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  • · Nachricht · Editorial September 2022

    Pflichten der Stiftungsorgane

    | Die Frage, wann ein Stiftungsorganmitglied wegen schuldhafter Pflichtverletzung haftet, ist ein wichtiges Thema. Ab dem 01.07.2023 gilt die im neuen § 84a Abs. 2 BGB n. F. festgehaltene Regelung, die wir als „Business-Judgement Rule“ aus dem Aktienrecht kennen. Die Regelung lautet: „Das Mitglied eines Organs hat bei der Führung der Geschäfte der Stiftung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Mitglied des Organs bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln.“ |

     

    Die Vorschrift haben wir an anderer Stelle näher kommentiert (Schiffer/Pruns/Schürmann, Die Reform des Stiftungsrechts, 2022, 113 ff.). Ich will hier dennoch einige praktische Hinweise geben:

     

    • Die Gesetzesbegründung spricht davon, dass die Vorschrift die Pflichten der Stiftungsorgane bei der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben konkretisiert, weil zahlreiche Geschäftsführungsaufgaben zukunftsgerichtet sind und Prognosen hinsichtlich künftiger Entwicklungen erfordern. Genannt sind Entscheidungen über die Anlage des Stiftungsvermögens.
    • Die Organmitglieder, insbesondere Mitglieder von Vorstand und (fakultativem) Stiftungsrat, haben möglichst gut dokumentierte, sorgfältige Entscheidungen zu treffen, und das auf Basis angemessener Informationen. In der konkreten Entscheidungssituation sind alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art auszuschöpfen, auf deren Basis die aktuellen Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abzuschätzen sind; dabei ist den erkennbaren Risiken Rechnung zu tragen.
    • Es ist „zum Wohle der Stiftung“ zu handeln. Nach dem Gesetz (§ 80 Abs. 2 BGB a. F. und § 80 Abs. 1 BGB n. F.) soll die Stiftung nachhaltig ihren Zweck erfüllen. Ihr das zu ermöglichen, dient mithin ihrem Wohl. Entsprechend heißt es in § 80 Abs. 1 BGB n. F. ausdrücklich: „Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete mitgliederlose juristische Person.“ Es geht mithin um mehr als das Beispiel in der Gesetzesbegründung zur Vermögensanlage der Stiftung. Das Vermögen und dessen Erhaltung dienen der Zweckerfüllung der Stiftung. Der Zweck der Stiftung und dessen Erfüllung sind wesentlicher Maßstab für die Tätigkeit der Stiftungsorgane. Eine sich nur selbst erhaltende Selbstzweckstiftung ist nicht der Maßstab, soweit es eine solche denn in der Praxis überhaupt geben mag.

     

    Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den Entscheidungen, die zu § 93 AktG ergangen sind. Rechtsprechung zum Stiftungsrecht müssen wir abwarten.

     

    Viel Spaß bei der Lektüre!

     

    Ihr

    Dr. K. Jan Schiffer | Rechtsanwalt

    Quelle: ID 49328052