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  • 08.06.2015 · IWW-Abrufnummer 144639

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 11.02.2015 – 7 K 7084/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Berlin-Brandenburg

    Urt. v. 11.02.2015

    Az.: 7 K 7084/13

    In dem Rechtsstreit
    XXX
    gegen
    XXX

    wegen Einkommensteuer 2009 und 2010

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 7. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11.02.2015 durch

    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
    die Richterin am Finanzgericht ... und
    den Richter am Amtsgericht ...
    und die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ...

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

    Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

    Tatbestand

    Die Kläger wurden im Streitjahr 2010 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Klagegegenstand ist die Behandlung von Fahrtkosten des Klägers im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

    Im Streitjahr erzielten der Kläger u. a. Einkünfte aus der Vermietung dreier Wohnungen in der C...-straße in E...; außerdem erzielten die Kläger gemeinsam Einkünfte aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses in der D...-straße in E.... Letzteres Objekt hatten die Kläger im Jahr 2007 erworben und im Anschluss umfangreiche Handwerkerleistungen durchführen lassen, welche im Streitjahr 2010 noch andauerten.

    In der am 14.09.2010 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger Fahrtkosten i. H. v. 3.224 gefahrene Kilometer * pauschal 0,30 € pro gefahrenem Kilometer = 967,20 € für Fahrten zu den beiden Vermietungsobjekten geltend, welche sie anteilig als Werbungskosten bei beiden Objekten ansetzten (vgl. Fahrtenbuch, Einkommensteuerakte - ESt-Akte - Bd. XIII Bl. 93ff.). Angaben zu den tatsächlichen Gesamtkosten des Fahrzeugs liegen für 2009 nicht vor, ebenso ist nicht klar, ob es sich bei den in 2009 aufgezeichneten Kilometern für Fahrten zu den Vermietungsobjekten um die Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs in diesem Jahr handelt. Mit Bescheid vom 18.11.2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2009 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Nach Beantwortung einiger Nachfragen durch die Kläger hob der Beklagte am 16.12.2010 den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

    In der am 31.08.2011 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2010 erklärte der Kläger in der Anlage V für das Objekt C...-straße (ESt-Akte Bd. XIV Bl. 62) als Werbungskosten u. a. eine Position "Steuerberater, Kfz-Kosten" i. H. v. 3.892,00 €. In der Anlage V für das Objekt D...-straße (ESt-Akte Bd. XIV Bl. 80) erklärten die Kläger als Werbungskosten u. a. eine Position "Kfz-Kosten, Beratung, Sonstiges" i. H. v. 6.748,00 €.

    Bei den Klägern wurde in der Folgezeit eine betriebsnahe Veranlagung -BNV- durchgeführt.

    Aus der BNV-Akte ergibt sich, dass in den Werbungskosten der beiden Objekte C...-straße und D...-straße in den genannten Positionen Fahrtkosten i. H. v. jeweils 3.711,41 € (insgesamt 7.422,81 €) enthalten sind (vgl. Einzelaufstellung BNV-Akte Bl. 8 sowie Stellungnahme des Steuerberaters der Kläger vom 13.02.2012, BNV-Akte Bl. 46). Dabei handelt es sich um die gesamten Kosten (vgl. Einzelaufstellung BNV-Akte Bl. 116) eines Pkw des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen B-GS 4436, mit dem er im Jahr 2010 insgesamt 3.345 km zurückgelegt hat. Die gefahrenen Kilometer setzen sich wie folgt zusammen: 40 Fahrten von der Wohnung der Kläger zum Objekt C...-straße, von dort zum Objekt D...-straße und von dort wieder zur Wohnung der Kläger, Fahrtstrecke jeweils 14 km; 125 Fahrten von der Wohnung der Kläger zum Objekt C...-straße und zurück, Fahrtstrecke jeweils 10 km; 175 Fahrten von der Wohnung der Kläger zum Objekt D...-straße und zurück, Fahrtstrecke jeweils 4 km; weitere Fahrten mit einer Gesamtstrecke im Jahr 2010 von 138 km. Die Gesamtkosten, die Gesamtkilometer und die Zusammensetzung der Fahrten sind als solche unstreitig. Der Kläger führte ein Fahrtenbuch, dessen Ordnungsmäßigkeit der Beklagte für das Streitjahr 2010 nicht in Abrede stellt. Neben dem für die Vermietungseinkünfte genutzten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen B-GS 4436 stand den Klägern für Privatfahrten ein weiterer Pkw mit den amtlichen Kennzeichen B-MS 270 zur Verfügung (vgl. ESt-Akte Bd. XI Bl. 296).

    Der Beklagte kam im Rahmen der betriebsnahen Veranlagung zum Ergebnis, die Fahrten zu den beiden Objekten C...-straße und D...-straße seien in 2010 nur mit der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Einkommensteuergesetz -EStG- zu berücksichtigen; nur für die sonstigen Fahrten könne der sich aus der Division der Gesamtkosten (7.422,81 €) durch die Gesamtkilometer (3.345 km) ergebende Kilometersatz von 2,22 € angesetzt werden. Die Fahrtkosten könnten auch nicht (mit der Folge der Unanwendbarkeit der Entfernungspauschale) anteilig als Anschaffungskosten des Gebäudes D...-straße oder als anschaffungsnaher Herstellungsaufwand berücksichtigt werden, weil die Fahrten laut Fahrtenbuch zur Verwaltung (Streuen, Fegen, Wässern, Pflanzen) durchgeführt worden seien und die Bau-/Erhaltungsmaßnahmen an dem Objekt nicht in Eigenleistung, sondern durch Fremdfirmen durchgeführt worden seien. Der Beklagte berechnete die Fahrtkosten daher wie folgt: 40 Fahrten á 14 km * 1/2 * 0,30 € = 84,00 €; 125 Fahrten á 10 km * 1/2 * 0,30 € = 187,50 €; 175 Fahrten á 4 km * 1/2 * 0,30 € = 105,00 €; 138 km * 2,22 € = 306,36 €; insgesamt 682,86 € (BNV-Akte Bl. 8, 97, 99).

    Die Kläger wandten ein, der Kläger sei teilweise mehrmals am Tag zu seinen Objekten gefahren. Im Jahr 2008 sei zwar das Fahrtenbuch verworfen worden, es sei aber eine Pauschale von 0,30 € je gefahrenem Kilometer angesetzt worden. Der Ansatz nur der Entfernungspauschale sei nicht thematisiert worden, vielmehr habe der Sachbearbeiter damals zugesichert, bei Vorlage eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches sei die Berücksichtigung der tatsächlichen Kfz-Kosten möglich. Akzeptabel sei ein Ansatz der Entfernungspauschale allenfalls für die jeweils erste Fahrt eines Tages, nicht aber für weitere Fahrten am selben Tag.

    Mit Bescheiden vom 09.05.2012 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2009 nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Abgabenordnung - AO - geändert auf 15.561,00 € und die Einkommensteuer für 2010 auf 15.723,00 € fest. Dabei folgte er den Ergebnissen der BNV und kürzte die Fahrtkosten bei den beiden Objekten C...-straße und D...-straße in 2010 jeweils von 3.711,41 € auf 341,43 € (s. Anlage zum Bescheid ESt-Akte Bd. XIV Bl. 115 ff.). Die Änderungen in 2009 beziehen sich nicht auf die Fahrtkosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

    Am 08.06.2012 legten die Kläger Einspruch ein (BNV-Akte Bl. 102). Zur Begründung führten sie aus, eine Beschränkung des Werbungskostenabzugs von Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Verwaltung und Unterhaltung eines Vermietungsobjekts auf die Entfernungspauschalen sei der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 EStG nicht zu entnehmen. Zudem sei der Kläger nicht nur als Eigentümer, sondern auch als Verwalter der Objekte tätig gewesen und habe in dieser Funktion Eigenleistungen erbracht, welche andernfalls von Fremdfirmen durchgeführt worden wären. Um eine Trennung vom privaten Vermögensbereich sicherzustellen, habe der Kläger eigens einen Pkw angeschafft, den er ausschließlich für seine Vermietungseinkünfte genutzt habe. Eine Privatnutzung des Pkw habe nicht stattgefunden. Von daher seien die gesamten tatsächlichen Fahrzeugkosten einschließlich Absetzung für Abnutzung -AfA- abzugsfähig.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 25.02.2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er wiederholte und vertiefte sein bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, der Ansatz tatsächlicher Fahrtkosten komme nur im Falle gelegentlicher Fahrten zu Vermietungsobjekten in Betracht. Nehme der Steuerpflichtige dagegen wie im vorliegenden Fall die Verwaltung der Objekte selbst wahr, könne nur die Entfernungspauschale angesetzt werden.

    Am 26.03.2013 haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholen und vertiefen.

    Die Kläger haben in der Klageschrift und im Klagebegründungsschriftsatz vom 02.05.2014 zunächst als Klagegegenstand die Einkommensteuer 2007 bis 2010 bezeichnet. In der Antragsfassung und der Klagebegründung im Schriftsatz vom 02.05.2014 haben sie aber nur den Ansatz der tatsächlichen Fahrzeugkosten anstelle des Ansatzes der Entfernungspauschale geltend gemacht. Auf einen Hinweis des Gerichts, dass diese Frage schon im Einspruchsverfahren nur für das Jahr 2010 streitig gewesen sei und zudem die Antragsfassung auch für 2010 im Hinblick auf die Höhe der angestrebten Fahrtkostenberücksichtigung nicht ganz eindeutig sei, haben die Kläger den Klageantrag mit Schriftsatz vom 28.11.2014 neu gefasst und mitgeteilt, da das Fahrzeug schon 2009 vorhanden gewesen sei, sei noch nicht abschließend geklärt, warum hierüber im Einspruchsbescheid nicht auch eine Entscheidung für 2009 enthalten sei. Klagegegenstand sollten nur die Jahre 2009 und 2010 und nicht auch 2007 und 2008 sein. Es würden die gesamten Kfz-Kosten und nicht nur die AfA geltend gemacht.

    In der mündlichen Verhandlung am 11.02.2015 hat der Klägervertreter den Klageantrag auf einen Hinweis des Gerichts hin noch einmal neu gefasst.

    Die Kläger beantragen nunmehr,

    1.

    den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 09.05.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.02.2013 dahingehend abzuändern, dass bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Objekte C...-straße und D...-straße in E... Kfz-Kosten in Höhe von jeweils 3.711,41 € statt lediglich jeweils in Höhe von 341,43 € als Werbungskosten angesetzt werden,

    2.
    die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Steuerakten zur Steuernummer ... (vier Bände ESt (Bände X - XIV), ein Band BNV) verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

    Im Streitjahr 2009 ergeben sich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. In diesem Jahr hat der Beklagte die von den Klägern erklärten Fahrtkosten unverändert übernommen. Die Kläger haben auch im Klageverfahren höhere Kosten nicht dargelegt.

    Im Streitjahr 2010 hat der Beklagte zu Recht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der beiden Objekte C...-straße und D...-straße die Kosten der Fahrten des Klägers zu den beiden Objekten nicht in tatsächlicher Höhe, sondern nur beschränkt auf die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 3 EStG 2010 zum Abzug zugelassen.

    Als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. S. v. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, 21 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen abzugsfähig, §§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 9 Abs. 1 S. 1 EStG 2010. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - zählen zu den Werbungskosten alle Abflüsse in Geld oder Geldeswert, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind (BFH v. 17.09.2009 - VI R 24/08, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2010, 198, II. 1. a) der Gründe m. w. N.). Grundsätzlich sind Werbungskosten in voller Höhe abzugsfähig. Das schließt bei Fahrtkosten, welche durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind, auch Absetzungen für Abnutzung ein, §§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, 7 EStG 2010; dies ist als solches im vorliegenden Fall auch nicht streitig. Für Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte ergibt sich aus § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG 2010 der zwingende Ansatz einer Pauschale i. H. v. 0,30 € für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte anstelle der tatsächlichen Kosten. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG 2010 gilt nach § 9 Abs. 3 EStG 2010 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i. S. v. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, 21 EStG entsprechend.

    Unter welchen Voraussetzungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine regelmäßige Arbeitsstätte i. d. S. vorliegt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Der BFH hat lediglich entschieden, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 3 EStG auf Fahrtkosten, die zu den Herstellungskosten des Vermietungsobjekts gehören, nicht anwendbar ist, weil die Herstellungskosten als Grundlage für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung und der erhöhten Absetzungen bei den Überschusseinkünften in gleicher Weise wie bei den Gewinneinkünften zu ermitteln sind (BFH v. 10.05.1995 - IX R 73/91, BStBl II 1995, 713). Um Herstellungskosten - auch solche i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, handelt es sich allerdings bei den streitigen Fahrtkosten nicht, weil der Kläger die Fahrten unstreitig nicht zur Durchführung von Herstellungs- oder anschaffungsnahen Erhaltungsmaßnahmen, sondern zur Vornahme von Tätigkeiten wie z. B. streuen, fegen, wässern oder pflanzen getätigt hat.

    Es liegen allerdings einige veröffentlichte Entscheidungen von Finanzgerichten zur Auslegung des Begriffs der regelmäßigen Arbeitsstätte im Fall von Vermietungseinkünften vor. Das Finanzgericht - FG - Münster und das Hessische FG sind der Auffassung, es seien die für Arbeitnehmer geltenden Grundsätze entsprechend anzuwenden. Die regelmäßige Tätigkeitsstätte müsse nach dem Mittelpunkt der auf Dauer abgestellten Tätigkeit bestimmt werden. Eine regelmäßige Tätigkeitsstätte i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 EStG am Vermietungsobjekt hat das FG Münster daher in einem Fall angenommen, in dem ein Steuerpflichtiger durchschnittlich zweimal wöchentlich zu seinem Vermietungsobjekt gefahren ist, um dort selber anfallende Instandhaltungsarbeiten und kleinere Reparaturen durchzuführen (FG Münster v. 28.11.1989 - VI 2090/86 E, BeckRS 1989, 07253). Das Hessische FG hat auf dieser Grundlage angenommen, bei einem Steuerpflichtigen, der an nahezu jedem Wochenende und während seines Urlaubs Fahrten zu einem Vermietungsobjekt vorgenommen hat, um dort neben der normalen Vermietungstätigkeit umfangreiche Renovierungsarbeiten eigenständig durchzuführen, werde dort eine regelmäßige Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 EStG begründet (Hessisches Finanzgericht v. 29.04.1993 - 10 K 3886/89 -, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1993, 781). Auch das FG Düsseldorf hat darauf abgestellt, wo der Schwerpunkt der Tätigkeit der Einkünfteerzielung liegt. In der Regel befinde sich bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die regelmäßige Tätigkeitsstätte nicht am Vermietungsobjekt, weil die Steuerpflichtigen im allgemeinen die Grundstücksverwaltung in ihrer Wohnung als regelmäßiger Tätigkeitsstätte zu erledigen pflegten. Die Frage, ob die Tätigkeit der Einkunftserzielung ausnahmsweise am Ort des Mietobjekts stattfinde, könne jedoch nicht allein anhand der Zahl der Fahrten und auch nicht allein danach beurteilt werden, ob die Fahrten in regelmäßigen Zeitabständen durchgeführt würden. Denn der Begriff der regelmäßigen Tätigkeitsstätte habe nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qualitative Komponente, so dass eine wertende Gesamtbeurteilung erforderlich sei. Das FG Düsseldorf hat auf dieser Grundlage eine regelmäßige Tätigkeitsstätte am Mietobjekt in einem Fall bejaht, in dem der Steuerpflichtige regelmäßig alle 2 Wochen zum Mietobjekt gefahren ist, sämtliche Unterlagen, auch den Mietvertrag, in einem Schrank im Keller des Hauses aufbewahrt, dort den Stromzähler abgelesen, die Nebenkosten mit den Bewohnern abgerechnet und die Miete vereinnahmt, sämtliche Gartenarbeiten selbst durchgeführt und anfallende Reparaturen erledigt und Verhandlungen mit seinem Mieter ausgeführt hat (FG Düsseldorf v. 04.06.1991 - 6 K 89/86 E, EFG 1992, 67). Nach Auffassung des FG Nürnberg ist nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift jedes einzelne vermietete Grundstück grundsätzlich sogar ohne weitere einschränkende Voraussetzungen als Tätigkeitsstätte i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 EStG anzusehen, weil es sich um die Werbungskosten handele, die für jede einzelne Einkunftsquelle, nicht nur für die Einkunftsart, für sich getrennt zu ermitteln seien. Konkret hat das FG Nürnberg eine regelmäßige Tätigkeitsstätte am Vermietungsobjekt bei einem Steuerpflichtigen angenommen, der im Streitjahr an insgesamt 105 Tagen - monatlich 9 - 10 mal - zu seinem Haus gefahren war, um dort Arbeiten zu verrichten und Besichtigungen vorzunehmen. (FG Nürnberg v. 04.05.1977 - V 163/75, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1977, 575). Das FG Köln hat eine regelmäßige Tätigkeitsstätte i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 EStG am Vermietungsobjekt in einem Fall angenommen, in dem Steuerpflichtige wie die Kläger innerhalb einer Planungs- und Bauzeit von 185 Wochen mindestens 106 mal zu dem Bauobjekt gefahren sind (FG Köln v. 12.06.1986 - V K 373/84 -, EFG 1986, 555).

    In der Literatur wird überwiegend danach unterschieden, ob Fahrten zu dem Mietobjekt nur gelegentlich oder regelmäßig durchgeführt werden (Heuermann in Blümich, EStG, KStG, GewStG, 123. Aufl. 2014, § 21 EStG, Rn. 400 "Reisekosten"; Thürmer in Blümich, a. a. O., § 9 EStG, Rn. 541f.; Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 265. Lieferung 08.2014, § 21 EStG, Rn. 300 "Reisekosten"; Loschelder in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 9 EStG, Rn. 183; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 13. Aufl. 2014, § 21 EStG, Rn. 62 "Fahrtkosten"; einschränkend: Kirchhof, a. a. O., § 9 EStG, Rn. 140, wonach nur bei nahezu täglichen Fahrten eine regelmäßige Tätigkeitsstätte anzunehmen sein soll; ohne eigene Stellungnahme: Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 265. Lieferung 08.2014, § 9 EStG, Rn. 544). Auch die Verwaltung lässt den Ansatz der tatsächlichen Fahrtkosten im Falle nur gelegentlicher Fahrten zum Mietobjekt zu (Abschnitt 21.2 Abs. 4 S. 4 Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 2010). Teilweise wird in der Literatur für die Annahme einer regelmäßigen Tätigkeitsstätte neben regelmäßigen Fahrten auch eine Berücksichtigung qualitativer Aspekte gefordert. Entscheidend soll sein, wo die Tätigkeiten ausgeübt werden, die die Einkunftsart prägen (Fuhrmann in Korn, Einkommensteuergesetz, 81. Lieferung 09/2012, § 9 EStG, Rn. 301ff.).

    Der erkennende Senat geht zunächst mit dem FG Nürnberg davon aus, dass der Ort der regelmäßigen Tätigkeitsstätte i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 3 EStG für jedes einzelne Mietobjekt gesondert zu bestimmen ist, sodass ein Steuerpflichtiger zwar für jedes Vermietungsobjekt nur eine regelmäßige Tätigkeitsstätte haben kann, bei Vorliegen mehrerer Vermietungsobjekte innerhalb der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung aber mehrere regelmäßige Tätigkeitsstätten haben kann. Zwar hat der BFH für den Arbeitnehmerbereich entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte haben kann (BFH v. 09.06.2011 - VI R 55/10, BStBl II 2012, 38). Diese Aussage gilt aber nach Auffassung des erkennenden Senats nur in Bezug auf das einzelne Arbeitsverhältnis, nicht aber im Falle des Vorliegens mehrerer Arbeitsverhältnisse mit verschiedenen Arbeitgebern. Dafür spricht insbesondere, dass der BFH in dem zitierten Urteil als maßgebliches Kriterium für die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte unter anderem auf die Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers abstellt. Von daher ist sowohl bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit als auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung je Einkunftsquelle eine eigene regelmäßige Tätigkeitsstätte möglich, sodass bei mehreren Einkunftsquellen (also Arbeitsverhältnissen oder Vermietungsobjekten) auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten vorliegen können.

    Zu weitgehend ist die Ansicht des FG Nürnberg insoweit, als es eine Einordnung eines Vermietungsobjekts als regelmäßige Tätigkeitsstätte von keinen weiteren Voraussetzungen abhängig macht. Denn auch bei einem Arbeitnehmer ist nicht jeder Ort, den er im Rahmen seiner nichtselbständigen Arbeit mehrfach aufsucht, eine regelmäßige Arbeitsstätte. Vielmehr bejaht der BFH eine regelmäßige Arbeitsstätte eines Arbeitnehmers an dem Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Für die regelmäßige Arbeitsstätte ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet (BFH v. 09.06.2011 - VI R 58/09, BStBl II 2012, 34; BFH v. 09.06.2011 - VI R 55/10, a. a. O.). Insofern ist nach dem Zweck des § 9 Abs. 3 EStG, eine Gleichbehandlung der Einkunftsarten sicherzustellen (Loschelder in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 9 EStG, Rn. 183 m. w. N.), die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Arbeitnehmern entsprechend anzuwenden. Daher geht der erkennende Senat in grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem Hessischen FG, dem FG Münster, dem FG Düsseldorf und der herrschenden Auffassung in der Literatur sowie auf Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte bei Arbeitnehmern davon aus, dass eine regelmäßige Tätigkeitsstätte am Vermietungsobjekt nur angenommen werden kann, wenn sich am Vermietungsobjekt im Wege einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls der quantitative und qualitative Mittelpunkt der gesamten - auf dieses Objekt bezogenen - auf die Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit des Steuerpflichtigen befindet. Gegen eine Einordnung des Vermietungsobjekts als regelmäßige Tätigkeitsstätte spricht insbesondere, wenn dieses nur gelegentlich aufgesucht wird. Dafür sprechen regelmäßige Fahrten zum und die Vornahme umfangreicher Verwaltungs-, Instandhaltungs-, Überwachungs- und Pflegetätigkeiten am Vermietungsobjekt.

    Nach diesen Maßstäben hat der Kläger im Streitjahr 2010 an beiden Objekten C...-straße und D...-straße jeweils eine regelmäßige Tätigkeitsstätte begründet. Dafür spricht zum einen, dass der Kläger im Streitjahr 165 Mal zum Objekt C...-straße und 215 Mal zum Objekt D...-straße gefahren ist. Bei einer derart großen Zahl von Fahrten ist anzunehmen, dass der Kläger quantitativ überwiegend an den beiden Mietobjekten tätig geworden ist. Dass er in seiner Wohnung oder an einem anderen Ort noch häufiger mit der Vermietung eines der Objekte beschäftigt gewesen sein könnte, erscheint fernliegend. Für eine regelmäßige Tätigkeitsstätte jeweils an beiden Mietobjekten spricht aber auch die Art und der Umfang der vom Kläger nach seinem Vortrag dort vorgenommenen Tätigkeiten, die sich nicht auf bloße Kontrollen beschränkten, sondern auch regelmäßige Arbeiten wie z. B. streuen, fegen, wässern oder pflanzen umfassten. Letzteres ergibt sich aus den Feststellungen der BNV im Bericht vom 25.04.2012, S. 4 unten (Bl. 99 BNV-Akte). Diesem hat der Kläger nicht widersprochen. Auch aus dem für 2009 bei den Akten befindlichen Fahrtenbuch ergibt sich kein gegenseitiger Anhaltspunkt.

    Der Auffassung der Kläger, die Entfernungspauschale sei bei mehreren Fahrten am selben Tag nur auf die erste Fahrt anzuwenden, während weitere Fahrten mit den tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen seien, ist nicht zu folgen. Die Entfernungspauschale ist vielmehr auch bei mehreren Fahrten am selben Tag nur einmal zu gewähren und gilt alle Fahrten am selben Tage ab (BFH v. 11.09.2003 - VI B 101/03, BFH/NV 2003, 1657). Ob der Beklagte insoweit sogar zu hohe Werbungskosten berücksichtigt hat, kann angesichts des Verböserungsverbots im finanzgerichtlichen Verfahren dahinstehen.

    Da die Verteilung der Fahrtkosten auf die beiden Objekte C...-straße und D...-straße ohne Einfluss auf die Höhe der Einkommensteuer bleibt, ist die aus Vereinfachungsgründen von den Beteiligten übereinstimmend vorgenommene hälftige Aufteilung auf beide Objekte nicht zu beanstanden. Ebenfalls ohne Einfluss auf die Gesamthöhe der festzusetzenden Steuer bleibt aufgrund der Zusammenveranlagung der Kläger die Frage, ob die Fahrtkosten, soweit sie auf das den Klägers gemeinsam gehörende Objekt D...-straße entfallen, zutreffend von den Beteiligten übereinstimmend hälftig bei den anteiligen Einkünften beider Kläger zu berücksichtigen sind, oder ob sie voll bei den anteiligen Einkünften des Klägers zu berücksichtigen wären.

    Die Klage ist auch nicht im Hinblick darauf begründet, dass dem Kläger nach seinem Vortrag im Jahr 2008 vom Veranlagungssachbearbeiter des Beklagten mitgeteilt worden ist, bei Vorlage eines ordnungsmäßigen Fahrtenbuches stehe einem Abzug der tatsächlichen Fahrtkosten nichts im Wege. Weder handelte es sich dabei um eine verbindliche Auskunft i. S. v. § 89 Abs. 2 Abgabenordnung - AO -, noch hat der Kläger vorgetragen, im Vertrauen hierauf wirtschaftliche Dispositionen getroffen zu haben, die er sonst nicht getroffen hätte.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen im Hinblick auf die Voraussetzungen der Anwendung der Entfernungspauschale bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG; § 9 Abs. 3 EStG

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