12.11.2024 · IWW-Abrufnummer 244724
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 31.01.2024 – 1 K 231/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 31.01.2024, Az. 1 K 231/22
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
-
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei Zuwendungen der A. an die Klägerin von der Schenkungsteuer befreit sind.
1.
2
Die Klägerin wurde mit Stiftungsgeschäft vom 07.01.2021 als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts durch das Land Mecklenburg-Vorpommern (im Folgenden: Land M-V), vertreten durch die Ministerpräsidentin, diese vertreten durch den Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung gegründet. Ausweislich der Ziffer 3 des Stiftungsgeschäfts stattete die Stifterin (das Land M-V) die Stiftung mit einem Barvermögen in Höhe von € 200.000 als Grundstockvermögen aus.
3
Mit Schreiben vom 06.01.2021 beantragte die Landesregierung, dass der Landtag der Errichtung der Klägerin zustimmen möge. In der Antragsbegründung heißt es unter "2. Lösung":
4
"Das Land wird eine Stiftung ins Leben rufen, die sich diesen beiden zentralen Zukunftsfragen künftig annimmt. Das (...)-Konsortium wird dies durch namhafte Zustiftungen unterstützen und begleiten."
5
(Mit den "beiden zentralen Zukunftsfragen" waren der Klimaschutz und eine gesicherte Gasversorgung durch Fertigstellung des Pipeline-Projekts (...) gemeint.)
6
Der Antrag wurde durch den Landtag am 07.01.2021 mehrheitlich angenommen. Die Errichtung der Stiftung wurde mit Bescheid des Justizministeriums vom 08.01.2021 anerkannt.
7
Die Klägerin ist ausweislich § 1 Abs. 2 ihrer Satzung eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts. In der Satzung heißt es weiter - unter anderem - wie folgt:
8
"§ 2 Stiftungszweck
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(1) Die Stiftung verfolgt insbesondere folgende Zwecke und der Stiftungszweck wird insbesondere, ggf. auch mittelbar, durch folgende Aktivitäten und Maßnahmen erfüllt:
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die Durchführung und Förderung von Maßnahmen und Projekten des Klimaschutzes und zur Bewahrung oder Wiederherstellung der Natur im Land Mecklenburg-Vorpommern und an sowie vor den Küsten des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie an und vor den Ostseeküsten der Ostseeanrainerstaaten:
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die Durchführung und Förderung von Maßnahmen zur Bewahrung und Verbesserung der ökologischen Situation in den genannten Regionen;
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die Förderung von Wissenschaft und Forschung im Bereich des Klimaschutzes und auf dem Gebiet einer klimaschonenden Energieversorgung im Land Mecklenburg-Vorpommern oder unter federführender Beteiligung von Wirtschaftsunternehmen, Hochschulen, Wissenschaftseinrichtungen oder Nichtregierungsorganisationen mit Sitz im Land Mecklenburg-Vorpommern;
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Förderung von Maßnahmen im Land Mecklenburg-Vorpommern zur Umsetzung der Belange des Klima- und Naturschutzes, vor allem auch bei allen Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung, insbesondere bei der Systemstabilität durch Speicher- und Sektorenkopplungslösungen, wobei dies auch die Unterstützung von Wirtschaftsunternehmen mit Sitz im Land Mecklenburg-Vorpommern zur unternehmenseigenen Forschung in diesem Bereich, zur Herstellung von Prototypen, für Nullserien und für markteinführende Verbreitungsstrategien umfasst;
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die Förderung von Maßnahmen zur Sicherung der Artenvielf<
15
die Förderung von Maßnahmen zur Sicherung des Gewässerschutzes und des Trinkwasserschutzes;
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Information, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit zu Fragen des Klimaschutzes und der Bewahrung der Natur im Ostseeraum vorrangig in MecklenburgVorpommern und in besonderen Fällen auch in den Ostseeanrainerstaaten;
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Erfahrungs-, Wissens- und Informationsaustausch sowie die Vernetzung zwischen im Klima- und Umweltschutz Engagierten, insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern und mit den Ostseeanrainerstaaten;
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Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich des Klima- und Umweltschutzes in Mecklenburg-Vorpommern;
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Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Organisationen, um im Rahmen des Stiftungszwecks gemeinsame Projekte und Vorhaben, die nach diesem Satzungszweck auch durch die Stiftung allein zulässig sind, zu verwirklichen;
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die Förderung und Unterstützung von Maßnahmen, Anstrengungen, wissenschaftlichen Untersuchungen im Land Mecklenburg-Vorpommern, die eine klimaschonende Sicherung der Energieversorgung zum Ziel haben.
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(2) (...) Die Stiftung wird insbesondere einen an Leistungs-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien ausgerichteten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, gegebenenfalls auch in Form der Gründung einer oder mehrerer rechtlich selbständiger Gesellschaften, errichten und sich damit vorrangig an der Vollendung (des Pipeline-Projekts) beteiligen. (...)"
22
Organe der Stiftung sind der Stiftungsvorstand und das Kuratorium (§ 4 der Satzung). Der Stiftungsvorstand besteht aus mindestens einem und höchstens drei Mitgliedern, die von der Ministerpräsidentin oder dem Ministerpräsidenten für eine Amtszeit von vier Jahren zu bestellen sind (§ 7 Abs. 1 der Satzung). Der Vorstand hat über die laufenden Geschäfte der Stiftung in eigener Verantwortung zu entscheiden und ist weisungsunabhängig (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Satzung). Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb soll von einem sachverständigen Geschäftsführer geführt werden, den der Stiftungsvorstand für eine maximale Tätigkeitsdauer von 5 Jahren zu berufen hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Auch für den gemeinwohlorientierten Bereich der Stiftung ist durch den Vorstand ein hauptamtlicher Geschäftsführer zu bestellen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 der Satzung), dem das laufende Geschäft der Stiftung mit Ausnahme des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes obliegt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 der Satzung), und der an Weisungen des Stiftungsvorstandes gebunden ist (§ 6 Abs. 2 Satz 3 der Satzung).
23
Die Klägerin war in den Jahren 2021 und 2022 nicht als gemeinnützig anerkannt. Die Anerkennung beantragte sie erst, nachdem der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb bereits eingestellt worden war.
24
Die Klägerin schloss kurz nach ihrer Gründung einen schriftlichen Kooperationsvertrag mit der in B. (Schweiz) ansässigen A., der für die Klägerin am 29./30.01.2021 unterzeichnet wurde. Der Vertrag hat ausschließlich die Fertigstellung des Pipelinesystems und die Beteiligung der Klägerin daran zum Gegenstand. Die Vergütung der Klägerin war in der Weise geregelt, dass sie anhand des Wertes der von der Klägerin "gehandhabten, koordinierten und gemanagten" Waren und Dienstleistungen zuzüglich eines Aufschlags von 10 % des Wertes der Waren und Dienstleistungen berechnet wurde. Die Klägerin verpflichtete sich, gegenüber der A. binnen 6 Wochen nach Vollzug eine Berechnung der Gesamtvergütung vorzulegen. Für den genauen Vertragsinhalt wird auf die Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 2 Bl.33 ff. verwiesen.
2.
25
Die A. zahlte an die Klägerin am 08.02.2021 € 10.199.900 und am 12.07.2021 weitere € 9.800.000.
26
Später kam zwischen der Klägerin als "Zuwendungsempfänger" und der A. als "Zuwendungsgeber" der Entwurf einer "Zuwendungsvereinbarung" zustande (Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 2 Bl. 167). Der Entwurf trägt ganz oben in roter Schrift den Vermerk "Entwurf 10. Januar 2022 - bedarf der notariellen Beurkundung". In der Vereinbarung heißt es unter anderem:
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"Der Zuwendungsgeber beabsichtigt Zuwendungen von insgesamt EUR 40 Millionen innerhalb des Zeitraumes von 2022 - 2042 in jährlichen Tranchen von EUR 2 Millionen an den Zuwendungsempfänger zu tätigen.
28
Eine weitere Zuwendung von EUR 20 Millionen ist bereits im Jahr 2021 erfolgt.
29
a) Die Zuwendungen sollen zur freien Verfügung des Vorstandes des gemeinwohlorientierten Bereiches für dessen satzungsmäßige Zweckverwirklichung gem. § 2 Abs. 1 der Satzung ("Förderung des Klima- und Umweltschutzes") zur Verfügung gestellt werden.
30
(...)
31
b) Eine anderweitige Verwendung der Zuwendung als die in a) genannten Zwecke ist nicht erlaubt."
32
Zu einer notariellen Beurkundung dieser Vereinbarung kam es nicht.
33
Die Klägerin reichte beim Beklagten Schenkungsteuererklärungen ein, in denen sie die beiden Zuwendungen erklärte. Darin machte sie geltend, dass beide Zuwendungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz -ErbStGschenkungsteuerfrei seien.
34
Der Beklagte vertrat zunächst in einem Bericht an das Finanzministerium vom 28.04.2022 die Auffassung, dass die beiden Zuwendungen der A. nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG steuerfrei seien, da mit ihnen ausschließlich Zwecke des Landes M-V verfolgt worden seien. Demgegenüber äußerte das Finanzministerium mit Schreiben vom 03.06.2022 die Meinung, dass Zweifel an der "Ausschließlichkeit" der Zuwendung gegeben seien. Das ergebe sich daraus, dass auch die anderen Ostseeanrainerstaaten als Begünstigte vorgesehen seien.
35
Der Beklagte wies sodann die Klägerin mit Schreiben vom 21.06.2022 darauf hin, dass die Zustiftungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar seien. Das Finanzamt sehe die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG nicht als gegeben an. Es sei nämlich zweifelhaft, ob das Merkmal der "Ausschließlichkeit" erfüllt sei. Indem die Ostseeanrainerstaaten in § 2 der Satzung direkt benannt seien, sei nicht sichergestellt, dass Zuwendungen ausschließlich den Zwecken des Bundes, eines Landes oder einer inländischen Gemeinde dienten.
36
Die Klägerin nahm dazu mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 01.07.2022 (Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 1 Bl. 134) Stellung. Sie bezog sich auf Art. 11 und 12 der Verfassung Mecklenburg-Vorpommern -VerfMV-, aus denen abzuleiten sei, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Ostseeraum und der Umweltschutz Zwecke des Landes seien.
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Für die weitere Stellungnahme des Finanzministeriums wird auf die Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 1 Bl. 146 verwiesen, und für den nachfolgenden Schriftwechsel zwischen dem Klägervertreter und dem Beklagten auf die Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 1 Bl.152 ff. Die Klägerin machte insbesondere geltend, dass über ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und über ihren Gemeinwohlbereich getrennt Buch geführt werde, und dass die beiden streitgegenständlichen Zuwendungen auf ein separates Konto des Gemeinwohlbereichs geflossen seien. Die beiden Zustiftungen seien ausschließlich für den Gemeinwohlbereich erfolgt, das ergebe sich aus der Korrespondenz der A.. Dass die Schenkungsvereinbarungen nicht notariell beurkundet worden seien, schade nicht.
38
Die Klägerin legte hierzu ein Schreiben der A. vom 10.08.2022 vor. Darin heißt es:
39
"Wir bestätigen, dass die A. im Jahr 2021 der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV eine Zuwendung gewährt hat.
40
Diese Vereinbarung der Zuwendung und Zahlung von EUR 20 Millionen im Jahr 2021 erfolgte seitens der A. auf Grundlage von Beschlüssen der zuständigen Gremien, die im Januar 2021 gefasst wurden. Hierbei wurden die Zuwendungen zur freien Verfügung des Vorstandes des gemeinwohlorientierten Bereichs für dessen satzungsmäßige Zweckverwirklichung gem. § 2 Abs. 1 der Satzung ("Förderung des Klima- und Umweltschutzes") gewährt. Eine anderweitige Verwendung der Zuwendung als die für die genannten Zwecke ist nicht erlaubt. Dies wurde auch so in Ziff. 2 der abgestimmten Zuwendungsvereinbarung zwischen der (...) und der Stiftung festgehalten."
41
Der Beklagte bat sodann den Klägervertreter, die entsprechenden Beschlüsse der A. vorzulegen. Außerdem bat er, durch geeignete Unterlagen nachzuweisen, dass die Mittel aus den beiden Zustiftungen nicht für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, sondern ausschließlich für den gemeinwohlorientierten Bereich verwendet bzw. dafür bestimmt gewesen seien.
42
Darauf teilte der Klägervertreter mit, dass die in dem Schreiben vom 10.08.2022 angesprochenen Beschlüsse interne Beschlüsse der A. seien, und dass die Klägerin auf sie keinen Zugriff habe. Der Klägervertreter legte außerdem den Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2021 vor (Schenkungsteuerakte 1. Zustiftung Band 2 Bl. 180).
43
Am 16.09.2022 ergingen zwei Schenkungsteuerbescheide. Der Beklagte setzte für die Zuwendung von € 10.199.900 Schenkungsteuer in Höhe von € 4.934.925 fest, und für die Zuwendung von € 9.800.000 Schenkungsteuer in Höhe von € 4.899.622.
44
Mit Schreiben vom 16.09.2022 übersandte der Beklagte der Klägerin die beiden Bescheide und teilte ergänzend mit, dass es sich bei der Klägerin um eine Körperschaft des privaten Rechts handle. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen, die von A. geplante, finanzierte und gebaute Gaspipeline fertigzustellen. Damit nehme sie in erster Linie die Aufgabe eines privaten Investors wahr, und nicht ausschließlich Zwecke des Landes M-V. Da es sich bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer um eine Stichtagssteuer handle, sei es nicht ausreichend, wenn die ausschließliche Bestimmung der Mittel für den Gemeinwohlbereich durch ein nachträglich erstelltes Schreiben vom 10.08.2022 bestätigt werde. Auch durch eine tatsächliche Trennung der Mittel in der Buchführung werde der Mangel nicht geheilt.
3.
45
Die Klägerin hat am 26.09.2022 gegen die beiden Bescheide Sprungklage erhoben. Der Beklagte, dem die Klageschrift am 29.09.2022 zugestellt worden ist, hat der Sprungklage mit am 27.10.2022 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz zugestimmt.
46
Die Klägerin stellt unstreitig, dass die beiden streitgegenständlichen Zuwendungen freigebig erfolgt sind, also insbesondere nicht in Erwartung einer Gegenleistung, und dass es sich somit grundsätzlich um Schenkungen handelt. Sie vertritt aber weiter die Auffassung, dass die beiden Zuwendungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG steuerfrei seien. Mit der Zuwendung seien ausschließlich Zwecke des Landes M-V verfolgt worden. "Zwecke" im Sinne der genannten Vorschrift seien auch gemeinnützige Zwecke, somit auch der Umweltschutz, bei dem es sich nach Art. 12 VerfMV um ein Staatsziel des Landes M-V handle. Dazu gehöre auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit unter Einbeziehung der anderen Ostseeanrainerstaaten. Schließlich müsse der Klimaschutz immer auch seine globalen Bedingungen und Auswirkungen einbeziehen.
47
Die Klägerin sei gegründet worden, um dieses wichtiges Interesse des Landes zu verfolgen; ihre Gründung erfülle die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung -LHO-. Insbesondere sei ein wichtiges Interesse des Landes im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO gegeben. Der Stiftungszweck sei durch den Landtag in den elf ausformulierten Spiegelstrichen unter § 2 Abs. 1 der Satzung hinreichend bestimmt festgelegt worden. Daher könne nicht gesagt werden, dass die Klägerin eine "eigene" (nicht demokratisch legitimierte) Umweltschutzpolitik betreibe und somit nicht "ausschließlich" Zwecken des Landes diene. Eine konkretere Bestimmung der Zwecke sei nicht möglich; dies sei der Rechtsform der Stiftung geschuldet. Da Stiftungen auf die Ewigkeit angelegt seien, müsse der Stifterwille abstrakt gefasst werden und könne nicht bis ins kleinste Detail niedergeschrieben werden.
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Der Gemeinwohlbereich der Klägerin sei klar von ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb getrennt. Für beide Bereiche sei jeweils ein eigener Geschäftsführer oder Vertreter bestellt; es gebe separate Konten und eine buchhalterisch getrennte Erfassung. Es seien auch getrennte Vorstandssitzungen für den Gemeinwohlbereich einerseits und für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb andererseits durchgeführt worden. Diese Trennung habe elementare Bedeutung, denn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sei auf Zeit angelegt, der Gemeinwohlbereich dagegen auf Ewigkeit. Durch die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der A. sei sichergestellt gewesen, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ausschließlich Gewinn erziele und deshalb keine Zuschüsse aus den Geldern des Gemeinwohlbereichs benötigen könne.
49
Die beiden Schenkungen seien unter einer entsprechenden Auflage erfolgt; das sei bereits zum Zeitpunkt der Zuwendungen mündlich geschehen. Noch vor der Gründung der Klägerin sei zwischen dem Chief Executive Officer (CEO) der A. und der Ministerpräsidentin des Landes M-V vereinbart worden, dass die A. € 60.000.000 an den Gemeinwohlbereich der Klägerin leisten werde, um den Satzungszweck nach § 2 Abs. 1 der Satzung der Klägerin umzusetzen. Erst durch die beiden Zuwendungen sei der Gemeinwohlbereich lebensfähig gewesen und es sei möglich geworden, Mitarbeiter einzustellen. Dagegen sei es aufgrund der im Kooperationsvertrag mit der A. getroffenen Vereinbarungen nicht notwendig gewesen, den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zusätzlich zu finanzieren. Dass die (nachträglichen) Schenkungsvereinbarungen nicht notariell beurkundet worden seien, schade nicht; denn der Formmangel sei durch den Vollzug der Schenkungen geheilt. Es habe aus der Sicht der Vertragsparteien damals keinen Grund gegeben, die Absprache zur Verwendung der Zuwendungen schriftlich zu fassen. Dafür, dass diese Absprache tatsächlich getroffen worden sei, spreche auch, dass nachfolgend alle Beteiligten in ihrem weiteren Handeln mit großer Selbstverständlichkeit vom Bestehen dieser Absprache ausgegangen seien. Zudem seien beide Zuwendungen auf das Konto des Gemeinwohlbereichs geleistet worden. Auch in § 3 Abs. 4 der Satzung sei lediglich eine Vermögensumschichtung aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in den Gemeinwohlbereich vorgesehen, nicht aber umgekehrt aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in den Gemeinwohlbereich.
50
Nach richterlichem Hinweis macht die Klägerin auch geltend, dass jedenfalls die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG erfüllt seien. Die Zuwendungen seien ausschließlich gemeinnützigen Zwecken gewidmet gewesen, und die Verwendung zu dem bestimmten Zweck sei gesichert gewesen. Die Sicherung ergebe sich aus der mündlich erteilten Auflage. Ferner sei durch die Bindung der Klägerin an den Willen des Stifters und durch die gesetzlich vorgeschriebene Stiftungsaufsicht gewährleistet gewesen, dass die Zuwendung der Auflage entsprechend verwendet werde. Dies sei auch so praktiziert worden; aus den 20 Millionen Euro sei kein Cent in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geflossen.
51
Es sei geboten, bei der Anwendung aller Steuerbefreiungsvorschriften die Besonderheiten der grundgesetzlich geschützten Rechtsform Stiftung zu berücksichtigen.
52
Die Klägerin beantragt,
53
die Schenkungsteuerbescheide vom 16.09.2022 dahingehend zu ändern, dass die Schenkungsteuer für die Zustiftungen der A. vom 08.02.2021 und vom 12.07.2021 jeweils auf Null Euro festgesetzt wird;
54
hilfsweise: die Revision zuzulassen.
55
Der Beklagte beantragt,
56
die Klage abzuweisen.
57
Er vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen der Schenkungsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG nicht erfüllt seien. Erforderlich sei eine Auflage des Schenkers, die dieser dem Beschenkten mitteile. Eine solche Auflage könne nicht nachträglich erfolgen, also insbesondere nicht wie hier mit dem Schreiben vom 10.08.2022. Dass Auflagen lediglich mündlich erteilt worden seien, sei fragwürdig. Dafür sei kein Grund ersichtlich, zumal es um sehr hohe Beträge gegangen sei und alle anderen Dokumente innerhalb kurzer Zeit schriftlich gefasst worden seien.
58
Außerdem seien die Zuwendungen nicht ausschließlich für Zwecke des Landes verwendet worden, sondern auch für Zwecke ausländischer Gebietskörperschaften, nämlich der übrigen Ostseeanrainerstaaten.
59
Die Klägerin habe als eigenständige und eigenverantwortlich handelnde juristische Person des Privatrechts selbst über die Verwendung der Mittel entscheiden können und keinen Weisungen unterlegen. In den beim Landgericht Schwerin (Aktenzeichen 3 O 65/22) und beim Oberlandesgericht Rostock (Aktenzeichen 6 U 19/22) anhängig gewesenen Klageverfahren betreffend eine presserechtliche Auskunftsverpflichtung der Klägerin habe diese selbst stets dahingehend argumentiert, dass die öffentliche Hand auf sie keinen beherrschenden Einfluss habe. Zudem seien die Voraussetzungen der Steuerbefreiungsvorschrift wesentlich enger auszulegen als die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs, über den dort durch die Zivilgerichte entschieden worden sei, und der im Lichte der grundgesetzlich geschützten Pressefreiheit weit habe ausgelegt werden müssen. Zudem sei die Klägerin nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 c) der Satzung in der Verwendung der Zuwendungen frei und könne diese auch für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einsetzen. Der Landtag habe auf die konkrete Verwendung der Mittel keinen Einfluss gehabt. Über die Verwendung der Mittel im Rahmen der beiden Stiftungszwecke - Klimaschutz und Fertigstellung der Pipeline - habe allein der Vorstand der Stiftung zu entscheiden.
60
Wenn die Zustiftungen pauschal als Zustiftungskapital ohne konkreten Bezug zum ideellen Bereich verbucht worden seien, so spreche dies dafür, dass der Vorstand frei über die Verwendung habe verfügen können. Dafür spreche auch der Umstand, dass die zugeflossenen Mittel nahezu zur Hälfte in Wertpapieren angelegt worden seien.
61
Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG komme nicht zur Anwendung. Es sei schon zweifelhaft, ob der in § 2 Abs. 1 der Satzung bezeichnete Zeck ausschließlich gemeinnützig sei. Insofern sei zu beachten, dass im vierten Spiegelstrich auch die Förderung von Wirtschaftsunternehmen als möglicher Zweck vorgesehen sei. Jedenfalls sei die Verwendung zum Zwecke des Klima- und Umweltschutzes nicht gesichert gewesen. Dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sich selbst finanzieren könne, sei entgegen der Auffassung der Klägerin keineswegs sichergestellt gewesen. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb habe seine Ausgaben vorab selbst finanzieren müssen und sie dann binnen 6 Wochen bei der A. einreichen können. Für den Fall einer Insolvenz der A. sei die Klägerin nicht abgesichert gewesen und sei Gefahr gelaufen, ihre Ausgaben nicht erstattet zu bekommen. Auch durch die staatliche Stiftungsaufsicht sei nicht sichergestellt gewesen, dass die Klägerin die Zuwendungen für den gemeinwohlorientierten Bereich und nicht etwa für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der ja auch zu ihren Zwecken gehört habe, verwende.
62
Dem Gericht haben vier Bände Schenkungsteuerakten vorgelegen.
63
Am 12.01.2023 hat der Berichterstatter einen Erörterungstermin durchgeführt, in dem der Vorstandsvorsitzende der Klägerin sich ergänzend zum Sachverhalt geäußert hat. Auf das Protokoll (Streitakte Bl. 257 ff.) wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
64
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
65
Die Klage ist zulässig. Der Sprungklage hat der Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zugestimmt (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
II.
66
Die Klage ist unbegründet, da die beiden angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
67
Die beiden Zuwendungen der A. unterliegen nach § 1 ErbStG grundsätzlich der Schenkungsteuer (unten A). Die Voraussetzungen einer Schenkungsteuerbefreiung sind auch dann, wenn man den Vortrag der Klägerin zu den mündlich erteilten Auflagen als wahr unterstellt, nicht erfüllt (unten B).
A.
68
Die beiden Zuwendungen sind als Schenkungen grundsätzlich nach § 1 ErbStG schenkungsteuerpflichtig.
69
Der Schenkungsteuer unterliegen Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG). Als Schenkungen unter Lebenden gelten freigebige Zuwendungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG).
1.
70
Die beiden verfahrensgegenständlichen Zuwendungen sind keine Zweckzuwendungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 8 ErbStG; denn sie waren nicht mit der die Bereicherung des Erwerbers mindernden Auflage verbunden, zugunsten eines bestimmten Zwecks verwendet zu werden (§ 8 ErbStG). Ob die Zuwendungen mit einer rechtlich bindenden Auflage verbunden waren, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Jedenfalls lag keine Auflage vor, die geeignet war, die bei der Klägerin eingetretene Bereicherung zu mindern. Die Zuwendungen kamen der Klägerin zugute, da sie von ihr eingesetzt werden konnten, um ihre eigenen Zwecke im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes zu verfolgen. Die Auflage gegenüber einer Stiftung, das ihr Zugewandte satzungsgemäß zu verwenden, mindert die Bereicherung der Stiftung anerkanntermaßen nicht (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage § 8 Rn. 8).
71
Auch als Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG) sind die Zuwendungen nicht zu bewerten. Vermögen geht nur dann "auf Grund eines Stiftungsgeschäfts" über, wenn die Stiftung ihre durch das Stiftungsgeschäft festgelegte Erstausstattung erhält (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage § 7 Rn. 121), also hier den Betrag von € 200.000, mit dem das Land ausweislich des Stiftungsgeschäfts die Klägerin ausgestattet hat. Auf weitere Zustiftungen - wie sie im Streitfall geleistet worden sind - ist die Vorschrift nicht anzuwenden.
2.
72
Es handelt sich jedoch um freigebige Zuwendungen.
73
Als Schenkung gilt jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Freigebig ist eine Zuwendung dann, wenn die Leistung des Gebers als unentgeltlich anzusehen ist, wenn sie also weder synallagmatisch noch konditional oder kausal mit einer Gegenleistung des Empfängers verknüpft ist. Eine "kausale Verknüpfung" zwischen Leistung und Gegenleistung genügt also, um die Freigebigkeit auszuschließen. Eine solche kausale Abhängigkeit zwischen Leistung und Gegenleistung besteht dann, wenn die Bewirkung der erstrebten Gegenleistung Geschäftsgrundlage für die eigene Leistung ist. Ob das der Fall ist, richtet sich nach dem Parteiwillen: Je mehr die Zweckerreichung dem Interesse des Zuwendenden oder eines Dritten dient, desto näher liegt die Annahme einer kausalen Verknüpfung; je mehr die Zweckerreichung dem Interesse des Bedachten dient, desto näher liegt die Annahme einer Schenkung (Bundesfinanzhof -BFH-, Urt. vom 15.03.2007, II R 5/04, juris Rn. 53; BFH, Urt. vom 09.12.2009, II R 22/08, juris Rn. 19).
74
Dass die beiden Zuwendungen der A. nach diesem Maßstab freigebig waren, dass sie insbesondere nicht kausal mit einer Gegenleistung verknüpft waren, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Klägerin trägt insbesondere ausdrücklich vor, dass es keineswegs eine Geschäftsgrundlage der Zuwendungen gegeben habe. Die weiteren Zuwendungen seien nicht deshalb ausgeblieben, weil eine Geschäftsgrundlage weggefallen sei, sondern weil die A. keine Einnahmen mehr erzielt und deshalb nicht die Mittel für weitere Zuwendungen gehabt habe. Zudem habe A. die bereits gezahlten Beträge nicht wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückgefordert. A. habe das Geld um der eigenen Imagepflege willen gezahlt und keine Gegenleistung erwartet.
75
Das ist der Entscheidung zugrundezulegen. Eine Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen wäre lediglich dann geboten, wenn sich die Möglichkeit und Notwendigkeit weiterer Ermittlungen dem Gericht nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten aufdrängen würde (Stalbold in Gosch, AO/FGO, 180. Ergänzungslieferung § 76 FGO Rn. 35 m.w.N.). Das trifft hier nicht zu. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die als Zeugen in Betracht kommenden Personen Tatsachen bekunden würden, die den Schluss auf eine kausale Verknüpfung zulassen würden. Auch der feststehende Sachverhalt kann nicht dahin gewürdigt werden, dass eine kausale Verknüpfung im dargestellten Sinne vorgelegen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Absprache über die Zuwendungen der A. an die Klägerin schon vor deren Gründung der Klägerin zwischen der A. und der Landesregierung zustande gekommen ist. Die Annahme, dass zwischen den Zuwendungen und dem Handeln der Landesregierung eine kausale Verknüpfung bestanden hat, drängt sich nicht auf. Anhaltspunkte dafür sind im Gegenteil weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere spricht nichts dafür, dass die (von der Stiftungsgründung zu unterscheidenden) Zuwendungen im eigenen Interesse der A. oder sonst eines Dritten lagen.
B.
76
Die Voraussetzungen einer Befreiungsvorschrift sind nicht erfüllt. Das gilt sowohl für § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG (dazu unter 1) als auch für § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG (dazu unter 2).
1.
77
Eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG ist nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift sind Anfälle, die ausschließlich Zwecken eines Landes dienen, steuerfrei. Die Zuwendungen der A. haben Zwecken des Landes M-V gedient (dazu unter a), dies aber nicht ausschließlich (dazu unter b).
a)
78
Die Zuwendungen der A. haben Zwecken des Landes M-V gedient. Das trifft auch dann zu, wenn es keine (also auch keine mündlichen) Auflagen gegeben hat und die Klägerin die Mittel ohne jede Vorgabe verwenden konnte. Sowohl der gemeinwohlorientierte Bereich als auch der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb gehörten zu den Aufgaben der Klägerin, die vom Stifter (dem Land M-V) vorgegeben waren. Es handelt sich um Zwecke, die das Land M-V tatsächlich verfolgt hat und verfolgen durfte.
79
Das Merkmal des "Zwecks" im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG ist grundsätzlich weit auszulegen; die relevanten Zwecke werden nur durch die Verfassung der jeweiligen Gebietskörperschaft begrenzt (Griesel in Daragan/Halaczinsky/Riedel, Praxiskommentar ErbStG und BewG, 3. Auflage § 13 ErbStG Rn. 96; Kiebele in Preißer/Rödl/Seltenreich, ErbStG, 3. Auflage § 13 Rn. 243). Vorliegend stand das Landesverfassungsrecht der Verfolgung der Stiftungszwecke nicht entgegen.
80
Insbesondere gibt es keinen Grund, nur den Umwelt- und Klimaschutz als legitimen Zweck des Landes anzusehen, nicht aber die Förderung der Gaspipeline. Der Umweltschutz ist zwar ein durch Art. 12 VerfMV vorgegebenes Staatsziel. Dagegen ist aber auch die Sicherstellung der Energieversorgung eine öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung (so Bundesverfassungsgericht, Urt. vom 20.03.1984, 1 BvL 28/82, BVerfGE 66, 248 = juris Rn. 37; auch Theobald/Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 3. Auflage S. 363 f.). Sie gehört zur Daseinsvorsorge und ist in Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz -GGverfassungsrechtlich verankert. Ob die Unterstützung der Pipeline aus heutiger Sicht als politischer Fehler angesehen wird, ist unerheblich. Dies ändert nichts an der rechtlichen Bewertung dahingehend, dass das Land grundsätzlich so handeln durfte, wie es das getan hat, und dass es sich auch insoweit um einen schenkungsteuerrechtlich relevanten eigenen Zweck des Landes gehandelt hat. Dass das Land den Rahmen seiner Aufgaben eindeutig überschritten hat (vgl. BFH, Urt. vom 01.12.2004, II R 46/02, BStBl II 2005, 311 für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), kann nicht festgestellt werden.
b)
81
Die Zuwendungen haben jedoch nicht "ausschließlich" Zwecken des Landes gedient.
aa)
82
Das Merkmal "ausschließlich" (§ 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG) ist dahingehend auszulegen, dass es nur dann erfüllt ist, wenn das Land den Zweck hinreichend konkret selbst festlegt.
83
Für eine solche Auslegung spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift. Ein "ausschließlicher" Zweck des Landes liegt nach dem Sprachverständnis dann vor, wenn das Land selbst den Zweck konkret festlegt und dem Empfänger der Zuwendung nur noch die Ausführung überlassen bleibt. Hat der Empfänger dagegen einen erheblichen eigenen Entscheidungsspielraum, so kann er "eigene" Zwecke festlegen und verfolgen, so dass es sich nicht mehr "ausschließlich" um einen Zweck des Landes handelt.
84
Für ein solches Verständnis sprechen auch der Sinn und Zweck und die Systematik der Befreiungsvorschrift. Der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG wird aus dem Zusammenhang mit der ersten Alternative derselben Bestimmung deutlich. Nach der ersten Alternative der Bestimmung sind Anfälle an den Bund, ein Land oder eine inländische Gemeinde steuerfrei. Die zweite Alternative der Vorschrift lässt sich nur damit erklären, dass sie solche Fälle erfassen soll, in denen der Zuwendende ebenso gut an den Staat leisten und der Staat den Geldbetrag sodann für den von ihm gesetzten Zweck einsetzen könnte. Gemeint sind mit anderen Worten - diejenigen Fälle, in denen der Zuwendende nur zur "Abkürzung des Zahlungsweges" nicht an den Staat, sondern direkt an den nichtstaatlichen Leistungsempfänger zahlt (vgl. Finanzgericht -FG- Sachsen-Anhalt, Urt. vom 27.05.1999, II 12/97, EFG 2000, 24, juris Rn. 25). Mit dieser Bedeutung ergänzt die zweite Alternative des § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG die erste Alternative und ermöglicht eine schenkungsteuerfreie Zuwendung unmittelbar an den Leistungsempfänger, dem sonst der Staat den vom Zuwendenden erhaltenen Geldbetrag auszahlen würde. Die Bestimmung soll damit solche Zuwendungen von der Steuerbarkeit ausnehmen, die ohnehin in die Erfüllung staatlicher Aufgaben fließen. Da die Steuerbarkeit dem Staat Geld zur Erfüllung seiner Aufgaben verschaffen soll, wäre die Besteuerung in einem solchen Fall sinnlos.
85
Aus diesen Gründen versteht der Senat die Steuerbefreiungsvorschrift dahin, dass sie eine hinreichend konkrete Vorgabe des verfolgten Zwecks durch den Staat selbst voraussetzt. Die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG erfasst nur solche Vorgänge, die den Anforderungen an die Verwendung von Steuermitteln durch den Staat genügen. Soweit es um die Verwendung von Haushaltsmitteln geht, muss der Landtag hinreichend konkret bestimmen, für welche Zwecke Mittel in welcher Höhe verwendet werden (vgl. Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urt. vom 26.09.2019, LVerfG 2/18, NVwZ-RR 2020, 233 Rn. 79 ff. zum "Strategiefonds"; Urt. vom 24.11.2022, LVerfG 2/21, NVwZ-RR 2023, 345 Rn. 90 ff. zum Sondervermögen "MV-Schutzfonds").
86
In Übereinstimmung damit werden im Schrifttum für die Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG solche Beispiele aufgeführt, bei denen konkrete einzelne staatliche Vorhaben durch eine private Spende gefördert werden, so eine Spende zur Förderung eines städtischen Kinderheims oder Altersheims (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage § 13 Rn. 68; Kien-Hümbert in Moench/Weinmann, ErbStG, 09/2014, § 13 Rn. 89; Weinmann in Christoffel/Geckle/Pahlke, ErbStG, § 13 Rn. 69).
bb)
87
Die dargelegten Anforderungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Das Land M-V hat nicht hinreichend konkret selbst festgelegt, wozu das Geld zu verwenden ist. Das gilt auch dann, wenn man als zutreffend unterstellt, dass die Beträge kraft ausdrücklicher Vorgabe nur für den Gemeinwohlbereich, nicht dagegen für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwendet werden sollten.
88
Die Zwecke des Gemeinwohlbereichs, die in § 2 Abs. 1 der Satzung aufgezählt werden, sind denkbar weit und umfassend. Zu ihnen gehören - beispielsweise - neben der Öffentlichkeitsarbeit und der Aus- und Fortbildung (7. und 9. Spiegelstrich) auch die Förderung von Wissenschaft und Forschung unter federführender Beteiligung von Wirtschaftsunternehmen (3. Spiegelstrich) und die Unterstützung von Wirtschaftsunternehmen bei der unternehmenseigenen Forschung (4. Spiegelstrich). Der erste Spiegelstrich nennt ganz allgemein die "Durchführung und Förderung von Maßnahmen und Projekten des Klimaschutzes", ohne dies weiter durch die Mittel und Methoden einzugrenzen, mit denen dieses Ziel erreicht werden kann. Legt man die oben zitierte Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zugrunde, wonach der Gesetzgeber nicht nur den weitgefassten Zweck, sondern auch die einzelnen Mittel zur Erreichung dieses Zwecks bestimmen muss, dann ist die Satzung insofern zu unbestimmt. Das Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat die Bestimmung von Mitteln "zur Bewältigung der Corona-Pandemie und ihrer Folgen" für zu unbestimmt gehalten, da es die originäre Aufgabe des Landtages sei, auch die konkreten Maßnahmen zu bestimmen, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll (vgl. LVerfG MV, Urt. vom 24.11.2022 a.a.O. Rn. 94 f.; vgl. auch Hessischer Staatsgerichtshof, Urt. vom 27.10.2021, P.St. 2783 u.a., NVwZ 2022, 147 [BVerfG 16.12.2021 - 1 BvR 1541/20] Rn. 180 ff.)
89
Dasselbe gilt ebenso für "Maßnahmen und Projekte des Klimaschutzes". Das Ziel des "Klimaschutzes" ist denkbar weit. Es handelt sich um ein Ziel, dass nicht durch einzelne Maßnahmen "erreicht" werden kann, sondern zu dem allenfalls durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die für sich genommen auch anderen Zielen dienen mögen, beigetragen werden kann. Ferner ist in vielen Fällen eine Abwägung des Klimaschutzes gegen andere gewichtige Belange erforderlich. Welche Maßnahmen des Klimaschutzes vor diesem Hintergrund ergriffen werden sollen, ist politisch zu entscheiden, und zwar in erster Linie durch das Parlament. Dagegen ermöglicht die hier gewählte Gestaltung der Klägerin eine eigene, nicht durch konkrete Entscheidungen des Landtages legitimierte Klimaschutzpolitik, indem die Klägerin selbst entscheiden kann, ob sie ihre Mittel etwa für die Öffentlichkeitsarbeit, für die Förderung der Forschung durch bestimmte Wirtschaftsunternehmen oder für sonstige Projekte einsetzt. Das Geld wird somit nicht unter Abkürzung des Zahlungsweges ebenso ausgegeben, wie es das Land selbst aus seinen eigenen Mitteln hätte ausgeben können und dürfen. Die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG greift deshalb ihrem Sinn und Zweck nach nicht.
90
Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Staat die rechtliche Möglichkeit habe, eine Stiftung zu gründen und diese aus Steuermitteln auszustatten, ohne der Stiftung genauere Vorgaben über die Verwendung des Geldes machen zu können. Es mag zwar der Praxis entsprechen, dass sowohl der Bund als auch die Länder Stiftungen gründen, auf die sie eigene Aufgaben verlagern, und denen sie Geld aus Steuermitteln zur Verfügung stellen. Diese Praxis unterliegt jedoch - insbesondere im Licht der oben zitierten Verfassungsrechtsprechung - erheblichen Bedenken. Gegen sie wird eingewandt, dass die demokratische Legitimation solcher Stiftungen zweifelhaft sei. Der einmal erfolgte Stiftungsakt entziehe das gewidmete Vermögen ein für alle Mal der Disposition des Haushaltsgesetzgebers, was der Initiativfunktion des demokratisch gewählten Gesetzgebers widerspreche. Dem sei allenfalls dadurch abzuhelfen, dass man die Stiftungsgremien zu einem Teil mit Beauftragten des Staates besetze (so Kilian, Die staatliche Stiftung des privaten Rechts eine unendliche Geschichte, ZStV 2019, 135, 136 f.; auch Bericht des Bundesrechnungshofs nach § 88 Absatz 2 BHO an das Bundesministerium der Finanzen, "Stiftungen als Instrumente des Bundeshandelns" vom 14.01.2022, veröffentlicht auf der Internetseite des Bundesrechnungshofs). Das ist hier jedoch nicht geschehen. Der Vorstand der Stiftung ist zwar von der Ministerpräsidentin bestellt. Er unterliegt während seiner Amtszeit aber keinen Weisungen; vielmehr ist er ausdrücklich weisungsunabhängig (§ 8 Abs. 1 Satz 2 der Satzung).
cc)
91
Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass der Steuerbefreiung solche Zuwendungen an Privatpersonen unterfallen, die mit der rechtsgeschäftlichen Auflage verbunden sind, für alle erdenklichen, weit zu fassenden Zwecke des Bundes oder eines Landes verwendet zu werden. Eine Zuwendung diene erst dann nicht mehr "ausschließlich" Zwecken des Staates, wenn sie zugleich anderen, nicht privilegierten Zwecken diene (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, 50. Ergänzungslieferung § 13 Rn. 176). Diesem Verständnis folgt der Beklagte, indem er darauf verweist, dass das zugewendete Geld auch für die Zusammenarbeit mit anderen Ostseeanrainerstaaten (und somit auch für die Belange anderer Staaten) eingesetzt werden könne, und dass die Steuerbefreiung deshalb ausscheide.
92
Ob die dargestellte Auffassung stets zu denselben Auffassungen führt wie der oben (aa) und bb)) dargelegte und angewendete rechtliche Maßstab, kann offenbleiben. Denn im Streitfall führt die Auffassung, wonach allein der Staat, nicht aber zugleich ein nicht privilegierter Zweck gefördert werden dürfe, ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nicht erfüllt sind.
93
Der Zweck der Zuwendung (Umwelt- und Klimaschutz) ist im Streitfall außergewöhnlich weit gefasst und umfasst auch solche Tätigkeiten, die unmittelbar im Interesse privater Dritter liegen können. Beispielsweise kann die Klägerin ihre Mittel nach § 2 Abs. 1, 4. Spiegelstrich ihrer Satzung zur Unterstützung von Wirtschaftsunternehmen im Bereich der Sicherung der Energieversorgung einsetzen, von der unternehmenseigenen Forschung bis hin zu markteinführenden Verbreitungsstrategien. Wenn die Klägerin sich entschließt, ein bestimmtes einzelnes Unternehmen in dieser Weise zu fördern, dient dies nicht nur den Zielen des Landes, sondern zugleich auch den nicht steuerlich privilegierten Zwecken dieses Unternehmens. Grundsätzlich gehört zwar auch die Wirtschaftsförderung zu denjenigen Aufgaben, die der Staat wahrnehmen darf. Zuwendungen Privater zum Zwecke der Wirtschaftsförderung dürften (im Einklang mit der oben unter aa) dargelegten Auffassung) dann nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG steuerfrei sein, wenn der Staat das Geld unmittelbar ebenso hätte ausgeben können, also insbesondere dann, wenn die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern -MVLHO- erfüllt sind. Das trifft im Streitfall jedoch nicht zu. Das Land hat keinen angemessenen Einfluss im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 MVLHO). Die Mitglieder des Vorstandes werden zwar von der Ministerpräsidentin ernannt, sind aber nicht an Weisungen gebunden, so dass das Land nach der Ernennung ohne Einfluss bleibt.
2.
94
Auch die Befreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 17 EStG1 liegt nicht vor. Danach sind Zuwendungen steuerfrei, die ausschließlich gemeinnützigen Zwecken gewidmet sind, sofern die Verwendung zu dem bestimmten Zweck gesichert ist. Auch diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
a)
95
Wenn man im vorliegenden Zusammenhang als zutreffend unterstellt, dass die Mittel nicht für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwendet werden sollten, dann waren die beiden Zuwendungen "ausschließlich gemeinnützigen Zwecken gewidmet".
96
Der Klima- und Umweltschutz ist nach § 52 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 Abgabenordnung -AO- ein gemeinnütziger Zweck, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, nicht fest abgeschlossen ist. Dem entsprechen die in § 2 Abs. 1 der Satzung aufgezählten Stiftungszwecke. Zu diesen Zwecken gehört zwar auch "die Unterstützung von Wirtschaftsunternehmen zur unternehmenseigenen Forschung in diesem Bereich, zur Herstellung von Prototypen, für Nullserien und für markteinführende Verbreitungsstrategien", also letztlich die Förderung einzelner Unternehmen. Das steht jedoch der Gemeinnützigkeit nicht entgegen, weil die Steuervergünstigung nicht dadurch entfällt, dass eine von einer Gebietskörperschaft errichtete Stiftung zur Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen vergibt (§ 58 Nr. 9 AO).
b)
97
Die Verwendung zu dem bestimmten Zweck war jedoch nicht gesichert.
98
Die Verwendung einer Zuwendung zu einem gemeinnützigen Zweck ist dann gesichert, wenn sie erfolgt oder beaufsichtigt wird durch eine öffentliche Behörde oder einen öffentlichen Beamten in amtlicher Eigenschaft, eine Religionsgesellschaft oder einen Geistlichen kraft seiner kirchlichen Stellung. Die Verwendung ist dagegen nicht ohne Weiteres als gesichert anzusehen, wenn sie einem Erben, Testamentsvollstrecker oder einer anderen Privatperson oder einem nicht rechtsfähigen Verein aufgetragen ist, der nach seiner Organisation keine Gewähr für die dauernde Zweckerfüllung bietet (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage § 13 Rn. 78).
99
Nach diesem Maßstab war die Verwendung für den Klima- und Umweltschutz im Streitfall nicht gesichert.
100
Durch die staatliche Stiftungsaufsicht war nicht gewährleistet, dass die Mittel gerade für den Klima- und Umweltschutz und nicht für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwendet werden. Die Stiftung untersteht zwar nach § 4 Abs. 1 Landesstiftungsgesetz - StiftG MVder Rechtsaufsicht des Landes. Die Stiftungsbehörde kann dann eingreifen, wenn Maßnahmen der Stiftungsorgane dem Stifterwillen oder den Gesetzen widersprechen (§ 6 Abs. 1 StiftG MV). Vorliegend geht es aber um die Einhaltung einer allenfalls mündlich erteilten Auflage, nach der die Zuwendungen nur für einen bestimmten Teilbereich der Stiftung (den gemeinwohlorientierten Bereich), nicht aber für einen anderen Teilbereich (den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) verwendet werden sollten. Insoweit hätte die Stiftungsbehörde keine gesetzliche Grundlage für ein Einschreiten gehabt.
101
Die Verwendung für den Klima- und Umweltschutz war auch nicht durch einen Beamten in amtlicher Eigenschaft oder sonst durch eine besonders vertrauenswürdige Person oder Stelle gewährleistet. Die besondere Vertrauenswürdigkeit muss durch die Funktion, in der die Person handelt, gewährleistet sein. Das besondere Vertrauen zu einer bestimmten Persönlichkeit (hier etwa zu einem Ministerpräsidenten a.D.) reicht also nicht aus. Vorliegend ist das Geld dem Vorstand einer privaten Stiftung anvertraut worden, der in seiner Funktion als Vorstand sowohl für den Gemeinwohlbereich als auch für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verantwortlich war. Eine ausreichende Sicherung kann darin nicht gesehen werden. Da die Stiftung nicht ausschließlich dem Klima- und Umweltschutz dient, war eine Verwendung auch nicht durch die Organisation der Stiftung sichergestellt. Zudem wird in der Präambel der Satzung der Klägerin (letzter Absatz) die Auffassung vertreten, dass zum Klimaschutz auch die Sicherung einer möglichst klimaschonenden Energieversorgung gehöre, einschließlich schnell und flexibel einsetzbarer Gaskraftwerke für eine Übergangszeit. Deshalb werde die Stiftung zu den Arbeiten an der Pipeline beitragen. Wenn auf Seiten der Klägerin diese Auffassung vertreten wird, dann war es aus ihrer Sicht denkbar, die Zuwendungen auch für die Arbeiten an der Leitung einzusetzen, da diese ebenfalls dem Klimaschutz dienten.
102
Das Argument der Klägerin, der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sei durch die Vertragsgestaltung mit der A. so abgesichert gewesen, dass er keinesfalls Mittel aus den Zuwendungen benötigt habe, vermag nicht zu überzeugen. Die Klägerin hatte zwar einen vertraglichen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen die A., zuzüglich eines Aufschlags von 10 %. Es war jedoch nicht ausgeschlossen, dass die A. den Aufwendungsersatz nicht leisten konnte oder nicht leisten wollte, beispielsweise auch wegen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob seine Voraussetzungen erfüllt waren.
103
Die Verwendung des Geldes war auch nicht allein durch eine mündliche Absprache dahingehend, dass das Geld nur für den gemeinwohlorientierten Bereich ausgegeben werden solle, gesichert. Deshalb kommt es auch im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, ob es eine solche Absprache gegeben hat. Eine solche Absprache war nicht mit Sanktionen für den Fall eines Verstoßes verbunden. Das im Erörterungstermin hierzu befragte Vorstandsmitglied der Klägerin hat auf wiederholte Nachfrage nicht sagen können, was geschehen wäre, wenn die Klägerin gegen diese Absprache verstoßen hätte. Es sei schlicht klar und selbstverständlich gewesen, dass das Geld nur für den Gemeinwohlbereich verwendet werde. Zudem ist ausdrücklich gesagt worden, der Vorstand habe es für selbstverständlich gehalten, dass die Klägerin gegenüber der A. über die Verwendung des Geldes nicht Rechenschaft ablegen müsse. Nachdem der Zuwendende an die Stiftung geleistet habe, habe er nichts mehr zu sagen. Über die Verwendung des Geldes entscheide ausschließlich der Vorstand der Klägerin.
104
Unter diesen Umständen war die Verwendung des Geldes für den Klima- und Umweltschutz zwar durchaus wahrscheinlich und zu erwarten, aber nicht in einer Art und Weise "gesichert", die ausreichen würde, um die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift zu rechtfertigen.
III.
105
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
106
Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), da vorliegend allgemeine, bisher ungeklärte Rechtsfragen zur Auslegung der einschlägigen Steuerbefreiungsvorschriften, insbesondere des § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG zu beantworten sind.
Tenor:
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
-
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei Zuwendungen der A. an die Klägerin von der Schenkungsteuer befreit sind.
1.
2
Die Klägerin wurde mit Stiftungsgeschäft vom 07.01.2021 als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts durch das Land Mecklenburg-Vorpommern (im Folgenden: Land M-V), vertreten durch die Ministerpräsidentin, diese vertreten durch den Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung gegründet. Ausweislich der Ziffer 3 des Stiftungsgeschäfts stattete die Stifterin (das Land M-V) die Stiftung mit einem Barvermögen in Höhe von € 200.000 als Grundstockvermögen aus.
3
Mit Schreiben vom 06.01.2021 beantragte die Landesregierung, dass der Landtag der Errichtung der Klägerin zustimmen möge. In der Antragsbegründung heißt es unter "2. Lösung":
4
"Das Land wird eine Stiftung ins Leben rufen, die sich diesen beiden zentralen Zukunftsfragen künftig annimmt. Das (...)-Konsortium wird dies durch namhafte Zustiftungen unterstützen und begleiten."
5
(Mit den "beiden zentralen Zukunftsfragen" waren der Klimaschutz und eine gesicherte Gasversorgung durch Fertigstellung des Pipeline-Projekts (...) gemeint.)
6
Der Antrag wurde durch den Landtag am 07.01.2021 mehrheitlich angenommen. Die Errichtung der Stiftung wurde mit Bescheid des Justizministeriums vom 08.01.2021 anerkannt.
7
Die Klägerin ist ausweislich § 1 Abs. 2 ihrer Satzung eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts. In der Satzung heißt es weiter - unter anderem - wie folgt:
8
"§ 2 Stiftungszweck
9
(1) Die Stiftung verfolgt insbesondere folgende Zwecke und der Stiftungszweck wird insbesondere, ggf. auch mittelbar, durch folgende Aktivitäten und Maßnahmen erfüllt:
10
die Durchführung und Förderung von Maßnahmen und Projekten des Klimaschutzes und zur Bewahrung oder Wiederherstellung der Natur im Land Mecklenburg-Vorpommern und an sowie vor den Küsten des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie an und vor den Ostseeküsten der Ostseeanrainerstaaten:
11
die Durchführung und Förderung von Maßnahmen zur Bewahrung und Verbesserung der ökologischen Situation in den genannten Regionen;
12
die Förderung von Wissenschaft und Forschung im Bereich des Klimaschutzes und auf dem Gebiet einer klimaschonenden Energieversorgung im Land Mecklenburg-Vorpommern oder unter federführender Beteiligung von Wirtschaftsunternehmen, Hochschulen, Wissenschaftseinrichtungen oder Nichtregierungsorganisationen mit Sitz im Land Mecklenburg-Vorpommern;
13
Förderung von Maßnahmen im Land Mecklenburg-Vorpommern zur Umsetzung der Belange des Klima- und Naturschutzes, vor allem auch bei allen Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung, insbesondere bei der Systemstabilität durch Speicher- und Sektorenkopplungslösungen, wobei dies auch die Unterstützung von Wirtschaftsunternehmen mit Sitz im Land Mecklenburg-Vorpommern zur unternehmenseigenen Forschung in diesem Bereich, zur Herstellung von Prototypen, für Nullserien und für markteinführende Verbreitungsstrategien umfasst;
14
die Förderung von Maßnahmen zur Sicherung der Artenvielf<
15
die Förderung von Maßnahmen zur Sicherung des Gewässerschutzes und des Trinkwasserschutzes;
16
Information, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit zu Fragen des Klimaschutzes und der Bewahrung der Natur im Ostseeraum vorrangig in MecklenburgVorpommern und in besonderen Fällen auch in den Ostseeanrainerstaaten;
17
Erfahrungs-, Wissens- und Informationsaustausch sowie die Vernetzung zwischen im Klima- und Umweltschutz Engagierten, insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern und mit den Ostseeanrainerstaaten;
18
Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich des Klima- und Umweltschutzes in Mecklenburg-Vorpommern;
19
Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Organisationen, um im Rahmen des Stiftungszwecks gemeinsame Projekte und Vorhaben, die nach diesem Satzungszweck auch durch die Stiftung allein zulässig sind, zu verwirklichen;
20
die Förderung und Unterstützung von Maßnahmen, Anstrengungen, wissenschaftlichen Untersuchungen im Land Mecklenburg-Vorpommern, die eine klimaschonende Sicherung der Energieversorgung zum Ziel haben.
21
(2) (...) Die Stiftung wird insbesondere einen an Leistungs-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitskriterien ausgerichteten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, gegebenenfalls auch in Form der Gründung einer oder mehrerer rechtlich selbständiger Gesellschaften, errichten und sich damit vorrangig an der Vollendung (des Pipeline-Projekts) beteiligen. (...)"
22
Organe der Stiftung sind der Stiftungsvorstand und das Kuratorium (§ 4 der Satzung). Der Stiftungsvorstand besteht aus mindestens einem und höchstens drei Mitgliedern, die von der Ministerpräsidentin oder dem Ministerpräsidenten für eine Amtszeit von vier Jahren zu bestellen sind (§ 7 Abs. 1 der Satzung). Der Vorstand hat über die laufenden Geschäfte der Stiftung in eigener Verantwortung zu entscheiden und ist weisungsunabhängig (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Satzung). Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb soll von einem sachverständigen Geschäftsführer geführt werden, den der Stiftungsvorstand für eine maximale Tätigkeitsdauer von 5 Jahren zu berufen hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Auch für den gemeinwohlorientierten Bereich der Stiftung ist durch den Vorstand ein hauptamtlicher Geschäftsführer zu bestellen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 der Satzung), dem das laufende Geschäft der Stiftung mit Ausnahme des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes obliegt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 der Satzung), und der an Weisungen des Stiftungsvorstandes gebunden ist (§ 6 Abs. 2 Satz 3 der Satzung).
23
Die Klägerin war in den Jahren 2021 und 2022 nicht als gemeinnützig anerkannt. Die Anerkennung beantragte sie erst, nachdem der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb bereits eingestellt worden war.
24
Die Klägerin schloss kurz nach ihrer Gründung einen schriftlichen Kooperationsvertrag mit der in B. (Schweiz) ansässigen A., der für die Klägerin am 29./30.01.2021 unterzeichnet wurde. Der Vertrag hat ausschließlich die Fertigstellung des Pipelinesystems und die Beteiligung der Klägerin daran zum Gegenstand. Die Vergütung der Klägerin war in der Weise geregelt, dass sie anhand des Wertes der von der Klägerin "gehandhabten, koordinierten und gemanagten" Waren und Dienstleistungen zuzüglich eines Aufschlags von 10 % des Wertes der Waren und Dienstleistungen berechnet wurde. Die Klägerin verpflichtete sich, gegenüber der A. binnen 6 Wochen nach Vollzug eine Berechnung der Gesamtvergütung vorzulegen. Für den genauen Vertragsinhalt wird auf die Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 2 Bl.33 ff. verwiesen.
2.
25
Die A. zahlte an die Klägerin am 08.02.2021 € 10.199.900 und am 12.07.2021 weitere € 9.800.000.
26
Später kam zwischen der Klägerin als "Zuwendungsempfänger" und der A. als "Zuwendungsgeber" der Entwurf einer "Zuwendungsvereinbarung" zustande (Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 2 Bl. 167). Der Entwurf trägt ganz oben in roter Schrift den Vermerk "Entwurf 10. Januar 2022 - bedarf der notariellen Beurkundung". In der Vereinbarung heißt es unter anderem:
27
"Der Zuwendungsgeber beabsichtigt Zuwendungen von insgesamt EUR 40 Millionen innerhalb des Zeitraumes von 2022 - 2042 in jährlichen Tranchen von EUR 2 Millionen an den Zuwendungsempfänger zu tätigen.
28
Eine weitere Zuwendung von EUR 20 Millionen ist bereits im Jahr 2021 erfolgt.
29
a) Die Zuwendungen sollen zur freien Verfügung des Vorstandes des gemeinwohlorientierten Bereiches für dessen satzungsmäßige Zweckverwirklichung gem. § 2 Abs. 1 der Satzung ("Förderung des Klima- und Umweltschutzes") zur Verfügung gestellt werden.
30
(...)
31
b) Eine anderweitige Verwendung der Zuwendung als die in a) genannten Zwecke ist nicht erlaubt."
32
Zu einer notariellen Beurkundung dieser Vereinbarung kam es nicht.
33
Die Klägerin reichte beim Beklagten Schenkungsteuererklärungen ein, in denen sie die beiden Zuwendungen erklärte. Darin machte sie geltend, dass beide Zuwendungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz -ErbStGschenkungsteuerfrei seien.
34
Der Beklagte vertrat zunächst in einem Bericht an das Finanzministerium vom 28.04.2022 die Auffassung, dass die beiden Zuwendungen der A. nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG steuerfrei seien, da mit ihnen ausschließlich Zwecke des Landes M-V verfolgt worden seien. Demgegenüber äußerte das Finanzministerium mit Schreiben vom 03.06.2022 die Meinung, dass Zweifel an der "Ausschließlichkeit" der Zuwendung gegeben seien. Das ergebe sich daraus, dass auch die anderen Ostseeanrainerstaaten als Begünstigte vorgesehen seien.
35
Der Beklagte wies sodann die Klägerin mit Schreiben vom 21.06.2022 darauf hin, dass die Zustiftungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar seien. Das Finanzamt sehe die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG nicht als gegeben an. Es sei nämlich zweifelhaft, ob das Merkmal der "Ausschließlichkeit" erfüllt sei. Indem die Ostseeanrainerstaaten in § 2 der Satzung direkt benannt seien, sei nicht sichergestellt, dass Zuwendungen ausschließlich den Zwecken des Bundes, eines Landes oder einer inländischen Gemeinde dienten.
36
Die Klägerin nahm dazu mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 01.07.2022 (Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 1 Bl. 134) Stellung. Sie bezog sich auf Art. 11 und 12 der Verfassung Mecklenburg-Vorpommern -VerfMV-, aus denen abzuleiten sei, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Ostseeraum und der Umweltschutz Zwecke des Landes seien.
37
Für die weitere Stellungnahme des Finanzministeriums wird auf die Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 1 Bl. 146 verwiesen, und für den nachfolgenden Schriftwechsel zwischen dem Klägervertreter und dem Beklagten auf die Schenkungsteuerakten 1. Zustiftung Band 1 Bl.152 ff. Die Klägerin machte insbesondere geltend, dass über ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und über ihren Gemeinwohlbereich getrennt Buch geführt werde, und dass die beiden streitgegenständlichen Zuwendungen auf ein separates Konto des Gemeinwohlbereichs geflossen seien. Die beiden Zustiftungen seien ausschließlich für den Gemeinwohlbereich erfolgt, das ergebe sich aus der Korrespondenz der A.. Dass die Schenkungsvereinbarungen nicht notariell beurkundet worden seien, schade nicht.
38
Die Klägerin legte hierzu ein Schreiben der A. vom 10.08.2022 vor. Darin heißt es:
39
"Wir bestätigen, dass die A. im Jahr 2021 der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV eine Zuwendung gewährt hat.
40
Diese Vereinbarung der Zuwendung und Zahlung von EUR 20 Millionen im Jahr 2021 erfolgte seitens der A. auf Grundlage von Beschlüssen der zuständigen Gremien, die im Januar 2021 gefasst wurden. Hierbei wurden die Zuwendungen zur freien Verfügung des Vorstandes des gemeinwohlorientierten Bereichs für dessen satzungsmäßige Zweckverwirklichung gem. § 2 Abs. 1 der Satzung ("Förderung des Klima- und Umweltschutzes") gewährt. Eine anderweitige Verwendung der Zuwendung als die für die genannten Zwecke ist nicht erlaubt. Dies wurde auch so in Ziff. 2 der abgestimmten Zuwendungsvereinbarung zwischen der (...) und der Stiftung festgehalten."
41
Der Beklagte bat sodann den Klägervertreter, die entsprechenden Beschlüsse der A. vorzulegen. Außerdem bat er, durch geeignete Unterlagen nachzuweisen, dass die Mittel aus den beiden Zustiftungen nicht für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, sondern ausschließlich für den gemeinwohlorientierten Bereich verwendet bzw. dafür bestimmt gewesen seien.
42
Darauf teilte der Klägervertreter mit, dass die in dem Schreiben vom 10.08.2022 angesprochenen Beschlüsse interne Beschlüsse der A. seien, und dass die Klägerin auf sie keinen Zugriff habe. Der Klägervertreter legte außerdem den Jahresabschluss der Klägerin zum 31.12.2021 vor (Schenkungsteuerakte 1. Zustiftung Band 2 Bl. 180).
43
Am 16.09.2022 ergingen zwei Schenkungsteuerbescheide. Der Beklagte setzte für die Zuwendung von € 10.199.900 Schenkungsteuer in Höhe von € 4.934.925 fest, und für die Zuwendung von € 9.800.000 Schenkungsteuer in Höhe von € 4.899.622.
44
Mit Schreiben vom 16.09.2022 übersandte der Beklagte der Klägerin die beiden Bescheide und teilte ergänzend mit, dass es sich bei der Klägerin um eine Körperschaft des privaten Rechts handle. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen, die von A. geplante, finanzierte und gebaute Gaspipeline fertigzustellen. Damit nehme sie in erster Linie die Aufgabe eines privaten Investors wahr, und nicht ausschließlich Zwecke des Landes M-V. Da es sich bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer um eine Stichtagssteuer handle, sei es nicht ausreichend, wenn die ausschließliche Bestimmung der Mittel für den Gemeinwohlbereich durch ein nachträglich erstelltes Schreiben vom 10.08.2022 bestätigt werde. Auch durch eine tatsächliche Trennung der Mittel in der Buchführung werde der Mangel nicht geheilt.
3.
45
Die Klägerin hat am 26.09.2022 gegen die beiden Bescheide Sprungklage erhoben. Der Beklagte, dem die Klageschrift am 29.09.2022 zugestellt worden ist, hat der Sprungklage mit am 27.10.2022 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz zugestimmt.
46
Die Klägerin stellt unstreitig, dass die beiden streitgegenständlichen Zuwendungen freigebig erfolgt sind, also insbesondere nicht in Erwartung einer Gegenleistung, und dass es sich somit grundsätzlich um Schenkungen handelt. Sie vertritt aber weiter die Auffassung, dass die beiden Zuwendungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG steuerfrei seien. Mit der Zuwendung seien ausschließlich Zwecke des Landes M-V verfolgt worden. "Zwecke" im Sinne der genannten Vorschrift seien auch gemeinnützige Zwecke, somit auch der Umweltschutz, bei dem es sich nach Art. 12 VerfMV um ein Staatsziel des Landes M-V handle. Dazu gehöre auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit unter Einbeziehung der anderen Ostseeanrainerstaaten. Schließlich müsse der Klimaschutz immer auch seine globalen Bedingungen und Auswirkungen einbeziehen.
47
Die Klägerin sei gegründet worden, um dieses wichtiges Interesse des Landes zu verfolgen; ihre Gründung erfülle die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung -LHO-. Insbesondere sei ein wichtiges Interesse des Landes im Sinne des § 65 Abs. 1 Nr. 1 LHO gegeben. Der Stiftungszweck sei durch den Landtag in den elf ausformulierten Spiegelstrichen unter § 2 Abs. 1 der Satzung hinreichend bestimmt festgelegt worden. Daher könne nicht gesagt werden, dass die Klägerin eine "eigene" (nicht demokratisch legitimierte) Umweltschutzpolitik betreibe und somit nicht "ausschließlich" Zwecken des Landes diene. Eine konkretere Bestimmung der Zwecke sei nicht möglich; dies sei der Rechtsform der Stiftung geschuldet. Da Stiftungen auf die Ewigkeit angelegt seien, müsse der Stifterwille abstrakt gefasst werden und könne nicht bis ins kleinste Detail niedergeschrieben werden.
48
Der Gemeinwohlbereich der Klägerin sei klar von ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb getrennt. Für beide Bereiche sei jeweils ein eigener Geschäftsführer oder Vertreter bestellt; es gebe separate Konten und eine buchhalterisch getrennte Erfassung. Es seien auch getrennte Vorstandssitzungen für den Gemeinwohlbereich einerseits und für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb andererseits durchgeführt worden. Diese Trennung habe elementare Bedeutung, denn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sei auf Zeit angelegt, der Gemeinwohlbereich dagegen auf Ewigkeit. Durch die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der A. sei sichergestellt gewesen, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ausschließlich Gewinn erziele und deshalb keine Zuschüsse aus den Geldern des Gemeinwohlbereichs benötigen könne.
49
Die beiden Schenkungen seien unter einer entsprechenden Auflage erfolgt; das sei bereits zum Zeitpunkt der Zuwendungen mündlich geschehen. Noch vor der Gründung der Klägerin sei zwischen dem Chief Executive Officer (CEO) der A. und der Ministerpräsidentin des Landes M-V vereinbart worden, dass die A. € 60.000.000 an den Gemeinwohlbereich der Klägerin leisten werde, um den Satzungszweck nach § 2 Abs. 1 der Satzung der Klägerin umzusetzen. Erst durch die beiden Zuwendungen sei der Gemeinwohlbereich lebensfähig gewesen und es sei möglich geworden, Mitarbeiter einzustellen. Dagegen sei es aufgrund der im Kooperationsvertrag mit der A. getroffenen Vereinbarungen nicht notwendig gewesen, den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zusätzlich zu finanzieren. Dass die (nachträglichen) Schenkungsvereinbarungen nicht notariell beurkundet worden seien, schade nicht; denn der Formmangel sei durch den Vollzug der Schenkungen geheilt. Es habe aus der Sicht der Vertragsparteien damals keinen Grund gegeben, die Absprache zur Verwendung der Zuwendungen schriftlich zu fassen. Dafür, dass diese Absprache tatsächlich getroffen worden sei, spreche auch, dass nachfolgend alle Beteiligten in ihrem weiteren Handeln mit großer Selbstverständlichkeit vom Bestehen dieser Absprache ausgegangen seien. Zudem seien beide Zuwendungen auf das Konto des Gemeinwohlbereichs geleistet worden. Auch in § 3 Abs. 4 der Satzung sei lediglich eine Vermögensumschichtung aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in den Gemeinwohlbereich vorgesehen, nicht aber umgekehrt aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in den Gemeinwohlbereich.
50
Nach richterlichem Hinweis macht die Klägerin auch geltend, dass jedenfalls die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG erfüllt seien. Die Zuwendungen seien ausschließlich gemeinnützigen Zwecken gewidmet gewesen, und die Verwendung zu dem bestimmten Zweck sei gesichert gewesen. Die Sicherung ergebe sich aus der mündlich erteilten Auflage. Ferner sei durch die Bindung der Klägerin an den Willen des Stifters und durch die gesetzlich vorgeschriebene Stiftungsaufsicht gewährleistet gewesen, dass die Zuwendung der Auflage entsprechend verwendet werde. Dies sei auch so praktiziert worden; aus den 20 Millionen Euro sei kein Cent in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geflossen.
51
Es sei geboten, bei der Anwendung aller Steuerbefreiungsvorschriften die Besonderheiten der grundgesetzlich geschützten Rechtsform Stiftung zu berücksichtigen.
52
Die Klägerin beantragt,
53
die Schenkungsteuerbescheide vom 16.09.2022 dahingehend zu ändern, dass die Schenkungsteuer für die Zustiftungen der A. vom 08.02.2021 und vom 12.07.2021 jeweils auf Null Euro festgesetzt wird;
54
hilfsweise: die Revision zuzulassen.
55
Der Beklagte beantragt,
56
die Klage abzuweisen.
57
Er vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen der Schenkungsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG nicht erfüllt seien. Erforderlich sei eine Auflage des Schenkers, die dieser dem Beschenkten mitteile. Eine solche Auflage könne nicht nachträglich erfolgen, also insbesondere nicht wie hier mit dem Schreiben vom 10.08.2022. Dass Auflagen lediglich mündlich erteilt worden seien, sei fragwürdig. Dafür sei kein Grund ersichtlich, zumal es um sehr hohe Beträge gegangen sei und alle anderen Dokumente innerhalb kurzer Zeit schriftlich gefasst worden seien.
58
Außerdem seien die Zuwendungen nicht ausschließlich für Zwecke des Landes verwendet worden, sondern auch für Zwecke ausländischer Gebietskörperschaften, nämlich der übrigen Ostseeanrainerstaaten.
59
Die Klägerin habe als eigenständige und eigenverantwortlich handelnde juristische Person des Privatrechts selbst über die Verwendung der Mittel entscheiden können und keinen Weisungen unterlegen. In den beim Landgericht Schwerin (Aktenzeichen 3 O 65/22) und beim Oberlandesgericht Rostock (Aktenzeichen 6 U 19/22) anhängig gewesenen Klageverfahren betreffend eine presserechtliche Auskunftsverpflichtung der Klägerin habe diese selbst stets dahingehend argumentiert, dass die öffentliche Hand auf sie keinen beherrschenden Einfluss habe. Zudem seien die Voraussetzungen der Steuerbefreiungsvorschrift wesentlich enger auszulegen als die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs, über den dort durch die Zivilgerichte entschieden worden sei, und der im Lichte der grundgesetzlich geschützten Pressefreiheit weit habe ausgelegt werden müssen. Zudem sei die Klägerin nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 c) der Satzung in der Verwendung der Zuwendungen frei und könne diese auch für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einsetzen. Der Landtag habe auf die konkrete Verwendung der Mittel keinen Einfluss gehabt. Über die Verwendung der Mittel im Rahmen der beiden Stiftungszwecke - Klimaschutz und Fertigstellung der Pipeline - habe allein der Vorstand der Stiftung zu entscheiden.
60
Wenn die Zustiftungen pauschal als Zustiftungskapital ohne konkreten Bezug zum ideellen Bereich verbucht worden seien, so spreche dies dafür, dass der Vorstand frei über die Verwendung habe verfügen können. Dafür spreche auch der Umstand, dass die zugeflossenen Mittel nahezu zur Hälfte in Wertpapieren angelegt worden seien.
61
Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG komme nicht zur Anwendung. Es sei schon zweifelhaft, ob der in § 2 Abs. 1 der Satzung bezeichnete Zeck ausschließlich gemeinnützig sei. Insofern sei zu beachten, dass im vierten Spiegelstrich auch die Förderung von Wirtschaftsunternehmen als möglicher Zweck vorgesehen sei. Jedenfalls sei die Verwendung zum Zwecke des Klima- und Umweltschutzes nicht gesichert gewesen. Dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sich selbst finanzieren könne, sei entgegen der Auffassung der Klägerin keineswegs sichergestellt gewesen. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb habe seine Ausgaben vorab selbst finanzieren müssen und sie dann binnen 6 Wochen bei der A. einreichen können. Für den Fall einer Insolvenz der A. sei die Klägerin nicht abgesichert gewesen und sei Gefahr gelaufen, ihre Ausgaben nicht erstattet zu bekommen. Auch durch die staatliche Stiftungsaufsicht sei nicht sichergestellt gewesen, dass die Klägerin die Zuwendungen für den gemeinwohlorientierten Bereich und nicht etwa für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der ja auch zu ihren Zwecken gehört habe, verwende.
62
Dem Gericht haben vier Bände Schenkungsteuerakten vorgelegen.
63
Am 12.01.2023 hat der Berichterstatter einen Erörterungstermin durchgeführt, in dem der Vorstandsvorsitzende der Klägerin sich ergänzend zum Sachverhalt geäußert hat. Auf das Protokoll (Streitakte Bl. 257 ff.) wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
64
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
65
Die Klage ist zulässig. Der Sprungklage hat der Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zugestimmt (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
II.
66
Die Klage ist unbegründet, da die beiden angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
67
Die beiden Zuwendungen der A. unterliegen nach § 1 ErbStG grundsätzlich der Schenkungsteuer (unten A). Die Voraussetzungen einer Schenkungsteuerbefreiung sind auch dann, wenn man den Vortrag der Klägerin zu den mündlich erteilten Auflagen als wahr unterstellt, nicht erfüllt (unten B).
A.
68
Die beiden Zuwendungen sind als Schenkungen grundsätzlich nach § 1 ErbStG schenkungsteuerpflichtig.
69
Der Schenkungsteuer unterliegen Schenkungen unter Lebenden und Zweckzuwendungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG). Als Schenkungen unter Lebenden gelten freigebige Zuwendungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG).
1.
70
Die beiden verfahrensgegenständlichen Zuwendungen sind keine Zweckzuwendungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 8 ErbStG; denn sie waren nicht mit der die Bereicherung des Erwerbers mindernden Auflage verbunden, zugunsten eines bestimmten Zwecks verwendet zu werden (§ 8 ErbStG). Ob die Zuwendungen mit einer rechtlich bindenden Auflage verbunden waren, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Jedenfalls lag keine Auflage vor, die geeignet war, die bei der Klägerin eingetretene Bereicherung zu mindern. Die Zuwendungen kamen der Klägerin zugute, da sie von ihr eingesetzt werden konnten, um ihre eigenen Zwecke im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes zu verfolgen. Die Auflage gegenüber einer Stiftung, das ihr Zugewandte satzungsgemäß zu verwenden, mindert die Bereicherung der Stiftung anerkanntermaßen nicht (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage § 8 Rn. 8).
71
Auch als Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG) sind die Zuwendungen nicht zu bewerten. Vermögen geht nur dann "auf Grund eines Stiftungsgeschäfts" über, wenn die Stiftung ihre durch das Stiftungsgeschäft festgelegte Erstausstattung erhält (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage § 7 Rn. 121), also hier den Betrag von € 200.000, mit dem das Land ausweislich des Stiftungsgeschäfts die Klägerin ausgestattet hat. Auf weitere Zustiftungen - wie sie im Streitfall geleistet worden sind - ist die Vorschrift nicht anzuwenden.
2.
72
Es handelt sich jedoch um freigebige Zuwendungen.
73
Als Schenkung gilt jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Freigebig ist eine Zuwendung dann, wenn die Leistung des Gebers als unentgeltlich anzusehen ist, wenn sie also weder synallagmatisch noch konditional oder kausal mit einer Gegenleistung des Empfängers verknüpft ist. Eine "kausale Verknüpfung" zwischen Leistung und Gegenleistung genügt also, um die Freigebigkeit auszuschließen. Eine solche kausale Abhängigkeit zwischen Leistung und Gegenleistung besteht dann, wenn die Bewirkung der erstrebten Gegenleistung Geschäftsgrundlage für die eigene Leistung ist. Ob das der Fall ist, richtet sich nach dem Parteiwillen: Je mehr die Zweckerreichung dem Interesse des Zuwendenden oder eines Dritten dient, desto näher liegt die Annahme einer kausalen Verknüpfung; je mehr die Zweckerreichung dem Interesse des Bedachten dient, desto näher liegt die Annahme einer Schenkung (Bundesfinanzhof -BFH-, Urt. vom 15.03.2007, II R 5/04, juris Rn. 53; BFH, Urt. vom 09.12.2009, II R 22/08, juris Rn. 19).
74
Dass die beiden Zuwendungen der A. nach diesem Maßstab freigebig waren, dass sie insbesondere nicht kausal mit einer Gegenleistung verknüpft waren, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Klägerin trägt insbesondere ausdrücklich vor, dass es keineswegs eine Geschäftsgrundlage der Zuwendungen gegeben habe. Die weiteren Zuwendungen seien nicht deshalb ausgeblieben, weil eine Geschäftsgrundlage weggefallen sei, sondern weil die A. keine Einnahmen mehr erzielt und deshalb nicht die Mittel für weitere Zuwendungen gehabt habe. Zudem habe A. die bereits gezahlten Beträge nicht wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückgefordert. A. habe das Geld um der eigenen Imagepflege willen gezahlt und keine Gegenleistung erwartet.
75
Das ist der Entscheidung zugrundezulegen. Eine Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen wäre lediglich dann geboten, wenn sich die Möglichkeit und Notwendigkeit weiterer Ermittlungen dem Gericht nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten aufdrängen würde (Stalbold in Gosch, AO/FGO, 180. Ergänzungslieferung § 76 FGO Rn. 35 m.w.N.). Das trifft hier nicht zu. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die als Zeugen in Betracht kommenden Personen Tatsachen bekunden würden, die den Schluss auf eine kausale Verknüpfung zulassen würden. Auch der feststehende Sachverhalt kann nicht dahin gewürdigt werden, dass eine kausale Verknüpfung im dargestellten Sinne vorgelegen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Absprache über die Zuwendungen der A. an die Klägerin schon vor deren Gründung der Klägerin zwischen der A. und der Landesregierung zustande gekommen ist. Die Annahme, dass zwischen den Zuwendungen und dem Handeln der Landesregierung eine kausale Verknüpfung bestanden hat, drängt sich nicht auf. Anhaltspunkte dafür sind im Gegenteil weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere spricht nichts dafür, dass die (von der Stiftungsgründung zu unterscheidenden) Zuwendungen im eigenen Interesse der A. oder sonst eines Dritten lagen.
B.
76
Die Voraussetzungen einer Befreiungsvorschrift sind nicht erfüllt. Das gilt sowohl für § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG (dazu unter 1) als auch für § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG (dazu unter 2).
1.
77
Eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG ist nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift sind Anfälle, die ausschließlich Zwecken eines Landes dienen, steuerfrei. Die Zuwendungen der A. haben Zwecken des Landes M-V gedient (dazu unter a), dies aber nicht ausschließlich (dazu unter b).
a)
78
Die Zuwendungen der A. haben Zwecken des Landes M-V gedient. Das trifft auch dann zu, wenn es keine (also auch keine mündlichen) Auflagen gegeben hat und die Klägerin die Mittel ohne jede Vorgabe verwenden konnte. Sowohl der gemeinwohlorientierte Bereich als auch der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb gehörten zu den Aufgaben der Klägerin, die vom Stifter (dem Land M-V) vorgegeben waren. Es handelt sich um Zwecke, die das Land M-V tatsächlich verfolgt hat und verfolgen durfte.
79
Das Merkmal des "Zwecks" im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG ist grundsätzlich weit auszulegen; die relevanten Zwecke werden nur durch die Verfassung der jeweiligen Gebietskörperschaft begrenzt (Griesel in Daragan/Halaczinsky/Riedel, Praxiskommentar ErbStG und BewG, 3. Auflage § 13 ErbStG Rn. 96; Kiebele in Preißer/Rödl/Seltenreich, ErbStG, 3. Auflage § 13 Rn. 243). Vorliegend stand das Landesverfassungsrecht der Verfolgung der Stiftungszwecke nicht entgegen.
80
Insbesondere gibt es keinen Grund, nur den Umwelt- und Klimaschutz als legitimen Zweck des Landes anzusehen, nicht aber die Förderung der Gaspipeline. Der Umweltschutz ist zwar ein durch Art. 12 VerfMV vorgegebenes Staatsziel. Dagegen ist aber auch die Sicherstellung der Energieversorgung eine öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung (so Bundesverfassungsgericht, Urt. vom 20.03.1984, 1 BvL 28/82, BVerfGE 66, 248 = juris Rn. 37; auch Theobald/Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 3. Auflage S. 363 f.). Sie gehört zur Daseinsvorsorge und ist in Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz -GGverfassungsrechtlich verankert. Ob die Unterstützung der Pipeline aus heutiger Sicht als politischer Fehler angesehen wird, ist unerheblich. Dies ändert nichts an der rechtlichen Bewertung dahingehend, dass das Land grundsätzlich so handeln durfte, wie es das getan hat, und dass es sich auch insoweit um einen schenkungsteuerrechtlich relevanten eigenen Zweck des Landes gehandelt hat. Dass das Land den Rahmen seiner Aufgaben eindeutig überschritten hat (vgl. BFH, Urt. vom 01.12.2004, II R 46/02, BStBl II 2005, 311 für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), kann nicht festgestellt werden.
b)
81
Die Zuwendungen haben jedoch nicht "ausschließlich" Zwecken des Landes gedient.
aa)
82
Das Merkmal "ausschließlich" (§ 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG) ist dahingehend auszulegen, dass es nur dann erfüllt ist, wenn das Land den Zweck hinreichend konkret selbst festlegt.
83
Für eine solche Auslegung spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift. Ein "ausschließlicher" Zweck des Landes liegt nach dem Sprachverständnis dann vor, wenn das Land selbst den Zweck konkret festlegt und dem Empfänger der Zuwendung nur noch die Ausführung überlassen bleibt. Hat der Empfänger dagegen einen erheblichen eigenen Entscheidungsspielraum, so kann er "eigene" Zwecke festlegen und verfolgen, so dass es sich nicht mehr "ausschließlich" um einen Zweck des Landes handelt.
84
Für ein solches Verständnis sprechen auch der Sinn und Zweck und die Systematik der Befreiungsvorschrift. Der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG wird aus dem Zusammenhang mit der ersten Alternative derselben Bestimmung deutlich. Nach der ersten Alternative der Bestimmung sind Anfälle an den Bund, ein Land oder eine inländische Gemeinde steuerfrei. Die zweite Alternative der Vorschrift lässt sich nur damit erklären, dass sie solche Fälle erfassen soll, in denen der Zuwendende ebenso gut an den Staat leisten und der Staat den Geldbetrag sodann für den von ihm gesetzten Zweck einsetzen könnte. Gemeint sind mit anderen Worten - diejenigen Fälle, in denen der Zuwendende nur zur "Abkürzung des Zahlungsweges" nicht an den Staat, sondern direkt an den nichtstaatlichen Leistungsempfänger zahlt (vgl. Finanzgericht -FG- Sachsen-Anhalt, Urt. vom 27.05.1999, II 12/97, EFG 2000, 24, juris Rn. 25). Mit dieser Bedeutung ergänzt die zweite Alternative des § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG die erste Alternative und ermöglicht eine schenkungsteuerfreie Zuwendung unmittelbar an den Leistungsempfänger, dem sonst der Staat den vom Zuwendenden erhaltenen Geldbetrag auszahlen würde. Die Bestimmung soll damit solche Zuwendungen von der Steuerbarkeit ausnehmen, die ohnehin in die Erfüllung staatlicher Aufgaben fließen. Da die Steuerbarkeit dem Staat Geld zur Erfüllung seiner Aufgaben verschaffen soll, wäre die Besteuerung in einem solchen Fall sinnlos.
85
Aus diesen Gründen versteht der Senat die Steuerbefreiungsvorschrift dahin, dass sie eine hinreichend konkrete Vorgabe des verfolgten Zwecks durch den Staat selbst voraussetzt. Die Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG erfasst nur solche Vorgänge, die den Anforderungen an die Verwendung von Steuermitteln durch den Staat genügen. Soweit es um die Verwendung von Haushaltsmitteln geht, muss der Landtag hinreichend konkret bestimmen, für welche Zwecke Mittel in welcher Höhe verwendet werden (vgl. Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urt. vom 26.09.2019, LVerfG 2/18, NVwZ-RR 2020, 233 Rn. 79 ff. zum "Strategiefonds"; Urt. vom 24.11.2022, LVerfG 2/21, NVwZ-RR 2023, 345 Rn. 90 ff. zum Sondervermögen "MV-Schutzfonds").
86
In Übereinstimmung damit werden im Schrifttum für die Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG solche Beispiele aufgeführt, bei denen konkrete einzelne staatliche Vorhaben durch eine private Spende gefördert werden, so eine Spende zur Förderung eines städtischen Kinderheims oder Altersheims (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage § 13 Rn. 68; Kien-Hümbert in Moench/Weinmann, ErbStG, 09/2014, § 13 Rn. 89; Weinmann in Christoffel/Geckle/Pahlke, ErbStG, § 13 Rn. 69).
bb)
87
Die dargelegten Anforderungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Das Land M-V hat nicht hinreichend konkret selbst festgelegt, wozu das Geld zu verwenden ist. Das gilt auch dann, wenn man als zutreffend unterstellt, dass die Beträge kraft ausdrücklicher Vorgabe nur für den Gemeinwohlbereich, nicht dagegen für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwendet werden sollten.
88
Die Zwecke des Gemeinwohlbereichs, die in § 2 Abs. 1 der Satzung aufgezählt werden, sind denkbar weit und umfassend. Zu ihnen gehören - beispielsweise - neben der Öffentlichkeitsarbeit und der Aus- und Fortbildung (7. und 9. Spiegelstrich) auch die Förderung von Wissenschaft und Forschung unter federführender Beteiligung von Wirtschaftsunternehmen (3. Spiegelstrich) und die Unterstützung von Wirtschaftsunternehmen bei der unternehmenseigenen Forschung (4. Spiegelstrich). Der erste Spiegelstrich nennt ganz allgemein die "Durchführung und Förderung von Maßnahmen und Projekten des Klimaschutzes", ohne dies weiter durch die Mittel und Methoden einzugrenzen, mit denen dieses Ziel erreicht werden kann. Legt man die oben zitierte Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zugrunde, wonach der Gesetzgeber nicht nur den weitgefassten Zweck, sondern auch die einzelnen Mittel zur Erreichung dieses Zwecks bestimmen muss, dann ist die Satzung insofern zu unbestimmt. Das Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat die Bestimmung von Mitteln "zur Bewältigung der Corona-Pandemie und ihrer Folgen" für zu unbestimmt gehalten, da es die originäre Aufgabe des Landtages sei, auch die konkreten Maßnahmen zu bestimmen, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll (vgl. LVerfG MV, Urt. vom 24.11.2022 a.a.O. Rn. 94 f.; vgl. auch Hessischer Staatsgerichtshof, Urt. vom 27.10.2021, P.St. 2783 u.a., NVwZ 2022, 147 [BVerfG 16.12.2021 - 1 BvR 1541/20] Rn. 180 ff.)
89
Dasselbe gilt ebenso für "Maßnahmen und Projekte des Klimaschutzes". Das Ziel des "Klimaschutzes" ist denkbar weit. Es handelt sich um ein Ziel, dass nicht durch einzelne Maßnahmen "erreicht" werden kann, sondern zu dem allenfalls durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die für sich genommen auch anderen Zielen dienen mögen, beigetragen werden kann. Ferner ist in vielen Fällen eine Abwägung des Klimaschutzes gegen andere gewichtige Belange erforderlich. Welche Maßnahmen des Klimaschutzes vor diesem Hintergrund ergriffen werden sollen, ist politisch zu entscheiden, und zwar in erster Linie durch das Parlament. Dagegen ermöglicht die hier gewählte Gestaltung der Klägerin eine eigene, nicht durch konkrete Entscheidungen des Landtages legitimierte Klimaschutzpolitik, indem die Klägerin selbst entscheiden kann, ob sie ihre Mittel etwa für die Öffentlichkeitsarbeit, für die Förderung der Forschung durch bestimmte Wirtschaftsunternehmen oder für sonstige Projekte einsetzt. Das Geld wird somit nicht unter Abkürzung des Zahlungsweges ebenso ausgegeben, wie es das Land selbst aus seinen eigenen Mitteln hätte ausgeben können und dürfen. Die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG greift deshalb ihrem Sinn und Zweck nach nicht.
90
Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Staat die rechtliche Möglichkeit habe, eine Stiftung zu gründen und diese aus Steuermitteln auszustatten, ohne der Stiftung genauere Vorgaben über die Verwendung des Geldes machen zu können. Es mag zwar der Praxis entsprechen, dass sowohl der Bund als auch die Länder Stiftungen gründen, auf die sie eigene Aufgaben verlagern, und denen sie Geld aus Steuermitteln zur Verfügung stellen. Diese Praxis unterliegt jedoch - insbesondere im Licht der oben zitierten Verfassungsrechtsprechung - erheblichen Bedenken. Gegen sie wird eingewandt, dass die demokratische Legitimation solcher Stiftungen zweifelhaft sei. Der einmal erfolgte Stiftungsakt entziehe das gewidmete Vermögen ein für alle Mal der Disposition des Haushaltsgesetzgebers, was der Initiativfunktion des demokratisch gewählten Gesetzgebers widerspreche. Dem sei allenfalls dadurch abzuhelfen, dass man die Stiftungsgremien zu einem Teil mit Beauftragten des Staates besetze (so Kilian, Die staatliche Stiftung des privaten Rechts eine unendliche Geschichte, ZStV 2019, 135, 136 f.; auch Bericht des Bundesrechnungshofs nach § 88 Absatz 2 BHO an das Bundesministerium der Finanzen, "Stiftungen als Instrumente des Bundeshandelns" vom 14.01.2022, veröffentlicht auf der Internetseite des Bundesrechnungshofs). Das ist hier jedoch nicht geschehen. Der Vorstand der Stiftung ist zwar von der Ministerpräsidentin bestellt. Er unterliegt während seiner Amtszeit aber keinen Weisungen; vielmehr ist er ausdrücklich weisungsunabhängig (§ 8 Abs. 1 Satz 2 der Satzung).
cc)
91
Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass der Steuerbefreiung solche Zuwendungen an Privatpersonen unterfallen, die mit der rechtsgeschäftlichen Auflage verbunden sind, für alle erdenklichen, weit zu fassenden Zwecke des Bundes oder eines Landes verwendet zu werden. Eine Zuwendung diene erst dann nicht mehr "ausschließlich" Zwecken des Staates, wenn sie zugleich anderen, nicht privilegierten Zwecken diene (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, 50. Ergänzungslieferung § 13 Rn. 176). Diesem Verständnis folgt der Beklagte, indem er darauf verweist, dass das zugewendete Geld auch für die Zusammenarbeit mit anderen Ostseeanrainerstaaten (und somit auch für die Belange anderer Staaten) eingesetzt werden könne, und dass die Steuerbefreiung deshalb ausscheide.
92
Ob die dargestellte Auffassung stets zu denselben Auffassungen führt wie der oben (aa) und bb)) dargelegte und angewendete rechtliche Maßstab, kann offenbleiben. Denn im Streitfall führt die Auffassung, wonach allein der Staat, nicht aber zugleich ein nicht privilegierter Zweck gefördert werden dürfe, ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nicht erfüllt sind.
93
Der Zweck der Zuwendung (Umwelt- und Klimaschutz) ist im Streitfall außergewöhnlich weit gefasst und umfasst auch solche Tätigkeiten, die unmittelbar im Interesse privater Dritter liegen können. Beispielsweise kann die Klägerin ihre Mittel nach § 2 Abs. 1, 4. Spiegelstrich ihrer Satzung zur Unterstützung von Wirtschaftsunternehmen im Bereich der Sicherung der Energieversorgung einsetzen, von der unternehmenseigenen Forschung bis hin zu markteinführenden Verbreitungsstrategien. Wenn die Klägerin sich entschließt, ein bestimmtes einzelnes Unternehmen in dieser Weise zu fördern, dient dies nicht nur den Zielen des Landes, sondern zugleich auch den nicht steuerlich privilegierten Zwecken dieses Unternehmens. Grundsätzlich gehört zwar auch die Wirtschaftsförderung zu denjenigen Aufgaben, die der Staat wahrnehmen darf. Zuwendungen Privater zum Zwecke der Wirtschaftsförderung dürften (im Einklang mit der oben unter aa) dargelegten Auffassung) dann nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG steuerfrei sein, wenn der Staat das Geld unmittelbar ebenso hätte ausgeben können, also insbesondere dann, wenn die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern -MVLHO- erfüllt sind. Das trifft im Streitfall jedoch nicht zu. Das Land hat keinen angemessenen Einfluss im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 MVLHO). Die Mitglieder des Vorstandes werden zwar von der Ministerpräsidentin ernannt, sind aber nicht an Weisungen gebunden, so dass das Land nach der Ernennung ohne Einfluss bleibt.
2.
94
Auch die Befreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 17 EStG1 liegt nicht vor. Danach sind Zuwendungen steuerfrei, die ausschließlich gemeinnützigen Zwecken gewidmet sind, sofern die Verwendung zu dem bestimmten Zweck gesichert ist. Auch diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
a)
95
Wenn man im vorliegenden Zusammenhang als zutreffend unterstellt, dass die Mittel nicht für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwendet werden sollten, dann waren die beiden Zuwendungen "ausschließlich gemeinnützigen Zwecken gewidmet".
96
Der Klima- und Umweltschutz ist nach § 52 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 Abgabenordnung -AO- ein gemeinnütziger Zweck, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, nicht fest abgeschlossen ist. Dem entsprechen die in § 2 Abs. 1 der Satzung aufgezählten Stiftungszwecke. Zu diesen Zwecken gehört zwar auch "die Unterstützung von Wirtschaftsunternehmen zur unternehmenseigenen Forschung in diesem Bereich, zur Herstellung von Prototypen, für Nullserien und für markteinführende Verbreitungsstrategien", also letztlich die Förderung einzelner Unternehmen. Das steht jedoch der Gemeinnützigkeit nicht entgegen, weil die Steuervergünstigung nicht dadurch entfällt, dass eine von einer Gebietskörperschaft errichtete Stiftung zur Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen vergibt (§ 58 Nr. 9 AO).
b)
97
Die Verwendung zu dem bestimmten Zweck war jedoch nicht gesichert.
98
Die Verwendung einer Zuwendung zu einem gemeinnützigen Zweck ist dann gesichert, wenn sie erfolgt oder beaufsichtigt wird durch eine öffentliche Behörde oder einen öffentlichen Beamten in amtlicher Eigenschaft, eine Religionsgesellschaft oder einen Geistlichen kraft seiner kirchlichen Stellung. Die Verwendung ist dagegen nicht ohne Weiteres als gesichert anzusehen, wenn sie einem Erben, Testamentsvollstrecker oder einer anderen Privatperson oder einem nicht rechtsfähigen Verein aufgetragen ist, der nach seiner Organisation keine Gewähr für die dauernde Zweckerfüllung bietet (Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Auflage § 13 Rn. 78).
99
Nach diesem Maßstab war die Verwendung für den Klima- und Umweltschutz im Streitfall nicht gesichert.
100
Durch die staatliche Stiftungsaufsicht war nicht gewährleistet, dass die Mittel gerade für den Klima- und Umweltschutz und nicht für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwendet werden. Die Stiftung untersteht zwar nach § 4 Abs. 1 Landesstiftungsgesetz - StiftG MVder Rechtsaufsicht des Landes. Die Stiftungsbehörde kann dann eingreifen, wenn Maßnahmen der Stiftungsorgane dem Stifterwillen oder den Gesetzen widersprechen (§ 6 Abs. 1 StiftG MV). Vorliegend geht es aber um die Einhaltung einer allenfalls mündlich erteilten Auflage, nach der die Zuwendungen nur für einen bestimmten Teilbereich der Stiftung (den gemeinwohlorientierten Bereich), nicht aber für einen anderen Teilbereich (den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) verwendet werden sollten. Insoweit hätte die Stiftungsbehörde keine gesetzliche Grundlage für ein Einschreiten gehabt.
101
Die Verwendung für den Klima- und Umweltschutz war auch nicht durch einen Beamten in amtlicher Eigenschaft oder sonst durch eine besonders vertrauenswürdige Person oder Stelle gewährleistet. Die besondere Vertrauenswürdigkeit muss durch die Funktion, in der die Person handelt, gewährleistet sein. Das besondere Vertrauen zu einer bestimmten Persönlichkeit (hier etwa zu einem Ministerpräsidenten a.D.) reicht also nicht aus. Vorliegend ist das Geld dem Vorstand einer privaten Stiftung anvertraut worden, der in seiner Funktion als Vorstand sowohl für den Gemeinwohlbereich als auch für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verantwortlich war. Eine ausreichende Sicherung kann darin nicht gesehen werden. Da die Stiftung nicht ausschließlich dem Klima- und Umweltschutz dient, war eine Verwendung auch nicht durch die Organisation der Stiftung sichergestellt. Zudem wird in der Präambel der Satzung der Klägerin (letzter Absatz) die Auffassung vertreten, dass zum Klimaschutz auch die Sicherung einer möglichst klimaschonenden Energieversorgung gehöre, einschließlich schnell und flexibel einsetzbarer Gaskraftwerke für eine Übergangszeit. Deshalb werde die Stiftung zu den Arbeiten an der Pipeline beitragen. Wenn auf Seiten der Klägerin diese Auffassung vertreten wird, dann war es aus ihrer Sicht denkbar, die Zuwendungen auch für die Arbeiten an der Leitung einzusetzen, da diese ebenfalls dem Klimaschutz dienten.
102
Das Argument der Klägerin, der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sei durch die Vertragsgestaltung mit der A. so abgesichert gewesen, dass er keinesfalls Mittel aus den Zuwendungen benötigt habe, vermag nicht zu überzeugen. Die Klägerin hatte zwar einen vertraglichen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen die A., zuzüglich eines Aufschlags von 10 %. Es war jedoch nicht ausgeschlossen, dass die A. den Aufwendungsersatz nicht leisten konnte oder nicht leisten wollte, beispielsweise auch wegen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob seine Voraussetzungen erfüllt waren.
103
Die Verwendung des Geldes war auch nicht allein durch eine mündliche Absprache dahingehend, dass das Geld nur für den gemeinwohlorientierten Bereich ausgegeben werden solle, gesichert. Deshalb kommt es auch im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, ob es eine solche Absprache gegeben hat. Eine solche Absprache war nicht mit Sanktionen für den Fall eines Verstoßes verbunden. Das im Erörterungstermin hierzu befragte Vorstandsmitglied der Klägerin hat auf wiederholte Nachfrage nicht sagen können, was geschehen wäre, wenn die Klägerin gegen diese Absprache verstoßen hätte. Es sei schlicht klar und selbstverständlich gewesen, dass das Geld nur für den Gemeinwohlbereich verwendet werde. Zudem ist ausdrücklich gesagt worden, der Vorstand habe es für selbstverständlich gehalten, dass die Klägerin gegenüber der A. über die Verwendung des Geldes nicht Rechenschaft ablegen müsse. Nachdem der Zuwendende an die Stiftung geleistet habe, habe er nichts mehr zu sagen. Über die Verwendung des Geldes entscheide ausschließlich der Vorstand der Klägerin.
104
Unter diesen Umständen war die Verwendung des Geldes für den Klima- und Umweltschutz zwar durchaus wahrscheinlich und zu erwarten, aber nicht in einer Art und Weise "gesichert", die ausreichen würde, um die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift zu rechtfertigen.
III.
105
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
106
Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), da vorliegend allgemeine, bisher ungeklärte Rechtsfragen zur Auslegung der einschlägigen Steuerbefreiungsvorschriften, insbesondere des § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG zu beantworten sind.
Vorschriften§ 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG