07.02.2022 · IWW-Abrufnummer 227359
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 21.11.2021 – 14 K 982/20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg
- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
Richter am Finanzgericht
Richterin am Finanzgericht
Ehrenamtlichen Richter
Ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
Tenor:
Streitig ist, ob auf Umsätze der Klägerin als Trauer- und Hochzeitsrednerin der ermäßigte Steuersatz von 7 % anzuwenden ist.
Die Klägerin ist studierte Theologin. Sie meldete bereits im Jahr 1999 bei der Finanzverwaltung eine selbständige Tätigkeit mit der Bezeichnung "Trauerrednerin/Gestaltung von Hochzeitsfeiern/ Begrüßungsfeiern für Neugeborene" an.
Die Klägerin reichte am 18. September 2018 die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2017 elektronisch ein. Ihre Umsätze aus Trauer- und Hochzeitsreden unterwarf sie dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, weitere Umsätze dem Regelsteuersatz von 19 %. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Umsatzsteuererklärung und das Begleitschreiben zur Erläuterung der Umsätze zu 7 % hingewiesen (Umsatzsteuerakten Bl. 110 ff. und 112).
Der Beklagte stimmte der Erklärung zunächst zu, erließ aber dann am 2. November 2018 einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2017, in dem er Entgelte für Trauer- und Hochzeitsreden i. H. v. xxx Euro dem Steuersatz von 19 % unterwarf (Gerichtsakte Bl. 11). Der Beklagte ging von Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 19 % i. H. v. xxx Euro und zu 7 % i. H. v. xxx Euro aus. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Die Erläuterungen des Bescheids enthalten den Hinweis, dass die Einnahmen für die Trauer- und Hochzeitsreden einem Steuersatz von 19 % unterworfen worden seien. Die Umsätze zu 19 % seien um xxx Euro erhöht und die Umsätze zu 7 % in gleichem Umfang gemindert worden.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit einem am 26. November 2018 beim Beklagten eingegangenen Schreiben Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20. März 2020 (Gerichtsakte Bl. 3) als unbegründet zurückwies.
Hiergegen richtet sich die am 9. April 2020 erhobene Klage.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin behauptet, dass die Klägerin bei Trauerfeiern eine kreativ ausgestaltete individuelle Botschaft über den Verstorbenen in Form eines Redemanuskripts erstelle und vortrage. Im Rahmen der Erarbeitung des Manuskripts und der Vorträge gehe sie auf die Bedürfnisse und persönlichen Umstände und den jeweiligen Anlass ein. Im Kontext von Eheschließungen gehe es bei den vorbereitenden Arbeiten um die kreative Ausgestaltung des individuell formulierten Eheversprechens. Die Tätigkeit der Klägerin lasse sich in zwei Phasen unterteilen. In der ersten Phase führe die Klägerin ein Gespräch mit den Angehörigen des oder der Verstorbenen bzw. den Brautleuten, das ca. 1,5 Stunden dauere. Bei freien Hochzeitszeremonien fänden zwei Gespräche von jeweils zwei Stunden Dauer statt. Im Vordergrund stehe nicht der mechanische Abruf rein biografischer Daten, sondern die Gesamtschau des früheren Lebens des Verstorbenen und bei Eheleuten die historische Reise vom Kennenlernen bis hin zur Eheschließung. Es sei Ausfluss der praktischen Arbeit der Klägerin, der Hermeneutik der Gespräche einen Sinn zu geben. Aus einem ungeordneten Gesprächsverlauf, in dem die Betroffenen oft von Thema zu Thema sprängen, destilliere sie den roten Faden heraus, gewichte Inhalte und wähle Zitate aus, lese zwischen den Zeilen, erschaffe sprachliche Bilder und ermögliche es sich auf diese Weise, auch vor dem Hintergrund ihres theologischen und philosophischen Studiums, menschliche Grundthemen bildhaft mit einem konkreten Leben in Verbindung zu setzen. Die Arbeit der Klägerin bestehe darin, die Informationen in einen individuellen und konkreten Bezug zu der zu erarbeitenden künstlerisch geprägten Rede zu setzen. Im Vordergrund stünden nicht die Fakten, sondern ein einfühlsames Eingehen auf die Beteiligten. Bei Trauerfeiern würden auf Wunsch der Angehörigen auch Gedichttexte oder eigene Beiträge und Musikwünsche in das Manuskript aufgenommen, wobei für die Klägerin wichtig sei, dass diese Fremdwerke nicht unverbunden für sich selbst stünden. Vielmehr interpretiere die Klägerin sie und gewichte individuell. Im Regelfall wähle sie kraft ihrer Intuition und Erfahrung Sprüche und Gedichte für Trauerfeiern selbst aus und setze sie in den zuvor beschriebenen neu erarbeiteten Kontext. Auch eigene Gedichte und Gedanken der Klägerin, die dichterisch und schriftstellerisch tätig sei, kämen situationsbezogen zum Einsatz. Das Redemanuskript werde den Auftraggebern nicht vorgelegt. Allein die Klägerin bestimme, wann, wie und in welchem Umfang das von ihr geschaffene Schriftwerk preisgegeben werde. Sie verfasse keine Auftragsreden, die der Kontrolle der Beteiligten unterlägen. Die zweite Phase sei die Darbietung des von der Klägerin erschaffenen Werks. Diese sei nicht durch monotones Ablesen des Manuskripts geprägt, sondern gerade auch durch spontanes Abweichen davon. Aufgrund ihrer künstlerischen Fähigkeiten könne die Klägerin punktgenau auf das Publikum reagieren, um in ihrer Präsentation Emotionen einer aktuell geänderten Situation mitaufzunehmen. Die Rede selbst unterliege auch insofern Variationen, als die Klägerin Stimmmodulation einsetze, die Sprechgeschwindigkeit steuere und die Lautstärke justiere. Gefühlsausdrücke, Gesten und Blickkontakt mit dem Publikum erlaubten eine der Situation angemessene Interaktion. Den Ansatz für individuell geprägte Trauerfeiern und den bewussten Umgang mit der Sprache habe die Klägerin in einem veröffentlichten Buch mit dem Titel "Trauerreden. Leitfaden für Trauersprachen" niedergelegt. Dieses Buch werde durch ein Folgewerk mit dem Arbeitstitel "Das Trauerreden-Balance-Prinzip" weiterentwickelt.
Der Beklagte habe die Schöpfungshöhe der eingereichten Reden nicht zutreffend bewertet. Die Klägerin sei als "ausübende Künstlerin" im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) anzusehen. Der Begriff sei an das Urheberrechtsgesetz (UrhG) angelehnt. Ein ausübender Künstler sei nach dessen § 73 eine Person, die ein Werk aufführe, singe, spiele oder auf andere Weise darbiete. Die Lesung von urheberrechtlich geschützten Werken vor Publikum sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine theaterähnliche Leistung im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliege (Hinweis auf BFH-Urteil vom 25. Februar 2015 XI R 35/12, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2015, 677). Darauf, dass an den Veranstaltungen nur ein geschlossener Personenkreis teilgenommen habe, komme es nach der BFH-Rechtsprechung nicht an (Hinweis auf BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797). Wenn eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht werde, handele es sich um eine Leistung, die mit einer Theatervorführung vergleichbar sei. Die Umsätze unterlägen nur dann nicht dem ermäßigten Steuersatz, wenn die verfassten Texte nach gleichem Muster aufgebaut seien, teilweise wörtlich Übereinstimmungen aufwiesen und sich der individuelle Bezug lediglich aus den Informationen über den Verstorbenen oder das Brautpaar ergebe. Ein Schriftwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG genieße rechtlichen Schutz, wenn es eine individuelle geistige Schöpfung beinhalte. Die erforderliche Gestaltungshöhe sei schon dann erreicht, wenn es nach Auffassung vertrauter Kreise gerechtfertigt sei, von einer künstlerischen Leistung zu sprechen und nicht nur durchschnittliches, handwerksmäßig Alltägliches und Banales vorliege. Die Veränderung der Stimme, der Einsatz von Mimik, Körperhaltung und Bewegung sowie das Eingehen auf das Publikum während des Vortrags genügten, um eine Darbietung vom reinen Vorlesen abzuheben. Die Klägerin sei danach künstlerisch tätig. Sie erschaffe im jeweiligen Einzelfall zunächst ein künstlerisches Werk, das Manuskript, um dieses in Form einer ebenfalls kreativ gestalteten Rede vor Publikum vorzutragen. Ihre Texte seien nicht nach gleichem Muster aufgebaut. Der individuelle Bezug ergebe sich nicht lediglich aus den Informationen über den Verstorbenen oder das Brautpaar. Das Argument des Beklagten, dass sich die Tätigkeit der Klägerin nicht besonders aus der Masse der bei vergleichbaren Anlässen gehaltenen Reden heraushebe, gehe an der Frage der Einstufung der Manuskripte als Werke im Sinne des Urheberschutzes vorbei. Es stelle sich die Frage, welchen Inhalt die vom Beklagten bezeichneten anderweitigen Reden haben sollten. Auch die Lesung des von ihr selbst verfassten Werkes durch die Klägerin sei als theaterähnliche Darbietung dem Kunstbereich zuzuordnen. Die Stimme der Klägerin werde als Instrument zur Erzeugung von bildhaften Erinnerungen eingesetzt. Sie erzeuge, unterstützt durch Gestik und Mimik, Bilder der Vergangenheit und der Gegenwart, die bei den Teilnehmern der Feiern vielerlei Emotionen hervorriefen. Die Klägerin nutze keine Redeschablonen.
Selbst wenn man entgegen diesen Ausführungen davon ausgehen würde, dass die Trauer- und Hochzeitsreden nicht dem ermäßigten Steuersatz unterlägen, sei der angefochtene Bescheid fehlerhaft und damit rechtswidrig. Dem Beklagten seien Rechenfehler unterlaufen. Er habe zur Ermittlung der Umsätze zu 19 % die falsche Bemessungsgrundlage gewählt. Er habe den Nettoerlös der Umsätze zu 7 % von xxx Euro herangezogen. Tatsächlich sei der Wert xxx Euro richtig. Richtigerweise hätte der Beklagte zur Ermittlung der Umsätze zu 19 % den in den Umsatzsteuervoranmeldungen enthaltenen Bruttobetrag von xxx Euro zugrunde legen und daraus die Umsatzsteuer von 19 % herausrechnen müssen. Zudem habe der Beklagte übersehen, dass die Klägerin mit ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung einen weiteren Bruttoumsatz zu 7 % i. H. v. xxx Euro erklärt habe. Der Beklagte weiche auch bei den Umsätzen der Klägerin zu 7 % aus Urheberrechtslizenzen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG von der Jahreserklärung der Klägerin ab. Sie habe xxx Euro netto erklärt, der Beklagte hiervon abweichend xxx Euro angesetzt. Der Grund sei nicht ersichtlich. Selbst auf der Basis der Rechtsauffassung des Beklagten sei die Umsatzsteuerfestsetzung deshalb zugunsten der Klägerin zu ändern und eine um xxx Euro niedrigere Umsatzsteuer festzusetzen (vergleiche dazu die Berechnung, Gerichtsakte Bl. 51).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf die Klagebegründung vom 12. Juni 2020 (Gerichtsakte Bl. 36) sowie die Replik vom 18. September 2020 (Gerichtsakte Bl. 76) verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
1.
den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2017 auf xxx Euro herabgesetzt wird,
2.
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei der Tätigkeit der Klägerin handele es sich um keine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, was bereits in der Einspruchsentscheidung vom 20. März 2020 begründet worden sei. Es spreche gegen eine künstlerische Tätigkeit, wenn sich die Redetätigkeit im Wesentlichen auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränke. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. März 2006 B 3 KR 9/05 R, Entscheidungen des Bundessozialgerichts - BSGE - 96,141, werde historisch bedingt das Tätigkeitsbild eines Trauerredners von Elementen des Brauchtums und der Seelsorge, und nicht der Kunst, bestimmt. Bei der Beurteilung sei außerdem zu beachten, dass die Steuervergünstigung als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz des Regelsteuersatzes eng auszulegen sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797). Die vorgelegten Reden seien zwar durchaus gelungen. Es fehle aber an einer Gestaltungshöhe, welche für die Annahme eines Kunstwerks zwingend erforderlich sei. Es sei nach Durchsicht der vorgelegten Manuskripte nicht ersichtlich, dass sie sich aus der Masse der zu solchen Anlässen gehaltenen Reden besonders heraushöben. Die Klägerin könne über den Inhalt ihrer Rede nicht frei entscheiden, sondern müsse die mitgeteilten Informationen über den Verstorbenen bzw. das Brautpaar verwerten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 30. Juli 2020 (Gerichtsakte Bl. 65 ff.) und die Duplik vom 13. November 2020 (Gerichtsakte Bl. 88) verwiesen.
Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 4. Oktober 2021 unter Fristsetzung gemäß § 79b Finanzgerichtsordnung (FGO) die Klägerin aufgefordert, die Texte aller Trauer- und Hochzeitsreden, für welche der Klägerin im Streitjahr 2017 Entgelte zugeflossen sind, die sie dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterworfen wissen möchte, nebst den dazugehörigen Rechnungen vorzulegen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 15. Oktober 2021 und 19. Oktober 2021 die erbetenen Unterlagen sowie Internet-Links zu Videos mit Trauerreden der Klägerin übersandt. Auf die im Schreiben vom 19. Oktober 2021 verlinkten elektronischen Dateien sowie die Redetexte und die Rechnungen, abgespeichert im Sonderband Anlagenheft zum Schreiben vom 15. Oktober 2021 und 19. Oktober 2021, wird hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen.
Der Senat hat am 24. November 2021 die mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Klägerin wurde im Rahmen der Verhandlung informatorisch zu ihrer Tätigkeit angehört und trug auszugsweise die Trauerrede für A (vergleiche Anlage 33 zum Schriftsatz vom 15. Oktober 2021, Sonderband Anlagenheft Bl. 122 ff.) vor. Der Senat hat außerdem die Videoaufnahme der Trauerfeier für B in Augenschein genommen.
Der Beklagte erließ in der Sitzung einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2017 und setzte die Umsatzsteuer für 2017 um xxx Euro niedriger auf xxx Euro fest. Diese Festsetzung geht von Umsätze aus Lieferungen und Leistungen zu 19 % in Höhe von xxx Euro (netto) und zu 7 % in Höhe von xxx Euro (netto) aus und trägt insbesondere dem Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin Rechnung, dass der Beklagte zu Unrecht von den erklärten Bruttoumsätzen für die Reden darin enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von 7 % abgezogen und anschließend Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf den so ermittelten Nettoumsatz aufgeschlagen habe, anstatt den Nettoumsatz durch Abzug von 19 % Umsatzsteuer aus dem Bruttoumsatz zu ermitteln.
Die Beteiligten waren sich einig, dass damit etwaige Berechnungsfehler beseitigt sind und im Streit nur noch die Frage stand, ob der Regelsteuersatz von 19 % oder der ermäßigte Steuersatz von 7 % auf die Nettoumsätze aus Trauer- und Hochzeitsreden anzusetzen ist.
Dem Gericht lagen die Steuerakten des Beklagten vor, je ein Band Umsatzsteuerakten, Rechtsbehelfsakten und eine Prüferhandakte "Nachschau durch Herrn C" sowie ein Hefter mit Schriftverkehr.
I. Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte die Entgelte, welche die Klägerin mit Trauerreden und Hochzeitsreden erzielt hat, dem Regelsteuersatz von 19 % nach § 12 Abs. 1 UStG unterworfen. Die Umsätze sind weder nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG ermäßigt mit 7 % zu besteuern. Weitere Ermäßigungsvorschriften kommen nicht in Betracht.
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für Umsätze aus der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben.
Diese Norm greift im Streitfall nicht, da die Überlassung des jeweiligen Redemanuskripts nicht den Hauptzweck der Tätigkeit der Klägerin bildete und die etwaige Einräumung von Rechten an dem Manuskript keinen selbständigen Leistungscharakter hatte (vergleiche BFH-Urteile vom 21. Oktober 2009 V R 8/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 2010, 506 und vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797, Rn. 8). Denn nach den Schilderungen der Klägerin bestand ihre Leistung nicht darin, ihren Auftraggebern ein Recht an ihren Reden einzuräumen. Vielmehr sollte sie die Rede erarbeiten, als zentrales Element der Trauerfeier selbst vortragen und so die Trauernden begleiten und ihnen Halt geben. Dies war der Hauptzweck, nicht die Übertragung von Nutzungsrechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Das ergibt sich bereits daraus, dass in den Rechnungen der Klägerin die Einräumung von Nutzungsrechten an den Reden nicht als Leistungsbestandteil aufgeführt wird. Die Rechnungen für die Trauerreden nennen zwar als ein Element der Leistung den "Ausdruck der Trauerrede". Damit ist aber offensichtlich nicht das Herstellen eines Abdrucks und erst recht nicht die Übertragung von Urheberrechten, sondern das Halten der Rede gemeint. Denn dieses wird ansonsten in den Rechnungen nicht erwähnt. Die Rechnungen zu den insgesamt sieben Hochzeitsreden enthalten im Gegensatz zu den Rechnungen für die 72 Trauerreden keinen Hinweis auf den Leistungsbestandteil "Ausdruck der Trauerrede" und auch keinen Hinweis auf die Übertragung von Urheberrechten. Vielmehr wird neben Fahrtkosten als Leistung nur die "Vorbereitung und Durchführung der Hochzeitszeremonie", was das Halten der Rede einschließt, genannt. Selbst wenn die Überlassung einer Kopie der Reden ein Leistungsbestandteil gewesen wäre, so würde dies noch nicht die Einräumung eines Nutzungsrechts im Sinne des § 31 UrhG bedeutet haben. Die Einräumung von Nutzungsrechten bedarf einer vertraglichen Grundlage. Die Annahme, dass mit der Überlassung einer Kopie Nutzungsrechte eingeräumt werden sollten, begegnet Bedenken, weil der Nutzungsumfang völlig unbestimmt geblieben wäre und die Klägerin überdies teilweise fremde Werke verwendet hat, an denen sie nicht ohne Weiteres anderen Personen Nutzungsrechte einräumen konnte.
2. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG berufen. Nach dieser Norm ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Umsätze aus Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.
a) Bei den Tatbeständen des § 12 Abs. 2 UStG handelt es sich um Ausnahmeregelungen, die eng auszulegen sind (BFH-Urteile vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797, Rn. 15, und vom 11. Juli 2018 XI R 36/17, HFR 2019, 505, Rn. 48, unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 18. Januar 2001 C-83/99, HFR 2001, 385, Rn. 19, m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung des EuGH).
Der Zweck der Steuersatzermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG besteht insbesondere darin, zugunsten der Besucher von kulturellen Veranstaltungen eine Preiserhöhung zu vermeiden (BFH-Urteil vom 23. Juli 2020 V R 17/17, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 270, 208, Rn. 50).
Seine unionsrechtliche Grundlage findet § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG in Art. 98 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) i. V. m. Anhang III Nr. 7 und Nr. 9. Nach Art. 98 Abs. 1 und 2 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze auf die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwenden. Nr. 7 des Anhangs III nennt die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen, Nr. 9 die Dienstleistungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern sowie diesen geschuldete urheberrechtliche Vergütungen. Jedoch ermächtigt diese Vorschrift die Mitgliedstaaten lediglich, nach ihrem Ermessen ("können anwenden") einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden. Eine selektive Ausnutzung verstößt grundsätzlich nicht gegen Unionsrecht (BFH-Beschluss vom 17. November 2009, XI B 2/09, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2010, 480).
Ausgehend von dem Wortlaut und dem Gesetzeszweck, kulturelle Veranstaltungen nicht zu verteuern, können Umsätze eines Trauerredners oder einer Trauerrednerin allenfalls in besonderen Ausnahmefällen vom Anwendungsbereich der Norm umfasst sein. Der Senat teilt die Auffassung des Bundessozialgerichts, dass, jedenfalls dann, wenn der Wortbeitrag bei dem Begräbnis im Vordergrund steht, Trauerredner grundsätzlich nicht als Künstler anzusehen sind (BSG-Urteil vom 23. März 2006 B 3 KR 9/05 R, BSGE 96, 141, Rn. 12). Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten ist zur Entscheidung der Frage, ob "vergleichbare Darbietungen ausübender Künstler" zu bejahen sind, nicht maßgeblich darauf abzustellen, ob ein kunstvoller Text vorgetragen wird. Nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG muss eine "Darbietung" vorliegen. Darbietender muss ein ausübender Künstler sein. Damit kommt es nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht auf den dargebotenen Text als solchen, sondern auf den Vortrag an (so offensichtlich auch BFH-Urteile vom 25. Februar 2015 XI R 35/12, BStBl II 2015, 677 und vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797, Rn. 15, wo die "Redetätigkeit" als Bezugspunkt der Prüfung genannt wird). Dieser Vortrag muss mit Theatervorführungen und Konzerten vergleichbar sein. Theatervorführungen und Konzerten ist ein unterhaltender Charakter gemeinsam. Dies trifft zumeist nicht auf eine Hochzeitsrede und kaum je auf eine Trauerrede zu. Wer einen Trauerredner engagiert, wird in aller Regel keine - im weitesten Sinne - unterhaltende Vorführung wollen. Erwartet wird vielmehr eine Rede, die in ihrer Darbietung dem traurigen Anlass einer Beisetzung Rechnung trägt - "Halt gibt", wie die Klägerin es in der mündlichen Verhandlung ausführte - und in würdiger Weise das Leben des oder der Verstorbenen und allgemein das Verhältnis des Menschen zum Leben, Sterben und Tod beleuchtet. Dies schränkt den Spielraum des Trauerredners erheblich ein. Die Möglichkeiten einer eigenschöpferischen Leistung, die ein wesentliches Element der künstlerischen Tätigkeit ist, sind limitiert. Nicht die (künstlerische) Form des Vortrags, sondern sein Gegenstand und Inhalt bilden den Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin. Nach allgemeinem Verständnis schafft ein Trauerredner deshalb keine Kunst, sondern verbindet Elemente des Brauchtums und der Seelsorge miteinander (BSG-Urteil vom 23. März 2006 B 3 KR 9/05 R, BSGE 96, 141). Der Senat hält es für richtig, wie das Bundessozialgericht darauf abzustellen, ob eine Tätigkeit durch das künstlerische Element oder, nach allgemeinem Verständnis, durch andere Elemente bestimmt wird. Andernfalls könnte z. B. auch die Verhandlungsgebühr, die ein Rechtsanwalt erhält, ermäßigt besteuert werden, wenn sein Plädoyer nur hinreichend kunstvoll ist. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass eine Trauerrede im Regelfall keine Darbietung eines darstellenden Künstlers ist. Ausnahmen kommen in Betracht, wenn der Besteller der Trauerrede eine von den üblichen Trauerreden deutlich abweichende, künstlerische Elemente in den Vordergrund stellende, Leistung erwartet und erhält. Dies ist im vorliegenden Fall nicht zu bejahen. Die Trauerreden der Klägerin unterscheiden sich in Inhalt und Aufbau sowie ihrer Präsentation nicht wesentlich von anderen Trauerreden, mögen sie auch von guter Qualität sein.
Die für Trauerreden dargestellten allgemeinen Grundsätze gelten weitgehend auch für Hochzeitsreden. Auch bei diesen handelt es sich im Regelfall um "Gebrauchsreden", die einen bestimmten Zweck verfolgen, nämlich die Vorstellung des Brautpaars und die Präsentation allgemeiner Gedanken zur Bedeutung der Ehe und der Liebe. Wer hiervon erheblich abweicht, wird nicht mehr als Hochzeitsredner, sondern als allgemeinunterhaltender Künstler wahrgenommen. Die Hochzeitsreden der Klägerin sind demgegenüber so gestaltet, dass sie nicht vorrangig als Künstlerin, sondern als Hochzeitsrednerin wahrgenommen wird. Die Reden enthalten die typischen Elemente einer Hochzeitsrede.
b) Auch wenn man in den Vordergrund stellt, dass ein Trauer- oder Hochzeitsredner dann ein "ausübender Künstler" ist, wenn seine Leistungen eine gewisse schöpferische Gestaltungshöhe erreichen (so BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797), ist im vorliegenden Fall die Steuerermäßigung nicht zu gewähren. Nach der eben genannten Entscheidung handelt es sich bei den Tatbeständen des § 12 Abs. 2 UStG um Ausnahmeregelungen zum allgemeinen Grundsatz, dass jede entgeltliche Dienstleistung dem Regelsteuersatz unterliegt. Die Norm ist daher eng auszulegen. Das Wesen einer künstlerischen Tätigkeit liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auf die der Bundesfinanzhof verweist, in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Die künstlerische Leistung wird geprägt von einer eigenschöpferischen Leistung des Künstlers, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt. Gegen eine künstlerische Tätigkeit spricht es nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs bei einer Redetätigkeit insbesondere, wenn sie sich im Wesentlichen auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränkt (BFH-Urteile vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797, Rn. 15 und vom 11. Juli 2018 XI R 36/17, HFR 2019, 505, Rn. 47).
Auch auf der Grundlage dieser Maßstäbe ist die Steuerermäßigung nicht zu gewähren, weil die erforderliche Gestaltungshöhe nicht erreicht wird. Der Senat hat im Rahmen der Beweisaufnahme in Form des Augenscheins die von der Klägerin zur Verfügung gestellte Videoaufnahme der Trauerfeier für B und die während der Verhandlung von der Klägerin auszugsweise vorgetragene Trauerrede für A (vergleiche Anlage 33 zum Schriftsatz vom 15. Oktober 2021, Sonderband Anlagenheft Bl. 122 ff.) zur Kenntnis genommen. Er hat dabei festgestellt, dass die Trauerreden gut formuliert sind und die Texte viele, teilweise originelle, sprachliche Bilder enthalten. Allerdings unterscheidet sich die Art des Vortrags auch in ihrer Gestaltungshöhe nicht wesentlich von der, welche sämtliche Mitglieder des Senats aus eigener Erfahrung von anderen Trauerreden kennen. Die Klägerin trägt die Reden, dem Anlass angemessen, in einer ruhigen, würdevollen Art vor. Sie selbst hat bei ihrer Anhörung darauf hingewiesen, dass sie mit ihrer ruhigen Präsenz und Ausstrahlung Raum für Trauer schaffen wolle. Eine ähnliche Vortragsart kennen die Senatsmitglieder aus traditionellen kirchlichen Bestattungen, die von Geistlichen gestaltet werden. Auch wenn die Klägerin darauf besteht, dass sich ihre Tätigkeit klar von der kirchlichen unterscheide und sie keine Seelsorge betreibe, sondern "haltgebende Begleitung" anbiete, vermag der Senat bei der Darbietung der Rede selbst keine wesentlichen Unterschiede zu erkennen. Geht man davon aus, dass die Steuerermäßigungsvorschriften Ausnahmevorschriften sind und bei Trauerreden nicht generell greifen, sondern nur dann, wenn eine besondere Gestaltungshöhe erreicht wird, d. h., wenn sich die Darbietung der Rede von dem Üblichen aufgrund einer besonderen künstlerischen Gestaltungskraft abhebt, so sind die Voraussetzungen der Steuerermäßigung nicht erfüllt.
Selbst wenn man, entgegen der Auffassung des Senats, weniger auf die Darbietung abstellt, sondern den Text in den Blick nimmt, ist der Senat der Auffassung, dass keine künstlerische Leistung im Sinne einer eigenschöpferischen Leistung, in der eine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt, bejaht werden kann. Der Bundesfinanzhof hat ausgeführt, dass gegen eine künstlerische Tätigkeit die Beschränkung auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes spreche. Eine Analyse der im Streitjahr verfassten Texte zeigt, dass die Reden alle sehr ähnlich aufgebaut sind. Die Trauerreden beginnen regelmäßig mit Musik und einem Gedicht. Nach der Begrüßung der Trauergäste folgt eine Darstellung der letzten Lebenszeit des Verstorbenen und der Sterbeursache. Es schließen sich allgemeine Erwägungen und - durchaus tiefsinnige - Gedanken zum Leben, Sterben und Abschiednehmen und danach die Darstellung der Lebensgeschichte des/der Verstorbenen an. Zum Abschluss weist die Klägerin nochmals auf das Abschiednehmen und die Bedeutung der Erinnerung an den/die Verstorbene(n) hin. Regelmäßig folgt auf die Rede nach einem Gedicht noch ein Lied. Die Reden enthalten somit die klassischen und zu erwartenden Inhalte jeder üblichen Trauerrede im Rahmen eines stets wiederkehrenden Grundgerüstes. Bei Reden, welche die Klägerin in kurzem Abstand gehalten hat, finden sich teilweise erhebliche wörtliche Übereinstimmungen im Text. So beginnen die Reden vom 3. Januar und 4. Januar 2017 mit demselben Gedicht und mit derselben Grußformel, nämlich "mit diesen Abschiedsworten eines Dichters begrüße ich Sie und alle, die gekommen sind, um von [Name des verstorbenen] Abschied zu nehmen." Auf die Schilderung der letzten Lebenszeit folgt der Satz "Jetzt ist er/sie gestorben. Der Tod eines Menschen setzt den Zeitpunkt fest, diesen Menschen für immer gehen zu lassen, in etwas völlig Unbekanntes hinein. Und auch Sie gehen in etwas, das Ihnen unbekannt ist: in ein Leben ohne sie [ihn]." Neben dem Gedicht sind ca. 50 Zeilen der jeweils insgesamt knapp dreiseitigen Texte und damit fast die Hälfte des Textes der Reden vom 3. Januar und 4. Januar 2017 wörtlich identisch. Auch wenn der Senat gesehen hat, dass dies ein Extrembeispiel ist, das besonders deshalb auffiel, weil es sich um die ersten beiden Reden des Jahres handelte, so finden sich auch in den übrigen Reden viele Übereinstimmungen. Der/die Verstorbene wird häufig mit den Worten "Für die meisten [oder auch "viele"] von Ihnen war sie ["er"] einfach die/der [Vorname des/der Verstorbenen]" vorgestellt. Diese Formulierung findet sich in acht der 72 Trauerreden (vergleiche Sonderband Anlagenheft Seite 1, 17, 55, 106, 183, 263, 312). Die Einleitung der Lebensgeschichte des Verstorbenen beginnt oft mit den Worten "Dabei sind die Stationen, die ich erwähne nur das Gerüst, das sich mit Ihren ganz eigenen Erinnerungen füllen wird" oder, leicht abgewandelt, "Wenn ich nun einige Stationen ihres [seines] Lebens nenne, dann sind es für Sie nicht nur Daten. Vielmehr sind diese Stationen verbunden mit Ihren ganz eigenen Erinnerungen". Diese Einleitung kommt so oder ähnlich mindestens 22-mal vor (vergleiche Sonderband Anlagenheft Seite 22, 25, 30, 44, 47, 52, 60, 67, 95, 103, 110, 128, 147, 156, 169, 188, 196, 208, 213, 217, 237, ähnlich außerdem 225, 229). Nach der Beschreibung des Sterbens folgt mehrfach der Text: "Auch [bzw. "selbst"] wenn man sich bewusst ist, dass das Leben irgendwann endet, wenn man die Veränderungen sieht und begleitet... - das Sterben eines Menschen kann man nicht in Gedanken vorwegnehmen. Man kann sich einfach nicht vorstellen, dass der andere irgendwann nicht mehr da ist. Erst nach und nach wird spürbar werden, was es bedeutet, dass er nicht mehr lebt. Je näher Sie ihm ["ihr"] standen, umso mehr" (vergleiche Sonderband Anlagen Seite 9, 21, 25, 30, 59, 109). Etliche weitere Beispiele mit wörtlichen Übereinstimmungen lassen sich in den Texten finden. Der Senat hat nicht übersehen, dass die Klägerin diese Textvorlagen nicht durchgehend für alle Reden, sondern maximal für ca. ein Drittel der Reden verwendet hat, oft für einen deutlich geringeren Anteil. Es wird aber deutlich, dass die Klägerin teilweise ganze Textbausteine wiederverwendete.
Auch die Hochzeitsreden (vergleiche im Sonderband Anlagenheft die Anlagen 73 bis 78) folgen einem ähnlichen Aufbau. Nach einer Einleitung, oft mit einem Gedicht oder einem Motto des Brautpaares, wird ausgeführt, wie die Eheleute sich kennengelernt haben und wie sich danach ihre Beziehung entwickelte. Charakterliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede und gemeinsame Interessen werden beleuchtet, manchmal berichtet die Klägerin, wie der Heiratsantrag gemacht wurde. Zum Abschluss folgt ein Blick in die Zukunft mit Worten zur Bedeutung des Eheversprechens und zur Liebe sowie guten Wünschen. Identische Formulierungen sind seltener als bei den Trauerreden, kommen aber ebenfalls vor. So wird die Ehe in drei der sechs Reden als ein Versprechen beschrieben, auch in Zukunft weiter zu wachsen (Seite 297, 291, 287). Trotz der etwas höheren Individualität der Reden sind somit deutliche Gemeinsamkeiten zu erkennen. Die Reden unterscheiden sich auch in der Gestaltungshöhe nicht wesentlich von denen, die (gute) Standesbeamte im Rahmen einer Trauung halten.
c) Der Senat geht davon aus, dass die Darbietungen der Klägerin, also der Vortrag der Texte, nicht wesentlich voneinander abwichen und die im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellte Vortragsart der Klägerin exemplarisch für alle Trauer- und Hochzeitsreden ist. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Vortrag sich bei den Trauerreden oder Hochzeitsreden wesentlich unterscheide. Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass jede Rede einzeln zu betrachten ist und aufgrund von Besonderheiten bei der Darbietung einzelne Reden eine Gestaltungshöhe erreichen könnten, die es rechtfertigen würde, im Einzelfall den ermäßigten Steuersatz anzusetzen, so wäre es Sache der Klägerin nachzuweisen, dass dies im Einzelfall zu bejahen ist. Denn sie trägt die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vorliegen (vergleiche BFH-Urteil vom 24. August 2010 VII R 10/10, HFR 2011, 345, Rn. 9). Ein entsprechender Vortrag und Beweisantritt erfolgte jedoch nicht.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Danach sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Zwar wird die Klage vollumfänglich abgewiesen, doch hat der Beklagte während des Gerichtsverfahrens den angefochtenen Bescheid zugunsten der Klägerin geändert. Dies ist bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2014 X B 114/14, BFH/NV 2015, 511, Rn. 36). Da die Änderung des Bescheids erst in der mündlichen Verhandlung erfolgte und somit alle Gebühren bereits entstanden waren, ist eine getrennte Kostenverteilung nach Verfahrensabschnitten nicht erforderlich. Der Senat setzt deshalb die zunächst beantragte Reduzierung der Umsatzsteuer um xxx Euro (xxx Euro abzüglich xxx Euro, vgl. Gerichtsakte Bl. 36) ins Verhältnis zu der Reduzierung der Umsatzsteuer in Höhe von xxx Euro (xxx Euro abzüglich xxx Euro) aufgrund des in der mündlichen Verhandlung am 24. November 2021 neu erlassenen Bescheids. Danach hat die Klägerin zu 15 % obsiegt (xxx/xxx).
III. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht für den Fall, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung in Höhe von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht, auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO, § 708 Nr. 11 2. Alternative Zivilprozessordnung (ZPO). In entsprechender Anwendung von § 711 Satz 1 ZPO hält der erkennende Senat eine Sicherheitsleistung des Beklagten für nicht erforderlich (so auch Urteile des FG Baden-Württemberg vom 26. Februar 1991 4 K 23/90, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1991, 338 und vom 12. April 2016 6 K 2005/11, EFG 2016, 1197). Die Norm kann teleologisch reduziert werden. § 711 Satz 1 ZPO statuiert eine Pflicht zur Sicherheitsleistung, um den Gläubiger vor dem Risiko zu bewahren, dass der Schuldner insolvent und der Vollstreckungstitel damit wirtschaftlich wertlos wird. Da bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts keine Insolvenz droht, ist eine Sicherheitsleistung zu diesem Zweck nicht erforderlich (Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2018 2 K 3880/16, EFG 2018, 1982).
Für den Fall, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 Euro ermöglicht, beruht der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.
IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind. Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, unter welchen Umständen der ermäßigte Steuersatz für Umsätze von Trauer- und Hochzeitsrednern zu gewähren ist (BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797). Der erkennende Senat weicht hiervon nicht ab. Die Klage ist (auch) in Anwendung dieser Grundsätze abzuweisen. Die Klageabweisung beruht insofern auf rein tatrichterlichen Erwägungen. Dass der Senat daneben in einem weiteren, nur leicht differierenden Begründungsansatz nicht allein auf die Gestaltungshöhe, sondern auf einen Vergleich der Redetätigkeit der Klägerin mit typischen Trauer- und Hochzeitsreden einerseits und typischen Darbietungen ausübender Künstler andererseits abstellt, gebietet keine Revisionszulassung.
Urteil vom 21.11.2021
In dem Finanzrechtsstreit
Kl- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegen Umsatzsteuer 2017
hat der 14. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2021 durch
Vorsitzende Richterin am FinanzgerichtRichter am Finanzgericht
Richterin am Finanzgericht
Ehrenamtlichen Richter
Ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
Tenor:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 85 % und der Beklagte zu 15 %.
- Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der noch zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500,- €, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bei 1.500,- € oder darunter, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist studierte Theologin. Sie meldete bereits im Jahr 1999 bei der Finanzverwaltung eine selbständige Tätigkeit mit der Bezeichnung "Trauerrednerin/Gestaltung von Hochzeitsfeiern/ Begrüßungsfeiern für Neugeborene" an.
Die Klägerin reichte am 18. September 2018 die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2017 elektronisch ein. Ihre Umsätze aus Trauer- und Hochzeitsreden unterwarf sie dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, weitere Umsätze dem Regelsteuersatz von 19 %. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Umsatzsteuererklärung und das Begleitschreiben zur Erläuterung der Umsätze zu 7 % hingewiesen (Umsatzsteuerakten Bl. 110 ff. und 112).
Der Beklagte stimmte der Erklärung zunächst zu, erließ aber dann am 2. November 2018 einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2017, in dem er Entgelte für Trauer- und Hochzeitsreden i. H. v. xxx Euro dem Steuersatz von 19 % unterwarf (Gerichtsakte Bl. 11). Der Beklagte ging von Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 19 % i. H. v. xxx Euro und zu 7 % i. H. v. xxx Euro aus. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Die Erläuterungen des Bescheids enthalten den Hinweis, dass die Einnahmen für die Trauer- und Hochzeitsreden einem Steuersatz von 19 % unterworfen worden seien. Die Umsätze zu 19 % seien um xxx Euro erhöht und die Umsätze zu 7 % in gleichem Umfang gemindert worden.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit einem am 26. November 2018 beim Beklagten eingegangenen Schreiben Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20. März 2020 (Gerichtsakte Bl. 3) als unbegründet zurückwies.
Hiergegen richtet sich die am 9. April 2020 erhobene Klage.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin behauptet, dass die Klägerin bei Trauerfeiern eine kreativ ausgestaltete individuelle Botschaft über den Verstorbenen in Form eines Redemanuskripts erstelle und vortrage. Im Rahmen der Erarbeitung des Manuskripts und der Vorträge gehe sie auf die Bedürfnisse und persönlichen Umstände und den jeweiligen Anlass ein. Im Kontext von Eheschließungen gehe es bei den vorbereitenden Arbeiten um die kreative Ausgestaltung des individuell formulierten Eheversprechens. Die Tätigkeit der Klägerin lasse sich in zwei Phasen unterteilen. In der ersten Phase führe die Klägerin ein Gespräch mit den Angehörigen des oder der Verstorbenen bzw. den Brautleuten, das ca. 1,5 Stunden dauere. Bei freien Hochzeitszeremonien fänden zwei Gespräche von jeweils zwei Stunden Dauer statt. Im Vordergrund stehe nicht der mechanische Abruf rein biografischer Daten, sondern die Gesamtschau des früheren Lebens des Verstorbenen und bei Eheleuten die historische Reise vom Kennenlernen bis hin zur Eheschließung. Es sei Ausfluss der praktischen Arbeit der Klägerin, der Hermeneutik der Gespräche einen Sinn zu geben. Aus einem ungeordneten Gesprächsverlauf, in dem die Betroffenen oft von Thema zu Thema sprängen, destilliere sie den roten Faden heraus, gewichte Inhalte und wähle Zitate aus, lese zwischen den Zeilen, erschaffe sprachliche Bilder und ermögliche es sich auf diese Weise, auch vor dem Hintergrund ihres theologischen und philosophischen Studiums, menschliche Grundthemen bildhaft mit einem konkreten Leben in Verbindung zu setzen. Die Arbeit der Klägerin bestehe darin, die Informationen in einen individuellen und konkreten Bezug zu der zu erarbeitenden künstlerisch geprägten Rede zu setzen. Im Vordergrund stünden nicht die Fakten, sondern ein einfühlsames Eingehen auf die Beteiligten. Bei Trauerfeiern würden auf Wunsch der Angehörigen auch Gedichttexte oder eigene Beiträge und Musikwünsche in das Manuskript aufgenommen, wobei für die Klägerin wichtig sei, dass diese Fremdwerke nicht unverbunden für sich selbst stünden. Vielmehr interpretiere die Klägerin sie und gewichte individuell. Im Regelfall wähle sie kraft ihrer Intuition und Erfahrung Sprüche und Gedichte für Trauerfeiern selbst aus und setze sie in den zuvor beschriebenen neu erarbeiteten Kontext. Auch eigene Gedichte und Gedanken der Klägerin, die dichterisch und schriftstellerisch tätig sei, kämen situationsbezogen zum Einsatz. Das Redemanuskript werde den Auftraggebern nicht vorgelegt. Allein die Klägerin bestimme, wann, wie und in welchem Umfang das von ihr geschaffene Schriftwerk preisgegeben werde. Sie verfasse keine Auftragsreden, die der Kontrolle der Beteiligten unterlägen. Die zweite Phase sei die Darbietung des von der Klägerin erschaffenen Werks. Diese sei nicht durch monotones Ablesen des Manuskripts geprägt, sondern gerade auch durch spontanes Abweichen davon. Aufgrund ihrer künstlerischen Fähigkeiten könne die Klägerin punktgenau auf das Publikum reagieren, um in ihrer Präsentation Emotionen einer aktuell geänderten Situation mitaufzunehmen. Die Rede selbst unterliege auch insofern Variationen, als die Klägerin Stimmmodulation einsetze, die Sprechgeschwindigkeit steuere und die Lautstärke justiere. Gefühlsausdrücke, Gesten und Blickkontakt mit dem Publikum erlaubten eine der Situation angemessene Interaktion. Den Ansatz für individuell geprägte Trauerfeiern und den bewussten Umgang mit der Sprache habe die Klägerin in einem veröffentlichten Buch mit dem Titel "Trauerreden. Leitfaden für Trauersprachen" niedergelegt. Dieses Buch werde durch ein Folgewerk mit dem Arbeitstitel "Das Trauerreden-Balance-Prinzip" weiterentwickelt.
Der Beklagte habe die Schöpfungshöhe der eingereichten Reden nicht zutreffend bewertet. Die Klägerin sei als "ausübende Künstlerin" im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) anzusehen. Der Begriff sei an das Urheberrechtsgesetz (UrhG) angelehnt. Ein ausübender Künstler sei nach dessen § 73 eine Person, die ein Werk aufführe, singe, spiele oder auf andere Weise darbiete. Die Lesung von urheberrechtlich geschützten Werken vor Publikum sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) eine theaterähnliche Leistung im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliege (Hinweis auf BFH-Urteil vom 25. Februar 2015 XI R 35/12, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2015, 677). Darauf, dass an den Veranstaltungen nur ein geschlossener Personenkreis teilgenommen habe, komme es nach der BFH-Rechtsprechung nicht an (Hinweis auf BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797). Wenn eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht werde, handele es sich um eine Leistung, die mit einer Theatervorführung vergleichbar sei. Die Umsätze unterlägen nur dann nicht dem ermäßigten Steuersatz, wenn die verfassten Texte nach gleichem Muster aufgebaut seien, teilweise wörtlich Übereinstimmungen aufwiesen und sich der individuelle Bezug lediglich aus den Informationen über den Verstorbenen oder das Brautpaar ergebe. Ein Schriftwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG genieße rechtlichen Schutz, wenn es eine individuelle geistige Schöpfung beinhalte. Die erforderliche Gestaltungshöhe sei schon dann erreicht, wenn es nach Auffassung vertrauter Kreise gerechtfertigt sei, von einer künstlerischen Leistung zu sprechen und nicht nur durchschnittliches, handwerksmäßig Alltägliches und Banales vorliege. Die Veränderung der Stimme, der Einsatz von Mimik, Körperhaltung und Bewegung sowie das Eingehen auf das Publikum während des Vortrags genügten, um eine Darbietung vom reinen Vorlesen abzuheben. Die Klägerin sei danach künstlerisch tätig. Sie erschaffe im jeweiligen Einzelfall zunächst ein künstlerisches Werk, das Manuskript, um dieses in Form einer ebenfalls kreativ gestalteten Rede vor Publikum vorzutragen. Ihre Texte seien nicht nach gleichem Muster aufgebaut. Der individuelle Bezug ergebe sich nicht lediglich aus den Informationen über den Verstorbenen oder das Brautpaar. Das Argument des Beklagten, dass sich die Tätigkeit der Klägerin nicht besonders aus der Masse der bei vergleichbaren Anlässen gehaltenen Reden heraushebe, gehe an der Frage der Einstufung der Manuskripte als Werke im Sinne des Urheberschutzes vorbei. Es stelle sich die Frage, welchen Inhalt die vom Beklagten bezeichneten anderweitigen Reden haben sollten. Auch die Lesung des von ihr selbst verfassten Werkes durch die Klägerin sei als theaterähnliche Darbietung dem Kunstbereich zuzuordnen. Die Stimme der Klägerin werde als Instrument zur Erzeugung von bildhaften Erinnerungen eingesetzt. Sie erzeuge, unterstützt durch Gestik und Mimik, Bilder der Vergangenheit und der Gegenwart, die bei den Teilnehmern der Feiern vielerlei Emotionen hervorriefen. Die Klägerin nutze keine Redeschablonen.
Selbst wenn man entgegen diesen Ausführungen davon ausgehen würde, dass die Trauer- und Hochzeitsreden nicht dem ermäßigten Steuersatz unterlägen, sei der angefochtene Bescheid fehlerhaft und damit rechtswidrig. Dem Beklagten seien Rechenfehler unterlaufen. Er habe zur Ermittlung der Umsätze zu 19 % die falsche Bemessungsgrundlage gewählt. Er habe den Nettoerlös der Umsätze zu 7 % von xxx Euro herangezogen. Tatsächlich sei der Wert xxx Euro richtig. Richtigerweise hätte der Beklagte zur Ermittlung der Umsätze zu 19 % den in den Umsatzsteuervoranmeldungen enthaltenen Bruttobetrag von xxx Euro zugrunde legen und daraus die Umsatzsteuer von 19 % herausrechnen müssen. Zudem habe der Beklagte übersehen, dass die Klägerin mit ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung einen weiteren Bruttoumsatz zu 7 % i. H. v. xxx Euro erklärt habe. Der Beklagte weiche auch bei den Umsätzen der Klägerin zu 7 % aus Urheberrechtslizenzen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG von der Jahreserklärung der Klägerin ab. Sie habe xxx Euro netto erklärt, der Beklagte hiervon abweichend xxx Euro angesetzt. Der Grund sei nicht ersichtlich. Selbst auf der Basis der Rechtsauffassung des Beklagten sei die Umsatzsteuerfestsetzung deshalb zugunsten der Klägerin zu ändern und eine um xxx Euro niedrigere Umsatzsteuer festzusetzen (vergleiche dazu die Berechnung, Gerichtsakte Bl. 51).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf die Klagebegründung vom 12. Juni 2020 (Gerichtsakte Bl. 36) sowie die Replik vom 18. September 2020 (Gerichtsakte Bl. 76) verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
1.
den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2017 auf xxx Euro herabgesetzt wird,
2.
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei der Tätigkeit der Klägerin handele es sich um keine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG, was bereits in der Einspruchsentscheidung vom 20. März 2020 begründet worden sei. Es spreche gegen eine künstlerische Tätigkeit, wenn sich die Redetätigkeit im Wesentlichen auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränke. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. März 2006 B 3 KR 9/05 R, Entscheidungen des Bundessozialgerichts - BSGE - 96,141, werde historisch bedingt das Tätigkeitsbild eines Trauerredners von Elementen des Brauchtums und der Seelsorge, und nicht der Kunst, bestimmt. Bei der Beurteilung sei außerdem zu beachten, dass die Steuervergünstigung als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz des Regelsteuersatzes eng auszulegen sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797). Die vorgelegten Reden seien zwar durchaus gelungen. Es fehle aber an einer Gestaltungshöhe, welche für die Annahme eines Kunstwerks zwingend erforderlich sei. Es sei nach Durchsicht der vorgelegten Manuskripte nicht ersichtlich, dass sie sich aus der Masse der zu solchen Anlässen gehaltenen Reden besonders heraushöben. Die Klägerin könne über den Inhalt ihrer Rede nicht frei entscheiden, sondern müsse die mitgeteilten Informationen über den Verstorbenen bzw. das Brautpaar verwerten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 30. Juli 2020 (Gerichtsakte Bl. 65 ff.) und die Duplik vom 13. November 2020 (Gerichtsakte Bl. 88) verwiesen.
Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 4. Oktober 2021 unter Fristsetzung gemäß § 79b Finanzgerichtsordnung (FGO) die Klägerin aufgefordert, die Texte aller Trauer- und Hochzeitsreden, für welche der Klägerin im Streitjahr 2017 Entgelte zugeflossen sind, die sie dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterworfen wissen möchte, nebst den dazugehörigen Rechnungen vorzulegen.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 15. Oktober 2021 und 19. Oktober 2021 die erbetenen Unterlagen sowie Internet-Links zu Videos mit Trauerreden der Klägerin übersandt. Auf die im Schreiben vom 19. Oktober 2021 verlinkten elektronischen Dateien sowie die Redetexte und die Rechnungen, abgespeichert im Sonderband Anlagenheft zum Schreiben vom 15. Oktober 2021 und 19. Oktober 2021, wird hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen.
Der Senat hat am 24. November 2021 die mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Klägerin wurde im Rahmen der Verhandlung informatorisch zu ihrer Tätigkeit angehört und trug auszugsweise die Trauerrede für A (vergleiche Anlage 33 zum Schriftsatz vom 15. Oktober 2021, Sonderband Anlagenheft Bl. 122 ff.) vor. Der Senat hat außerdem die Videoaufnahme der Trauerfeier für B in Augenschein genommen.
Der Beklagte erließ in der Sitzung einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2017 und setzte die Umsatzsteuer für 2017 um xxx Euro niedriger auf xxx Euro fest. Diese Festsetzung geht von Umsätze aus Lieferungen und Leistungen zu 19 % in Höhe von xxx Euro (netto) und zu 7 % in Höhe von xxx Euro (netto) aus und trägt insbesondere dem Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin Rechnung, dass der Beklagte zu Unrecht von den erklärten Bruttoumsätzen für die Reden darin enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von 7 % abgezogen und anschließend Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf den so ermittelten Nettoumsatz aufgeschlagen habe, anstatt den Nettoumsatz durch Abzug von 19 % Umsatzsteuer aus dem Bruttoumsatz zu ermitteln.
Die Beteiligten waren sich einig, dass damit etwaige Berechnungsfehler beseitigt sind und im Streit nur noch die Frage stand, ob der Regelsteuersatz von 19 % oder der ermäßigte Steuersatz von 7 % auf die Nettoumsätze aus Trauer- und Hochzeitsreden anzusetzen ist.
Dem Gericht lagen die Steuerakten des Beklagten vor, je ein Band Umsatzsteuerakten, Rechtsbehelfsakten und eine Prüferhandakte "Nachschau durch Herrn C" sowie ein Hefter mit Schriftverkehr.
Entscheidungsgründe
1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für Umsätze aus der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben.
Diese Norm greift im Streitfall nicht, da die Überlassung des jeweiligen Redemanuskripts nicht den Hauptzweck der Tätigkeit der Klägerin bildete und die etwaige Einräumung von Rechten an dem Manuskript keinen selbständigen Leistungscharakter hatte (vergleiche BFH-Urteile vom 21. Oktober 2009 V R 8/08, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 2010, 506 und vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797, Rn. 8). Denn nach den Schilderungen der Klägerin bestand ihre Leistung nicht darin, ihren Auftraggebern ein Recht an ihren Reden einzuräumen. Vielmehr sollte sie die Rede erarbeiten, als zentrales Element der Trauerfeier selbst vortragen und so die Trauernden begleiten und ihnen Halt geben. Dies war der Hauptzweck, nicht die Übertragung von Nutzungsrechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Das ergibt sich bereits daraus, dass in den Rechnungen der Klägerin die Einräumung von Nutzungsrechten an den Reden nicht als Leistungsbestandteil aufgeführt wird. Die Rechnungen für die Trauerreden nennen zwar als ein Element der Leistung den "Ausdruck der Trauerrede". Damit ist aber offensichtlich nicht das Herstellen eines Abdrucks und erst recht nicht die Übertragung von Urheberrechten, sondern das Halten der Rede gemeint. Denn dieses wird ansonsten in den Rechnungen nicht erwähnt. Die Rechnungen zu den insgesamt sieben Hochzeitsreden enthalten im Gegensatz zu den Rechnungen für die 72 Trauerreden keinen Hinweis auf den Leistungsbestandteil "Ausdruck der Trauerrede" und auch keinen Hinweis auf die Übertragung von Urheberrechten. Vielmehr wird neben Fahrtkosten als Leistung nur die "Vorbereitung und Durchführung der Hochzeitszeremonie", was das Halten der Rede einschließt, genannt. Selbst wenn die Überlassung einer Kopie der Reden ein Leistungsbestandteil gewesen wäre, so würde dies noch nicht die Einräumung eines Nutzungsrechts im Sinne des § 31 UrhG bedeutet haben. Die Einräumung von Nutzungsrechten bedarf einer vertraglichen Grundlage. Die Annahme, dass mit der Überlassung einer Kopie Nutzungsrechte eingeräumt werden sollten, begegnet Bedenken, weil der Nutzungsumfang völlig unbestimmt geblieben wäre und die Klägerin überdies teilweise fremde Werke verwendet hat, an denen sie nicht ohne Weiteres anderen Personen Nutzungsrechte einräumen konnte.
2. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG berufen. Nach dieser Norm ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Umsätze aus Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.
a) Bei den Tatbeständen des § 12 Abs. 2 UStG handelt es sich um Ausnahmeregelungen, die eng auszulegen sind (BFH-Urteile vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797, Rn. 15, und vom 11. Juli 2018 XI R 36/17, HFR 2019, 505, Rn. 48, unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 18. Januar 2001 C-83/99, HFR 2001, 385, Rn. 19, m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung des EuGH).
Der Zweck der Steuersatzermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG besteht insbesondere darin, zugunsten der Besucher von kulturellen Veranstaltungen eine Preiserhöhung zu vermeiden (BFH-Urteil vom 23. Juli 2020 V R 17/17, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 270, 208, Rn. 50).
Seine unionsrechtliche Grundlage findet § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG in Art. 98 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) i. V. m. Anhang III Nr. 7 und Nr. 9. Nach Art. 98 Abs. 1 und 2 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze auf die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwenden. Nr. 7 des Anhangs III nennt die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen, Nr. 9 die Dienstleistungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern sowie diesen geschuldete urheberrechtliche Vergütungen. Jedoch ermächtigt diese Vorschrift die Mitgliedstaaten lediglich, nach ihrem Ermessen ("können anwenden") einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden. Eine selektive Ausnutzung verstößt grundsätzlich nicht gegen Unionsrecht (BFH-Beschluss vom 17. November 2009, XI B 2/09, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2010, 480).
Ausgehend von dem Wortlaut und dem Gesetzeszweck, kulturelle Veranstaltungen nicht zu verteuern, können Umsätze eines Trauerredners oder einer Trauerrednerin allenfalls in besonderen Ausnahmefällen vom Anwendungsbereich der Norm umfasst sein. Der Senat teilt die Auffassung des Bundessozialgerichts, dass, jedenfalls dann, wenn der Wortbeitrag bei dem Begräbnis im Vordergrund steht, Trauerredner grundsätzlich nicht als Künstler anzusehen sind (BSG-Urteil vom 23. März 2006 B 3 KR 9/05 R, BSGE 96, 141, Rn. 12). Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten ist zur Entscheidung der Frage, ob "vergleichbare Darbietungen ausübender Künstler" zu bejahen sind, nicht maßgeblich darauf abzustellen, ob ein kunstvoller Text vorgetragen wird. Nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG muss eine "Darbietung" vorliegen. Darbietender muss ein ausübender Künstler sein. Damit kommt es nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht auf den dargebotenen Text als solchen, sondern auf den Vortrag an (so offensichtlich auch BFH-Urteile vom 25. Februar 2015 XI R 35/12, BStBl II 2015, 677 und vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797, Rn. 15, wo die "Redetätigkeit" als Bezugspunkt der Prüfung genannt wird). Dieser Vortrag muss mit Theatervorführungen und Konzerten vergleichbar sein. Theatervorführungen und Konzerten ist ein unterhaltender Charakter gemeinsam. Dies trifft zumeist nicht auf eine Hochzeitsrede und kaum je auf eine Trauerrede zu. Wer einen Trauerredner engagiert, wird in aller Regel keine - im weitesten Sinne - unterhaltende Vorführung wollen. Erwartet wird vielmehr eine Rede, die in ihrer Darbietung dem traurigen Anlass einer Beisetzung Rechnung trägt - "Halt gibt", wie die Klägerin es in der mündlichen Verhandlung ausführte - und in würdiger Weise das Leben des oder der Verstorbenen und allgemein das Verhältnis des Menschen zum Leben, Sterben und Tod beleuchtet. Dies schränkt den Spielraum des Trauerredners erheblich ein. Die Möglichkeiten einer eigenschöpferischen Leistung, die ein wesentliches Element der künstlerischen Tätigkeit ist, sind limitiert. Nicht die (künstlerische) Form des Vortrags, sondern sein Gegenstand und Inhalt bilden den Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin. Nach allgemeinem Verständnis schafft ein Trauerredner deshalb keine Kunst, sondern verbindet Elemente des Brauchtums und der Seelsorge miteinander (BSG-Urteil vom 23. März 2006 B 3 KR 9/05 R, BSGE 96, 141). Der Senat hält es für richtig, wie das Bundessozialgericht darauf abzustellen, ob eine Tätigkeit durch das künstlerische Element oder, nach allgemeinem Verständnis, durch andere Elemente bestimmt wird. Andernfalls könnte z. B. auch die Verhandlungsgebühr, die ein Rechtsanwalt erhält, ermäßigt besteuert werden, wenn sein Plädoyer nur hinreichend kunstvoll ist. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass eine Trauerrede im Regelfall keine Darbietung eines darstellenden Künstlers ist. Ausnahmen kommen in Betracht, wenn der Besteller der Trauerrede eine von den üblichen Trauerreden deutlich abweichende, künstlerische Elemente in den Vordergrund stellende, Leistung erwartet und erhält. Dies ist im vorliegenden Fall nicht zu bejahen. Die Trauerreden der Klägerin unterscheiden sich in Inhalt und Aufbau sowie ihrer Präsentation nicht wesentlich von anderen Trauerreden, mögen sie auch von guter Qualität sein.
Die für Trauerreden dargestellten allgemeinen Grundsätze gelten weitgehend auch für Hochzeitsreden. Auch bei diesen handelt es sich im Regelfall um "Gebrauchsreden", die einen bestimmten Zweck verfolgen, nämlich die Vorstellung des Brautpaars und die Präsentation allgemeiner Gedanken zur Bedeutung der Ehe und der Liebe. Wer hiervon erheblich abweicht, wird nicht mehr als Hochzeitsredner, sondern als allgemeinunterhaltender Künstler wahrgenommen. Die Hochzeitsreden der Klägerin sind demgegenüber so gestaltet, dass sie nicht vorrangig als Künstlerin, sondern als Hochzeitsrednerin wahrgenommen wird. Die Reden enthalten die typischen Elemente einer Hochzeitsrede.
b) Auch wenn man in den Vordergrund stellt, dass ein Trauer- oder Hochzeitsredner dann ein "ausübender Künstler" ist, wenn seine Leistungen eine gewisse schöpferische Gestaltungshöhe erreichen (so BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797), ist im vorliegenden Fall die Steuerermäßigung nicht zu gewähren. Nach der eben genannten Entscheidung handelt es sich bei den Tatbeständen des § 12 Abs. 2 UStG um Ausnahmeregelungen zum allgemeinen Grundsatz, dass jede entgeltliche Dienstleistung dem Regelsteuersatz unterliegt. Die Norm ist daher eng auszulegen. Das Wesen einer künstlerischen Tätigkeit liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auf die der Bundesfinanzhof verweist, in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Die künstlerische Leistung wird geprägt von einer eigenschöpferischen Leistung des Künstlers, in der seine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt. Gegen eine künstlerische Tätigkeit spricht es nach der Auffassung des Bundesfinanzhofs bei einer Redetätigkeit insbesondere, wenn sie sich im Wesentlichen auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes beschränkt (BFH-Urteile vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797, Rn. 15 und vom 11. Juli 2018 XI R 36/17, HFR 2019, 505, Rn. 47).
Auch auf der Grundlage dieser Maßstäbe ist die Steuerermäßigung nicht zu gewähren, weil die erforderliche Gestaltungshöhe nicht erreicht wird. Der Senat hat im Rahmen der Beweisaufnahme in Form des Augenscheins die von der Klägerin zur Verfügung gestellte Videoaufnahme der Trauerfeier für B und die während der Verhandlung von der Klägerin auszugsweise vorgetragene Trauerrede für A (vergleiche Anlage 33 zum Schriftsatz vom 15. Oktober 2021, Sonderband Anlagenheft Bl. 122 ff.) zur Kenntnis genommen. Er hat dabei festgestellt, dass die Trauerreden gut formuliert sind und die Texte viele, teilweise originelle, sprachliche Bilder enthalten. Allerdings unterscheidet sich die Art des Vortrags auch in ihrer Gestaltungshöhe nicht wesentlich von der, welche sämtliche Mitglieder des Senats aus eigener Erfahrung von anderen Trauerreden kennen. Die Klägerin trägt die Reden, dem Anlass angemessen, in einer ruhigen, würdevollen Art vor. Sie selbst hat bei ihrer Anhörung darauf hingewiesen, dass sie mit ihrer ruhigen Präsenz und Ausstrahlung Raum für Trauer schaffen wolle. Eine ähnliche Vortragsart kennen die Senatsmitglieder aus traditionellen kirchlichen Bestattungen, die von Geistlichen gestaltet werden. Auch wenn die Klägerin darauf besteht, dass sich ihre Tätigkeit klar von der kirchlichen unterscheide und sie keine Seelsorge betreibe, sondern "haltgebende Begleitung" anbiete, vermag der Senat bei der Darbietung der Rede selbst keine wesentlichen Unterschiede zu erkennen. Geht man davon aus, dass die Steuerermäßigungsvorschriften Ausnahmevorschriften sind und bei Trauerreden nicht generell greifen, sondern nur dann, wenn eine besondere Gestaltungshöhe erreicht wird, d. h., wenn sich die Darbietung der Rede von dem Üblichen aufgrund einer besonderen künstlerischen Gestaltungskraft abhebt, so sind die Voraussetzungen der Steuerermäßigung nicht erfüllt.
Selbst wenn man, entgegen der Auffassung des Senats, weniger auf die Darbietung abstellt, sondern den Text in den Blick nimmt, ist der Senat der Auffassung, dass keine künstlerische Leistung im Sinne einer eigenschöpferischen Leistung, in der eine besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt, bejaht werden kann. Der Bundesfinanzhof hat ausgeführt, dass gegen eine künstlerische Tätigkeit die Beschränkung auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüstes spreche. Eine Analyse der im Streitjahr verfassten Texte zeigt, dass die Reden alle sehr ähnlich aufgebaut sind. Die Trauerreden beginnen regelmäßig mit Musik und einem Gedicht. Nach der Begrüßung der Trauergäste folgt eine Darstellung der letzten Lebenszeit des Verstorbenen und der Sterbeursache. Es schließen sich allgemeine Erwägungen und - durchaus tiefsinnige - Gedanken zum Leben, Sterben und Abschiednehmen und danach die Darstellung der Lebensgeschichte des/der Verstorbenen an. Zum Abschluss weist die Klägerin nochmals auf das Abschiednehmen und die Bedeutung der Erinnerung an den/die Verstorbene(n) hin. Regelmäßig folgt auf die Rede nach einem Gedicht noch ein Lied. Die Reden enthalten somit die klassischen und zu erwartenden Inhalte jeder üblichen Trauerrede im Rahmen eines stets wiederkehrenden Grundgerüstes. Bei Reden, welche die Klägerin in kurzem Abstand gehalten hat, finden sich teilweise erhebliche wörtliche Übereinstimmungen im Text. So beginnen die Reden vom 3. Januar und 4. Januar 2017 mit demselben Gedicht und mit derselben Grußformel, nämlich "mit diesen Abschiedsworten eines Dichters begrüße ich Sie und alle, die gekommen sind, um von [Name des verstorbenen] Abschied zu nehmen." Auf die Schilderung der letzten Lebenszeit folgt der Satz "Jetzt ist er/sie gestorben. Der Tod eines Menschen setzt den Zeitpunkt fest, diesen Menschen für immer gehen zu lassen, in etwas völlig Unbekanntes hinein. Und auch Sie gehen in etwas, das Ihnen unbekannt ist: in ein Leben ohne sie [ihn]." Neben dem Gedicht sind ca. 50 Zeilen der jeweils insgesamt knapp dreiseitigen Texte und damit fast die Hälfte des Textes der Reden vom 3. Januar und 4. Januar 2017 wörtlich identisch. Auch wenn der Senat gesehen hat, dass dies ein Extrembeispiel ist, das besonders deshalb auffiel, weil es sich um die ersten beiden Reden des Jahres handelte, so finden sich auch in den übrigen Reden viele Übereinstimmungen. Der/die Verstorbene wird häufig mit den Worten "Für die meisten [oder auch "viele"] von Ihnen war sie ["er"] einfach die/der [Vorname des/der Verstorbenen]" vorgestellt. Diese Formulierung findet sich in acht der 72 Trauerreden (vergleiche Sonderband Anlagenheft Seite 1, 17, 55, 106, 183, 263, 312). Die Einleitung der Lebensgeschichte des Verstorbenen beginnt oft mit den Worten "Dabei sind die Stationen, die ich erwähne nur das Gerüst, das sich mit Ihren ganz eigenen Erinnerungen füllen wird" oder, leicht abgewandelt, "Wenn ich nun einige Stationen ihres [seines] Lebens nenne, dann sind es für Sie nicht nur Daten. Vielmehr sind diese Stationen verbunden mit Ihren ganz eigenen Erinnerungen". Diese Einleitung kommt so oder ähnlich mindestens 22-mal vor (vergleiche Sonderband Anlagenheft Seite 22, 25, 30, 44, 47, 52, 60, 67, 95, 103, 110, 128, 147, 156, 169, 188, 196, 208, 213, 217, 237, ähnlich außerdem 225, 229). Nach der Beschreibung des Sterbens folgt mehrfach der Text: "Auch [bzw. "selbst"] wenn man sich bewusst ist, dass das Leben irgendwann endet, wenn man die Veränderungen sieht und begleitet... - das Sterben eines Menschen kann man nicht in Gedanken vorwegnehmen. Man kann sich einfach nicht vorstellen, dass der andere irgendwann nicht mehr da ist. Erst nach und nach wird spürbar werden, was es bedeutet, dass er nicht mehr lebt. Je näher Sie ihm ["ihr"] standen, umso mehr" (vergleiche Sonderband Anlagen Seite 9, 21, 25, 30, 59, 109). Etliche weitere Beispiele mit wörtlichen Übereinstimmungen lassen sich in den Texten finden. Der Senat hat nicht übersehen, dass die Klägerin diese Textvorlagen nicht durchgehend für alle Reden, sondern maximal für ca. ein Drittel der Reden verwendet hat, oft für einen deutlich geringeren Anteil. Es wird aber deutlich, dass die Klägerin teilweise ganze Textbausteine wiederverwendete.
Auch die Hochzeitsreden (vergleiche im Sonderband Anlagenheft die Anlagen 73 bis 78) folgen einem ähnlichen Aufbau. Nach einer Einleitung, oft mit einem Gedicht oder einem Motto des Brautpaares, wird ausgeführt, wie die Eheleute sich kennengelernt haben und wie sich danach ihre Beziehung entwickelte. Charakterliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede und gemeinsame Interessen werden beleuchtet, manchmal berichtet die Klägerin, wie der Heiratsantrag gemacht wurde. Zum Abschluss folgt ein Blick in die Zukunft mit Worten zur Bedeutung des Eheversprechens und zur Liebe sowie guten Wünschen. Identische Formulierungen sind seltener als bei den Trauerreden, kommen aber ebenfalls vor. So wird die Ehe in drei der sechs Reden als ein Versprechen beschrieben, auch in Zukunft weiter zu wachsen (Seite 297, 291, 287). Trotz der etwas höheren Individualität der Reden sind somit deutliche Gemeinsamkeiten zu erkennen. Die Reden unterscheiden sich auch in der Gestaltungshöhe nicht wesentlich von denen, die (gute) Standesbeamte im Rahmen einer Trauung halten.
c) Der Senat geht davon aus, dass die Darbietungen der Klägerin, also der Vortrag der Texte, nicht wesentlich voneinander abwichen und die im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellte Vortragsart der Klägerin exemplarisch für alle Trauer- und Hochzeitsreden ist. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass ihr Vortrag sich bei den Trauerreden oder Hochzeitsreden wesentlich unterscheide. Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass jede Rede einzeln zu betrachten ist und aufgrund von Besonderheiten bei der Darbietung einzelne Reden eine Gestaltungshöhe erreichen könnten, die es rechtfertigen würde, im Einzelfall den ermäßigten Steuersatz anzusetzen, so wäre es Sache der Klägerin nachzuweisen, dass dies im Einzelfall zu bejahen ist. Denn sie trägt die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vorliegen (vergleiche BFH-Urteil vom 24. August 2010 VII R 10/10, HFR 2011, 345, Rn. 9). Ein entsprechender Vortrag und Beweisantritt erfolgte jedoch nicht.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Danach sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Zwar wird die Klage vollumfänglich abgewiesen, doch hat der Beklagte während des Gerichtsverfahrens den angefochtenen Bescheid zugunsten der Klägerin geändert. Dies ist bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2014 X B 114/14, BFH/NV 2015, 511, Rn. 36). Da die Änderung des Bescheids erst in der mündlichen Verhandlung erfolgte und somit alle Gebühren bereits entstanden waren, ist eine getrennte Kostenverteilung nach Verfahrensabschnitten nicht erforderlich. Der Senat setzt deshalb die zunächst beantragte Reduzierung der Umsatzsteuer um xxx Euro (xxx Euro abzüglich xxx Euro, vgl. Gerichtsakte Bl. 36) ins Verhältnis zu der Reduzierung der Umsatzsteuer in Höhe von xxx Euro (xxx Euro abzüglich xxx Euro) aufgrund des in der mündlichen Verhandlung am 24. November 2021 neu erlassenen Bescheids. Danach hat die Klägerin zu 15 % obsiegt (xxx/xxx).
III. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht für den Fall, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung in Höhe von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht, auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO, § 708 Nr. 11 2. Alternative Zivilprozessordnung (ZPO). In entsprechender Anwendung von § 711 Satz 1 ZPO hält der erkennende Senat eine Sicherheitsleistung des Beklagten für nicht erforderlich (so auch Urteile des FG Baden-Württemberg vom 26. Februar 1991 4 K 23/90, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1991, 338 und vom 12. April 2016 6 K 2005/11, EFG 2016, 1197). Die Norm kann teleologisch reduziert werden. § 711 Satz 1 ZPO statuiert eine Pflicht zur Sicherheitsleistung, um den Gläubiger vor dem Risiko zu bewahren, dass der Schuldner insolvent und der Vollstreckungstitel damit wirtschaftlich wertlos wird. Da bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts keine Insolvenz droht, ist eine Sicherheitsleistung zu diesem Zweck nicht erforderlich (Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2018 2 K 3880/16, EFG 2018, 1982).
Für den Fall, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 Euro ermöglicht, beruht der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.
IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind. Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden, unter welchen Umständen der ermäßigte Steuersatz für Umsätze von Trauer- und Hochzeitsrednern zu gewähren ist (BFH-Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 61/14, BStBl II 2020, 797). Der erkennende Senat weicht hiervon nicht ab. Die Klage ist (auch) in Anwendung dieser Grundsätze abzuweisen. Die Klageabweisung beruht insofern auf rein tatrichterlichen Erwägungen. Dass der Senat daneben in einem weiteren, nur leicht differierenden Begründungsansatz nicht allein auf die Gestaltungshöhe, sondern auf einen Vergleich der Redetätigkeit der Klägerin mit typischen Trauer- und Hochzeitsreden einerseits und typischen Darbietungen ausübender Künstler andererseits abstellt, gebietet keine Revisionszulassung.