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  • · Fachbeitrag · Steueranrechnung

    Ambulante Pflege durch nicht qualifizierte Pflegekräfte: So beteiligen Sie den Fiskus

    | Steuerzahler, die sich zu Hause pflegen lassen, können Aufwendungen auch dann als außergewöhnliche Belastung abziehen, wenn die Pflege von einer Person erledigt wird, die über keine entsprechende Qualifikation verfügt. Das hat das FG Baden-Württemberg klargestellt. SSP zeigt Ihnen, wie Sie die abziehbaren Lohnkosten berechnen und in welcher Höhe Sie bei der ambulanten Pflege zusätzlich noch eine Steueranrechnung nach § 35a EStG beantragen können. |

    Der praktische Fall

    Dem FG Baden-Württemberg lag folgender Fall zur Entscheidung vor:

     

    • Beispiel

    Hans Müller ist pflegebedürftig. Er engagiert für die Pflege zu Hause eine Polin, der er für 40 Stunden in der Woche insgesamt 20.000 Euro im Jahr zahlt. Die Pflegekasse zahlt 5.496 Euro dazu. Ein Gutachten des Medizinischen Dienstes ergibt, dass folgende Pflegezeiten pro Tag notwendig sind: Grundpflege: 180 Minuten; hauswirtschaftliche Versorgung: 60 Minuten; jeweils pro Woche. Die zumutbare (Eigen)-Belastung beträgt 2.600 Euro.

     

    Abzugstatbestand 1: Außergewöhnliche Belastung

    Obwohl die Polin keine qualifizierte Pflegefachkraft ist, hat das FG den Abzug einer außergewöhnlichen Belastung zugelassen. Es hat aber nur den Anteil der Lohnkosten anerkannt, der fachlich notwendig ist (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2016, Az. 5 K 2714/15, Abruf-Nr. 188514). Dieser ermittelt sich wie folgt:

    Notwendiger Zeitaufwand

    Tatsächlicher Zeitaufwand

    Prozentuales Verhältnis

    Grundpflege

    21 Stunden (180 Minuten x 7 Tage)

    40 Stunden

    52,5 %

    Hauswirtschaft-liche Verpflegung

    7 Stunden(60 Minuten x 7 Tage)

    40 Stunden

    17,5 %

    Gesamt

    70 %

     

    Folge: Von den 20.000 Euro sind im ersten Schritt nur 14.000 Euro steuerlich zu berücksichtigen (20.000 Euro x 70 %). Davon sind noch die von der Pflegekasse geleisteten Zahlungen sowie die zumutbare (Eigen-)Belastung abzuziehen. Steuermindernd wirkt sich nur der verbleibende Differenzbetrag aus.

     

    Als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig ist folgender Betrag:

     

    • Ermittlung der außergewöhnlichen Belastung

    1

    Pflegeleistungen (70 % von 20.000 Euro)

    14.000 Euro

    2

    ./.

    Pflegegeld

    5.496 Euro

    3

    ./.

    Zumutbare (Eigen-)Belastung

    2.600 Euro

    4

    =

    Abziehbare außergewöhnliche Belastung

    5.904 Euro

     

    Abzugstatbestand 2: Steueranrechnung nach § 35a EStG

    Neben der außergewöhnlichen Belastung kann Herr Müller eine Steueranrechnung nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen geltend machen. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage gelten drei Grundsätze:

     

    • Zumutbare (Eigen-)Belastung: Eine Steueranrechnung in Höhe der zumutbaren Belastung ist zulässig (BMF, Schreiben vom 10.01.2014, Az. IV C 4 - S 2296-b/07/0003:004, Abruf-Nr. 140388).

     

    • Pflegegeld: Das Pflegegeld nach § 37 SGB XI (= Pflegegeld für selbst beschafften Pflegedienst) und das Pflegetagegeld, das bei der Bemessungsgrundlage für die außergewöhnliche Belastung abgezogen wurde, wird in die Bemessungsgrundlage für die Steueranrechnung wieder einbezogen (Leitfaden Pflege- und Heimkosten vom Bayerischen Landesamt für Steuern [BayLfSt], Tz. 1.4.7 und Beispiel in Tz. 1.4.9; Abruf-Nr. 187942).

     

    • 30-prozentiger Kürzungsbetrag: Dass der 30-Prozent-Abschlag, der auf der fehlenden Qualifikation der Pflegekraft beruht, die Bemessungsgrundlage für die Steueranrechnung als haushaltsnahe Dienstleistung erhöht, steht zwar nicht explizit in den Ausführungen der Finanzverwaltung. Es ist nach Auffassung von SSP aber konsequent. Denn für die Steueranrechnung sollen alle Beträge herangezogen werden, die sich nicht als außergewöhnliche Belastung ausgewirkt haben.

     

    30 % der nichtabziehbaren Pflegeleistungen, weil die Pflegekraft nicht qualifiziert war (siehe oben Zeile 1)

    6.000 Euro

    +

    Pflegegeld aus Zeile 2 oben (BMF, Schreiben vom 10.01.2014, Az. IV C 4 - S 2296-b/07/0003:004, Abruf-Nr. 140388, Tz. 32; Leitfaden vom BayLfSt, Abruf-Nr. 187942)

    5.496 Euro

    +

    Zumutbare (Eigen-)Belastung (siehe oben Zeile 3)

    2.600 Euro

    =

    Gesamt

    14.096 Euro

    Steueranrechnung (14.096 Euro x 20 %)

    2.819 Euro

     

     

    FAZIT | Herr Müller hat eigene Aufwendungen in Höhe von 20.000 Euro. 2.819 Euro davon kann er direkt von seiner Steuerlast abziehen (Steueranrechnung nach § 35a EStG). Um weitere 5.904 Euro mindern die außergewöhnliche Belastungen das zu versteuernde Einkommen. Bei einem angenommenen Steuersatz von 25 Prozent ergibt das eine Steuerminderung um 1.476 Euro.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2016 | Seite 18 | ID 44382102

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