (FG-A, III 72/03, Bl. 55; FG-A, III 417/03, Bl. 34).
VI. Dagegen hat der Kläger am (Montag) 8. März 2004 mit Schriftsatz vom 5. März 2003 (gemeint: 2004) gegenüber dem FG „im Klageverfahren” erklärt, dass er „die bereits in seiner ersten Klage angegebenen Ziele verfolgt”. Sinngemäß ist diese Erklärung dahin verstanden worden, dass der Kläger die neue Bescheidung zum weiteren Verfahrensgegenstand der bisherigen Klage III 72/03 gemacht hat.
VII. Zwischenzeitlich hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 14. Februar 2004 an die Präsidentin des BFH und an den Präsidenten des FG gewandt und insbesondere „Beschwerde wegen richterlicher Nichtentscheidung” in der vom BFH an das FG verwiesenen Eilsache eingelegt (gemeint III 417/03 wegen einstweiliger Anordnung, s. oben zu IV a. E.); die Beschwerde wurde als Dienstaufsichtsbeschwerde behandelt (FG-A, III 417/03, Bl. 11).
In demselben Schriftsatz hat der Kläger „Erinnerung” eingelegt gegen eine Vollstreckung „seitens des Hauptzollamts Stadt Hamburg in das Konto” (FG-A, III 417/03, Bl. 14; FG-A, III 131/04, Bl. 1).
Mit am 19. April 2004 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag an den Präsidenten des FG hat der Kläger die „Erinnerung in der Zwangsvollstreckungssache des Hauptzollamts Hamburg-Stadt” wiederholt und mit dem Petitum präzisiert, „die Zwangsvollstreckung des Hauptzollamts Hamburg - Vollstrekkungsstelle - aus dem in der Verfügung vom 1. 9. 2003 angegebenen Bescheid vom 17. 01. 2003 oder der Verfügung für unzulässig zu erklären” (FG-A, III 131/04, Bl. 10).
Da dieser Antrag sich gegen die Vollziehung des Bescheids der beklagten Familienkasse vom 17. Januar 2003 richtet, ist er am 27. April 2004 als AdV-Antrag wegen Kindergeld zuständigkeitshalber an den III. Senat des FG abgegeben und hier unter dem Aktenzeichen III 131/04 eingetragen worden (FG-A, III 131/04, Bl. 40).
VIII. Der III. Senat hat die Klagesache III 72/03 mit Beschluss vom 30. Oktober 2003 (FG-A, III 72/03, Bl. 41), die Anordnungssache III 417/03 mit Beschluss vom 5. April 2004 (FG-A, III 417/03, Bl. 39) sowie die durch den Einzelrichter III 72/03 (gemäß obigem Tenor) abgetrennte Klage III 122/04 und die neue AdV-Sache III 131/04 mit Beschlüssen vom 6. Mai 2004 auf den Einzelrichter übertragen.
IX. Auf vorsorglichen Anruf des Einzelrichters bei F haben die beiden Kinder am 13. und 14. April 2004 „Erklärungen zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes” formulargerecht ausgefüllt, und zwar F für 1998 bis 2003 und J für 2001 bis einschließlich Prognose 2004. Der Kläger hat diese Erklärungen in der (zunächst erweiterten) Klagesache III 72/03 beim FG eingereicht, und zwar in zeitlicher Nähe zur mündlichen Verhandlung vom 20. April 2004, aber nicht in dieser. Die Unterlagen betreffend F hat er tagsüber auf der Geschäftsstelle abgegeben. Wegen der J betreffenden Unterlagen hat er auf Nachfragen zunächst wiederholt im Termin erklärt, sie ebenfalls auf der Geschäftsstelle eingereicht zu haben und sie deswegen nicht nochmals kopieren lassen zu wollen. Durch ein mit den Uhrzeitangaben 16.07 Uhr und 17.05 Uhr versehenes Fax (eingegangen vor Urteilsverkündung) hat er sich nach Hinweis auf besondere Belastungen korrigiert und angekündigt, jene Unterlagen anschließend in den Gerichtskasten einwerfen zu wollen. Auf ungeklärte Weise sind sie am nächsten Morgen ohne Eingangsstempel auf den Tisch des Einzelrichters gelangt (FG-A, III 72/03, Bl. 72 ff; 122 ff, 129 ff; FG-A, III 122/04, Bl. 15 ff, 33 ff).
X. In der vorliegenden Klagesache III 72/03 trägt der Kläger zuletzt zusammenfassend vor (vgl. Protokoll, FG-A, III 72/03, Bl. 65 ff):
Gegen den angefochtenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 17. Januar 2003 habe er durch sein Schreiben vom 18. Februar 2003 an die Familienkasse fristgerecht Einspruch eingelegt. Er habe dieses Schreiben am 18. Februar 2003 gegen 16.15 Uhr im Beisein eines (nicht benannten) Zeugen bei der Familienkasse in den Briefkasten geworfen und anschließend eine Kopie dem Fax vom selben Tag an die Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit als dort bezeichnete Anlage beigefügt (FG-A III 72/03 Bl. 4-5, 9, 12).
Die angefochtene Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2003 sei formwidrig unter dem Briefkopf „Bundesanstalt für Arbeit - Arbeitsamt Hamburg” ergangen; zu diesem Zeitpunkt sei bereits die Umbenennung in „Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit” erfolgt.
Auch die Ladung vom 11. November 2003 zur mündlichen Verhandlung gegen „Arbeitsamt Hamburg - Familienkasse” sei unzutreffend gewesen.
Die Abtrennung der Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerin der Justiz, sei zu überprüfen. Mangels Beschluss-Entscheidung habe bisher keine Anfechtungsmöglichkeit bestanden. Zur Überprüfung der Abtrennungsverfügung vom 10. März 2003 sei noch eine Schriftsatzfrist zu gewähren.
Nunmehr beantrage er eine Beiladung der Bundesministerin der Justiz anstelle ihrer Beklagtenstellung.
Er berühme sich eines gesetzlichen Anspruchs auf Vollzug seiner Übernahme als beamteter Professor auf Lebenszeit. Es sei zu prüfen, welches Gericht für die Entscheidung darüber zuständig sei und welche Behörde die Übernahme zu vollziehen habe und welche Stelle bei Anerkennung des Übernahmeanspruchs für das Kindergeld zuständig sei.
Die eigentliche Frage betreffend das Kindergeld sei, inwieweit er verpflichtet sei, bei seinen Kindern nach deren Einkünften nachzuforschen und darüber bei der Familienkasse Auskunft zu erteilen. Er verlange, dass die Familienkasse die ursprünglich von den Kindern unterschriebenen Erklärungen akzeptiere, dass deren Einkünfte vom Grenzbetrag weit entfernt seien. Ansonsten hätte die Familienkasse im Zweifelsfall selbst bei den Kindern ermitteln sollen. Die jetzigen Erklärungen (ausgefüllten Formulare) der Kinder habe er nur auf deren Wunsch weitergeleitet.
Er beantrage eine Senatsentscheidung anstelle einer Einzelrichterentscheidung.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 17. Januar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2003 dahin aufzuheben und zu ändern, dass für die Tochter J Kindergeld weiter gewährt wird und für den Sohn F Kindergeld bis einschließlich 2003 gewährt wird (FG-A, III 72/03, Bl. 68 f).
Die beklagte Familienkasse beantragt, die Klage abzuweisen (FG-A, III 72/03, Bl. 35).
Die beklagte Familienkasse trägt vor (FG-A III 72/03 Bl. 36 ff): Der Aufhebungsbescheid vom 17. Januar 2003 sei nicht fristgemäß durch das Schreiben des Klägers unter dem Datum vom 18. Februar 2003 angefochten worden, das bei ihr nicht vor dem 19. Februar 2003 eingegangen sei. Selbst wenn es bis 19. Februar 2003 vor 6.45 Uhr eingegangen wäre, hätte es noch den Eingangsstempel vom 18. Februar 2003 erhalten. Insoweit sei kundenfreundlich nach Dienstanweisung vom 25. Mai 1989 verfahren worden, wie durch zusätzlich eingeholte Auskunft bestätigt worden sei.
XI. Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2004 (FG-A, III 72/03, Bl. 64, FG-A, III 417/03, Bl. 46, FG-A, III 122/04, Bl. 11) und auf die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus folgenden Finanzgerichts-Akten (FG-A) III 72/03Klage ./. Familienkasse III 73/03AdV ./. Familienkasse II 99/03Klage ./. BMJ II 98/03AdV, eA ./. BMJ III 417/03eA ./. Familienkasse III 122/04Klage ./. Familienkasse III 131/04AdV ./. Familienkasse sowie aus der Kindergeldakte (KiG-A).
Die von der beklagten Familienkasse mit Schriftsatz vom 8. April 2004 zu der Klageerweiterung nachgereichten Aktenstücke betreffend den neuen Kindergeldantrag vom 28. Juli 2003, die der Kindergeldakte nachzuheften waren, sind nach der mündlichen Verhandlung aus ungeklärten Gründen beim FG im Original nicht mehr auffindbar. Für die abgetrennte Sache III 122/04 wird der Verbleib noch aufzuklären sein (bei einer Beteiligtenseite?) oder ersatzweise mit Kopien der Beteiligten zu arbeiten sein.
GRÜNDE
I. Das Klageverfahren betreffend den neuen Kindergeld-Antrag vom 28. Juli 2003 mit der Anfechtung des Ablehnungsbescheids vom 16. Dezember 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2004 wird gemäß § 73 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abgetrennt.
Insoweit hat es sich vor der Abtrennung um eine Erweiterung der ursprünglich wegen des Bescheids vom 17. Januar 2003 und der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2003 geführten Klage III 72/03 und nicht um eine Ersetzung oder Änderung der ursprünglichen Bescheidung als Verfahrensgegenstand i.S.v. § 68 FGO gehandelt.
Der neue Kindergeldantrag vom 28. Juli 2003 richtet sich sinngemäß auf den Zeitraum nach dem durch die ursprüngliche Klage und die ursprüngliche Bescheidung erfassten Zeitraum. Bei Verfristung des Einspruchs gegen den Bescheid vom 17. Januar 2003 und Eintritt seiner Bestandskraft im Februar 2003 reichen der neue Antrag und der Bescheid vom 16. Dezember 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2004 und deren klageweise Anfechtung nicht weiter als bis zum darauf folgenden Monat - März 2003 - zurück (vgl. BFH vom 28. Januar 2004 VIII R 12/03, Juris; vom 9. Juli 2003 VIII B 40/03, BFH/NV 2003, 1422; vom 25. Juli 2001 VI R 164/98, BFHE 196, 257, BStBl II 2002, 89 Ziff. 2a; vom 25. Juli 2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88 Ziff. 2b).
Bei der Anfechtung des neuen Antrags werden die jetzt von den Kindern des Klägers ausgefüllten Erklärungen über ihre Einkünfte und Bezüge zu prüfen sein, in deren vorheriger Ermangelung der Antrag vorgerichtlich abgelehnt wurde. Die beklagte Familienkasse wird die vom Kläger nach der mündlichen Verhandlung nachgereichten Unterlagen der Tochter J erst jetzt (mit Protokollübersendung und Entscheidungs-Zustellung) erhalten und hat sich mit den Erklärungen noch nicht inhaltlich befassen können.
II. Die Unanfechtbarkeit des Abtrennungsbeschlusses folgt aus § 128 Abs. 2 FGO.
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter gemäß § 6 FGO.
III. Die zulässige Klage ist ohne weitere Sachentscheidung als unbegründet abzuweisen, weil die Voraussetzung der rechtzeitigen Einspruchseinlegung nicht nachgewiesen ist.
Zwar ist die Zulässigkeitsvoraussetzung der erfolglosen Durchführung des Vorverfahrens gemäß § 44 FGO erfüllt.
Jedoch hat eine Prüfung des materiellen Klagebegehrens zu unterbleiben, wenn der außergerichtliche Rechtsbehelf - wie hier wegen Verfristung - zu Recht als unzulässig verworfen wurde und sich der angefochtene Bescheid daher als bestandskräftig erweist (vgl. Gräber/von Groll, FGO, § 44 Rd. 16 m.w.N.).
1. Bei dem mit zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 17. Januar 2003 konnte nach dessen förmlicher Zustellung vom 18. Januar 2003 gemäß § 355 Abgabenordnung (AO) nur binnen Monatsfrist bis Dienstag 18. Februar 2003 Einspruch eingelegt werden, und zwar nach § 357 Abs. 2 Satz 1 AO nur bei der beklagten Familienkasse als der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wurde. Danach kommt es nicht auf die vom Kläger an das Bundesministerium der Justiz in Berlin oder an die Bundesanstalt für Arbeit (jetzt Bundesagentur für Arbeit) in Nürnberg gerichteten Eingaben sowie deren Inhalt und dortigen Eingang an.
Die Feststellungslast für die rechtzeitige Einspruchseinlegung trägt der Kläger.
2. Ein Einspruch bei der beklagten Familienkasse binnen der Monatsfrist ist auch im jetzigen Klageverfahren nicht feststellbar (wie schon betreffend AdV-Ablehnung in den Beschlüssen des Senats vom 7. April 2003, III 73/03, und des BFH vom 14. Oktober 2003, VIII S 15/03; vgl. oben A IV).
Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass das vom Kläger zwar nicht als Einspruch formulierte, aber von der Familienkasse aus Empfängersicht als Einspruch behandelte Schreiben vom 18. Februar 2003 entgegen dem Eingangsstempel vom 19. Februar 2003 bereits vorher eingegangen ist.
a) Gemäß der vorgelegten Dienstanweisung erhalten auch nach Büroschluss in den Briefkasten eingeworfene Sendungen am nächsten Morgen bei der beklagten Familienkasse noch den Eingangsstempel des Vortages. Die Familienkasse hat zu dieser Praxis für den betreffenden Zeitraum zusätzlich eine Auskunft eingeholt und sich auf deren bestätigendes Ergebnis bezogen.
Im Übrigen entspricht die dargestellte Praxis der auch sonst bekannten Übung bei hiesigen beklagten Behörden.
Der Kläger hat Dienstanweisung, Auskunft und Praxis nicht konkret bestritten.
b) Soweit der Kläger dagegen einen eigenhändigen Einwurf seines Schreibens vom 18. Februar 2003 am selben Tag gegen 16.15 Uhr im Beisein eines Zeugen behauptet, kann dieser Zeuge nicht als Beweis gehört werden, weil der Kläger weder Namen noch Anschrift angegeben hat.
Im Fall wahrheitsgemäßer Behauptung hätte ein Beweisantritt jedoch nahe gelegen, nachdem bereits das FG mit Beschluss vom 7. April 2003, III 73/03, und der BFH mit Beschluss vom 14. Oktober 2003, VIII S 15/03, von der Fristversäumung ausgegangen sind und diese auch nach dem jetzigen Beklagtenvortrag streitig geblieben ist. In der mündlichen Verhandlung ist dieser Punkt - ohne nochmalige Erwähnung im Protokoll - zuletzt im Zusammenhang damit angesprochen worden, dass die Beklagte sich derzeit auf die Klageerweiterung noch nicht hat einlassen wollen und eine Entscheidung zunächst nur über die ursprünglich angefochtene Bescheidung angeregt hat (FG-A Bl. 69).
c) Soweit der Kläger sich darauf bezieht, dass sein Fax vom 18. Februar 2003, 18.51 Uhr, an die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg am Schluss einen Hinweis darauf enthält, dass am selben Tag in Hamburg ein fünfseitiger Schriftsatz eingeworfen worden sei, liegt das Fax selbst, wie es in Nürnberg eingegangen und zu den Sachakten gelangt sein müsste, dem FG nicht vor.
Davon abgesehen handelt es sich nur um ein Indiz und nicht um einen Beweis für die darin erwähnte Einreichung eines Schreibens in Hamburg am 18. Februar 2003.
Dieses Indiz reicht für sich allein nicht zur Umkehrung der Feststellungslast aus.
aa) Es handelt sich nämlich insofern um einen ungewöhnlichen Sachverhalt, als sich die Frage aufdrängt, warum der Kläger bei dieser angeblichen Vorsorge das fünfseitige Schreiben dann nicht gleichfalls einfach an die beklagte Familienkasse gefaxt hat, deren Faxanschluss ihm aus Bescheid und Korrespondenz geläufig war.
bb) Im Übrigen wirft nicht nur die Formulierung des bei der Familienkasse mit Stempel 19. Februar 2003 eingegangenen Schreibens, sondern auch der Gesamtablauf die Frage auf, ob oder inwieweit der Kläger es zeitweise vorzieht, statt auf den eröffneten Verfahrenswegen in den gewährten Fristen und bei den aufgegebenen Stellen vorzutragen, vielmehr andere Personen oder Instanzen einzuschalten (z.B. Bundesanstalt für Arbeit, Bundesministerin der Justiz, Präsidentin des BFH, Präsident des FG; vgl. oben A III und VII).
Damit hängen die Fragen zusammen, ob oder inwieweit der Kläger zeitweise Eingaben auf variierenden Wegen einreicht (vgl. oben A IX) oder er belastungsbedingt eine Frist nicht einhalten kann (vgl. oben A IV a. E.) oder ihm bei den zahlreichen Schriftstücken ein Versehen unterlaufen kann bei seiner Überzeugung, etwas eingereicht zu haben (vgl. oben A IX).
IV. Auf das weitere Klägervorbringen kommt es ersichtlich nicht an, so dass es wegen der Einzelheiten bei der obigen Bezugnahme auf Protokoll und Aktenvorgänge bleibt.
1. Ungenauigkeiten im Rubrum der Einspruchsentscheidung und bei der gerichtlichen Ladung betreffend die Umbenennungen bei der Arbeitsverwaltung sind unerheblich, solange - wie hier - die Identität der Familienkasse als Einspruchsbehörde und Beklagte gemäß §§ 57, 63 FGO offensichtlich und unverwechselbar gewahrt bleibt.
2. Soweit sich der Kläger in den hiesigen Verfahren eines Anspruchs auf Übernahme als beamteter Professor auf Lebenszeit berühmt, wird auf die dafür fehlende Zuständigkeit des FG gemäß § 33 FGO und auf den erwähnten BVerfG-Beschluss verwiesen. Solange eine solche Übernahme nicht stattgefunden hat und der Kläger nicht mehr im öffentlichen Dienst ist, bleibt es bei der behördlichen Zuständigkeit und passiven Prozessführungsbefugnis und Passivlegitimation der beklagten Familienkasse gemäß § 42 Abs. 2 und §§ 57, 63 FGO.
3. Einer Schriftsatzfrist zur Überprüfung der Abtrennungsverfügung vom 10. März 2003 betreffend das Klageverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerin der Justiz, bedarf es nach hinreichendem Gehör in der mündlichen Verhandlung nicht mehr. Im Übrigen ist über das abgetrennte Verfahren - wie ausgeführt - bereits durch FG und BFH rechtskräftig entschieden.
4. Eine Beiladung der Bundesministerin der Justiz im vorliegenden Klageverfahren ist weder notwendig gemäß § 60 Abs. 3 FGO noch mangels Berührung steuerlicher Interessen nach § 60 Abs. 1 FGO sachgerecht und im Übrigen deswegen abzulehnen, weil bei nicht feststellbarer Einspruchsfrist-Wahrung keine Sachentscheidung möglich ist.
V. 1. Das FG hat derzeit nicht zu entscheiden, ob die nachgereichten Einkünfteerklärungen der Kinder als neue Beweismittel in einem neuen Verwaltungsverfahren für den Streitzeitraum gemäß § 173 AO mit Rücksicht darauf zu verwerten sind, dass beim Kläger - trotz seiner bisher unzureichenden Erklärungsmitwirkung (vgl. BFH vom 19. Juni 2000, VI S 2/00, BFHE 193, 528, BStBl II 2001, 439) - gegen ein grobes Verschulden (§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO) seine augenscheinlich gesundheitlich-psychisch angespannte Situation spricht. Diese Belastungen, die auch von ihm selbst angesprochen wurden (vgl. oben A IV a. E. und IX; ferner vorstehend C I 2 c bb), dürften sich aufgrund des Gesamteindrucks (nach der immer noch belastenden beruflichen Vorgeschichte, vgl. A II und X) über die jahrelangen umfangreichen Streitigkeiten erstreckt haben. Wenn die Beklagte das Gegenteil behaupten würde, hätte sie die Beweislast dafür bzw. für das grobe Verschulden zu tragen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 173 Rd. 85).
2. Auch die Frage einer Billigkeitsentscheidung aus entsprechenden Erwägungen nach § 163 AO ist im jetzigen Urteil vom Gericht nicht zu prüfen.
3. Nur zur Förderung des weiteren Verfahrens weist das Gericht auf die Möglichkeit hin, umgehend und unmittelbar von Amts wegen gemäß § 173 AO abzuhelfen, soweit die Einkunftsgrenzen der Kinder nach den jetzt eingereichten Erklärungen gewahrt sind. Es handelt sich um nachträglich bekannt gewordene Tatsachen und Beweismittel (§ 173 Abs. 1 AO); die Unterlagen sind nicht präkludiert, weil über die vorliegende Klage nur ohne Sachprüfung zu entscheiden ist (oben C I). Durch eine solche verfahrens- und materiellrechtlich zutreffende Abhilfe-Erledigung würden unnötige weitere streitige Befassungen in sämtlichen gerichtlichen Verfahren und außergerichtlichen Rechtsbehelfen erspart; dies liegt zugleich im Interesse der Verfahrensökonomie aller angerufenen Behörden und Gerichte.
Soweit für zukünftige Kindergeldzeiträume noch keine Einkünfteprognosen oder -erklärungen vorliegen oder Nachfragen erforderlich sind, sollte dem ausdrücklichen Verfahrensbegehren des Klägers (oben A X) entsprochen werden, solche Auskünfte oder Erklärungen über die Einkünfte und Bezüge der Kinder mittels deren unmittelbarer Mitwirkung einzuholen. Unter Vermeidung jeglichen weiteren Verwaltungsaufwands kann dazu ein Anruf bei einem erwachsenen Kind genügen (§ 93 AO; vgl. oben A IX, FG-A, III 72/03, Bl. 58-59).
VI. Die Nebenentscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter gemäß § 6 FGO; Gründe für eine Rückübertragung auf den Senat gemäß § 6 Abs. 3 FGO sind nicht ersichtlich.