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  • 21.09.2012 · IWW-Abrufnummer 123159

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 19.10.2011 – 9 K 3301/10

    Aufwendungen, die eine promovierte Diplom-Biologin im Zusammenhang mit einer - mit einem Stipendium geförderten - dreijährigen Forschung in Kanada tätigt, um im Anschluss daran ihre Hochschulkarrieren in Deutschland aufzunehmen bzw. fortzusetzen, sind vorab entstandene Werbungskosten.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 9. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Ehrenamtlicher Richter … Ehrenamtlicher Richter … ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 19. Oktober 2011 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung von Werbungskosten, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Gewährung eines Stipendiums an einer kanadischen Universität entstanden sind, sowie die Berücksichtigung von Kirchensteuerzahlungen als Sonderausgaben streitig.
    Die Klägerin ist promovierte Diplombiologin. Sie hat ihr Examen und ihre Promotion mit Auszeichnung bestanden und war bereits während ihrer Promotionszeit mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen an der Universität A betraut. Forschungsergebnisse ihrer Dissertation wurden in der weltweit führenden naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift „…” veröffentlicht. Die Klägerin strebt die Hochschullaufbahn an. Ihr Forschungsgebiet, das bereits Gegenstand ihrer Diplomarbeit und ihrer Dissertation gewesen ist, ist die …. Zu den führenden Forschungsinstituten auf diesem Gebiet gehört das der Universität B angegliederte „B.” (B.) in B/Kanada. Die Klägerin bewarb sich deshalb im Streitjahr darum, beim B. als sogenannter Postdoc angenommen zu werden. Da der Forschungsdirektor des B., C. im … 2008 an dem Internationalen D-Kongress im E in F teilnahm, verabredete sich die Klägerin mit ihm dort zu einem Vorgespräch und erhielt dabei die Zusage, beim B. als Postdoc angenommen zu werden. Das B., dem die Veröffentlichungen der Klägerin bekannt waren, lud die Klägerin deshalb im Herbst 2008 zu einem Vortrag nach B ein. Aufgrund dieser Einladung des B. reiste die Klägerin vom 30.09. bis 17.10.2008 nach B.
    Im Anschluss an diesen Besuch der Klägerin in Kanada entschloss sich das B. der Klägerin ein in Kanada steuerfreies Stipendium in Form eines Unterhaltszuschusses anzubieten und sie von den Studiengebühren freizustellen. Das Stipendium sollte eine Dauer von drei Jahren haben und ab dem 01.02.2009 beginnen. Der monatliche Unterhaltszuschuss aus diesem Stipendium beträgt umgerechnet 1.057 EUR und ist in Kanada steuerfrei.
    Vor ihrer Abreise nach Kanada kündigte die Klägerin ihre Wohnung in A und schloss im Dezember 2008 einen Mietvertrag mit der Firma H Deutschland GmbH betreffend die Einlagerung ihrer Möbel. Für die Einlagerung ihrer Möbel entstanden der Klägerin im Dezember 2008 Kosten in Höhe von 155 EUR.
    Das Speditionsunternehmen K transportierte die Möbel der Klägerin von ihrer Wohnung zur Einlagerungsstätte. Die Transportkosten betrugen insgesamt 458,15 EUR.
    Für ihre Teilnahme am Internationalen D-Kongress in F entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 228 EUR.
    Für ihre Reise nach B in der Zeit vom 30.09. bis 17.10.2008 musste die Klägerin insgesamt 1.713 EUR aufwenden.
    Die genannten Aufwendungen sind der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig.
    Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 vom 26.12.2009 machte die Klägerin diese Aufwendungen in Höhe von insgesamt 2.554 EUR als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend.
    Die im Streitjahr 2008 gezahlte Kirchensteuer gab die Klägerin in Höhe von 1.391 EUR an und machte diese als Sonderausgaben geltend.
    Im Rahmen des erstmaligen Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr 2008 vom 27.05.2010 wurden die von der Klägerin geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von 2.554 EUR nicht berücksichtigt. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid führte der Beklagte aus, dass die Bewerbungskosten nicht im Zusammenhang mit Einkünften stünden, die in Deutschland steuerpflichtig seien. Werbungskosten im Sinne von § 9 EStG seien jedoch nur Aufwendungen zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, die nach deutschen Steuergesetzen steuerpflichtig seien.
    Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, den sie im Wesentlichen dahingehend begründete, dass die vorübergehende, vertraglich befristete wissenschaftliche Forschungstätigkeit ihrer Habilitation für eine Professoren- und Institutsleiterstelle an einer deutschen Universität diene.
    Grundlage einer Habilitation im Fachbereich der D seien durch Versuche gewonnene Forschungsergebnisse, die in der Schrift naturwissenschaftlich ausgedeutet und in einem wissenschaftlichen Erklärungszusammenhang gebracht werden müssten. Diese Grundlage werde im Bereich der Biowissenschaften vielfach durch eine Forschungsund Fortbildungstätigkeit auf internationaler Ebene als sogenannter Postdoc an einem international führenden Institut erarbeitet. Die Vernetzung der Bewerber um die Leitung eines Universitätsinstituts mit der internationalen Spitzenforschung sei auch im Übrigen zur faktischen Voraussetzung einer Berufung zum Institutsdirektor – Ordinarius – einer deutschen Universität geworden.
    Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurde der Einkommensteuerbescheid für 2008 am 23.08.2010 aus für das vorliegende Verfahren nicht relevanten Gründen geändert. Der geänderte Einkommensteuerbescheid wurde gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des anhängigen Einspruchsverfahrens.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 24.09.2010 wurde der Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass Aufwendungen steuerlich nur dann berücksichtigungsfähig seien, wenn sie mit inländischen steuerpflichtigen Einkünften im Zusammenhang stünden. Handele es sich – wie im Streitfall – bei den Einkünften nicht um inländische, sondern um ausländische Einkünfte (Stipendiumszahlungen), die zudem unstreitig in Kanada steuerfrei seien, seien weder die Einnahmen noch die ursächlich damit im Zusammenhang stehenden Kosten steuerlich relevant und daher nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin sei zwar der Auffassung, das Stipendium in Kanada stehe mit den von ihr angestrebten zukünftigen steuerpflichtigen inländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Verbindung. Sie habe das Stipendium angenommen, um ihre Chance auf eine gehobene Stelle an einer inländischen Universität zu erhöhen und deshalb müsse es sich um vorweggenommene Werbungskosten handeln. Da diese Absicht jedoch aus dem tatsächlich vorliegenden Sachverhalt nicht abgeleitet werden könne, käme auch keine steuermindernde Berücksichtigung dieser Aufwendungen in Betracht.
    Im Rahmen ihrer hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, § 3 c Abs. 1 EStG greife im Streitfall schon deshalb nicht ein, weil es sich bei dem im Ausland gezahlten Stipendium nicht um eine steuerfreie Einnahme im Sinne dieser Vorschrift handele. Ein in Kanada von einer dortigen Stelle an einen Studenten oder Wissenschaftler ausgezahltes Stipendium sei in Deutschland schon aus staatsrechtlichen Gründen nicht steuerbar. Darüberhinaus enthalte § 3 c Abs. 1 EStG durch das tatbestandliche Erfordernis des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs einen Ausschlusstatbestand für die Anwendung dieser Vorschrift auf Werbungskosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung in keinem adäquat kausalen Veranlassungszusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stünden. Ein solcher unmittelbarer wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang sei jedoch zwischen den geltend gemachten Werbungskosten und dem im Inland nicht steuerbaren kanadischen Unterhaltszuschuss nicht gegeben.
    Darüberhinaus sei zu berücksichtigen, dass Stipendien überhaupt nur dann eine einkommensteuerliche Relevanz entfalten könne, wenn es sich bei den bezogenen Leistungen um steuerbare Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG handele. Insoweit sei festzuhalten, dass Stipendien der vorliegenden Art, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses oder als Gegenleistung für Auftragsforschungsarbeiten gezahlt würden, nicht steuerbare Vermögensmehrungen darstellten. Einkünfte aus selbständiger bzw. unselbständiger Arbeit oder sonstige Einkünfte seien insoweit nicht gegeben. Der steuerfreie Unterhaltszuschuss sei nach alledem keiner der sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes zuzuordnen.
    Im Verlaufe des Klageverfahrens hat die Klägerin am 05.01.2011 den Beklagten aufgefordert, eine Zahlung in Höhe von 38.000 EUR, die die Klägerin unstreitig am 30.09.2008 an den Beklagten geleistet hat, in Höhe von 6.951,12 EUR als auf evangelische Kirchensteuer für 2007 gezahlt zu berücksichtigen und mithin diese Zahlung als Sonderausgabe im Streitjahr 2008 zu berücksichtigen. Dieser Zahlung lag zugrunde, dass sich im Verlaufe des Jahres 2008 herausgestellt hatte, dass für die Klägerin aus dem Verkauf einer Unternehmensbeteiligung im Jahre 2007 ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 186.114 EUR entstanden war, den es noch zu versteuern galt. Deshalb erbrachte die Klägerin am 30.09.2008 eine Zahlung in Höhe von 38.000 EUR an die Finanzkasse des Beklagten. Auf dem Überweisungsträger war als Verwendungszweck neben der Steuernummer der Klägerin noch der Vermerk „Akonto Veranlagung 2007” angegeben.
    Der Beklagte hatte diese Zahlung am 02.10.2008 als Sammelzahlung erfasst und am gleichen Tage auf die Einkommensteuerschuld für 2007 verbucht. Dementsprechend wurde im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 11.03.2009 im Abrechnungsteil dieser Betrag als bereits auf die Einkommensteuer gezahlt ausgewiesen und die noch zu zahlende Kirchensteuer mit 6.951,12 EUR fällig gestellt.
    Nachdem der Beklagte es mit Schreiben vom 13.01.2011 abgelehnt hat, die Zahlung vom 30.09.2008 als auf Kirchsteuer geleistet anzusehen, hat die Klägerin ihr Klagebegehren dahingehend erweitert, dass neben den Werbungskosten in Höhe von 2.554 EUR auch der Sonderausgabenabzug um die im Jahre 2008 für 2007 gezahlte evangelische Kirchensteuer in Höhe von 6.951,12 EUR erhöht wird.
    Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, dass der Grund für die Zahlung der 38.000 EUR bereits zum 30.09.2008, also vor Durchführung der Veranlagung 2007 und Fälligkeit der Steuern für 2007, gewesen sei, dass im Herbst 2008 festgestanden habe, dass die Klägerin im Jahre 2009 zur Erarbeitung der Versuchsgrundlagen ihrer Habilitation nach Kanada gehen werde, dort ein auf drei Jahre befristetes steuerfreies kanadisches Stipendium erhalten werde und demgemäß als beschränkt Steuerpflichtige im Jahre 2009 keine Sonderausgaben mehr geltend machen werden könne. Deshalb habe die Tilgungsbestimmung auf dem Überweisungsträger nicht Akonto Einkommensteuer 2007, sondern Akonto Veranlagung 2007 gelautet. Denn es sei bei dieser Vorabzahlung primär um die Kirchensteuer gegangen. Erst bei einer Überzahlung, also soweit der gezahlte Betrag über die geschuldete Kirchensteuer hinausgehen würde, sei eine Verrechnung mit der Einkommensteuer und dem Solidaritätszuschlag gewollt gewesen.
    Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie die Tilgungsreihenfolge eindeutig bestimmt habe, sodass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, die betreffende Zahlung zunächst einmal auf die Kirchensteuer für 2007 zu verbuchen.
    Dementsprechend sei die festgesetzte Einkommensteuer auch deshalb zu mindern, weil die insoweit gezahlte Kirchensteuer in Höhe von 6.951,12 EUR noch als Sonderausgabe zu berücksichtigen sei.
    Die Klägerin beantragt,
    den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2008 vom 23.08.2010 unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24.09.2010 dahingehend zu ändern, dass bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 2.554 EUR angesetzt sowie weitergehende Sonderausgaben in Gestalt gezahlter Kirchensteuer in Höhe von 6.951,12 EUR berücksichtigt werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er vertritt die Auffassung, dass auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift die im Zusammenhang mit dem Stipendium der Klägerin an dem kanadischen Institut angefallenen Aufwendungen keine vorweggenommenen Werbungskosten zukünftiger inländischer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellten.
    Hinsichtlich der nachträglich geltend gemachten Sonderausgaben in Gestalt der Zahlung von Kirchensteuer steht der Beklagte auf dem Standpunkt, dass die Klägerin mit ihrer Überweisung keine Zahlung auf die Kirchensteuer für 2007 vornehmen wollte. So sei die Kirchensteuer auf dem Überweisungsträger nicht gesondert ausgewiesen bzw. benannt worden. Die Akontozahlung habe ganz allgemein als Zahlungsgrund die Veranlagung für 2007 aufgeführt. Dies könne nicht als Tilgungsbestimmung im Hinblick auf die Bezahlung der Kirchensteuer gewertet werden. Der Beklagte sei bei einer derartig allgemein gehaltenen Bestimmung frei in der Entscheidung, wie er den vorab gezahlten Betrag verbuche. Wie die Verbuchung des gesamten Betrages auf die Einkommensteuer 2007 zeige, sei im Streitjahr 2008 keine weitergehende Zahlung auf die Kirchensteuer seitens der Klägerin vorgenommen worden.
    Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
    Entscheidungsgründe
    Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
    Die Klage ist nur zum Teil begründet.
    Soweit der Beklagte es abgelehnt hat, die Aufwendungen der Klägerin für ihre Teilnahme am Internationalen D-Kongress in F, für die Reise nach B im Herbst 2008 sowie für die Möbeleinlagerung und den Transport der Möbel dorthin in Höhe von insgesamt 2.554 EUR als vorweggenommene Werbungskosten zu den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, ist die Klage begründet.
    Soweit der Beklagte es hingegen abgelehnt hat, die nachträglich geltend gemachte Kirchensteuerzahlung in Höhe von 6.951,12 EUR als Sonderausgaben zu berücksichtigen, ist die Klage nicht begründet.
    I. Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die Teilnahme am Internationalen D-Kongress in F, für die Reise nach B im Oktober 2008 sowie für die Einlagerung ihrer Möbel und den hierfür erforderlichen Transport stellen vorweggenommene Werbungskosten zu den von der Klägerin angestrebten, beabsichtigten Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit dar.
    1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Angleichung des Begriffs der Werbungskosten an den der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG liegen Werbungskosten vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip ist für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen das Veranlassungsprinzip maßgebend. Die Aufwendungen sind danach beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geleistet werden. Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern.
    Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (vgl. BFH-Urteile vom 28.07.2011 VI R 7/10, BFH/NV 2011, 1779 sowie VI R 38/10, BFH/NV 2011, 1782).
    Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann der erforderliche Veranlassungszusammenhang auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten. Entscheidend bleibt daher nach den vorgenannten Grundsätzen auch insoweit, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu der nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit stehen (vgl. BFH-Urteile vom 28.07.2011 VI R 7/10 bzw. VI R 38/10, a.a.O.).
    Ein Veranlassungszusammenhang zwischen vorweggenommenen Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und nachfolgender Berufstätigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn die Ausbildung Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2011 VI R 5/10, BFH/NV 2011, 1776).
    2. Im Streitfall steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die von der Klägerin getätigten Aufwendungen im Herbst 2008 in entscheidendem Maße dadurch veranlasst gewesen sind, das Forschungsstipendium an der renommierten und hinsichtlich des Forschungsgebiets der Klägerin weltweit führenden Institut in B, Kanada deshalb zu erhalten, um auf der Grundlage dieser ausgewiesenen internationalen Forschungstätigkeit ihre Hochschulkarriere in Deutschland beginnen bzw. fortsetzen, jedenfalls nachhaltig fördern zu können und damit inländischen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Hochschullehrerin und Spitzenforscherin zu erzielen.
    a) Soweit der Beklagte demgegenüber auf dem Standpunkt steht, die betreffenden Aufwendungen stünden allein mit dem Bestreben der Klägerin, das in Kanada steuerfreie Forschungsstipendium zu erhalten, in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn bereits die Höhe des der Klägerin in Kanada gewährten monatlichen Unterhaltszuschusses erscheint dem Senat als derart überschaubar, dass es insoweit als ausgeschlossen angesehen werden kann, dass die Klägerin als promovierte Diplombiologin, die bereits aufgrund ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen über einen hervorragenden Ruf auf ihrem Forschungsgebiet verfügte und durchaus auch schon zu diesem Zeitpunkt eine wirtschaftlich interessante außeruniversitäre Berufswahl hätte treffen können, allein wegen einer finanziellen Zuwendung in diesem Umfang für drei Jahre nach Kanada gegangen ist.
    Für den Senat steht vielmehr fest, dass die Annahme des Forschungsstipendiums in Kanada für die Klägerin lediglich einen Zwischenschritt auf dem Weg zu einer inländischen Hochschulkarriere darstellt. Die Klägerin ist diesen Schritt nicht gegangen, um für drei Jahre relativ geringe Einnahmen in der Größenordnung eines Unterhaltszuschusses zu erzielen, sondern um ein international hoch angesehenes Forschungsstipendium zu absolvieren, das sie nach der Diplomarbeit, der Promotion sowie entsprechenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen auch als eine auf der Ebene internationaler Spitzenforschung tätige Wissenschaftlerin ausweist und sie insbesondere in die Lage versetzt, ihre Hochschulkarrierepläne offensiv und zielgerichtet, insbesondere erfolgreich weiter zu verfolgen.
    Sowohl die Teilnahme am Internationalen D-Kongress in F und die dort erfolgte Kontaktaufnahme mit dem Leiter des betreffenden Instituts in Kanada als auch die Reise nach Kanada selbst, die dazu diente, sich durch einen entsprechenden Vortrag zu empfehlen und die erforderlichen Gespräche zu führen, stellen hinreichend konkrete, objektivierte Maßnahmen dar, um das betreffende Forschungsstipendium zu erlangen. Wie die weitere Entwicklung gezeigt hat, hat die Klägerin auch tatsächlich zum 01.02.2009 das betreffende dreijährige Forschungsstipendium erhalten.
    b) Es steht weiterhin zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin sowohl aufgrund ihrer Diplomarbeit und ihrer Dissertation als auch aufgrund ihrer Veröffentlichung in der renommierten naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift „…” bereits über ein wissenschaftliches Knowhow und eine Reputation verfügte, die ihre Planungen hinsichtlich einer Hochschulkarriere als durchaus viel- und erfolgversprechend erscheinen lassen. Diese konkreten und aufgrund objektivierter Umstände mit einem hohen Maß an Realisierungswahrscheinlichkeit ausgestatteten beruflichen Ziele der Klägerin konnten durch das Forschungsstipendium in Kanada noch in ganz erheblichem Umfang gefördert werden.
    Die Klägerin hat auch in für den Senat nachvollziehbaren Art und Weise dargelegt, dass es für die von ihr angestrebte Hochschullaufbahn unverzichtbar erforderlich gewesen ist, eine entsprechende Forschungstätigkeit in einem international anerkannten und renommierten Institut im Ausland zu absolvieren.
    Für den erkennenden Senat steht es daher fest, dass die von der Klägerin getätigten Aufwendungen zwar vordergründig zunächst einmal auf den Erhalt des Stipendiums in Kanada gerichtet gewesen sind, ihrem eigentlichen, wesentlichen Kern nach jedoch darauf abzielten, die Voraussetzungen und die Qualifikation für eine Hochschullehrertätigkeit zu schaffen, um hieraus entsprechende Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu erzielen. Dies bedeutet, dass die von der Klägerin getätigten und geltend gemachten Aufwendungen in einem konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit ihrer angestrebten Hochschullehrertätigkeit stehen, hinter den die Betätigung im Rahmen des Forschungsstipendiums in Kanada eindeutig zurücktritt.
    c) Der Beklagte hat hiergegen auch keine durchgreifenden Einwendungen vorgebracht. Denn selbst wenn man die Planungen der Klägerin für die von ihr angestrebte Hochschullehrerlaufbahn als nicht genügend konkret ansehen wollte, so würde es das von der Klägerin erlangte Forschungsstipendium dieser auch ermöglichen, im Falle einer beruflichen Umorientierung auf der Grundlage ihrer Spezialisierung auf ein Kerngebiet internationaler Forschung und ihres durch Diplomarbeit, Dissertation und Fachveröffentlichungen erworbenen wissenschaftlichen Rufs in Wirtschaft oder Industrie tätig zu werden.
    Der Senat sieht daher sowohl im Ausbildungsgang als auch im weiteren beruflichen Werdegang der Klägerin einen ausreichend konkreten, objektiv erkennbaren Veranlassungszusammenhang zwischen dem Forschungsstipendium und der später angestrebten Hochschullehrertätigkeit, aus der auch entsprechende Einkünfte zu erzielen sind.
    d) Der Beklagte kann insoweit auch nicht darauf abstellen, dass es im Streitfall auch möglich wäre, dass die Klägerin ihre spätere auf Einnahmeerzielung gerichtete Tätigkeit im Ausland ausübt und dort in Deutschland steuerfreie Einkünfte erzielt.
    Denn der Bundesfinanzhof hat insoweit entschieden, dass allein die Möglichkeit, dass die angestrebte Berufstätigkeit später auch im Ausland ausgeübt werden könnte, noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang im Sinne des § 3 c Abs. 1, 1. Halbsatz EStG zwischen den Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten steuerfreien Auslandseinkünften begründe (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2011, V R 5/10, a.a.O.). Nach § 3 c Abs. 1, 1. Halbsatz EStG dürfen zwar Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Allerdings ergibt sich aus dem Erfordernis des unmittelbaren Zusammenhangs, dass nur solche Aufwendungen vom Abzug abgeschlossen sind, die bei der Entstehung oder Zweckbestimmung mit den steuerfreien Einnahmen in einem unlösbaren Zusammenhang stehen, d.h. ohne diese nicht angefallen wären. Entsprechend dem Regelungszweck des § 3 c Abs. 1 EStG, eine doppelte Begünstigung von Steuerpflichtigen durch die steuerliche Freistellung von Bezügen einerseits und den Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben andererseits zu vermeiden, setzt die Anwendung des § 3 c Abs. 1 EStG voraus, dass Bezüge und Aufwendungen konkret einander zuzuordnen sind. Dies erfordert zwar keinen finalen Zusammenhang zwischen Ausgaben und Einnahmen, verlangt aber doch, dass sie zueinander in einer erkennbaren und abgrenzbaren Beziehung stehen.
    Auf dieser Grundlage hat die Rechtsprechung etwa zwischen den Aufwendungen für einen Umzug in das Ausland und der dort beabsichtigten Erzielung von Einkünften ebenso einen solchen unmittelbaren Zusammenhang angenommen wie für vergleichbare Aktivitäten, die unmittelbar auf die Erzielung von Einnahmen im Ausland gerichtet sind.
    Ein solcher unlösbarer Zusammenhang zwischen den von der Klägerin getätigten Aufwendungen und der Aufnahme einer im Ausland steuerfreien beruflichen Tätigkeit ist im Streitfall jedoch gerade nicht erkennbar. Soweit Aufwendungen für eine künftige Berufsausübung getätigt werden, begründet nämlich allein die Möglichkeit, dass diese Berufstätigkeit später teilweise auch im Ausland ausgeübt werden könnte, noch keinen solchen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Ausgaben für die Berufsausbildung und den später tatsächlich erzielten steuerfreien Auslandseinkünften. In solchen Fällen fehlt es noch an einer erkennbaren und abgrenzbaren Beziehung zwischen den Aufwendungen und den künftigen Einnahmen. Denn die Aufwendungen stehen nach ihrer Entstehung und Zweckbestimmung mit den steuerfreien Einnahmen insbesondere nicht in einem solchen unlösbaren Zusammenhang, dass sie ohne diese nicht angefallen wären. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die betreffenden Aufwendungen ganz allgemein zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation getätigt werden, und nicht um eine bestimmte berufliche Tätigkeit im Ausland ausüben zu können.
    Da nach Aktenlage und nach dem Sachvortrag der Beteiligten auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Klägerin beabsichtigt, die aufgrund des Forschungsstipendiums erlangten Qualifikationen nur im Ausland auszuüben und dort zur Einnahmeerzielung einzusetzen, kann auch § 3 c Abs. 1 EStG im Streitfall der Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen nicht entgegenstehen.
    e) Vor diesem Hintergrund kann letztlich auch dahinstehen, ob das in Kanada gewährte Stipendium aufgrund seines Charakters als Unterhaltszuschuss bereits als nicht steuerbar – da es keiner Einkunftsart zugeordnet werden kann, oder nach § 3 Nr. 44 EStG als lediglich steuerfrei oder aufgrund der fehlenden inländischen persönlichen Steuerpflicht der Klägerin während ihres Aufenthalts in Kanada als nicht dem deutschem Steuerzugriff unterliegend anzusehen ist.
    f) Neben den Aufwendungen für die Teilnahme am Kongress in F und für die Reise nach Kanada sind auch die Aufwendungen für die Einlagerung der Möbel für die Zeitdauer der dreijährigen Abwesenheit der Klägerin in Kanada zu berücksichtigen. Denn da der Aufenthalt der Klägerin in Kanada insgesamt in einem konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit der angestrebten Hochschullehrertätigkeit der Klägerin in Deutschland steht, sind auch diese durch die Abwesenheit der Klägerin bedingten Kosten zu berücksichtigen.
    II. Soweit die Klägerin nachträglich im Klageverfahren geltend gemacht hat, ihre Zahlung in Höhe von 38.000 EUR vom 30.09.2008 sei in erster Linie auf die zu erwartende Kirchensteuer für 2007 erbracht worden, sodass mithin im Streitjahr 2008 die zu berücksichtigenden Sonderausgaben um den Betrag in Höhe von 6.951,12 EUR zu erhöhen seien, so ist die Klage hingegen nicht begründet.
    1. Nach § 225 Abs. 1 AO wird bei einer freiwilligen Zahlung des Steuerpflichtigen, soweit er mehrere Beträge schuldet und die freiwillige Zahlung nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden ausreicht, diejenige Schuld getilgt, die der Steuerpflichtige bei der Zahlung bestimmt.
    Trifft der Steuerpflichtige keine Bestimmung, so werden gemäß § 225 Abs. 2 AO mit einer freiwilligen Zahlung, die nicht sämtliche Schulden deckt, zunächst die Geldbußen, sodann nacheinander die Zwangsgelder, die Steuerabzugsbeträge, die übrigen Steuern, die Kosten, die Verspätungszuschläge, die Zinsen und die Säumniszuschläge getilgt. Innerhalb dieser Reihenfolge sind die einzelnen Schulden nach ihrer Fälligkeit zu ordnen; bei gleichzeitig fällig gewordenen Beträgen und bei den Säumniszuschlägen bestimmt die Finanzbehörde die Reihenfolge der Tilgung.
    Die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts des Steuerpflichtigen kann in jeder Form erfolgen, also schriftlich, mündlich und auch konkludent getroffen werden. Sie muss allerdings hinreichend bestimmt sein. Die Ausübung des Bestimmungsrechts erfolgt durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Bestimmung muss grundsätzlich bei der Leistung (Zahlung) getroffen werden. Der Steuerpflichtige kann aber bereits vor der Zahlung die zu bestimmende Schuld benennen. Wie aus dem Wortlaut des § 225 Abs. 1 AO hervorgeht, muss sich der Steuerpflichtige spätestens im Zeitpunkt der Leistung die nachträgliche Ausübung seines Bestimmungsrechts vorbehalten haben. Eine der Zahlung unmittelbar nachfolgende Bestimmung genügt nicht. Eine „Akontozahlung” wird in der Regel als Vorbehalt einer solchen nachträglichen Bestimmung auszulegen sein. Hat sich der Steuerpflichtige die endgültige Bestimmung der Tilgungsreihenfolge vorbehalten, so erlischt die Schuld erst mit der Ausübung des Bestimmungsrechts. Allerdings muss der Steuerpflichtige von seinem Vorbehalt in angemessener Frist Gebrauch machen. Unterlässt er dies, so gilt die gesetzliche Tilgungsreihenfolge des § 225 Abs. 2 AO (vgl. zu diesen allgemeinen Grundsätzen des Tilgungsbestimmungsrechts Fritsch in Pahlke/König, Kommentar zur Abgabenordnung, 2. Auflage 2009, § 225 Rn. 3 ff.; Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung, Stand September 2007, § 225 Rn. 17 ff., Kruse in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, Stand Oktober 2008, § 225 Rn. 4 ff., alle mit weiteren Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung des BFH).
    2. Im Streitfall steht für den erkennenden Senat fest, dass die Klägerin kein Leistungsbestimmungsrecht dahingehend ausgeübt hat, dass mit ihrer Akontozahlung in Höhe von 38.000 EUR am 30.09.2008 zunächst eine Zahlung auf die Kirchensteuer für 2007 erfolgen sollte.
    a) So hat die Klägerin eine Akontozahlung auf die Veranlagung für 2007 vorgenommen. Mit diesem Hinweis hat die Klägerin eindeutig Bezug genommen auf diejenigen Steuern, die veranlagt werden. Mit dem Begriff der Veranlagung wird dasjenige Verwaltungsverfahren bezeichnet, in dem die Besteuerungsgrundlagen ermittelt und das Ergebnis dieser Bemühungen in die Steuerfestsetzung einmündet. Von den im Streitfall zur Debatte stehenden Steuern wird jedoch nach §§ 2 Abs. 7, 25 EStG nur die Einkommensteuer veranlagt, nicht hingegen die Kirchensteuer oder der Solidaritätszuschlag. Bei den beiden zuletzt genannten Abgaben handelt es sich um Zuschlagssteuern, die in einem bestimmten Prozentsatz der Einkommensteuer festgesetzt werden.
    Selbst wenn sich die Klägerin als steuerlicher Laie insoweit unpräzise ausgedrückt haben sollte, so vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Klägerin in wirksamer und eindeutiger Art und Weise ihr Leistungsbestimmungsrecht im Hinblick auf die Bezahlung der Kirchensteuer aus 2007 zum Ausdruck gebracht hat.
    Zumindest ist die von der Klägerin zum Ausdruck gebrachte Leistungsbestimmung, sofern sie tatsächlich als Zahlung auf die Kirchensteuer gewollt und gemeint gewesen ist, nicht hinreichend bestimmt genug artikuliert worden. Der Hinweis auf die Veranlagung 2007 lässt nämlich gerade die Deutung zu, dass damit nur die Einkommensteuer als Veranlagungssteuer gemeint gewesen ist und nur nachrangig der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer.
    Aus dem Umstand, dass der Beklagte die Vorabzahlung der Klägerin zunächst als Sammelzahlung bezeichnet hat, lässt sich nichts zugunsten der Klägerin herleiten. Zum einen stellt dies eine übliche Verfahrensweise der Finanzämter in Fällen der Vorabzahlung dar, wenn also die betreffende Zahlung mangels Vorliegens einer festgesetzten Steuerschuld gar nicht einer konkreten „Sollstellung” zugeordnet werden kann. Zum anderen zeigt auch dieser Umstand, dass es dem Beklagten aufgrund der von der Klägerin gewählten Bezeichnung des Verwendungszwecks zunächst nicht klar gewesen ist, auf welche Abgabenverpflichtungen diese eigentlich zahlen wollte. Auch diese Tatsache zeigt vielmehr, dass sich die Klägerin insoweit nicht hinreichend bestimmt ausgedrückt hat.
    Hätte die Klägerin insoweit Missverständnisse und Mehrdeutigkeit vermeiden wollen, so hätte sie im Rahmen der Angabe des Verwendungszwecks der Zahlung eine Rangfolge vermerken müssen, also die Kirchensteuer als ersten Zahlungsgrund und die Einkommensteuer als nachrangigen Tilgungszweck angeben müssen.
    Dem Senat sind auch weder nach Aktenlage noch nach dem Sachvortrag der Beteiligten sonstige Umstände erkennbar, anhand derer der Beklagte zumindest im Wege der Auslegung hätte feststellen können, dass die Zahlung der Klägerin primär auf die Erfüllung der Kirchensteuerverbindlichkeit gerichtet gewesen ist.
    b) Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass sich die Klägerin durch den Vermerk einer „Akontozahlung” die Ausübung ihres Leistungsbestimmungsrechts vorbehalten hat, so hätte von diesem Vorbehalt jedoch innerhalb angemessener Zeit Gebrauch gemacht werden müssen, d.h. die Klägerin hätte innerhalb angemessener Zeit die endgültige Leistungsbestimmung, welche Steuerarten bzw. welche Abgabenverpflichtung durch die betreffende Zahlung getilgt werden soll, zum Ausdruck bringen müssen. Die rechtzeitige Ausübung des Vorbehalts und damit des Tilgungsbestimmungsrechts durch die Klägerin ist jedoch im Streitfall gerade nicht feststellbar.
    Aus dem Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 11.03.2009 war der Klägerin nämlich mit aller Deutlichkeit ersichtlich, dass die von ihr vorgenommene freiwillige Zahlung vom 30.09.2008 in Höhe von 38.000 EUR nicht auf die Kirchensteuer für 2007 verbucht worden ist. Denn dort wurde Kirchensteuer in Höhe von 6.951,12 EUR fällig gestellt. Bereits von daher ist nicht erkennbar, warum die Klägerin erst durch die Ablehnung des Beklagten vom 13.01.2011 darüber in Kenntnis gesetzt worden sein will, dass die Verbuchung der 38.000 EUR allein auf Einkommensteuerverbindlichkeit erfolgt ist.
    c) Nimmt man dann noch hinzu, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 vom 26.12.2009 lediglich Kirchensteuerzahlungen in Höhe von 1.391 EUR resultierend aus Kirchen- und Lohnsteuer für 2008 und Kirchensteuernachzahlungen für 2004 und 2006 als Sonderausgaben geltend gemacht hat und gerade nicht den Betrag in Höhe von 6.951,12 EUR, so wird auch hieraus erkennbar, dass die Klägerin selbst jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt nicht davon ausgegangen ist, dass sie im September 2008 im Rahmen der Vorabzahlung auch Zahlungen auf ihre Kirchensteuerverpflichtung aus dem Jahre 2007 erbracht hat.
    Andernfalls hätte sie bereits im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 vom Dezember 2009 die entsprechende vermeintliche Kirchensteuerzahlung in Höhe von 6.951,12 EUR aus dem September 2008 geltend gemacht.
    Vor dem Hintergrund dieser Gesamtumstände steht daher zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin nicht in wirksamer Art und Weise ihr an sich grundsätzlich zustehendes Leistungsbestimmungsrecht im Rahmen einer freiwilligen Zahlung an die Finanzverwaltung gemäß § 225 Abs. 1 AO im September 2008 dahingehend ausgeübt hat, dass sie mit ihrer Zahlung zunächst einmal allein die Kirchensteuer zu tilgen beabsichtigte. Die Gesamtumstände deuten vielmehr in erheblichem Maße darauf hin, dass der Klägerin erst nachträglich bewusst geworden ist, welche finanziellen Folgen es für sie hat, wenn ihre Vorabzahlung nicht als auf die Kirchensteuerschuld geleistet angesehen werden kann.
    d) Daher war der Beklagte nach § 225 Abs. 2 Satz 2 AO bei den gleichzeitig fällig werdenden Abgabenverpflichtungen in Gestalt der Einkommen- und Kirchensteuer sowie des Solidaritätszuschlags berechtigt, die Tilgungsreihenfolge zu bestimmen. Dass er das ihm dabei zustehende weite Ermessen verletzt hat, ist weder nach Aktenlage noch nach dem Sachvortrag der Beteiligten erkennbar. Dies um so weniger als die Einkommensteuerschuld nach §§ 233 ff. AO der Verzinsung unterliegt, die Kirchensteuer nach § 8 Abs. 2 KiStG NW hingegen nicht.
    III. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist daher dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 2.554 EUR Berücksichtigung finden. Damit vermindert sich das zu versteuernde Einkommen in dieser Höhe, die Steuer ist entsprechend herabzusetzen und der Einkommensteuerbescheid 2008 dementsprechend zu ändern.
    IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
    V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

    VorschriftenEStG § 3c, EStG § 9 Abs 1 Satz 1

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