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  • 16.04.2008 · IWW-Abrufnummer 081187

    Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 08.05.2003 – C-269/00

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)

    8. Mai 2003(1)

    „Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und Artikel 13 Teil B Buchstabe b - Verwendung einer Wohnung in einem insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Gebäude für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen - Keine Gleichstellung einer solchen Verwendung mit der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken“

    In der Rechtssache C-269/00

    betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom deutschen Bundesfinanzhof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

    Wolfgang Seeling

    gegen

    Finanzamt Starnberg

    vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a, Artikel 13 Teil B Buchstabe b und Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Wathelet sowie der Richter C. W. A. Timmermans, D. A. O. Edward, P. Jann und S. von Bahr (Berichterstatter),

    Generalanwalt: F. G. Jacobs,

    Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat,

    unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

    - von Herrn Seeling, vertreten durch Steuerberater H. G. Zaisch,
    - der deutschen Regierung, vertreten durch W.-D. Plessing und T. Jürgensen als Bevollmächtigte,
    - der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und K. Gross als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Böhlke,

    aufgrund des Sitzungsberichts,

    nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Herrn Seeling, vertreten durch H. G. Zaisch, der deutschen Regierung, vertreten durch B. Muttelsee-Schön als Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch K. Gross im Beistand von A. Böhlke, in der Sitzung vom 7. Februar 2002,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Mai 2002

    folgendes

    Urteil

    Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 25. Mai 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juli 2000, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a, Artikel 13 Teil B Buchstabe b und Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

    Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Seeling und dem Finanzamt Starnberg (im Folgenden: Finanzamt) über das Recht von Herrn Seeling, die Mehrwertsteuer vollständig als Vorsteuer abzuziehen, die im Zusammenhang mit der Herstellung eines von ihm insgesamt seinem Unternehmen zugeordneten Gebäudes angefallen ist, von dem er einen Teil für private Zwecke nutzt.

    Rechtlicher Rahmen

    Gemeinschaftsregelung

    Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie unterwirft „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“, der Mehrwertsteuer.

    Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie stellt einer Dienstleistung gegen Entgelt gleich „die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat“.

    Nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie ist die Besteuerungsgrundlage „bei den in Artikel 6 Absatz 2 genannten Umsätzen der Betrag der Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung der Dienstleistung“.

    Nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b Absatz 1 der Sechsten Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer:

    „die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme

    1. der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe entsprechend den gesetzlichen Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf als Campingplätze erschlossenen Grundstücken,

    2. der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen,

    3. der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen,

    4. der Vermietung von Schließfächern.“

    Artikel 13 Teil C der Sechsten Richtlinie bestimmt:

    „Die Mitgliedstaaten können ihren Steuerpflichtigen das Recht einräumen, für eine Besteuerung zu optieren:

    a) bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken;

    b) ...

    Die Mitgliedstaaten können den Umfang des Optionsrechts einschränken; sie bestimmen die Modalitäten seiner Ausübung.“

    Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie sieht vor:

    „Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

    a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden.“

    Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie, der die Berichtigung der Vorsteuerabzüge betrifft, lautet in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung:

    „Für Investitionsgüter wird eine Berichtigung vorgenommen, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren einschließlich des Jahres, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden, erstreckt. Die jährliche Berichtigung betrifft nur ein Fünftel der Steuer, mit der diese Güter belastet waren. Die Berichtigung erfolgt unter Berücksichtigung der Änderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden.

    Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten für die Berichtigung einen Zeitraum von fünf vollen Jahren festlegen, der mit der erstmaligen Verwendung der Güter beginnt.

    Bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden, kann der Zeitraum für die Berichtigung bis auf 20 Jahre verlängert werden.“

    Nationale Rechtsvorschriften

    Aus § l Absatz l Nummer 2 Satz 2 Buchstabe b des Umsatzsteuergesetzes (BGBl. 1993 I S. 565) in der im Streitjahr 1995 geltenden Fassung (im Folgenden: UStG) ergibt sich, dass der Eigenverbrauch der Umsatzsteuer unterliegt. Eigenverbrauch liegt vor, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens Leistungen, die keine Lieferungen sind, für Zwecke ausführt, die außerhalb des Unternehmens liegen.

    Nach § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG sind die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken steuerfrei.

    Nach § 9 Absatz 1 UStG kann der Unternehmer einen Umsatz, der nach § 4 Nummer 12 UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Nach § 9 Absatz 2 UStG ist der Verzicht auf diese Steuerbefreiung nur zulässig, wenn der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

    § 15 Absatz 2 Nummer 1 UStG schließt Lieferungen und Dienstleistungen, die zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet werden, vom Vorsteuerabzug aus.

    Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks für unternehmensfremde Zwecke dann steuerfrei ist und gemäß § 15 Absatz 2 Nummer l UStG den Vorsteuerabzug ausschließt, wenn im Falle entgeltlicher Überlassung an einen Dritten eine Grundstücksvermietung im Sinne von § 4 Nummer 12 Satz l Buchstabe a UStG gegeben wäre. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG ist danach beim Eigenverbrauch nicht zulässig, weil diese Vorschrift einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen voraussetzt.

    Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

    Herr Seeling ist Inhaber eines Baumpflege- und Gartenbaubetriebs, der der Regelbesteuerung unterliegt. Im Jahr 1995 errichtete er ein Gebäude, das er insgesamt seinem Unternehmen zuordnete und seit Fertigstellung teilweise unternehmerisch und teilweise für eigene Wohnzwecke nutzt.

    In seiner Umsatzsteuererklärung für 1995 beantragte Herr Seeling den vollen Abzug der im Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes angefallenen Mehrwertsteuer als Vorsteuer. Im Hinblick auf die private Nutzung einer Wohnung im Gebäude erklärte er steuerpflichtigen Eigenverbrauch.

    Das Finanzamt beurteilte dagegen die private Nutzung eines Teils des Gebäudes als steuerfreien Eigenverbrauch und versagte insoweit den Vorsteuerabzug.

    Das deutsche Finanzgericht bestätigte die Entscheidung des Finanzamts und wies die bei ihm erhobene Klage von Herrn Seeling ab.

    Herr Seeling legte gegen diese Entscheidung Revision an den Bundesfinanzhof ein. Er macht geltend, aus dem Gemeinschaftsrecht ergebe sich, dass die Nutzung eines Teils des Gebäudes für private Zwecke steuerpflichtig und der Abzug der auf diesen Teil des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge daher nicht ausgeschlossen sei.

    Der Bundesgerichtshof weist zunächst darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteil vom 16. Oktober 1997 in der Rechtssache C-258/95, Fillibeck, Slg. 1997, I-5577, Randnr. 25) Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie bezwecke, die Gleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigem und Endverbraucher sicherzustellen, und fragt sich sodann, wie weit diese Gleichstellung reicht. Fraglich sei insbesondere, ob die teilweise Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen wie eine steuerfreie „Vermietung“ oder „Verpachtung von Grundstücken“ im Sinne von Art. 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie angesehen werden könne. Diese Frage sei durch das Urteil vom 4. Oktober 1995 in der Rechtssache C-291/92 (Armbrecht, Slg. 1995, I-2775) noch nicht abschließend geklärt.

    Unter diesen Umständen hat der Bundesfinanzhof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Darf ein Mitgliedstaat die nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellte Verwendung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken in einem insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäude als steuerfrei (gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Richtlinie 77/388/EWG, aber ohne Möglichkeit, auf die Steuerbefreiung zu verzichten) behandeln mit der Folge, dass der Abzug der im Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes angefallenen Mehrwertsteuer als Vorsteuer insoweit gemäß Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen ist?

    Zur Vorlagefrage

    Die Frage des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob die Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie so auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, wonach die Verwendung eines Teils eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäudes für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen als eine - als Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe b - steuerfreie Dienstleistung behandelt wird.

    Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen

    Herr Seeling macht geltend, dass Gleichstellung nach Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie nicht bedeute, dass der Steuerpflichtige einem Mieter oder Pächter gleichgestellt werden solle.

    Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie solle nur verhindern, dass ein für den Betriebsgegenstand in Anspruch genommener Vorsteuerabzug dem Steuerpflichtigen endgültig erhalten bleibe. Zur Bemessungsgrundlage eines Umsatzes im Sinne dieser Bestimmung gehörten nur die mit Vorsteuer belasteten Kosten (vgl. Urteil Armbrecht). Der Vorsteuerabzug solle nicht verhindert, sondern lediglich ausgeglichen oder, anders gesagt, neutralisiert werden.

    Die Steuerneutralität der privaten Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands sei nur zu erreichen, wenn der Vorsteuerabzug zunächst in voller Höhe gewährt werde und dann die private Verwendung während der gesamten Nutzungsdauer gemäß Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie besteuert werde.

    Die deutsche Regierung vertritt die Ansicht, der Anwendungsbereich von Artikel 13 der Sechsten Richtlinie werde durch Artikel 6 Absatz 2 dieser Richtlinie ausgeweitet. Die Gleichstellung nach Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie habe nämlich zur Folge, dass grundsätzlich alle Vorschriften, die in der Sechsten Richtlinie für Dienstleistungen gälten, auch auf die gleichgestellten Sachverhalte Anwendung fänden.

    Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für eine Gleichstellung nach Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie erfüllt. Der Steuerpflichtige habe das Gebäude insgesamt seinem Unternehmensvermögen zugeordnet, wobei er es teilweise für seinen privaten Bedarf zu Wohnzwecken nutze. Dieser Gegenstand habe außerdem anteilig zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt, nämlich soweit der unternehmerisch genutzte Teil des Grundstücks betroffen sei.

    Die Gleichstellung habe zur Folge, dass Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie als sachnächste Bestimmung anwendbar sei. Da die private Nutzung eines Unternehmensteils nach Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie einer Dienstleistung gleichgestellt sei und diese Nutzung unter dem Aspekt des Letztverbrauchs einer Vermietung sachlich am nächsten komme, sei der Steuerbefreiungstatbestand nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie einschlägig.

    Für die Anwendung des Artikels 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie im Fall einer privaten Eigennutzung sprächen auch Sinn und Zweck des Artikels 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie, die darin bestünden, zu vermeiden, dass ein zu privaten Zwecken verwendeter Betriebsgegenstand der Besteuerung entzogen werde (vgl. Urteil vom 27. Juni 1989 in der Rechtssache 50/88, Kühne, Slg. 1989, 1925, Randnr. 8). Unter dem Aspekt des Letztverbrauchs mache es keinen Unterschied, ob der Unternehmer die Wohnung vermiete oder selbst nutze. Daher sei es vorliegend sachgemäß, beide Fälle steuerlich gleichzubehandeln.

    Diese Lösung zur Anwendung des Artikels 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie sei auch nach dem Grundsatz der Steuerneutralität geboten, wie sich aus den Randnummern 9 und 17 des Urteils Kühne ergebe.

    Sollte in den auf den Erwerb des Gebäudes folgenden Jahren eine geringere Privatnutzung des Gebäudes betrieben werden, könnte während des zehnjährigen Berichtigungszeitraums im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie ein nachträglicher zeitanteiliger Vorsteuerabzug geltend gemacht werden.

    Wäre dagegen eine Privatnutzung steuerpflichtig - womit die gesamten Herstellungskosten des Gebäudes vorsteuerabzugsfähig wären -, käme es zu einem unversteuerten Letztverbrauch. Denn dann könnte beispielsweise nach Ablauf des Berichtigungszeitraums des Vorsteuerabzugs von zehn Jahren gemäß Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie das Gebäude steuerfrei an eine private Person veräußert werden, ohne dass sich an dem Vorsteuerabzug im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes nachträglich etwas geändert hätte. In diesem zweiten Fall würde ein Unternehmer somit einen Vorteil erlangen, weil eine zehnjährige Besteuerung der privaten Nutzung des Gebäudes in der Regel den Vorsteuerabzug, der im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes geltend gemacht worden sei, nur zu einem Bruchteil korrigiere. Denn nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie sei Besteuerungsgrundlage bei den nach Artikel 6 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie gleichgestellten Sachverhalten der Betrag der Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung der Dienstleistungen. Da ein Gebäude in der Regel nicht schon nach zehn Jahren abgeschrieben sei, käme es bei einer zehnjährigen Besteuerung der eigenen Nutzung im Ergebnis nicht zu einer Kompensation der anteiligen Vorsteuerbeträge durch die Summe der Abschreibungsbeträge. Ein solches Ergebnis stünde aber in Widerspruch zum Grundsatz der Steuerneutralität.

    Die Kommission führt aus, Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie sei zu entnehmen, dass der Steuerpflichtige, der einen seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstand privat verwende, so behandelt werde, als ob er sich selbst eine Dienstleistung erbringe, und zwar gegen eine Gegenleistung in Höhe des Betrages der Ausgaben für diese Dienstleistung nach Maßgabe von Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie. Die nichtunternehmerische Nutzung des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands sei also mehrwertsteuerpflichtig, wenn der betreffende Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt habe.

    Zweck dieser Bestimmung sei, hinsichtlich der nichtunternehmerischen Nutzung die Gleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigem und Endverbraucher sicherzustellen. Die Bestimmung behandele den Steuerpflichtigen insoweit, als er Betriebsgegenstände privat verwende, so, als hätte er die Gegenstände als Privatperson ohne Recht auf Abzug erworben. Der Gerichtshof habe in Randnummer 8 des Urteils Kühne entschieden, dass sich aus der Systematik der Sechsten Richtlinie ergebe, dass ihr Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a die Nichtbesteuerung eines zu privaten Zwecken verwendeten Betriebsgegenstands verhindern wolle und demgemäß die Besteuerung der privaten Nutzung eines solchen Gegenstands nur dann verlange, wenn dieser zum Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt habe, mit der er beim Erwerb belastet gewesen sei.

    Die deutsche Konstruktion des Eigenverbrauchs als Insichgeschäft der Vermietung des Steuerpflichtigen an sich selbst lasse sich weder auf Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a noch auf Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie stützen.

    Zur letztgenannten Bestimmung weist die Kommission darauf hin, dass die in Artikel 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungen eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts darstellten (vgl. u. a. Urteile vom 15. Juni 1989 in der Rechtssache 348/87, Stichting Uitvoering Financiële Acties, Slg. 1989, 1737, Randnr. 11, und vom 5. Juni 1997 in der Rechtssache C-2/95, SDC, Slg. 1997, I-3017, Randnr. 21) und eng auszulegen seien (vgl. u. a. Urteile Stichting Uitvoering Financiële Acties, Randnr. 13, vom 7. September 1999 in der Rechtssache C-216/97, Gregg, Slg. 1999, I-4947, Randnr. 12, sowie vom 12. September 2000 in der Rechtssache C-358/97, Kommission/Irland, Slg. 2000, I-6301, Randnr. 52, und in der Rechtssache C-359/97, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2000, I-6355, Randnr. 64).

    Die in Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie vorgesehene Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Besteuerung sei nur anwendbar, wenn die konkreten Merkmale eines Mietvertrags, insbesondere als Hauptelement eine Vereinbarung über die Dauer der Grundstücksnutzung, tatsächlich vorlägen (Urteile Kommission/Irland, Randnr. 56, und Kommission/Vereinigtes Königreich, Randnr. 68). Daher sei für die Einbeziehung eines fiktiven Eigengeschäfts der Vermietung des Steuerpflichtigen an sich selbst kein Raum.

    Auch Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie sei als Ausnahmebestimmung eng auszulegen. Der Bestimmung sei nicht zu entnehmen, dass die Mitgliedstaaten entgegen der eindeutigen Aussage der Vorschrift einen kraft Gleichstellung steuerbaren Sachverhalt nach ihrem Belieben in einen steuerbefreiten umfunktionieren dürften.

    Die Kommission weist schließlich darauf hin, dass der Steuerpflichtige nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes frei wählen könne, ob der privat genutzte Teil eines Gegenstands im Hinblick auf die Anwendung der Sechsten Richtlinie in sein Unternehmen integriert sein solle oder nicht. Folglich könnten Investitionsgüter, die sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke verwendet würden, gleichwohl als Gegenstände des Unternehmens behandelt werden, hinsichtlich deren die Mehrwertsteuer grundsätzlich voll abzugsfähig sei (Urteil Armbrecht, Randnr. 20).

    Würdigung durch den Gerichtshof

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass ein Steuerpflichtiger nach ständiger Rechtsprechung die Wahl hat, ob der privat genutzte Teil eines Gegenstands für die Anwendung der Sechsten Richtlinie zu seinem Unternehmen gehören soll oder nicht (Urteile Armbrecht, Randnr. 20, und vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-415/98, Bakcsi, Slg. 2001, I-1831, Randnr. 25).

    Entscheidet sich der Steuerpflichtige dafür, dass Investitionsgüter, die sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke verwendet werden, als Gegenstände des Unternehmens behandelt werden, so ist die beim Erwerb dieser Gegenstände geschuldete Vorsteuer grundsätzlich vollständig und sofort abziehbar (vgl. insbesondere Urteile vom 11. Juli 1991 in der Rechtssache C-97/90, Lennartz, Slg. 1991, I-3795, Randnr. 26, und Bakcsi, Randnr. 25).

    Nach den Artikeln 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie ist die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder für unternehmensfremde Zwecke einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt und wird auf der Grundlage des Betrages der Ausgaben für die Erbringung der Dienstleistung besteuert, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt hat (Urteile Lennartz, Randnr. 26, und Bakcsi, Randnr. 30).

    Daher ist ein Steuerpflichtiger, der sich dafür entscheidet, ein Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuzuordnen, und später einen Teil dieses Gebäudes für seinen privaten Bedarf verwendet, zum Abzug der auf die gesamten Herstellungskosten dieses Gebäudes entrichteten Vorsteuerbeträge berechtigt und dementsprechend verpflichtet, die Mehrwertsteuer auf den Betrag der Ausgaben für diese Verwendung zu zahlen.

    Was sodann Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie angeht, so hat der Gerichtshof wiederholt darauf hingewiesen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Artikel 13 der Sechsten Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt (vgl. u. a. Urteile Stichting Uitvoering Financiële Acties, Randnr. 13, und vom 20. Juni 2002 in der Rechtssache C-287/00, Kommission/Deutschland, Slg. 2002, I-5811, Randnr. 43).

    Daher kann Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie entgegen der von der deutschen Regierung vertretenen Auffassung nicht entsprechend angewandt werden.

    Außerdem sind die in Artikel 13 der Sechsten Richtlinie genannten Steuerbefreiungen nach ständiger Rechtsprechung autonome gemeinschaftsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. u. a. Urteile vom 25. Februar 1999 in der Rechtssache C-349/96, CPP, Slg. 1999, I-973, Randnr. 15, und Kommission/Deutschland, Randnr. 44).

    Daher ist festzustellen, dass der Wortlaut des Artikels 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie keinen Aufschluss über die Bedeutung der Begriffe „Vermietung“ oder „Verpachtung von Grundstücken“ gibt.

    Außerhalb der in dieser Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Fallgruppen sind die Begriffe „Vermietung“ und „Verpachtung von Grundstücken“, die, wie sich aus Randnummer 44 des vorliegenden Urteils ergibt, eine Ausnahme von dem durch die Sechste Richtlinie geschaffenen allgemeinen Mehrwertsteuersystem darstellen, aber eng auszulegen (Urteile Kommission/Irland, Randnr. 55, und Kommission/Vereinigtes Königreich, Randnr. 67).

    Die Vermietung von Grundstücken im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie besteht darin, dass der Vermieter eines Grundstücks dem Mieter gegen Zahlung des Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, seine Sache in Besitz zu nehmen und andere von ihr auszuschließen (Urteile vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-409/98, Mirror Group, Slg. 2001, I-7175, Randnr. 31, und vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-108/99, Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001, I-7257, Randnr. 21).

    Die für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen erfolgende Verwendung einer Wohnung in einem Gebäude, das der Steuerpflichtige insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet hat, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

    Bei ihr fehlt es nämlich nicht nur an der Zahlung eines Mietzinses, sondern auch an einer wirklichen Vereinbarung über die Dauer des Nutzungsrechts und über das Recht, die Wohnung in Besitz zu nehmen und andere von ihr auszuschließen.

    Daraus folgt, dass die für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen erfolgende Verwendung einer Wohnung in einem Gebäude, das der Steuerpflichtige insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet hat, nicht unter Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie fällt.

    Daran kann schließlich auch das auf den Grundsatz der Steuerneutralität und die Berichtigung der Vorsteuerabzüge nach Artikel 20 der Sechsten Richtlinie gestützte Vorbringen der deutschen Regierung nichts ändern.

    Wenn nämlich die Tatsache, dass der Steuerpflichtige ein Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und somit die für die gesamten Herstellungskosten geschuldeten Vorsteuerbeträge abziehen kann, im Fall der Besteuerung der für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen erfolgenden Verwendung einer Wohnung in diesem Gebäude - wie die deutsche Regierung vorträgt - zur Folge haben kann, dass ein Letztverbrauch nicht versteuert wird, weil bei dem in Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Berichtigungszeitraum der Vorsteuerabzug, der im Zeitpunkt der Herstellung eines Gebäudes erfolgt, nur teilweise korrigiert werden kann, so ist dies die Folge einer bewussten Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers und kann nicht dazu führen, dass eine weite Auslegung eines anderen Artikels dieser Richtlinie geboten wäre.

    Im Übrigen ist zu beachten, dass der Zeitraum für die Berichtigung bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden, seit Inkrafttreten der Richtlinie 95/7 im Mai 1995 bis auf 20 Jahre anstelle der bisherigen zehn Jahre verlängert werden kann. Aus der fünften Begründungserwägung dieser Richtlinie ergibt sich, dass mit der Einführung dieser Änderung gerade der wirtschaftlichen Lebensdauer dieser Investitionsgüter Rechnung getragen werden sollte.

    Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie so auszulegen sind, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, wonach die Verwendung eines Teils eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäudes für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen als eine - als Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe b - steuerfreie Dienstleistung behandelt wird.

    Kosten

    Die Auslagen der deutschen Regierung und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

    Aus diesen Gründen

    hat

    DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

    auf die ihm vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 25. Mai 2000 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

    Die Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind so auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, wonach die Verwendung eines Teils eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäudes für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen als eine - als Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe b - steuerfreie Dienstleistung behandelt wird.

    Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg