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  • 22.01.2025 · IWW-Abrufnummer 246032

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 27.09.2024 – 4 K 1138/24

    1. Für den schenkungsteuerbaren erstmaligen Übergang von Vermögen des Stifters auf eine von ihm errichtete Familienstiftung wird die Steuerklasse gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG allein nach dem Verwandtschaftsverhältnis des Stifters zu den (potentiellen) Berechtigten laufender Bezüge aus der Stiftung (sog. Bezugsberechtigten) ermittelt.

    2. Welche Personen bei Auflösung der Stiftung als sog. Anfallsberechtigte das dann ggf. noch vorhandene Restvermögen erhalten würden, ist bei der Bestimmung des "entferntest Berechtigten" unbeachtlich.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.09.2024, Az. 4 K 1138/24

    Tenor:

    1. Der Schenkungsteuerbescheid vom 28. Februar 2023 für den Übergang von Vermögen des Herrn A. auf die Klägerin wird unter Aufhebung der hierauf ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2024 dahin geändert, dass der steuerpflichtige Erwerb unter Anwendung eines Freibetrags von 100.000 Euro berechnet und die Schenkungsteuer auf 0 Euro herabgesetzt wird.

    2. Der Schenkungsteuerbescheid vom 28. Februar 2023 für den Übergang von Vermögen der Frau B. auf die Klägerin wird unter Aufhebung der hierauf ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2024 dahin geändert, dass der steuerpflichtige Erwerb unter Anwendung eines Freibetrags von 100.000 Euro berechnet und die Schenkungsteuer auf 0 Euro herabgesetzt wird.

    3. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

    4. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

    5. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand
    Strittig ist, ob für die schenkungsteuerliche Behandlung der Zahlung des Grundstockvermögens zu einer Familienstiftung bei der Bestimmung der Steuerklasse gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG hinsichtlich des Begriffs "Berechtigter" allein auf das Verwandtschaftsverhältnis der Stifter zu dem/den Bezugsberechtigten der Klägerin abzustellen ist, wie die Klägerin dies fordert, oder ob auch das Verwandtschaftsverhältnis zu etwaigen Anfallsberechtigten zu berücksichtigen ist, wie der Beklagte dies vertritt. Dies wirkt sich im Streitfall auf die Höhe des anzuwendenden Freibetrags nach § 16 ErbStG und damit auf die Frage aus, ob für den Streitfall eine über den Betrag von 0 Euro hinausgehende Schenkungsteuer festgesetzt werden konnte.

    Die Klägerin ist eine rechtsfähige Familienstiftung des privaten Rechts, die durch die Eheleute A. und B. mit Satzung vom ... 2021 errichtet wurde und ausweislich § 13 der Satzung am Tag ihrer Stiftungsanerkennung durch die zuständige Stiftungsbehörde, mithin am ... 2021, entstanden ist. Die Satzung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

    "§ 1 Name, Rechtsform, Sitz und Geschäftsjahr

    (1) Die Stiftung führt den Namen ... Stiftung.

    (2) Sie ist eine rechtsfähige private Familienstiftung des bürgerlichen Rechts. (...)

    § 2 Stiftungszweck

    (1) Zweck der Stiftung ist die Förderung der Stifter und der leiblichen und gesetzlichen Abkömmlinge der Stifter.

    (2) Der Stiftungszweck wird insbesondere verwirklicht durch

    Förderung des Familienzusammenhaltes über Generationen

    Anlass- und bedarfsunabhängige finanzielle Unterstützung der Begünstigten

    die Gewährung von Zuschüssen zu den Kosten oder der vollständigen Übernahme der Kosten

    einer Schul- oder Berufsausbildung und Weiterbildungen,

    einer Eheschließung sowie Geburt eines Kindes,

    des Lebensunterhaltes, dazu gehören u,a,:

    die Unterbringung (wohnen)

    die Verpflegung

    Reisen

    Hobby's

    die Mobilität

    die Altersvorsorge

    die Gesundheitsversorgung und Pflegekosten (sowohl präventiv als auch mittelbar)

    und ähnliches

    die Gewährung von auch zinsgünstigen Darlehen

    Schaffen einer Geschäftsgrundlage für die Destinatäre

    (3) Mittel der Stiftung dürfen nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Den durch die Stiftung Begünstigten steht aufgrund dieser Satzung, trotz bereits wiederholter Gewährung, ein Rechtsanspruch auf Leistungen der Stiftung nicht zu. Ebenfalls besteht kein Gleichbehandlungsanspruch.

    § 3 Stiftungsvermögen

    (1) Das Vermögen der Stiftung besteht insgesamt aus

    a) dem Grundstockvermögen (bei Stiftungserrichtung: 80.000, - Euro)

    b) Zuwendungen (Zustiftungen zum Grundstockvermögen und Spenden) und

    c) sonstigem Vermögen

    d) Erträgen des Vermögens.

    (...)

    § 10 Zweckänderung, Aufhebung und Zusammenlegung

    (1) Die Aufhebung, die Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung oder die Änderung des Zwecks bzw. die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung durch Satzungsänderung kann nur erfolgen, wenn es wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse angezeigt erscheint. Der Wille der Stifter bei Stiftungsgründung ist tunlichst zu berücksichtigen.

    (2) Beschlüsse über Zweckerweiterung, Zweckänderung, Zusammenlegung, Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung oder Aufhebung sind vom Vorstand zu fassen. Der Beschluss bedarf einer Einstimmigkeit der Mitglieder des Vorstandes. Die übrigen Regelungen des § 8 finden Anwendung.

    (3) Die Aufhebung, die Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung, die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung durch Satzungsänderung oder die Zweckänderung bedürfen der Anerkennung der Stiftungsaufsichtsbehörde.

    (...)

    § 12 Vermögensanfall

    (1) Im Fall der Aufhebung der Stiftung fällt das Vermögen zu Lebzeiten an die Stifter zurück, nach dem Ableben der Stifter in gesetzlicher Erbfolge an dessen Erben.

    (2) Falls es keine Nachkommen mehr geben sollte, dann bestimmt der Vorstand einstimmig den Anfallberechtigten bzw. die Anfallberechtigten."

    Nachdem der Beklagte die Klägerin zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung aufgefordert und die Klägerin deren Abgabe mit der Begründung abgelehnt hatte, dass der Vorgang keine Schenkungsteuer auslöse, weil bei der Gründung der Stiftung die Stifter selbst und deren Abkömmlinge angegeben seien, erließ der Beklagte gegen die Klägerin die angegriffenen Schenkungsteuerbescheide vom 28. Februar 2023. Darin setzte der Beklagte für den Übergang von Vermögen des Herrn A. auf die Klägerin bzw. von Vermögen der Frau B. auf die Klägerin jeweils einen schenkungsteuerbaren Erwerb in Höhe von 40.000 Euro ("Hälfteanteil Grundstockvermögen gemäß § 3 der Satzung") an. Auf den steuerpflichtigen Erwerb wandte der Beklagte die Steuerklasse III an, zog daher jeweils nur einen Freibetrag in Höhe von 20.000 Euro ab, wandte auf den verbleibenden steuerpflichtigen Erwerb von jeweils 20.000 Euro einen Steuersatz von 30% an und setzte schließlich die Schenkungsteuer für beide Erwerbe auf jeweils 6.000 Euro (30% von 20.000 Euro) fest.

    Mit Einspruch vom 27. März 2023 und nachfolgendem Schreiben trug die Klägerin ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen vor, für den Erwerb sei die Steuerklasse I gemäß § 15 Abs. 1 I Nr. 3 ErbStG zugrunde zu legen mit der Folge, dass der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG insgesamt 100.000 Euro (statt nur 20.000 Euro) betrage und nicht überschritten sei, also dass der Vorgang keine Schenkungsteuer auslöse. Die Klägerin habe den Zweck, die Abkömmlinge der Stifter (auch Enkel und Urenkel) zu unterstützen, selbst wenn diese noch ungeboren seien. Daher richteten sich die Bestimmung der Steuerklasse und des anzurechnenden Freibetrags nach den für Urenkel und deren Abkömmlinge geltenden Vorschriften. Anderenfalls käme es - entweder durch Bestimmung eines nicht zur Familie gehörenden Anfallsberechtigten oder für den Fall des Fehlens einer Regelung zur Anfallsberechtigung mit der Folge, dass nach § 88 Abs. 2 BGB a.F. der Fiskus eines Bundeslandes als anfallsberechtigt gelte - immer zur Anwendung der Steuerklasse III und zur Anwendung des geringsten Freibetrags von derzeit 20.000 Euro; dies habe der Gesetzgeber mit einer Bestimmung der Steuerklasse nach dem entferntesten Abkömmling in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG aber gerade nicht gewollt.

    Mit inhaltlich gleichlautenden Einspruchsentscheidungen vom 30. Januar 2024 (Dienstag) wies der Beklagte den jeweiligen Einspruch als unbegründet zurück, da der Anfallsberechtigte der Stiftung eine Person sein könne, die nicht mit den beiden Stiftern verwandt sei. Bei der Feststellung, wer die nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten seien, komme es nicht auf das Vorhandensein einklagbarer Ansprüche an; vielmehr seien alle Personen zu berücksichtigen, die nach der Satzung Vermögensvorteile erhalten könnten. Der Begriff des "Berechtigten" sei dabei weit zu verstehen, fungiere hier als Oberbegriff für jegliche Art von Berechtigung und erfasse daher sowohl die (späteren) Bezugs- als auch die Anfallsberechtigten einer Stiftung. Es könne für die Bestimmung des "Berechtigten" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG keinen Unterschied machen, ob der Empfänger von Stiftungsvermögen dieses Vermögen als Bezugs- oder als Anfallsberechtigter erwerbe. Der Fokus des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG sei nur darauf gerichtet, von wem ("Stifter") an wen ("Berechtigter") zu einem späteren Zeitpunkt Vermögen "durch die Stiftung hindurch" transferiert werden könne; nach der Art der Bezugs- oder Anfallsberechtigung werde indes nicht unterschieden.

    Der Grund für diese Gleichbehandlung liege in den weit gefassten Regelungen des ErbStG zu den Erwerbstatbeständen: Das ErbStG knüpfe mit seinen Tatbeständen in den §§ 3 und 7 an den unentgeltlichen Vermögenstransfer unabhängig davon an, zu welchem Zweck eine Zuwendung gemacht werde. Wenn aber der Zweck einer Zuwendung für die Erfassung als besteuerungswürdige Bereicherung nach den §§ 3 und 7 ErbStG irrelevant sei, so sei es auch ohne Bedeutung, ob der Transfer des vom Stifter herrührenden Stiftungsvermögens an den Empfänger zweckgebunden zur Erfüllung des Stiftungszwecks erfolge (so in den Fällen der Bezugsberechtigung) oder nicht (so in den Fällen der Anfallsberechtigung). Diese seien somit in gleicher Weise zu berücksichtigen und als "Berechtigte" anzusehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweilige Einspruchsentscheidung verwiesen.

    Mit Klageschriftsatz vom 4. März 2024 (Montag) nachfolgenden Begründungsschreiben und in der mündlichen Verhandlung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr vorgerichtliches Vorbringen.

    Zur Begründung hatte die Klägerin anfangs noch vorgetragen, dass für Zwecke des Freibetrags nur die im Stiftungsgeschäft genannten lebenden Berechtigten, nicht aber noch nicht lebende Generationen als potentielle Berechtigte zu berücksichtigen seien. In diesem Zusammenhang sei bei der Ermittlung, wer "entferntest Berechtigter" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG sei, nur auf den Inhalt der Stiftungsurkunde abzustellen. Nach dem zwischenzeitlich in dem Verfahren II R 25/21 ergangenen BFH-Urteil vom 28. Februar 2024 trägt die Klägerin nunmehr vor, dass es bei der gebotenen Auslegung des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung zwar auf den entferntest möglichen (potentiellen) Bezugsberechtigten, nicht aber auf den Personenkreis der Anfallsberechtigten ankomme. Da die Bezugsberechtigten im Streitfall nur die Abkömmlinge der Stifter sein könnten, die sämtlich der Steuerklasse I nach § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 ErbStG unterfielen, sei ein Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro zu gewähren und die Schenkungsteuer somit jeweils auf 0 Euro festzusetzen.

    Die Klägerin beantragt,

    1.
    den Schenkungsteuerbescheid vom 28. Februar 2023 für den Übergang von Vermögen des Herrn A. auf die Klägerin unter Aufhebung der hierauf ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2024 und

    den Schenkungsteuerbescheid vom 28. Februar 2023 für den Übergang von Vermögen der Frau B. auf die Klägerin unter Aufhebung der hierauf ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2024

    jeweils dahin zu ändern, dass der steuerpflichtige Erwerb unter Anwendung eines Freibetrags von 100.000 Euro berechnet und die Schenkungsteuer auf 0 Euro herabgesetzt wird, und

    2.
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    und hilfsweise: die Revision zuzulassen.

    Er trägt ergänzend zu seinem vorgerichtlichen Vorbringen vor, dass durch die vorgenannte BFH-Entscheidung geklärt worden sei, dass auch Berechtigte, die aktuell noch nicht feststünden bzw. noch nicht bestimmbar seien, bei der Bestimmung des "entferntest Berechtigten" zu berücksichtigen seien. Dies treffe auch auf die ggf. später bei Wegfall der Stifterfamilie durch den Stiftungsvorstand noch zu bestimmenden Anfallsberechtigten zu, d.h. auch diese könnten somit zu den "entferntest Berechtigten" gehören. Wenn der Stiftungsvorstand unter der Bedingung eines Wegfalls der Stifterfamilie - nach Eintritt der Bedingung - Berechtigte benennen könne, so seien diese noch zu benennenden Berechtigten - vom Stichtag aus betrachtet - bereits potentiell berechtigt, was für ihre Einbeziehung bei der Bestimmung der Steuerklasse ausreiche. Die für sog. "Zufallsdestinatäre" im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG ergangene BFH-Rechtsprechung im Verfahren II R 6/16 habe kein gegenteiliges Präjudiz geschaffen, sondern sei zu einer nicht mit § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG vergleichbaren Regelung ergangen.

    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist zulässig und begründet. Die angegriffenen Schenkungsteuerbescheide und die hierauf jeweils ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    I.

    Der Beklagte hat bei der Bestimmung des "entferntest Berechtigten" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG zu Unrecht auch den Kreis der potentiell Anfallsberechtigten berücksichtigt, daher eine unzutreffende Steuerklasse ermittelt und auf die beiden schenkungsteuerbaren Zuwendungen in Höhe von jeweils 40.000 Euro einen zu geringen Freibetrag zur Anwendung gebracht.

    1.

    Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. Aufgrund der im Streitfall erbrachten Leistungen in den Grundstock der Klägerin durch die beiden Stifter Herr A. und Frau B. in Höhe von jeweils 40.000 Euro im Rahmen der Erstausstattung der Klägerin ist der Beklagte im Streitfall dem Grunde und der Höhe nach zutreffend von grundsätzlich schenkungsteuerbaren und -pflichtigen Zuwendungen an die Klägerin ausgegangen, für die nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG grundsätzlich auch die Klägerin die Steuerschuldnerin der Schenkungsteuer wäre.

    2.

    Im Rahmen der Bestimmung der auf diese beiden Zuwendungen anzuwendenden Steuerklasse im Sinne des § 15 Abs. 1 ErbStG (die maßgeblich für den hierbei zu berücksichtigenden Freibetrag ist) ist der Besteuerung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist. Hierbei sind - entgegen der Auffassung des Beklagten - aus Rechtsgründen nur mögliche Bezugsberechtigte, nicht aber auch mögliche Anfallsberechtigte im Auflösungsfall zu berücksichtigen.

    a)

    Zu Recht behandelte der Beklagte die Klägerin als sog. Familienstiftung, weil sie in der Rechtsform einer Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet war.

    aa)

    Unter den "Interessen" der begünstigten Familie sind Vermögensinteressen zu verstehen. Dazu gehören nicht nur Bezugsrechte und Anfallsrechte, sondern alle Vermögensvorteile, die die begünstigten Familien aus dem Stiftungsvermögen ziehen, wie etwa die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung des Stiftungsvermögens (etwa der stiftungseigenen Immobilien zu Wohnzwecken), der Einsatz des Personals der Stiftungen für Arbeiten im Rahmen des eigenen Hausstandes und - bei Stiftungen mit Kunstbesitz - der Zustand, mit diesem zu leben und von ihm umgeben zu sein. Solange die Familie die gebundenen Kulturgüter nicht veräußern will, liegt deren Pflege und Erhaltung nicht nur im öffentlichen, sondern auch im Familieninteresse (vgl. BFH, Urteil vom 10. Dezember 1997 - II R 25/94 -, BFHE 185, 58, BStBl II 1998, 114).

    Das Familieninteresse ist dann "wesentlich" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, wenn die Familie hinsichtlich der Ausschüttungen zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt ist (vgl. R E 1.2 Abs. 2 Satz 1 ErbStR). Darüber hinaus nimmt die Finanzverwaltung ein wesentliches Familieninteresse bereits dann an, wenn der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als 25% hinsichtlich der Ausschüttungen bezugs- oder anfallsberechtigt sind und zusätzlich wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung entfalten können (vgl. R E 1.2 Abs. 2 Satz 2 und 3 ErbStR).

    bb)

    Dies ist hier der Fall, da der Kreis der Bezugsberechtigten der Klägerin sich ausschließlich auf die beiden Stifter und deren leibliche Abkömmlinge erstreckte und diesen Personen insbesondere den Bezug finanzieller Unterstützung, die Gewährung von Zuschüssen zu bestimmten Kosten, die vollständige Übernahme dieser Kosten oder zinsgünstige Darlehen ermöglichte, also ihnen den Bezug entsprechender Vermögensvorteile (zumindest in Form der Ersparnis eigener Aufwendungen) vermittelte.

    b)

    Der "Berechtigte" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG entspricht dem nach der Stiftungssatzung "potentiell Begünstigten", der durch den Erwerb von Vermögensvorteilen aus der Stiftung begünstigt sein kann. Eine Unterscheidung dahingehend, dass mit dem Begriff des "Berechtigten" nur der sofort Anspruchsberechtigte gemeint ist und sich dieser vom "Begünstigten", der erst später anspruchsberechtigt sein und dadurch zum (Anspruchs)Berechtigten werden soll, unterscheidet, ist der Norm nicht zu entnehmen. Bereits zu der mit § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nahezu wortgleichen Vorschrift des § 9 Abs. 2 des Erbschaftssteuergesetzes vom 20. Juli 1922 (RGBl. I 1922, 610) und der Neubekanntmachung vom 7. August 1922 (RGBl. I 1922, 695) entschied der Reichsfinanzhof (RFH), dass für die Bestimmung des "entferntest Berechtigten" allein entscheidend sei, welche Personen nach der Satzung Vermögensvorteile (aller Art) aus der Stiftung erlangen können (RFH, Urteil vom 13.12.1926 - V e A 141/25, RFHE 20, 173). Eine Unterscheidung zwischen "sofort" oder "später" Berechtigtem/Begünstigtem wurde nicht getroffen. Diese Entscheidung ist auf die Auslegung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG übertragbar (BFH, Urteil vom 28. Februar 2024 - II R 25/21 -, BFH/NV 2024, 993).

    Bei der Bestimmung, wer "Berechtigter" ist, ist nicht darauf abzustellen, ob die Person einen klagbaren Anspruch auf den Vermögensvorteil aus der Stiftung hat. Es kommt nicht darauf an, ob die nach der Stiftungssatzung "Berechtigten" zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren sind oder jemals geboren werden, denn eine solche Voraussetzung enthält der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht. Der "Berechtigte" muss im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung daher noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt sein; ausreichend ist vielmehr, wenn er es erst in der Generationenfolge wird (BFH, Urteil vom 28. Februar 2024 - II R 25/21 -, BFH/NV 2024, 993 mit weiteren Nachweisen).

    Wer bei der einzelnen Familienstiftung als "Berechtigter" und (erst Recht) als "entferntest Berechtigter" anzusehen ist, ist der Formulierung in der jeweiligen Stiftungsurkunde zu entnehmen. Damit obliegt es dem Stifter, durch die Gestaltung der Stiftungsurkunde den Kreis der aus dem Stiftungsvermögen potentiell Begünstigten festzulegen. Dies ordnet bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG an, der von "nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten" spricht (BFH, Urteil vom 28. Februar 2024 - II R 25/21 -, BFH/NV 2024, 993). Mit "Stiftungsurkunde" ist in diesem Zusammenhang nicht das von der Behörde ausgestellte Dokument über den Nachweis der rechtsfähigen Stiftung gemeint, sondern die Stiftungssatzung, in der der Stifter festlegt, wer als Destinatär anzusehen ist (Kugelmüller-Pugh, DStR 2024, 1296 (1299)).

    c)

    Das Gericht geht - mit der Klägerin - davon aus, dass für die Auslegung von § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nur derjenige "Berechtigter" und damit auch "entferntest Berechtigter" sein kann, dem nach der Stiftungsurkunde eine Bezugsberechtigung eingeräumt wurde; wer hingegen im Fall der Auflösung oder Aufhebung der Familienstiftung der/die Anfallsberechtigte(n) sein soll(en), ist aus Rechtsgründen im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG unbeachtlich (im Ergebnis wie hier: Högl in: Stenger/Loose, Bewertungsrecht - BewG/ErbStG/GrStG, 171. Ergänzungslieferung Stand 8/2024, § 15 ErbStG Rn. 73; Milatz/Christopeit, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 4. Auflage 2022, § 15 ErbStG Rn. 9; Hannes/Holtz, in: Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage 2021, § 15 ErbStG Rn. 21; Binz/Sorg, DStR 1994, 229 (230); Reich, DStR 2019, 1341 (1342)); Mehren, in: Schauhoff/Mehren, Stiftungsrecht nach der Reform, 2. Auflage 2024, Kap. 12 Rn. 19; Söffing, ErbStB 2020, 107 (110 f.); wohl auch Halaczinsky in: Daragan/Halaczinsky/Riedel, Praxiskommentar ErbStG und BewG, § 15 ErbStG Rn. 13; a.A. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, 68. Ergänzungslieferung Stand März 2024, § 15 ErbStG Rn. 102; Gräfe, in: Erkis/Thonemann-Micker, BeckOK ErbStG, 24. Edition Stand 1. Juli 2024, § 15 ErbStG Rn. 98; Pauli, in: Stumpf/Suerbaum/Schulte/Pauli, 3. Aufl. 2018, ErbStG § 15 Rn. 3; Oellerich, in: Werner/Saenger/Fischer, Die Stiftung, 2. Auflage 2019, § 39 Rn. 29; Holm, in: Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Gemeinnützigkeitsrecht, 3. Auflage 2023, § 15 ErbStG Rn. 4; Blumers, DStR 2012, 1 (6); Lehmann, DStR 2024, 412).

    aa)

    Leistungen aus einer Stiftung können zum einen an die sog. Bezugsberechtigten, die während der Dauer des Bestehens der Stiftung Leistungen aus dem Stiftungsvermögen erhalten (können) sollen, und zum anderen an die sog. Anfallsberechtigten, die das (Rest)Vermögen der Stiftung bei deren Auflösung erhalten, erbracht werden.

    Eine Stiftung erlischt nicht automatisch, sondern erst aufgrund eines staatlichen Aktes, der ihr die im Anerkennungsverfahren verliehene Rechtsfähigkeit wieder entzieht. Selbst der vollständige und dauerhafte Verlust des Stiftungsvermögens führt nicht eo ipso zur Auflösung, sondern berechtigt nur zur Aufhebung (vgl. § 87 BGB a.F.; Hüttemann/Rawert, in: Staudinger (2017), § 88 BGB Rn. 2 mit weiteren Nachweisen).

    Wem das im Fall einer derartigen Auflösung (eventuell) noch vorhandene restliche Stiftungsvermögen anfällt, bestimmt sich nach der bis zum 1. Juli 2023 geltenden Zivilrechtslage nach § 88 Satz 1 BGB a.F. Nach § 88 Satz 1 BGB a.F. fällt mit dem Erlöschen der Stiftung das Vermögen an die in der (Stiftungs)Verfassung bestimmten Personen, wenn dort solche Personen (z.B. Familienangehörige des Stifters, gemeinnützige Organisationen, familienfremde Personen o.Ä.). als Anfallsberechtigte benannt sind. Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallsberechtigten, so fällt das Vermögen an den Fiskus des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz hatte, oder an einen anderen nach dem Recht dieses Landes bestimmten Anfallsberechtigten (§ 88 Satz 2 BGB a.F.). Somit hängen die weiteren Rechtsfolgen einer Aufhebung oder Auflösung der Stiftung entscheidend von der Person des Anfallsberechtigten ab: Ist der Landesfiskus anfallsberechtigt, führen Aufhebung oder Auflösung zugleich zur Beendigung des Rechtsträgers "Stiftung", weil das Vermögen ohne Liquidationsverfahren im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Fiskus übergeht (§ 88 Satz 2 und Satz 3, § 46 BGB a.F.). In den anderen Fällen findet hingegen ein Liquidationsverfahren statt, bis zu dessen Abschluss die Stiftung ihre unbeschränkte Rechtsfähigkeit behält (Hüttemann/Rawert, in: Staudinger (2017), § 88 BGB Rn. 6 mit weiteren Nachweisen).

    Die Regelung des § 88 BGB a.F. ist für den Streitfall auch noch die zivilrechtlich maßgebliche Rechtsgrundlage der Anfallsberechtigung, da es für die verfahrensgegenständlichen Zuwendungen an die Klägerin wegen des schenkungsteuerlichen Stichtagsprinzips auf die Zivilrechtslage im Zuwendungszeitpunkt ankommt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Da der Zuwendungszeitpunkt im Streitfall vor Inkrafttreten der Neuregelungen im BGB durch Art. 1 des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl I 2021, 2947) lag, sind für schenkungsteuerliche Zwecke noch die zuvor geltenden Regelungen des Stiftungsrechts, insbesondere die Regelung der Anfallsberechtigung nach § 88 BGB a.F. anzuwenden. Die zivilrechtliche Erstreckung der Neuregelungen zum 1. Juli 2023 auf bestehende Alt-Stiftungen wirkt weder materiell-zivilrechtlich noch materiell-steuerrechtlich zurück auf den Zeitpunkt der erstmaligen Vermögensausstattung der Klägerin.

    bb)

    Das Finanzgericht Niedersachsen hat mit Gerichtsbescheid vom 19. Juli 2021 - 3 K 5/21 -, EFG 2021, 1558, der die Vorentscheidung zur BFH-Entscheidung II R 25/21 bildete, offengelassen, ob der Anfallsberechtigte bereits bei der Bestimmung der Steuerklasse und des Steuersatzes zu berücksichtigen gewesen wäre. Andere Entscheidungen zu der streitgegenständlichen Frage sind - soweit erkennbar - noch nicht veröffentlicht.

    cc)

    Eine reine Wortlautauslegung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ergibt insofern keinen Hinweis, weil § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nur den "Berechtigten" benennt, ohne weiter zu differenzieren, ob die Berechtigung sich auf die Dauer des Bestehens der Stiftung beschränkt oder auch im Sinne einer Anfallsberechtigung für den Fall der Auflösung der Stiftung bestehen kann (so auch: Söffing, ErbStB 2020, 107 (109)).

    Die in Bezug genommene Vorschrift § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG definiert nur den steuerbaren Vermögensübergang, trifft aber keine weiteren Aussagen zur nachfolgenden schenkungsteuerlichen Behandlung.

    dd)

    Die systematische Auslegung spricht jedoch insgesamt dafür, zwischen der Steuersatzprivilegierung für Bezugsberechtigte nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG und der Regelung für Anfallsberechtigte nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG klar zu trennen und Personen, denen an der Familienstiftung lediglich eine Anfallsberechtigung zukommt, deshalb nicht in den Kreis der "Berechtigten" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG einzubeziehen:

    (1)

    Für den Streitfall nicht weiterführend ist die teilweise vertretene Auffassung, wonach aus der Steuerbefreiung für Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchstabe b) ErbStG die Wertung abgeleitet werden könne, dass der Anfallsberechtigte jedenfalls dann nicht im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG berücksichtigt werde, wenn er eine gemeinnützige Stiftung sei. Anderenfalls - so wird dies bisweilen begründet - führe dies dazu, dass gemeinnützige Körperschaften nicht mehr in Stiftungssatzungen als Anfallsberechtigte vorgesehen würden, was der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufe würde, die Dotierung von gemeinnützigen Stiftungen zu fördern (von Oertzen/Friz, BB 2014, 87 (88); Reich, DStR 2019, 1341 (1342)).

    Ungeachtet der in der Literatur zu Recht problematisierten Herausforderungen, die sich aus einer fehlenden verfahrensrechtlichen Abstimmung zwischen gemeinnützigkeitsrechtlichem Freistellungsbescheid und Schenkungsteuerbescheid bei Wegfall der Gemeinnützigkeit ergäben und die eine fortwährende Überwachung der Gemeinnützigkeit der Stiftung durch das Schenkungsteuerfinanzamt zur Folge haben müssten (so zu Recht: Lehmann, DStR 2024, 412 (413 f.)), ist im Streitfall der Klägerin gerade keine gemeinnützige Organisation als Anfallsberechtigte benannt.

    Aus § 13 ErbStG lassen sich überdies keine Anhaltspunkte für die Klärung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage gewinnen, ob die Anfallsberechtigung zwar grundsätzlich im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG zu berücksichtigen und sodann nur durch die Wertungen des § 13 ErbStG zu modifizieren wäre, oder ob die Anfallsberechtigung im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG bereits grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist.

    (2)

    Bei systematischer Auslegung zeigt jedoch die in § 15 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ErbStG verwendete explizite Verweisung auf § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG und die zugleich in § 15 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ErbStG vorgenommene tatbestandliche Einschränkung "sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien (...) errichtet ist" (die insofern der Legaldefinition des Begriffs gemäß § 13a Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG entspricht), dass das ErbStG eine eigenständige erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Legaldefinition des Begriffs "Familienstiftung" vornimmt.

    Nach Auffassung des Gerichts spricht dies dafür, dass die für Zwecke des Außensteuerrechts verwendete Legaldefinition des § 15 Abs. 2 AStG, die bei Familienstiftungen sowohl den Kreis der bezugs- als auch der anfallsberechtigten Personen berücksichtigt, nicht auf die Auslegung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Vorschrift nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG übertragbar ist.

    Weiter zeigt das vorgenannte Normverhältnis von § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG zu § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG, der sich nur auf die Erstausstattung einer rechtsfähigen Stiftung bezieht, dass sich auch der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nur auf die erstmalige Vermögensausstattung von Familienstiftungen beziehen soll.

    Zugleich besteht mit § 15 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG eine Sonderregelung zur Bestimmung der Steuerklasse für den Vermögensanfall bei Auflösung der Stiftung.

    Aufgrund dieser nebeneinander stehenden Regelungen für die Errichtung bzw. die Auflösung einer Familienstiftung in § 15 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 ErbStG erscheint es nicht überzeugend, dass die nur in § 15 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG benannte Konstellation der Anfallsberechtigung - sogar ohne ausdrücklichen Hinweis im Normtext - Auswirkungen auf die systematisch davon grundlegend zu unterscheidende Frage der Bestimmung der Steuerklasse bei der Errichtung der Stiftung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG haben kann oder sogar soll.

    Der Anfallsberechtigte erwirbt vielmehr erst bei Auflösung bzw. Aufhebung der Stiftung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG vom Stifter als Schenker (§ 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Hierbei handelt es sich um einen von der Stiftungserrichtung zu unterscheidenden Erwerbsvorgang. Solange die Stiftung besteht, wird der Anfallsberechtigte nicht begünstigt. Dies spricht dafür, den Anfallsberechtigten nicht bei der Feststellung der Steuerklasse für die Stiftungserrichtung zu berücksichtigen und ihn nicht als Berechtigten im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG zu betrachten (so auch Söffing, ErbStB 2020, 107 (110); Billig, UVR 2024, 176 (179 f.)).

    ee)

    Für dieses Ergebnis spricht auch eine historische Auslegung:

    (1)

    Bereits in § 3 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG 1951 (BGBl. I 1951, S. 764) fand sich eine Schenkungsfiktion für das Vermögen, das bei Aufhebung einer Stiftung erworben wurde und bei dem nach § 9 Abs. 2 Halbsatz 1 ErbStG 1951 als Schenker der "zuletzt Berechtigte" galt. Dies wurde ganz überwiegend so ausgelegt, dass als zuletzt Berechtigter im Sinne dieser Vorschrift der aus der Stiftung zuletzt Bezugsberechtigte anzusehen war (BFH, Urteil vom 23. April 1954 - III 211/52 S -, BFHE 58, 701 [BFH 17.02.1954 - II 146/53 U], BStBl III 1954, 178 mit weiteren Nachweisen).

    Zugleich wurde in § 3 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG 1951 eine Schenkung fingiert für den Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden. In § 9 Abs. 2 Halbsatz 2 ErbStG 1951 fand sich sodann ein mit § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG vergleichbares Steuersatzprivileg, wonach bei der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des "entferntest Berechtigten" entscheidend sei. Dass der Gesetzgeber die in beiden Teilvorschriften des § 9 Abs. 2 ErbStG 1951 benutzten Begriffe des "Berechtigten" unterschiedlich, nämlich bei Halbsatz 1 nur unter Berücksichtigung der Bezugsberechtigten und bei Halbsatz 2 auch unter Berücksichtigung der Anfallsberechtigten auslegen wollte, ist nicht erkennbar.

    (2)

    Eine mit § 9 Abs. 2 Halbsatz 2 ErbStG 1951 wortgleiche Regelung zum Steuerklassenprivileg für Familienstiftungen wurde sodann in § 10 Abs. 2 Halbsatz 2 ErbStG 1959 (BGBl. I 1959, S. 187) übernommen. Zur Auslegung des Merkmals "Berechtigte" gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

    (3)

    Schließlich war die Regelung des § 10 Abs. 2 Halbsatz 2 ErbStG 1959 zwar nicht im Wortlaut, aber in ihrem wesentlichen Regelungsgehalt als § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG-E im Art. 2 des Entwurfs eines Zweiten Steuerreformgesetzes vom 1. März 1972 (BT-Drucksache VI/3418, S. 16 und 59 ff.) und - nach vorzeitiger Auflösung des Bundestags - erneut im Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes vom 25. Januar 1973 enthalten, wobei die vormalige Begründung fortgelten sollte (BT-Drucksache 7/78, S. 17 und 45).

    In diesem Zusammenhang wurde die Regelung allerdings im Wortlaut neu gefasst, indem zunächst die Besteuerung bei Errichtung einer Familienstiftung (§ 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG-E 1974) und danach die Besteuerung bei ihrer Aufhebung behandelt wurde (§ 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG-E 1974). Die zunächst vorgesehene Regelung des Regierungsentwurfs zu § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG-E 1974 (der im Grundsatz der vorher geltenden Regelung in § 10 Abs. 2 Halbsatz 2 ErbStG 1959 entsprach) hatte noch folgenden Wortlaut (BT-Drucksache 7/78, S. 17 und 45 i.V.m. BT-Drucksache VI/3418, S. 16):

    "(2) In den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach, der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker, mindestens der Vomhundertsatz der Steuerklasse II zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist. In den Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 9 gilt als Schenker der Stifter oder derjenige, der das Vermögen auf den Verein übertragen hat; der Besteuerung ist mindestens der Vomhundertsatz der Steuerklasse II zugrunde zu legen." (Hervorhebung durch das Gericht)

    Vorgesehen war also zunächst, dass der Übergang des Vermögens auf die Familienstiftung mindestens nach Steuerklasse II zu versteuern gewesen wäre. Dies erschien der Bundesregierung gerechtfertigt, weil zum einen mit der Bindung von Vermögen in einer Familienstiftung ohnehin nicht unerhebliche Erbschaftsteuervorteile verbunden waren, und um zum anderen auszuschließen, dass sich weitere, von der Sache her nicht gerechtfertigte Vorteile dadurch erreichen lassen, dass als bezugsberechtigt zunächst nur die Kinder genannt werden (sodass nur die Steuerklasse I anzuwenden wäre) und zu einem späteren Zeitpunkt durch Satzungsänderung die Bezugsberechtigung schlechthin auf Abkömmlinge ausgedehnt werde (worauf eigentlich die Steuerklasse II maßgeblich wäre), während für eine Stiftung, die von vornherein zugunsten von Abkömmlingen errichtet wird, Steuerklasse II maßgebend sei (BT-Drucksache 7/78, S. 45 i.V.m. BT-Drucksache VI/3418, S. 69).

    Zudem wurden in § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG-E 1974, der § 10 Abs. 2 Halbsatz 1 ErbStG 1959 entsprach, zwei sachliche Änderungen zur vorherigen Rechtslage vorgenommen. So sollte bei Aufhebung einer Stiftung künftig nicht mehr der "zuletzt Berechtigte", sondern stattdessen der "Stifter" als Schenker gelten. Mit dieser Änderung sollte als Reaktion auf ein gegenteiliges BFH-Urteil sichergestellt werden, dass der bei Aufhebung einer Stiftung erfolgende Übergang des Stiftungsvermögens künftig auch dann der Schenkungsteuer unterlag, wenn das Vermögen dem zuletzt Berechtigten anfiel. Diese Regelung bedeutete immer noch eine Vergünstigung für Familienstiftungen, da der Vermögensübergang ohne eine Sonderregelung für diesen Besteuerungsbestand stets nach der ungünstigsten Steuerklasse zu versteuern wäre. Bei der nunmehr vorgesehenen Regelung sei dagegen bei Aufhebung einer Familienstiftung, die ausschließlich zugunsten von Abkömmlingen errichtet worden ist, Steuerklasse II anzuwenden (BT-Drucksache 7/78, S. 45 i.V.m. BT-Drucksache VI/3418, S. 69).

    Allerdings schlug der Finanzausschuss des Bundestages im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens vor, in einem neuen § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG-E 1974 die der Erbschaftsteuer unterliegenden Grundtatbestände um eine turnusmäßige Steuerpflicht für das Vermögen der Familienstiftungen und der ihnen entsprechenden Vereine zu erweitern. Zudem sollten in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG-E 1974 die Worte "mindestens der Vomhundertsatz der Steuerklasse II" gestrichen werden. Die Streichung habe zur Folge, dass der Vermögensübergang bei Errichtung einer Familienstiftung zugunsten von Abkömmlingen, die nur in der Folge des Generationswechsels bezugsberechtigt seien, statt nach den Steuersätzen der Steuerklasse II nach den wesentlich niedrigeren Steuersätzen der Steuerklasse I zu versteuern seien. Dies sei eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem geltenden Recht, die im Hinblick darauf vorgesehen worden sei, dass das Vermögen der Familienstiftung künftig einer turnusmäßigen Besteuerung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG-E 1974 unterliegen solle (BT-Drucksache 7/1329, S. 4 und 18; BT-Drucksache 7/1333, S. 4 und 5).

    In dieser Form wurden die in der BT-Drucksache 7/78 enthaltenen und gemäß der BT-Drucksache 7/1333 zur Änderung vorgeschlagenen Regelungen zur Ersatzerbschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 sowie die neu gefasste Regelung zum Steuersatzprivileg nach § 15 Abs. 2 ErbStG 1974 als Teilregelungen durch "Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts" durch den Bundestag beschlossen (vgl. Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll der 69. Sitzung der siebten Wahlperiode vom 6. Dezember 1973, S. 4113 und 4124 f.). Nach anfänglicher Verweigerung der Zustimmung durch den Bundesrat und anschließender Anrufung des Vermittlungsausschusses bestätigte dieser das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts in der vorgenannten Fassung schließlich (BT-Drucksache 7/1600), sodass es dann auch in dieser Fassung in BGBl. I 1974, S. 933 ausgefertigt wurde.

    (4)

    § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG 1974 entspricht - abgesehen von einer geringfügigen sprachlichen Änderung durch Streichung des Artikels "des" in dem Satzteil "In den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und des § 7 Abs. 1 Nr. 8" - der heutigen Gesetzesfassung.

    (5)

    Ausgehend von dieser Gesetzgebungshistorie, erkennt das Gericht die klare gesetzgeberische Intention, im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG allein den Kreis der Bezugsberechtigten zu betrachten. Dies zeigt sich bereits daraus, dass in der zunächst vorgesehenen Regelung des § 15 Abs. 2 ErbStG-E 1974 (BT-Drucksache 7/78, S. 45 i.V.m. BT-Drucksache VI/3418, S. 69) nur missbräuchliche Gestaltungen im Hinblick auf die Bezugsberechtigten ausgeschlossen werden sollten. Die Anfallsberechtigten standen damit nicht im Fokus der gesetzgeberischen Betrachtung, obwohl auch insofern Missbrauchsmöglichkeiten denkbar gewesen wären.

    Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien ist die Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG zudem im Hinblick auf die zeitgleich eingeführte Regelung vorgesehen worden, wonach das Vermögen der Familienstiftung künftig einer turnusmäßigen Besteuerung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegen sollte. Beide Regelungen sind also aufeinander abgestimmt. Wäre indes bereits bei der Besteuerung der Erstausstattung einer Stiftung auch auf die potentiellen Anfallsberechtigung abzustellen - die aus den vorgenannten Gründen begünstigt behandeln werden sollte -, käme es in nahezu sämtlichen Fällen zu einer Zuweisung der Erstausstattung zu der schlechtesten Steuerklasse. Dies war aus den vorgenannten Gründen indes nicht gewollt. So sollte die Steuersatzprivilegierung die steuerlichen Nachteile der durch § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG begründeten Erbfallfiktion abmildern. Wäre bei der Betrachtung des Berechtigten nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG zusätzlich noch auf den Anfallsberechtigten abzustellen und käme es daher in aller Regel zur Anwendung der Steuerklasse III, läge nicht nur keine Privilegierung, sondern im Gegenteil sogar die schlechtestmögliche erb- bzw. schenkungsteuerliche Gesamtbelastung vor. Eine solche Besteuerungsfolge war durch den Gesetzgeber jedoch gerade nicht gewollt.

    Indem der Gesetzgeber im Zuge der Neuregelung des § 15 Abs. 2 durch das ErbStG 1974 gerade nicht mehr auf den "zuletzt Berechtigten", sondern stattdessen auf den "Stifter" als (fingierten) Schenker des durch Anfall erworbenen Vermögens abstellte, hat er eine bewusste Trennung zwischen den - § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG unterfallenden - Bezugsberechtigten und den - § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG unterfallenden - Anfallsberechtigten vorgenommen. Auch dies spricht für eine Auslegung dahingehend, dass sich § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nur auf die Frage der Bezugsberechtigung beschränken wollte, während der Gesetzgeber die Frage der Anfallsberechtigung abschließend in § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG regeln wollte.

    ff)

    Schließlich spricht die teleologische Auslegung gegen eine Berücksichtigung der Anfallsberechtigten im Rahmen des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG:

    Die Errichtung einer Familienstiftung soll typischerweise familienrechtlich die finanzielle Versorgung nachfolgender Generationen sicherstellen. Erbschaftsteuerrechtlich bietet sie durch § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG die Möglichkeit, bei potentieller Begünstigung auch von in der Generationenfolge zeitlich weiter entfernten direkten Abkömmlingen durch entsprechende Gestaltung des Stiftungsgeschäfts höhere Freibeträge zu erhalten, als wenn bei der ersten Übertragung von Vermögen auf die Stiftung auf das Verhältnis des Stifters zu der Stiftung selbst abzustellen und beide als fremde Dritte anzusehen wären (BFH, Urteil vom 28. Februar 2024 - II R 25/21 -, BFH/NV 2024, 993).

    Dieses Gesetzgebungsziel würde unterlaufen, wenn der Stifter in dem Stiftungsgeschäft zwar seine Familienmitglieder als Bezugsberechtigte benannt und damit dem Förderzweck der Vorschrift entsprochen, aber gar keine Regelung zur Anfallsberechtigung getroffen hat mit der Folge, dass dann nach § 88 BGB a.F. stets ein Bundesland und damit stets ein nicht mit dem Stifter verwandter Rechtsträger der Anfallsberechtigte der Stiftung würde. Gleiches gilt, wenn als potentielle Anfallsberechtigte benannte Abkömmlinge vor der Auflösung der Stiftung versterben, sodass die Anfallsberechtigung ins Leere geht und gleichwohl eine Anfallsberechtigung des Staates ausgelöst wird. Denn dann würde bereits für die gesamte Erstausstattung der Stiftung über die Verweisung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG stets nur die Steuerklasse III und nur ein Freibetrag in Höhe von nur 20.000 Euro gewährt und die Stiftungsgründung maximal belastet (in diesem Sinne auch: Söffing, ErbStB 2020, 107 (110)).

    Wäre in dieser Weise auf die Anfallsberechtigung abzustellen, käme dies bei teleologisch-systematischer Auslegung auch dem Ergebnis eines fixen Freibetrags gleich, der sich stets nur auf 20.000 Euro belaufen würde. Eine solche Lösung, wie sie etwa in § 15 Abs. 1 oder in § 16 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 ErbStG für die fingierten Ersatzerbfälle nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vorgesehen ist und die Gewährung des doppelten Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (d.h. in Höhe von 800.000 Euro) vorschreibt, war durch die in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG gewählte Regelungstechnik jedoch gerade nicht intendiert.

    d)

    "Entferntest Berechtigter" im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ist stets derjenige Berechtigte, für den die schlechteste Steuerklasse Anwendung fände, wenn die Zuwendung direkt vom Stifter an diesen erfolgt wäre (BFH, Urteil vom 28. Februar 2024 - II R 25/21 -, BFH/NV 2024, 993 mit weiteren Nachweisen).

    Für die Steuerklasseneinteilung aller derart ermittelten (potentiell) Berechtigten sind wie nach § 15 Abs. 1 ErbStG (dazu BFH, Urteil vom 5. Dezember 2019 - II R 5/17 -, BFHE 267, 451, BStBl II 2020, 322) die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend (a.A. Högl in: Stenger/Loose, Bewertungsrecht - BewG/ErbStG/GrStG, 171. Lieferung, 8/2024, § 15 ErbStG Rn. 72 mit weiteren Nachweisen).

    3.

    Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte die Bestimmung der auf den Erwerb anzuwendenden Steuerklasse nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG insofern unrichtig vorgenommen, als er in den Kreis der "Berechtigten" auch potentielle Anfallsberechtigte einbezogen hat, bei denen es sich - insofern war die Einordnung des Beklagten zutreffend - auch um Personen handeln könnte, die keine Abkömmlinge der Stifter sind. Allerdings war nach den vorstehenden Rechtsausführungen allein auf den Kreis der bezugsberechtigten Personen abzustellen, bei denen es sich nach § 2 Abs. 1 der Stiftungssatzung allein um die Stifter und die leiblichen und gesetzlichen Abkömmlinge der Stifter (Kinder, Enkel, Urenkel, Ururenkel etc.), nicht aber um familienfremde Dritte handelt.

    Für diese bis zu den Urenkeln und in der Generationenfolge noch darüber hinaus reichende Personengruppe, die insgesamt nach § 15 Abs. 1 I Nr. 2 bzw. Nr. 3 ErbStG der Steuerklasse I unterfällt, war jedoch - entgegen der Behandlung durch den Beklagten - ein Freibetrag gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG in Höhe von 100.000 Euro zu gewähren. Diese Maßgabe hat der Beklagte verletzt, indem er für die beiden Erstausstattungen der beiden Stifter in Höhe von jeweils 40.000 Euro nicht einen Freibetrag von jeweils 100.000 Euro, sondern nur von jeweils 20.000 Euro angesetzt hat.

    II.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit mit Abwendungsbefugnis beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10 analog i.V.m. § 709 i.V.m. § 711 ZPO, weil die Revision zuzulassen war.

    Das Gericht hat die Revision zugelassen nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil die strittige und in der Rechtsprechung bislang unentschiedene Rechtsfrage erhebliche steuerliche Auswirkungen in jedem für die Erstausstattung einer Familienstiftung ergehenden Schenkungsteuerbescheid bewirkt und weil wegen der Vielzahl bestehender Familienstiftungen eine grundsätzliche Bedeutung mit nicht unerheblicher Breitenwirkung besteht.

    Vorschriften§ 15 Abs. 2 S. 1, 2 ErbStG