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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Neues zur Umsatzsteuer beim betreuten Wohnen

    von RAin Gabriele Ritter, FAin für Steuer- und Sozialrecht, Ritter&Partner mbB, Rechtsanwälte und Steuerberater, Wittlich

    | Mit Urteil vom 21.1.16 (C-335/14, les jardins de jouvence) entschied der EuGH über die Steuerbefreiung für eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen zu einem Fall in Belgien. Zu prüfen war, ob eine private Einrichtung des betreuten Wohnens als eine „andere Einrichtung mit sozialem Charakter“ anzuerkennen war. Dies hätte zur Folge, dass die von ihr in dieser Eigenschaft erbrachten Leistungen als umsatzsteuerfrei zu behandeln sind. Der EuGH bejaht dies im Grundsatz. |

    1. Einrichtung des betreuten Wohnens steuerbefreit?

    In dem Vorabentscheidungsersuchen aus Belgien ging es um die Auslegung des heutigen Art. 132 Abs. 1g MwStSystRL. Danach sind von der Umsatzsteuer befreit die eng mit der Sozialhilfe verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen.

     

    • Der Fall des EuGH

    Die Klägerin betreibt eine private „Einrichtung für betreutes Wohnen“ für Senioren i. S. d. belgischen Rechts. Diese ist definiert als „eine Einrichtung zur Beherbergung von Senioren im Alter von mindestens sechzig Jahren, die dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und gemeinschaftliche Leistungen der Familien- und Haushaltsfürsorge, Hilfe im Alltagsleben und gegebenenfalls Krankenpflege oder sonstige Leistungen des Gesundheitswesens“ in Anspruch nehmen. Sie bedarf einer behördlichen Zulassung und ist an festgelegte Preise unter Aufsicht des Wirtschaftsministeriums gebunden.

     

    Die Klägerin stellt in ihrer Einrichtung Wohnungen für ein oder zwei Personen zur Verfügung. Darüber hinaus bietet sie den Mietern verschiedene Leistungen entgeltlich an, die nicht auf die Bewohner der Einrichtung beschränkt sind (Restaurant mit Bar, Friseur- und Schönheitssalon, Physiotherapieraum, Ergotherapie, Wäscherei, Ambulanz und Blutabnahmedienst und Arztpraxis). Die Klägerin erhält keine öffentlichen Mittel und ihre Bewohner nehmen keine öffentliche Förderung oder Kostenbeteiligung in Anspruch.

     

    Die belgische Steuerverwaltung behandelte die Klägerin als anerkannte Einrichtung und alle von der Einrichtung für betreutes Wohnen erbrachten Umsätze als steuerbefreit und versagte den Vorsteuerabzug der auf den Bau der Einrichtung entfallenen Vorsteuern. Die Klägerin vertrat die Auffassung, ihre Leistungen seien steuerpflichtig.