Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 18.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220604

    Bundesgerichtshof: Urteil vom 22.01.1987 – III ZR 26/85

    Ob den Destinatären einer Stiftung das Recht zusteht, im Wege der Klage auf die Gestaltung der Satzung Einfluß zu nehmen mit dem Ziel, eine sie benachteiligende Änderung des Stiftungszwecks rückgängig zu machen, beurteilt sich, sofern das Landesrecht nichts anderes bestimmt, nach dem im Stiftungsgeschäft zum Ausdruck gekommenen Willen des Stifters.


    Bundesgerichtshof

    Urteil vom 22.01.1987


    Tatbestand:

    1

    Die Kläger verlangen als Destinatäre der Beklagten, einer im Jahre 1602 errichteten rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts, die Rückgängigmachung von Änderungen des Stiftungszwecks in den Jahren 1950 und 1972/73.

    2

    Die durch Testament des Lübecker Ratsherrn P. vom 16. Februar 1602 errichtete Beklagte hatte ursprünglich den Zweck, junge Angehörige aus der Nachkommenschaft der Eltern des Stifters durch Studien- und Aussteuerbeihilfen zu unterstützen. Die Kläger zählen sich zu diesen Nachkommen. Das Testament lautet auszugsweise (und hochdeutsch) wie folgt:

    3

    »Mein Dorf P. sollen meine Testamentsvollstrecker so teuer als sie können verpachten und was jährlich über die Kosten (Aufwendungen) an Wert übrig bleibt, soll an vier Studenten und vier arme Jungfrauen gegeben werden, jedoch allein nur an solche, die sowohl von meiner Verwandtschaft als auch vom seligen Valentin P. und seiner Mutter Anna L. geboren sind. Sie sollen auch ihr Erbe, wenn ihre Eltern verstorben sind, an ihre Nachkommen weitergeben. Wenn von meinen Verwandten keiner studiert, so soll dasjenige Geld auf Zeit festgelegt werden, bis jemand studiert und wenn es nötig sein soll, dazu verwendet werden. Sollte es auch nach Gottes Willen sich zutragen, daß keine Verwandten von meiner Linie geboren sind, so soll das Geld gleichwohl an andere fremde nach obiger Disposition Studenten und arme Jungfrauen nach dem Rat meiner Testamentsvollstrecker verteilt werden.«

    4

    Auf Antrag der Vorsteherschaft der Beklagten, die eine entsprechende zusätzliche Satzungsbestimmung am 19. September 1950 beschlossen hatte, ergänzte das Amtsgericht Lübeck mit Beschluß vom 11. November 1950 die Zweckbestimmung der Stiftung, weil dies wegen der völlig veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse notwendig geworden und der Wille des Stifters nur noch dann zu verwirklichen sei, wenn die Stiftung gemeinnützigen Charakter erhalte. In den Genuß von Zuwendungen der Stiftung sollten nicht mehr nur Nachkommen der Eltern des Stifters kommen können, sondern - unter den im übrigen unveränderten Auflagen und Bedingungen des Testaments - auch bedürftige junge Lübecker.

    5

    Nach Inkrafttreten des schleswig-holsteinischen Stiftungsgesetzes von 1972 beschloß die Vorsteherschaft der Beklagten am 20. November 1972 eine am 6. August 1973 vom Bürgermeister der Hansestadt Lübeck aufsichtsbehördlich genehmigte Neufassung der Satzung, in der der Zweck der Stiftung wie folgt umschrieben ist:

    6

    »Sie (die Stiftung) dient ausschließlich und unmittelbar mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken im Sinne der jeweils gültigen steuerlichen Gemeinnützigkeitsvorschriften, und zwar insbesondere durch:

    7

    a) Gewährung von Stipendien an bedürftige Studierende an Universitäten und Fachhochschulen, die aus der Nachkommenschaft der Eltern des Stifters stammen oder gebürtige Lübecker sind.

    8

    b) Gewährung eines einmaligen Beitrages an bedürftige junge Frauen aus der Nachkommenschaft der Eltern des Stifters zur Eheschließung.

    9

    c) Schaffung, Unterhaltung und Förderung von Gemeinschaftseinrichtungen und Wohnheimen für Studenten sowie von sonstigen Studieneinrichtungen in Lübeck.«

    10

    Die Kläger halten die erfolgte Änderung des Stiftungszwecks für rechtswidrig, weil sie der Absicht des Stifters widerspreche, eine Familienstiftung zu begründen. Sie machen geltend, durch die Ausweitung des Kreises der Destinatäre und die Umwandlung in eine gemeinnützige Stiftung in ihrem Anwartschaftsrecht auf Leistungen der Stiftung erheblich beeinträchtigt (»enteignet«) zu sein, und erstreben die Rückumwandlung der Beklagten in eine Familienstiftung.

    11

    Eine von den Klägern auf Einschreiten der Stiftungsaufsicht gerichtete verwaltungsgerichtliche Klage ist erfolglos geblieben (OVG Lüneburg SchlHA 1984, 190 = NJW 1985, 1572; BVerwG NJW 1985, 2964).

    12

    Im vorliegenden Rechtsstreit nehmen die Kläger die beklagte Stiftung auf Wiederherstellung des ursprünglichen Stiftungszwecks in Anspruch. Sie haben zuletzt eine entsprechende Satzungsänderung beantragt, hilfsweise Feststellung der Unwirksamkeit der satzungsändernden Beschlüsse der Beklagten vom 19. September 1950 und 20. November 1972, weiter hilfsweise Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse des Amtsgerichts Lübeck vom 11. November 1950 und der Stadt Lübeck vom 6. August 1973.

    13

    Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger hatte keinen Erfolg.

    Entscheidungsgründe

    14

    I.

    Die Kläger verfolgen ihr Klageziel, der beklagten Stiftung wieder den Charakter einer reinen Familienstiftung zu geben, in erster Linie mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihre 1972 erlassene Satzung zu ändern, dieser einen bestimmten, von den Klägern im einzelnen bezeichneten Wortlaut zu geben, und die so geänderte Satzung der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Hilfsweise begehren die Kläger insoweit, die Beklagte zu verurteilen, die 1950 und 1972 vorgenommenen Satzungsänderungen rückgängig zu machen und eine Satzung zu beschließen und der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen, die dem im Testament von 1602 zum Ausdruck gekommenen Stifterwillen nach Errichtung und Aufrechterhaltung einer Familienstiftung entspreche.

    15

    Das Berufungsgericht hat diese Klageanträge abgewiesen, weil die Kläger zu einer solchen Einflußnahme auf die Verfassung der Beklagten weder kraft gesetzlicher Vorschriften noch aufgrund der Stiftungsurkunde oder der Satzung der Beklagten berechtigt seien.

    16

    Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

    17

    1. Die Klageanträge sind zwar zulässig, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat.

    18

    Sie betreffen ungeachtet der erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde einen Anspruch des Privatrechts, der vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist. Über die zivilrechtliche Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Änderungen einer Stiftungssatzung, wie sie hier im Streit ist, haben die ordentlichen Gerichte zu befinden (vgl. Senatsurteil vom 26. April 1976 - III ZR 21/74 = WM 1976, 869, 871; BVerwGE 29, 314, 316; auch BVerwG NJW 1985, 2964).

    19

    Soweit das Berufungsgericht die »Klagebefugnis« der Kläger verneint hat, bezieht sich dies ersichtlich nicht auf die (zu bejahende) Prozeßführungsbefugnis als eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage, sondern auf die fehlende Sachbefugnis (Aktivlegitimation) der Kläger.

    20

    2. Die Klageanträge sind aber nicht begründet.

    21

    a) Mit den Klägern ist davon auszugehen, daß dem im Stiftungsgeschäft zum Ausdruck gekommenen Stifterwillen für die Stiftung maßgebende Bedeutung zu kommt. Oberstes Prinzip des Stiftungsrechts ist der Stifterwille (vgl. BVerfGE 46, 73, 85; Senatsurteil vom 26. April 1976 - III ZR 21/74 = WM 1976, 869, 871, 872;  auch Senatsurteil BGHZ 68, 142, 146; ferner BVerwGE 40, 347 ff. [BVerwG 22.09.1972 - VII C 27/71]; BGB-RGRK/Steffen 12. Aufl. vor § 80 Rdn. 1, 3, 12 § 80 Rdn. 3 § 85 Rdn. 2).

    22

    Das schließt Änderungen der Stiftungsverfassung nicht von vornherein aus. Bei einer auf Dauer angelegten Einrichtung wie der Stiftung treten im Laufe der Zeit oft unvorhersehbare Veränderungen in den Existenzbedingungen ein, die es als notwendig erscheinen lassen können, die Stiftungsverfassung den veränderten Verhältnissen anzupassen (vgl. Ebersbach, Handbuch des deutschen Stiftungsrechts, 1972, S. 86 ff.). Eine solche Anpassung kann durch die Stiftung selbst erfolgen, eine Änderungsbefugnis kann auch der Aufsichtsbehörde zukommen (vgl., soweit hier von Interesse, §§ 85, 87 BGB; §§ 5, 6 des Lübecker Stiftungsgesetzes vom 3. März 1926 i. d. F. vom 16. Januar 1934, GVBl S. 9; § 35 Abs. 2 des Reichsgesetzes über das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen vom 6. Juli 1938, RGBl I S. 825, i.V.m. § 11 Abs. 5 der Verordnung zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes vom 20. März 1939, RGBl I S. 509, und § 1 der Verordnung über Familienstiftungen vom 17. Mai 1940, RGBl I S. 806; §§ 5, 6 des schleswig-holsteinischen Stiftungsgesetzes vom 13. Juli 1972. GVBl S. 123).

    23

    Der in der Stiftungsurkunde niedergelegte Stifterwille ist auch bei einer Satzungsänderung zu respektieren und zu verwirklichen (vgl. Senatsurteil vom 26. April 1976 - III ZR 21/74 = WM 1976, 869, 872; Ebersbach aaO S. 91 f.). Mit der Genehmigung der Stiftung, durch die diese Rechtsfähigkeit erlangt, wird der Stifterwille verselbständigt und objektiviert (vgl. BGB-RGRK aaO vor § 80 Rdn. 1, 12; § 85 Rdn. 2). Er bleibt insoweit auch für Satzungsänderungen maßgeblich. Diese müssen mit dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Stifters im Einklang stehen und sind nach einem allgemeinen Grundsatz des Stiftungsrechts nur zulässig, wenn hierfür ein rechtfertigender Grund besteht, vor allem wenn sie wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse angezeigt sind (Senat aaO S. 872; Ebersbach aaO S. 91; BGB-RGRK aaO § 86 Rdn. 6; § 87 Rdn. 1, 5).

    24

    b) Es ist u. a. Aufgabe der Stiftungsaufsicht, in Ausübung der staatlichen Obhutspflicht gegenüber den Stiftungen darüber zu wachen, daß der Wille des Stifters verwirklicht und bei Satzungsänderungen genügend berücksichtigt wird. Die rechtliche Konstruktion der selbständigen Stiftung als einer juristischen Person ohne Mitglieder bringt es mit sich, daß regelmäßig niemand vorhanden ist, der die Stiftungsorgane zur Beachtung der Satzung und der sonstigen für die Stiftung geltenden Bestimmungen, insbesondere des Stifterwillens, anhalten könnte. Für die Übernahme einer staatlichen Mitverantwortung besteht deshalb ein überwiegendes öffentliches Interesse. Die Stiftungsaufsicht ist dabei allerdings grundsätzlich auf eine Rechtskontrolle beschränkt; die Aufsichtsbehörde darf nicht ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Stiftungsorgane setzen (vgl. BVerwGE 40, 347 ff. [BVerwG 22.09.1972 - VII C 27/71]; Senatsurteil vom 26. April 1976 - III ZR 21/74 = WM 1976, 869, 871; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 68, 142, 146 m. w. Nachw.). Die Wahrnehmung der staatlichen Aufsicht über die Stiftungen obliegt den damit betrauten Beamten nicht nur im Interesse der Allgemeinheit und des Staates, sondern auch als Amtspflicht gegenüber der Stiftung selbst (vgl. Senatsurteil BGHZ 68, 142, 145/146).

    25

    Daß die staatliche Stiftungsaufsicht, jedenfalls in Schleswig-Holstein, auch bei Familienstiftungen nur dem öffentlichen Interesse und dem Interesse der Stiftung selbst dient, nicht aber auch den Interessen der durch die Stiftung Begünstigten, und daß die Stiftungsdestinatäre deshalb keinen Anspruch auf aufsichtsbehördliches Einschreiten haben, wenn sie sich durch Maßnahmen der Stiftungsorgane in ihren Rechten verletzt sehen, ist in dem von den Klägern gegen die Aufsichtsbehörde angestrengten Verwaltungsgerichtsverfahren rechtskräftig entschieden worden (OVG Lüneburg SchlHA 1984, 190 = NJW 1985, 1572; BVerwG NJW 1985, 2964). Eine durch das Einschreiten der Stiftungsaufsicht eintretende tatsächliche Verbesserung der Interessenlage der Destinatäre stelle, so hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, nur eine Reflexion dar, die einen Anspruch der Destinatäre auf behördliches Einschreiten nicht zu begründen vermöge.

    26

    c) Im vorliegenden Rechtsstreit geht es darum, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang den Destinatären einer Stiftung gegen diese selbst ein klagbarer Anspruch auf Einhaltung der Satzung und Aufrechterhaltung des ursprünglichen Stiftungszwecks zusteht, d. h. darauf, sich gegen sie beeinträchtigende Satzungsänderungen, insbesondere Änderungen des Stiftungszwecks, im Wege der zivilgerichtlichen Klage zu wehren. Als eine Frage der Stiftungsverfassung ist dies nach den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuches, nach sonstigem Bundes- oder Landesrecht sowie nach der Stiftungsurkunde bzw. der Satzung der Beklagten zu beurteilen (§§ 85 BGB; vgl. BGB-RGRK aaO § 85 Rdn. 1, 6). Hiervon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

    27

    Die Annahme des Berufungsgerichts, den Klägern als Destinatären der Beklagten fehle die Sachbefugnis, in dem von ihnen gewünschten Sinne auf die Verfassung der Beklagten Einfluß zu nehmen und das unveränderte Fortbestehen der Stiftung im Klagewege zu erzwingen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

    28

    aa) Die im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen Vorschriften über Stiftungen (§§ 80-88) verleihen den Destinatären im Verhältnis zur Stiftung keine Rechtsposition im Sinne mitgliedschaftsähnlicher oder aufsichtsmäßiger Befugnisse, in deren Wahrnehmung sie auf die Verfolgung und Wahrung des Stiftungszwecks sowie die Verwaltung Einfluß nehmen könnten.

    29

    Die Stiftung ist kein rechtsfähiger Zusammenschluß einer Personenmehrheit. Destinatäre haben nicht die Stellung von Mitgliedern, sie sind vielmehr lediglich Nutznießer des Stiftungsvermögens. Im Gegensatz zu vereinsrechtlich strukturierten juristischen Personen ist die Stiftung eine reine Verwaltungsorganisation, mit deren Hilfe der vom Stifter gewollte Zweck verwirklicht wird (vgl. BGB-RGRK aaO vor § 80 Rdn. 1; Staudinger/Coing, BGB 12. Aufl. Vorb. zu §§ 80-88 Rdn. 1; Enneccerus/Nipperdey, Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts 15. Aufl. § 117 I). Die in der Verfassung der Stiftung vorgesehenen Organe, insbesondere der Vorstand, sind das einzige personale Element. Allein der Vorstand vertritt die Stiftung im Rechtsgeschäft (§§ 86, 26 BGB). Nur er verschafft vorbehaltlich durch Gesetz oder Satzung normierter Ausnahmen ohne Drittbeeinflussung und in voller Unabhängigkeit dem Stifterwillen Geltung (vgl. Soergel/Neuhoff, BGB 11. Aufl. vor § 80 Rdn. 19; Ebersbach aaO S. 20f.). Die insoweit der Stiftung als juristischer Person zugestandene Autonomie und ihre Ausrichtung allein auf den Stifterwillen schließen die Berücksichtigung von Sonderinteressen und die Einflußnahme durch Dritte in der Regel aus (vgl. MünchKomm/Reuter 2. Aufl. § 85 Rdn. 3). Andernfalls würde der Kreis der Personen, die auf die Willensbildung der Stiftung Einfluß nehmen könnten, in einem vom Wesen der Stiftung nicht mehr zu rechtfertigenden Umfang erweitert.

    30

    bb) Das Berufungsgericht hat eine Anspruchsberechtigung für das Klagebegehren auch dem schleswig-holsteinischen Stiftungsgesetz vom 13. Juli 1972 (GVBl S. 123; vgl. dazu Haecker SchlHA 1972, 153) nicht entnommen. Die Revision zeigt hierzu Rechtsfehler nicht auf. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist insoweit der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Der Geltungsbereich des Landesstiftungsgesetzes erstreckt sich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus (§ 549 Abs. 1 ZPO). Das Gesetz ist nicht deshalb revisibel, weil bei seinem Erlaß die Stiftungsgesetze anderer Bundesländer mit berücksichtigt worden sind (vgl. Hacker aaO). Es kann nicht angenommen werden, daß insoweit eine bewußte und gewollte Abstimmung zum Zwecke der Vereinheitlichung vorliegt (vgl. Senatsurteile BGHZ 7, 299, 300f.;  34, 375, 377f. und vom 26. April 1976 - III ZR 21/74 = WM 1976, 869, 872; s. auch BVerwG NJW 1985, 2964).

    31

    cc) Bei dieser Gesetzeslage ist die Rechtsstellung der Kläger als Destinatäre der Beklagten danach zu beurteilen, ob und inwieweit der Stifter hierzu Anordnungen getroffen hat. Sein Wille ist im Zweifel maßgeblich, wenn es um die konkrete Ausprägung der Stiftungsverfassung geht, insbesondere hinsichtlich des Stiftungszwecks, der Befugnisse der Organe wie der Stellung der Begünstigten. Der Grundsatz der Autonomie räumt dem Stifter vielfältige Möglichkeiten ein, die Stiftung so auszugestalten, wie es seinen Vorstellungen und Interessen entspricht. Grenzen sind der Gestaltungsfreiheit nur dort gezogen, wo aus Gründen des öffentlichen Interesses Mindestanforderungen an das Stiftungsgeschäft zu stellen sind und die Privatrechtsordnung einem Rechtsgeschäft die Anerkennung versagen muß, etwa weil es gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (vgl. Senatsurteil BGHZ 70, 313, 324f.).

    32

    In der Rechtsprechung hat bereits das Reichsgericht in bezug auf die Rechtsstellung der Destinatäre wiederholt auf die Bedeutung des Stifterwillens abgestellt (vgl. SeuffArch 56 Nr. 216; RGZ 100, 230, 234f.; LZ 1917, 1075f.; 1929, 324; HRR 1931 Nr. 1427). Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß sich die Frage, ob den Destinatären ein klagbarer Anspruch auf die Stiftungsleistungen zusteht, nach dem in der Stiftungsurkunde bzw. der Stiftungssatzung niedergelegten Willen des Stifters entscheidet (Urteil vom 16. Januar 1957 - IV ZR 221/56 = LM Nr. 1 zu § 85 BGB = NJW 1957, 708). Hiervon ist auch der erkennende Senat in dem bereits mehrfach erwähnten Urteil vom 26. April 1976 (III ZR 21/74 = WM 1976, 869 = LM Nr. 2 zu § 86 BGB) ausgegangen, dem eine (Wider-)Klage zugrunde lag, mit der sich ein nach dem ursprünglichen Stiftungsgeschäft als späterer Vorstand der Stiftung vorgesehener Begünstigter gegen eine Satzungsänderung wandte, die seine »Anwartschaft« auf das Vorstandsamt beeinträchtigte. Daß es für die Rechtsstellung der Destinatäre entscheidend auf die jeweilige Ausgestaltung der Satzung ankommt, wird auch im Schrifttum angenommen (vgl. Ebersbach aaO S. 85f., 111 ff.; Strickrodt, Stiftungsrecht 1977 S. 339; BGB-RGRK aaO § 85 Rdn. 5, 6; Staudinger/Coing aaO § 85 Rdn. 3; Soergel/Neuhoff aaO § 85 Rdn. 13, 14). Nur aufgrund einer entsprechenden Regelung in der Satzung können den Destinatären anspruchsbegründende Positionen zukommen (noch weitergehend MünchKomm/Reuter aaO § 85 Rdn. 6, 7, der eine Klagerecht der Destinatäre - anders als in der 1. Aufl. - gänzlich verneint).

    33

    Für Familienstiftungen, die von ihrer Zielsetzung her ausschließlich oder überwiegend dem Interesse der Mitglieder einer oder mehrerer Familien dienen, gilt nichts anderes. Auch hier ist entscheidend auf den in der Satzung niedergelegten Willen des Stifters abzustellen. Die Familienstiftung ist nur eine besondere Ausprägung der privaten Stiftung. Es ist nicht geboten, sie hinsichtlich der Rechtsstellung der Destinatäre anders zu beurteilen. Die Destinatäre einer Familienstiftung mögen zwar infolge ihrer Angehörigeneigenschaft in einem besonders gearteten, engen Verhältnis zur Stiftung stehen (vgl. RGZ 61, 28, 36; RG JW 1909, 160). Dies zieht indes Verwaltungs- oder Kontrollbefugnisse nicht zwingend nach sich. Auch insoweit bleibt es vielmehr der Anordnung des Stifters vorbehalten, wie er die Stellung der Destinatäre ausgestaltet, ob dies mehr im Sinne konkreter Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte oder eher im Sinne einer bloß möglichen Genußberechtigung geschieht.

    34

    dd) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsirrtum angenommen, daß im Streitfall den Klägern aufgrund der Stiftungssatzung, deren Auslegung im Revisionsverfahren frei nachprüfbar ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 68, 142, 146 und 70, 313, 321 m. w. Nachw.), der von ihnen geltend gemachte Anspruch auf Rückgängigmachung der Änderung des Stiftungszwecks nicht zusteht.

    35

    Das Testament des Stifters aus dem Jahre 1602 enthält keinen Hinweis darauf, der Stifter habe den Destinatären Einflußmöglichkeiten auf die Verwaltung und Entwicklung der Stiftung einräumen wollen. Dem Testament ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß die Destinatäre berechtigt sein sollten, erforderlichenfalls im Klagewege die Stiftung oder deren Organe zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen, sei es, den Destinatären Leistungen aus dem Stiftungsvermögen zukommen zu lassen, sei es, die Stiftung nach bestimmten, von den Destinatären gewünschten Zielen auszurichten.

    36

    Die Stiftungsurkunde verhält sich insbesondere auch nicht darüber, daß der Stifter den Destinatären hinsichtlich der Verwaltung der Stiftung Aufsichts- und Beanstandungsrechte hat zubilligen wollen, deren Wahrnehmung notfalls gerichtlich zu gewährleisten sei. Dem Testament ist vielmehr, wie das Berufungsgericht rechtsirrtumsfrei angenommen hat, deutlich zu entnehmen, daß der Stifter die Verwaltung der Stiftung in die alleinige Verantwortung der eingesetzten Testamentsvollstrecker gegeben hat, an deren Stelle später die Vorsteherschaft der Beklagten getreten ist.

    37

    Die Rechtsstellung der Kläger wird auch nicht dadurch verbessert, daß es in der Absicht des Stifters lag, eine Familienstiftung zu errichten. Der Stifter wollte der Nachkommenschaft hier nicht mehr als die bloße Möglichkeit verschaffen, Nutznießer des Stiftungsvermögens zu werden. Er hat den Einfluß der Familienmitglieder auf die Stiftung lediglich dadurch eröffnet und zugleich begrenzt, daß er als Nachfolger der im Testament ernannten vier Testamentsvollstrecker nach deren Tod jeweils wiederum »an des Verstorbenen Stelle einen frommen Mann aus meiner Verwandtschaft« bestimmt wissen wollte, wobei stets der »pronotarius pro tempore« in Lübeck Mitvorstand sein sollte. In der Satzung der Beklagten vom 20. November 1972 ist denn auch vorgesehen, daß drei Vorsteher möglichst mit den Eltern des Stifters verwandt oder verschwägert sein sollen und ein Vorsteher, den der Senat der Hansestadt Lübeck vorschlägt, ein Beamter oder pensionierter Beamter der Hansestadt Lübeck mit der Fähigkeit, ein Richteramt zu bekleiden, sein muß.

    38

    Bei dieser Sachlage ist eine Berechtigung der Kläger, in der von ihnen gewünschten Weise auf die Verfassung der beklagten Stiftung Einfluß zu nehmen, zu verneinen. Das ist auch nicht deshalb anders, weil die von der Stiftung beschlossene Erweiterung des Kreises der Destinatäre über die Nachkommenschaft der Eltern des Stifters hinaus möglicherweise zu einer Minderung der Chancen der Kläger führt, in den Genuß von Leistungen aus dem Stiftungsvermögen zu kommen. Entscheidend ist allein, daß den Klägern nach dem in der Stiftungsurkunde niedergelegten Willen des Stifters die von ihnen beanspruchte Rechtsposition nicht zusteht.

    39

    II.

    Die Kläger verfolgen ihr Klageziel, den ursprünglichen Zweck der Beklagten als einer reinen Familienstiftung wiederherzustellen, weiter hilfsweise mit dem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der satzungsändernden Beschlüsse der Beklagten vom 19. September 1950 und 20. November 1972.

    40

    Das Berufungsgericht hat diesen Klageantrag abgewiesen, weil es an dem nach § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse fehle.

    41

    Auch das hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

    42

    Das - zulässigerweise im ordentlichen Rechtsweg angebrachte - Feststellungsbegehren der Kläger ist zurückzuweisen, weil die Kläger sachlich nicht befugt sind, die Beklagte auf die von ihnen gewünschte Rechtsfolge in Anspruch zu nehmen. Wie oben im einzelnen ausgeführt, steht den Klägern als Destinatären der Beklagten nach dem in der Stiftungsurkunde niedergelegten Willen des Stifters ein Recht auf Mitwirkung bei Satzungsänderungen und insbesondere auch bei Änderungen des Stiftungszwecks nicht zu. Sie haben privatrechtlich keine Rechtsstellung dahin inne, die Beklagte wegen der 1950 und 1972 erfolgten Änderungen des Stiftungszwecks gerichtlich in Anspruch nehmen zu können. Dies gilt nicht nur für den auf entsprechende Änderung der jetzigen Satzung gerichteten Klageantrag, sondern auch für das hier in Frage stehende Klagebegehren auf Feststellung der Unwirksamkeit der satzungsändernden Beschlüsse.

    43

    Die Revision kann auch mit der Erwägung keinen Erfolg haben, die von der Stiftung beschlossene Erweiterung des Kreises der Destinatäre über die Nachkommenschaft der Eltern des Stifters hinaus führe notwendigerweise zu einer Minderung der Leistungen an die Nachkommen, die Kläger müßten deshalb einen im Klagewege durchsetzbaren Anspruch auf Wahrung ihrer bisherigen Position haben.

    44

    Nach der Stiftungsurkunde von 1 602 steht den Klägern schon ein Rechtsanspruch auf Leistungen aus dem Stiftungsvermögen nicht zu. Sie zählen sich zu den Nachkommen und gehören als solche zwar zum Kreis der möglichen Leistungsempfänger. Die Stiftungsurkunde enthält aber keine bestimmten objektiven Merkmale, durch deren Erfüllung die Eigenschaft eines Destinatärs unmittelbar erworben wird, ohne daß den Stiftungsorganen noch die Möglichkeit einer Auswahl gelassen ist (vgl. insoweit BGH Urt. v. 16. Januar 1957 - IV ZR 221/56 - LM Nr. 1 zu § 85 BGB = NJW 1957, 708). Der Stifter hat vielmehr, wie sich aus dem Testament ergibt, nicht alle Familienmitglieder fördern wollen, sondern lediglich eine gewisse Anzahl aus der Nachkommenschaft, die ihrerseits bestimmte Voraussetzungen (Studium oder Heirat) erfüllen müssen. Diese Leistungsempfänger konkret zu bestimmen, hat er in die alleinige Verantwortung der Testamentsvollstrecker gelegt. Erst deren Auswahlentscheidung führt die Berechtigung herbei, so daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß Familienmitglieder trotz ansonsten vorliegender Voraussetzungen (Studium oder Heirat) über die Stellung eines möglichen Genußberechtigten nicht hinausgelangen. Keiner der Kläger kann somit sicher sein, zukünftig zum Kreis der Begünstigten zu zählen.

    45

    Auch hinsichtlich des Umfangs der Leistungen gibt das Testament keinen konkreten Anhaltspunkt. Der Stifter hat es wiederum den Testamentsvollstreckern überlassen, entsprechend den wirtschaftlichen Erträgnissen der Stiftung Leistungen auszukehren. Infolgedessen ist es auch für den Kläger zu 4, der bereits Förderungsmittel erhalten hat, vor einer weiteren Beschlußfassung der Vorsteherschaft ungewiß, ob er noch weitere Mittel aus dem Stiftungsvermögen erhält. Nach der gegenwärtigen Praxis der Beklagten, die an jeden Begünstigten nur eine einmalige Zahlung leistet, ist dies unwahrscheinlich.

    46

    Ist hiernach davon auszugehen, daß die Kläger möglicherweise überhaupt keine oder keine weitere Berechtigung auf Leistungen aus dem Stiftungsvermögen gewinnen können, sind sie insoweit eher mit außerhalb der Stiftung stehenden Dritten vergleichbar, so ist die Annahme des Berufungsgericht, den Klägern stehe noch kein Anwartschaftsrecht, sondern allenfalls eine rechtlich nicht gesicherte Hoffnung oder Erwartung zu, später einmal zum Kreis der tatsächlich Bezugsberechtigten zu gehören, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision verkennt, daß damit von einer hinreichend konkreten, rechtlich geregelten Beziehung von Personen untereinander (vgl. Zöller/Stephan, ZPO 14. Aufl. § 256 Anm. 3-5 und Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 45. Aufl. § 256 ZPO Anm. 2, jeweils m. w. Nachw.), noch nicht ausgegangen werden kann. Zum Kreis der Destinatäre zu zählen, schafft gegenwärtig noch keine Rechtsbeziehung, aus der sich bestimmte Rechtsfolgen herleiten ließen. Die Zugehörigkeit zur Nachkommenschaft der Eltern des Stifters ist nicht mehr als eine bloße Aussicht auf einen in Zukunft möglicherweise eintretenden Rechtserwerb. Im übrigen müssen die satzungsändernden Beschlüsse der Beklagten für die Kläger auch nicht den Ausschluß von der Förderung bedeuten. Es ist nicht ersichtlich, daß durch die Erweiterung des Kreises der Destinatäre gerade die Kläger eine Minderung der ihnen ansonsten zustehenden Förderungsmittel erfahren werden.

    47
    Soweit die Revision auf das Urteil des erkennenden Senats vom 26. April 1976 (III ZR 21/74 = WM 1976, 869 = LM Nr. 2 zu § 86 BGB) verweist, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. In jenem Fall (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 84, 352 [BGH
    08.07.1982 - III ZR 103/80]) stand dem Beklagten, anders als hier den Klägern, nach dem in der Stiftungsurkunde zum Ausdruck gekommenen Willen des Stifters eine Rechtsposition (»Anwartschaft« auf das Vorstandsamt) zu.

    48

    III.

    Die Kläger begehren schließlich hilfsweise Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse des Amtsgerichts Lübeck vom 11. November 1950 und der Stadt Lübeck vom 6. August 1973.

    49

    Das Berufungsgericht hat auch diesen Antrag wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 256 ZPO abgewiesen, hinsichtlich des Beschlusses der Stadt Lübeck vom 6. August 1973 weiterhin auch deshalb, weil insoweit der ordentliche Rechtsweg nicht gegeben sei.

    50

    Auch das hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

    51

    Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses des Amtsgerichts Lübeck vom 11. November 1950 ist (ungeachtet einer Überprüfung im Verfahren gemäß §§ 23 ff. EGGVG, vgl. KG WM 1968, 856) im ordentlichen Rechtsweg zulässig. Er hat aus den oben zu II erörterten Gründen wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 256 ZPO keinen Erfolg.

    52

    Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses der Stadt Lübeck vom 6. August 1973 ist im ordentlichen Rechtsweg unzulässig. Insoweit liegt nicht eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit (§ 13 GVG) vor, sondern eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (§ 40 Abs. 1 VwGO), wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 26. April 1976 - III ZR 21/74 = WM 1976, 869, 871 m. w. Nachw.).

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 85 BGB