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  • · Fachbeitrag · Stiftungsmanagement

    Covid-19-Versammlungsverbot: Erleichterte Beschlussfassung auch des Stiftungsvorstands?

    von RA Berthold Theuffel-Werhahn, FAStR/FAHGR, Leiter des Bereichs Stiftungsberatung (bundesweit), PricewaterhouseCoopers GmbH, Kassel

    | Gelten die mit dem „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ (Covid-19-Folgenabmilderungsgesetz, Abruf-Nr. 216480 ) geschaffenen Erleichterungen in § 5 Abs. 2 und Abs. 3 bei Stiftungen? Bundesweit scheinen die Meinungen auseinander zu gehen. Ein Beispiel liefert aktuell Bayern: Hier vertreten die zuständigen Landesministerien diametral entgegenstehende Ansichten. |

    Ansichten der Landesministerien in Bayern

    Der StiftungsBrief wollte vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz (StMJ) und vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (StMI) wissen, ob § 5 Abs. 2 und Abs. 3 bei Stiftungen gilt.

     

    • Antwort des StMJ
    • Bei dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht handelt es sich um ein Bundesgesetz. Dieses gilt nicht nur in Bayern, sondern in allen Ländern gleichermaßen.
    • In § 5 des o. g. Gesetzes hat der Bundesgesetzgeber Vereinen und Stiftungen Regelungen an die Hand gegeben, die die Handlungsfähigkeit in Zeiten der Corona-Pandemie sichern sollen, wenn die Organe der Vereine oder Stiftungen nicht persönlich zusammenkommen können, um notwendige Beschlüsse zu fassen. In § 5 Abs. 2 und 3 sind Stiftungen nicht ausdrücklich genannt. Das hat den Hintergrund, dass Stiftungen keine Mitglieder haben. Besondere Regelungen zur Beschlussfassung durch die Mitglieder sind deshalb nicht erforderlich.
    • Allerdings ist bei Stiftungsvorständen fraglich, ob eine Beschlussfassung in einer virtuellen Sitzung möglich ist:
      • Bei vielen Stiftungen enthalten die Satzungen bereits ausdrückliche Regelungen, die eine Beschlussfassung des Vorstandes auch außerhalb einer Präsenzsitzung zulassen. Darüber hinaus kann ein Vorstand auch ohne Versammlung einen Beschluss fassen, wenn alle Vorstandsmitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären (§§ 86, 28 BGB in Verbindung mit § 32 Absatz 2 BGB). Auch Beschlussfassungen im Rahmen einer Telefon- oder Videokonferenz sowie einer virtuellen Vorstandssitzung sind möglich, sofern alle Mitglieder einverstanden sind.
      • Nur in den übrigen Fällen stellt sich die Frage, ob § 5 Abs. 2 und 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht auch für Beschlussfassungen des Stiftungsvorstandes gelten. Dies ist vom reinen Gesetzeswortlaut nicht ganz klar.
    • Deshalb hat sich das Bayerische Staatsministerium der Justiz bereits an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) gewandt und dieses um eine Einschätzung zur Auslegung der neuen Norm gebeten. Die rechtliche Einschätzung des BMJV deckt sich mit der des bayerischen Justizministeriums:
      • § 5 Abs. 2 und 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht sind befristete Sonderregelungen für die Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung. Dadurch soll den Vereinsmitgliedern, die wegen der derzeit bestehenden Versammlungsverbote nicht zu Mitgliederversammlungen zusammenkommen können, eine Beschlussfassung praktikabel ermöglicht werden.
      • Auch Vorstandsmitglieder können aus denselben Gründen daran gehindert sein, an einem gemeinsamen Versammlungsort zur Beschlussfassung zusammenzukommen. Die Sonderregelungen in § 5 Abs. 2 und 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht sind deshalb auch auf die Beschlussfassung des Vorstands anzuwenden. Jedenfalls kommt eine entsprechende Anwendung der Norm in Betracht, da dies dem Sinn und Zweck der Norm entspricht.

    Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat sich gegenüber dem BMJV für eine gesetzliche Klarstellung eingesetzt, um Vereine und Stiftungen bei ihrer wertvollen Arbeit für die Gesellschaft gerade in diesen Zeiten bestmöglich zu unterstützen. Vereine und Stiftungen dürfen in diesen Zeiten bei der Rechtsauslegung, die im Streitfall letztlich von den entscheidenden Gerichten vorzunehmen ist, nicht im Ungewissen gelassen werden.