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  • 20.02.2023 · IWW-Abrufnummer 233856

    Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 27.02.2022 – II 374/98

    1.

    Es reicht für die Darlegung einer Rechtsverletzung aus, dass der Kläger geltend macht, er sei von der Körperschaftssteuer befreit und durch den auf 0,00 DM lautenden KSt-Bescheid sei zu Unrecht seine KSt-Pflicht bejaht worden.
    2.

    Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
    3.

    Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von Körperschaften, die Arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen durch Angebot von Arbeit und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen helfen wollen (sog. Beschäftigungsgesellschaften), nicht schon dann Zweckbetriebe, wenn sie den von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen eine Beschäftigungsmöglichkeit bieten.



    Tatbestand
    1

    Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom dem Kläger (Kl.) betriebene Süßmosterei einen Zweckbetrieb i. S. des § 65 Abgabenordnung (A0) darstellt.
    2

    Der Kl. verfolgte nach § 2 seiner für das Streitjahr 1990 maßgeblichen Satzung folgenden Zweck:

        "Der Zweck des Vereins ist die Schaffung, Unterhaltung und Förderung von Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, in denen seelisch- und geistig behinderte junge Menschen leben und arbeiten, die aufgrund ihrer Behinderung nicht oder noch nicht in der Lage sind, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Sie sollen von einem fachlichen qualifizierten Personenkreis betreut werden."

    3

    Die Einrichtung wird auf einem Resthof betrieben.
    4

    In einer Anlage zu einem Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit vom 19. August 1976 hat der Kl. seine Vereinstätigkeit u. a. wie folgt beschrieben:

        "Konzept von sozial-therapeutischer Arbeit in einer Großfamilie im Sinne einer Modelleinrichtung (in Stichworten)

        Dieses Modell soll neue Wege für das Leben und Arbeiten mit Behinderten aufzeigen, die dem Gesetz nach in einer Heimsituation untergebracht werden müssen. Zur größtmöglichen Entfaltung ihrer individuellen Fähigkeiten ist hier an eine familienähnliche Situation gedacht, im Sinne einer früheren Großfamilie, wo die Lehrlinge und Gesellen ebenso zur Familie gehörten wie Kinder, Eltern und Großeltern, einschließlich der unverheirateten Tante oder eines nicht lebenstüchtigen Verwandten.

        Nur sollte heute die Gemeinschaft nicht mehr vorrangig durch verwandtschaftliche Bindungen bestehen, sondern durch eine gemeinsame geistige Zielsetzung.

        Die"Großfamilie" mit Behinderten in einer "normalen" Dorfgemeinschaft mit Kontakten zu dieser, sowie kulturellem Anschluss an eine Stadt mit Theater, Konzert- und Kinoveranstaltungen, einer Rudolf-Steiner-Schule, Christengemeinschaft (Kirchen) und der Anthroposophischen Gesellschaft, wird als Alternative zur Dörflergemeinschaft mit ihrer Vielzahl von Behinderten auf begrenztem Raum empfunden.

        ...

        Mitarbeiter der Modelleinrichtung:

        5 Mitarbeiter mit entsprechender Erfahrung und Ausbildung, die bereit und in der Lage sind, in einer Lebensgemeinschaft mit Behinderten zu leben.

        1.
        Betreute der Modelleinrichtung:

        8 heranwachsende weibliche und männliche Behinderte, die gem. der Satzung des Vereins nicht in der Lage sind, sich in die Gesellschaft zu integrieren, und die dem Gesetz nach (BSHG u. JWG) in einer anerkannten Einrichtung gefördert werden müssen.

        2.
        Wohn- und Lebensraum der Modelleinrichtung:

        4 Einzelzimmer und 2 Zweibettzimmer für die Behinderten, sowie Wohnräume für die Mitarbeiter. Allen steht darüber hinaus zur Verfügung: große Wohndiele, Lese- und Musikzimmer, große Küche, Atelier, 2 Waschräume und WC's.

        3.
        Werkbereiche der Modelleinrichtung:

        1)
        Holzwerkstatt (auch Hausmeisterei und Bootsbau)

        2)
        Siebdruckwerkstatt (auch Batik und Weben)

        3)
        Schmiede

        4)
        Viehwirtschaft (einschl. Butter-, Brot- und Räucherwarenherstellung)

        5)
        Hauswirtschaft und Garten

        Die Lehr- und Lernzeit soll in großen Rythmen, die sich nach den Jahreszeiten richten, in den vorgenannten Arbeitsbereichen stattfinden. Dazu kommt ein berufkundlicher Unterricht, entsprechend der jeweiligen Werkstattsituation und Besichtigungen diverser Handwerksbetriebe.

        zu 1)
        Die Holzwerkstatt ist zunächst zum Auf- und Ausbau der Räume gedacht und soll später auch zum Bootsbau verwendet werden. Auch sollen dort die anfallenden Reparaturen in und an den Gebäuden ausgeführt werden

        zu 2)
        Die Siebdruckerei (überwiegend in den Wintermonaten betrieben) wird zunächst Tischdecken, Vorhänge etc. für die Gemeinschaft herstellen und später auch Aufträge annehmen können. Batik und Weben sind Nebenbereiche und fallen in erster Linie unter Handarbeiten in der Freizeit.

        zu 3)
        Die Schmiede wird hauptsächlich in der Michaelszeit in Betrieb sein und einfache Kerzenständer, Lampenhalter u. A. herstellen

        zu 4)
        Die Viehwirtschaft (allerdings auch Hauswirtschaft) einschließlich der Butter-, Brot- und Räucherwarenherstellung soll ganzjährig betrieben werden. Dort können die Behinderten wechselweise in Epochen, deren Umfang die sozialtherapeutische Situation des Einzelnen bestimmt, arbeiten

        .zu 5)
        Die Hauswirtschaft umfasst das Kochen, die Wäsche und Hauspflege und wird wie unter 4) betrieben.

        Der Garten und Ackerbau mit einem kleinen Gewächshaus wird dagegen nur in den Sommermonaten betrieben und soll die Gemeinschaft mit eigenem Gemüse versorgen. Die Anbaumethode soll nach dynamisch-biologischen Erkenntnissen erfolgen."

    5

    Der Kl. wurde vom Finanzamt (FA) aufgrund der Förderung der Fürsorge für Behinderte als gemeinnützig anerkannt (Bescheinigung vom 15. November 1976, Körperschaftsteuer-KSt-Freistellungsbescheid 1980 vom 17. Februar 1983). Nach dem Freistellungsbescheid vom 12. November 1993 für die Kalenderjahre 1989 bis 1991 ist der Kl. von der KSt befreit, da er unmittelbar mildtätigen Zwecken dient.
    6

    Seit 1986 betreibt der Kl. eine Süßmosterei. Auf einem ehemaligen Resthof hat der Kl. hierfür eine landwirtschaftliche Scheune zu einem Betriebsgebäude für die Mosterei umgebaut. Die Gebäudefläche beträgt ca. 250 qm. Der Resthof liegt zentral in der Ortschaft. Es werden ca. 600.000 Flaschen Fruchtsäfte pro Jahr (1996) hergestellt. Neben der gesamten Press- und Abfüllanlage werden die Säfte zum größten Teil eingelagert. Es besteht noch eine auswärtige Lagerhalle in 9 km Entfernung, in der der Kl. 300 qm gemietet hat. Das Betriebsgebäude enthält außerdem eine Werkstatt und Aufenthaltsfrühstücksraum. Der Gebäudekomplex ist ein integrierter Bestandteil auf dem Grundstück des Kl.. Es wird Lohnmosterei betrieben, d. h. die dort angelieferten Früchte werden entsaftet und mit Hilfe einer Abfüllanlage auf Flaschen gezogen. Außerhalb der Zeiten der Lohnmosterei wird Saft verschiedenster Sorten aufgekauft und dort auf Flaschen gezogen. Während des ganzen Jahres werden die Säfte unter eigenem Namen verkauft. In geringem Umfang wird auch Lohnabfüllung von angelieferten "Exotensäften" vorgenommen.
    7

    Die pädagogische Zielsetzung der Süßmosterei beschreibt der Kl. wie folgt:

        praxisgerechte Vorbereitung auf eine mögliche Verselbständigung

        Heranführen der Betreuten an reale Arbeitsprozesse

        Schaffung von Arbeitsfeldern für behinderte Jugendliche und Erwachsene

        Praktikum für pädagogisch schwierige Jugendliche aus verschiedenen Einrichtungen.

    8

    Nach Darstellung des Kl. ist der Betrieb der Mosterei aus folgenden Gründen zur Umsetzung der pädagogischen Zielsetzung erforderlich:

        direkte Anbindung an die Hofgemeinschaft

        Angebote von Tätigkeitsfeldern und Arbeitsplätzen, die den individuellen Möglichkeiten der Betreuten angepasst werden

        abwechslungsreiche und vielseitige Tätigkeitsbereiche

        vielschichtige Kontakte zur sozialen Umwelt

        Beteiligung an der Herstellung eines Produktes in einem Produktionsbetrieb.

    9

    Im Übrigen erläutert der Kl. die therapeutische Arbeitsplatzgestaltung wie folgt:

        "Grundlage für die Existenz der Süßmosterei ist die pädagogisch-therapeutische Ausrichtung. Die Gesamtheit des Betriebes stellt sich in besonderer Form den Bedürfnissen unserer Betreuten. Das persönliche Engagement der Mitarbeiter für die individuelle Verfassung des Betreuten, ist eine fachliche Besonderheit der LG. Die Betreuten der LG kommen in unsere Einrichtung, weil sie teilweise erhebliche physische und psychische Behinderungen haben. Die daraus resultierenden sozialen Auffälligkeiten lassen eine Mitarbeit in"normalen" Betrieben nicht zu. In der Vergangenheit konnten einige geistig behinderte Menschen der LG, nach jahrelangem Arbeitstraining in der Mosterei, in verschiedenen Betrieben angestellt werden, und bestreiten heute eigenverantwortlich ihren Lebensunterhalt. Um den individuellen Bedürfnissen unserer Betreuten zu entsprechen, findet ein fachlicher Austausch in wöchentlichen Konferenzen statt, gemeinsam mit den Erziehern und Heilpädagogen der LG. Hier werden die pädagogisch-therapeutischen Notwendigkeiten für unsere Betreuten differenziert dargestellt. Ergänzend durch laufende Fortbildung können wir eine ausgesprochen effektive Betreuung anbieten, da der Lebens- und Wohnbereich in Abstimmung mit dem Arbeitsbereich entwickelt wurde und wird."

    10

    Hinsichtlich der Arbeitsabläufe und der Einbeziehung der Betreuten hierbei wird auf die Schilderung des Kl. Bezug genommen.
    11

    In der Süßmosterei sind beschäftigt:
    12

    Wolfgang A, selbständiger Elektromeister als Arbeitsanleiter gegen Honorar. Herr A übt seinen Beruf als Elektromeister weiterhin aus, die zeitliche Inanspruchnahme (Süßmosterei / andere Auftraggeber) betrug in den Jahren 1991 bis 1993 ca. 70 zu 30 %
    13

    B als Arbeitsanleiter.
    14

    C, Sozialtherapeut, als Arbeitsanleiter sowie in der Verwaltung und im Vertrieb. Herr C ist mit 50 % seiner Arbeitszeit als Pädagoge außerhalb des Bereichs der Süßmosterei tätig für die Personen, die zwar in der Lebensgemeinschaft leben, aber nicht in der Süßmosterei beschäftigt sind.
    15

    Im Übrigen werden in der Süßmosterei regelmäßig zu Betreuende eingesetzt, deren Schulbesuchszeiten beendet sind. Der Einsatz aller Betreuten der Einrichtung in der Süßmosterei ist nach Darstellung des Kl. therapeutisch nicht sinnvoll, da die Süßmosterei in ihrem therapeutischen Ansatz an die Schulzeit anschließt. Hier bietet sich eine Betreuung an, die in dieser Form nur von wenigen anderen Einrichtungen angeboten wird. Im Streitjahr 1990 wurden in der Süßmosterei ganzjährig ein ehemaliger betreuter Erwachsener (Waldemar G.) sowie zwei weitere betreute Jugendliche (Michael E.; Nicki A. bis 8/90, Gerald S. ab 9/90) beschäftigt. Hinsichtlich dieser betreuten Personen wird auf die vom Kl. eingereichten Kurzbiografien verwiesen.
    16

    Der Kl. erzielte mit der Süßmosterei nach den vorliegenden Einnahme-Überschuss-Rechnungen folgende Umsätze und Ergebnisse (Zahlen gerundet):


    Finanzgericht Schleswig-Holstein
    Urt. v. 27.02.2002, Az.: II 374/98

    Süßmosterei als Zweckbetrieb eines Vereines zur Förderung von Lebensgemeinschaften und Arbeitsgemeinschaften für Behinderte; Rechtsverletzung durch Erlass eines auf 0 lautenden Körperschaftssteuerbescheides trotz Befreiung von der Körperschaftssteuer; Ausschluss der Steuerbefreing bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, der kein Zweckbetrieb ist; Dienen des Geschäftsbetriebs direkt und unmittelbar der Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke; Erreichung des steuerbegünstigten Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb ; Beschränkung der Wettbewerbswirkung auf das zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbare Maß ; Wettbewerbsneutralität des Staates
    Redaktioneller Leitsatz

        1.

        Es reicht für die Darlegung einer Rechtsverletzung aus, dass der Kläger geltend macht, er sei von der Körperschaftssteuer befreit und durch den auf 0,00 DM lautenden KSt-Bescheid sei zu Unrecht seine KSt-Pflicht bejaht worden.
        2.

        Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
        3.

        Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von Körperschaften, die Arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen durch Angebot von Arbeit und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen helfen wollen (sog. Beschäftigungsgesellschaften), nicht schon dann Zweckbetriebe, wenn sie den von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen eine Beschäftigungsmöglichkeit bieten.

    Tatbestand
    1

    Die Beteiligten streiten darüber, ob die vom dem Kläger (Kl.) betriebene Süßmosterei einen Zweckbetrieb i. S. des § 65 Abgabenordnung (A0) darstellt.
    2

    Der Kl. verfolgte nach § 2 seiner für das Streitjahr 1990 maßgeblichen Satzung folgenden Zweck:

        "Der Zweck des Vereins ist die Schaffung, Unterhaltung und Förderung von Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, in denen seelisch- und geistig behinderte junge Menschen leben und arbeiten, die aufgrund ihrer Behinderung nicht oder noch nicht in der Lage sind, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Sie sollen von einem fachlichen qualifizierten Personenkreis betreut werden."

    3

    Die Einrichtung wird auf einem Resthof betrieben.
    4

    In einer Anlage zu einem Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit vom 19. August 1976 hat der Kl. seine Vereinstätigkeit u. a. wie folgt beschrieben:

        "Konzept von sozial-therapeutischer Arbeit in einer Großfamilie im Sinne einer Modelleinrichtung (in Stichworten)

        Dieses Modell soll neue Wege für das Leben und Arbeiten mit Behinderten aufzeigen, die dem Gesetz nach in einer Heimsituation untergebracht werden müssen. Zur größtmöglichen Entfaltung ihrer individuellen Fähigkeiten ist hier an eine familienähnliche Situation gedacht, im Sinne einer früheren Großfamilie, wo die Lehrlinge und Gesellen ebenso zur Familie gehörten wie Kinder, Eltern und Großeltern, einschließlich der unverheirateten Tante oder eines nicht lebenstüchtigen Verwandten.

        Nur sollte heute die Gemeinschaft nicht mehr vorrangig durch verwandtschaftliche Bindungen bestehen, sondern durch eine gemeinsame geistige Zielsetzung.

        Die"Großfamilie" mit Behinderten in einer "normalen" Dorfgemeinschaft mit Kontakten zu dieser, sowie kulturellem Anschluss an eine Stadt mit Theater, Konzert- und Kinoveranstaltungen, einer Rudolf-Steiner-Schule, Christengemeinschaft (Kirchen) und der Anthroposophischen Gesellschaft, wird als Alternative zur Dörflergemeinschaft mit ihrer Vielzahl von Behinderten auf begrenztem Raum empfunden.

        ...

        Mitarbeiter der Modelleinrichtung:

        5 Mitarbeiter mit entsprechender Erfahrung und Ausbildung, die bereit und in der Lage sind, in einer Lebensgemeinschaft mit Behinderten zu leben.

        1.
        Betreute der Modelleinrichtung:

        8 heranwachsende weibliche und männliche Behinderte, die gem. der Satzung des Vereins nicht in der Lage sind, sich in die Gesellschaft zu integrieren, und die dem Gesetz nach (BSHG u. JWG) in einer anerkannten Einrichtung gefördert werden müssen.

        2.
        Wohn- und Lebensraum der Modelleinrichtung:

        4 Einzelzimmer und 2 Zweibettzimmer für die Behinderten, sowie Wohnräume für die Mitarbeiter. Allen steht darüber hinaus zur Verfügung: große Wohndiele, Lese- und Musikzimmer, große Küche, Atelier, 2 Waschräume und WC's.

        3.
        Werkbereiche der Modelleinrichtung:

        1)
        Holzwerkstatt (auch Hausmeisterei und Bootsbau)

        2)
        Siebdruckwerkstatt (auch Batik und Weben)

        3)
        Schmiede

        4)
        Viehwirtschaft (einschl. Butter-, Brot- und Räucherwarenherstellung)

        5)
        Hauswirtschaft und Garten

        Die Lehr- und Lernzeit soll in großen Rythmen, die sich nach den Jahreszeiten richten, in den vorgenannten Arbeitsbereichen stattfinden. Dazu kommt ein berufkundlicher Unterricht, entsprechend der jeweiligen Werkstattsituation und Besichtigungen diverser Handwerksbetriebe.

        zu 1)
        Die Holzwerkstatt ist zunächst zum Auf- und Ausbau der Räume gedacht und soll später auch zum Bootsbau verwendet werden. Auch sollen dort die anfallenden Reparaturen in und an den Gebäuden ausgeführt werden

        zu 2)
        Die Siebdruckerei (überwiegend in den Wintermonaten betrieben) wird zunächst Tischdecken, Vorhänge etc. für die Gemeinschaft herstellen und später auch Aufträge annehmen können. Batik und Weben sind Nebenbereiche und fallen in erster Linie unter Handarbeiten in der Freizeit.

        zu 3)
        Die Schmiede wird hauptsächlich in der Michaelszeit in Betrieb sein und einfache Kerzenständer, Lampenhalter u. A. herstellen

        zu 4)
        Die Viehwirtschaft (allerdings auch Hauswirtschaft) einschließlich der Butter-, Brot- und Räucherwarenherstellung soll ganzjährig betrieben werden. Dort können die Behinderten wechselweise in Epochen, deren Umfang die sozialtherapeutische Situation des Einzelnen bestimmt, arbeiten

        .zu 5)
        Die Hauswirtschaft umfasst das Kochen, die Wäsche und Hauspflege und wird wie unter 4) betrieben.

        Der Garten und Ackerbau mit einem kleinen Gewächshaus wird dagegen nur in den Sommermonaten betrieben und soll die Gemeinschaft mit eigenem Gemüse versorgen. Die Anbaumethode soll nach dynamisch-biologischen Erkenntnissen erfolgen."

    5

    Der Kl. wurde vom Finanzamt (FA) aufgrund der Förderung der Fürsorge für Behinderte als gemeinnützig anerkannt (Bescheinigung vom 15. November 1976, Körperschaftsteuer-KSt-Freistellungsbescheid 1980 vom 17. Februar 1983). Nach dem Freistellungsbescheid vom 12. November 1993 für die Kalenderjahre 1989 bis 1991 ist der Kl. von der KSt befreit, da er unmittelbar mildtätigen Zwecken dient.
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    Seit 1986 betreibt der Kl. eine Süßmosterei. Auf einem ehemaligen Resthof hat der Kl. hierfür eine landwirtschaftliche Scheune zu einem Betriebsgebäude für die Mosterei umgebaut. Die Gebäudefläche beträgt ca. 250 qm. Der Resthof liegt zentral in der Ortschaft. Es werden ca. 600.000 Flaschen Fruchtsäfte pro Jahr (1996) hergestellt. Neben der gesamten Press- und Abfüllanlage werden die Säfte zum größten Teil eingelagert. Es besteht noch eine auswärtige Lagerhalle in 9 km Entfernung, in der der Kl. 300 qm gemietet hat. Das Betriebsgebäude enthält außerdem eine Werkstatt und Aufenthaltsfrühstücksraum. Der Gebäudekomplex ist ein integrierter Bestandteil auf dem Grundstück des Kl.. Es wird Lohnmosterei betrieben, d. h. die dort angelieferten Früchte werden entsaftet und mit Hilfe einer Abfüllanlage auf Flaschen gezogen. Außerhalb der Zeiten der Lohnmosterei wird Saft verschiedenster Sorten aufgekauft und dort auf Flaschen gezogen. Während des ganzen Jahres werden die Säfte unter eigenem Namen verkauft. In geringem Umfang wird auch Lohnabfüllung von angelieferten "Exotensäften" vorgenommen.
    7

    Die pädagogische Zielsetzung der Süßmosterei beschreibt der Kl. wie folgt:

        praxisgerechte Vorbereitung auf eine mögliche Verselbständigung

        Heranführen der Betreuten an reale Arbeitsprozesse

        Schaffung von Arbeitsfeldern für behinderte Jugendliche und Erwachsene

        Praktikum für pädagogisch schwierige Jugendliche aus verschiedenen Einrichtungen.

    8

    Nach Darstellung des Kl. ist der Betrieb der Mosterei aus folgenden Gründen zur Umsetzung der pädagogischen Zielsetzung erforderlich:

        direkte Anbindung an die Hofgemeinschaft

        Angebote von Tätigkeitsfeldern und Arbeitsplätzen, die den individuellen Möglichkeiten der Betreuten angepasst werden

        abwechslungsreiche und vielseitige Tätigkeitsbereiche

        vielschichtige Kontakte zur sozialen Umwelt

        Beteiligung an der Herstellung eines Produktes in einem Produktionsbetrieb.

    9

    Im Übrigen erläutert der Kl. die therapeutische Arbeitsplatzgestaltung wie folgt:

        "Grundlage für die Existenz der Süßmosterei ist die pädagogisch-therapeutische Ausrichtung. Die Gesamtheit des Betriebes stellt sich in besonderer Form den Bedürfnissen unserer Betreuten. Das persönliche Engagement der Mitarbeiter für die individuelle Verfassung des Betreuten, ist eine fachliche Besonderheit der LG. Die Betreuten der LG kommen in unsere Einrichtung, weil sie teilweise erhebliche physische und psychische Behinderungen haben. Die daraus resultierenden sozialen Auffälligkeiten lassen eine Mitarbeit in"normalen" Betrieben nicht zu. In der Vergangenheit konnten einige geistig behinderte Menschen der LG, nach jahrelangem Arbeitstraining in der Mosterei, in verschiedenen Betrieben angestellt werden, und bestreiten heute eigenverantwortlich ihren Lebensunterhalt. Um den individuellen Bedürfnissen unserer Betreuten zu entsprechen, findet ein fachlicher Austausch in wöchentlichen Konferenzen statt, gemeinsam mit den Erziehern und Heilpädagogen der LG. Hier werden die pädagogisch-therapeutischen Notwendigkeiten für unsere Betreuten differenziert dargestellt. Ergänzend durch laufende Fortbildung können wir eine ausgesprochen effektive Betreuung anbieten, da der Lebens- und Wohnbereich in Abstimmung mit dem Arbeitsbereich entwickelt wurde und wird."

    10

    Hinsichtlich der Arbeitsabläufe und der Einbeziehung der Betreuten hierbei wird auf die Schilderung des Kl. Bezug genommen.
    11

    In der Süßmosterei sind beschäftigt:
    12

    Wolfgang A, selbständiger Elektromeister als Arbeitsanleiter gegen Honorar. Herr A übt seinen Beruf als Elektromeister weiterhin aus, die zeitliche Inanspruchnahme (Süßmosterei / andere Auftraggeber) betrug in den Jahren 1991 bis 1993 ca. 70 zu 30 %
    13

    B als Arbeitsanleiter.
    14

    C, Sozialtherapeut, als Arbeitsanleiter sowie in der Verwaltung und im Vertrieb. Herr C ist mit 50 % seiner Arbeitszeit als Pädagoge außerhalb des Bereichs der Süßmosterei tätig für die Personen, die zwar in der Lebensgemeinschaft leben, aber nicht in der Süßmosterei beschäftigt sind.
    15

    Im Übrigen werden in der Süßmosterei regelmäßig zu Betreuende eingesetzt, deren Schulbesuchszeiten beendet sind. Der Einsatz aller Betreuten der Einrichtung in der Süßmosterei ist nach Darstellung des Kl. therapeutisch nicht sinnvoll, da die Süßmosterei in ihrem therapeutischen Ansatz an die Schulzeit anschließt. Hier bietet sich eine Betreuung an, die in dieser Form nur von wenigen anderen Einrichtungen angeboten wird. Im Streitjahr 1990 wurden in der Süßmosterei ganzjährig ein ehemaliger betreuter Erwachsener (Waldemar G.) sowie zwei weitere betreute Jugendliche (Michael E.; Nicki A. bis 8/90, Gerald S. ab 9/90) beschäftigt. Hinsichtlich dieser betreuten Personen wird auf die vom Kl. eingereichten Kurzbiografien verwiesen.
    16

    Der Kl. erzielte mit der Süßmosterei nach den vorliegenden Einnahme-Überschuss-Rechnungen folgende Umsätze und Ergebnisse (Zahlen gerundet):
        Umsatz    Betriebsergebnis
    1987    30.000,00 DM    + 7.000,00 DM
    1988    184.000,00 DM    + 45.000,00 DM
    1989    407.000,00 DM    + 12.000,00 DM
    1990    374.000,00 DM    ./. 35.000,00 DM
    1991    396.000,00 DM    ./. 49.000,00 DM
    1992    547.000,00 DM    ./. 7.000,00 DM
    1993    748.000,00 DM    + 66.000,00 DM

    17

    Im Frühsommer 1998 traf der Kl. die Entscheidung, den Betrieb der Süßmosterei nicht fortzusetzen. Daraufhin kam der Sohn des in der Süßmosterei bisher beschäftigten Mitarbeiters A auf die Idee, sich hieraus selbst eine gewerbliche Existenz aufzubauen. Er gründete zu diesem Zweck zum 1. September 1998 eine GmbH & Co. KG mit der Zielsetzung, mit diesem Unternehmen die neu gegründete ... GmbH& Co. KG zu führen. Seitdem gibt es keine gemeinsame Nutzung der Mostanlage zwischen dem Kl. und der GmbH & Co. KG. Die vormals vom Kl. hier eingesetzten Mitarbeiter sind beim Kl. mit Beendigung des Betriebs ausgeschieden. Ebenso schieden die bisher beschäftigten Behinderten aus der Betreuung aus.
    18

    Im Rahmen einer Betriebsprüfung (Bp.) für die Jahre 1991 bis 1993 kam der Betriebsprüfer (BP) zu dem Ergebnis, dass die Süßmosterei als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln sei, da die Voraussetzungen für die Annahme eines Zweckbetriebes nicht vorliegen würden. Das FA folgte dieser Feststellung auch für das Streitjahr 1990 und erließ mit Datum vom 27. November 1996 einen KSt-Bescheid. Die KSt wurde dabei unter Berücksichtigung eines zu versteuernden Einkommens in Höhe von ./. 35.680,00 DM auf 0,00 DM festgesetzt.
    19

    Hiergegen richtete sich der form- und fristgerechte Einspruch des KI. Nach seiner Ansicht sind die Voraussetzungen eines Zweckbetriebes erfüllt. In der Süßmosterei finde die Arbeit mit den Betreuten statt. Der Kl. sei nach seiner Satzung eben auch eine Arbeitsgemeinschaft. Die Süßmosterei sei der Platz, wo sich das für die dafür geeigneten, betreuten Personen vollziehe. Aus der Betriebserlaubnis des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Jugend und Gesundheit vom 5. Juli 1995 sowie Ergänzung vom 24. April 1996 sei ersichtlich, dass außer Kindern und Jugendlichen auch junge Volljährige zur weiteren Betreuung in der Einrichtung verbleiben oder aufgenommen werden könnten. Auch die Umsatzsteigerungen sowie die ganzjährige Auslastung stünden der Einordnung als Zweckbetrieb nicht entgegen. Schließlich nimmt der Kl. Bezug auf ein Gutachten des Dipl.-Psychologen ... vom 16. September 1997. Der Gutachter komme zu dem Ergebnis, dass der Betrieb der Süßmosterei aus fachlicher Sicht als Sonderform einer Werkstatt für Behinderte zu werten sei, der integraler Bestandteil der pädagogischen Arbeit sein müsse.
    20

    Das FA wies den Einspruch mit Entscheidung vom 25. Februar 1998 als unbegründet zurück. Es führte insoweit Folgendes aus:
    21

    Die Mosterei erfülle die Voraussetzungen für die Annahme eines Zweckbetriebes i. S. der §§ 65 ff AO nicht. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb "Mosterei" diene mit seinen ihn begründenden Tätigkeiten durchaus der Verwirklichung des steuerbegünstigen satzungsmäßigen Zwecks des Kl. (§ 65 Nr. 1 AO). Es könne im Streitfall jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die satzungsmäßigen Zwecke des Kl. - wie in § 65 Nr. 2 AO gefordert - nur durch den Betrieb der Mosterei verwirklicht werden könnten. Der Satzungszweck sei seit Gründung des Kl. im Jahre 1976 unverändert die Schaffung, Unterhaltung und Förderung von Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, in denen seelisch und geistig behinderte Menschen leben und arbeiten, die aufgrund ihrer Behinderung nicht oder noch nicht in der Lage sind, sich in die Gesellschaft einzugliedern. Dieser Satzungszweck sei auch vor Einrichtung der Mosterei im Jahre 1986 von dem Kl. erfüllt worden, in dem die zu betreuenden Personen in Werkstätten (Tischlerei, Schlosserei), in der Haus- und Viehwirtschaft sowie der Gartenpflege beschäftigt worden seien. Insoweit zeige sich, dass die Erfüllung des Satzungszwecks nicht zwangsläufig einen Mostereibetrieb voraussetze. Nicht erst der Mostereibetrieb versetze den Kl. in die Lage, die angestrebte Lebens- und Arbeitsgemeinschaft zu verwirklichen. Insofern sei der Sachverhalt des Streitfalles bereits anders gelagert als in dem von dem Kl. angeführten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. April 1995 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 1995, 767).
    22

    Der Betrieb der Mosterei erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 AO, wonach der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten dürfe, als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar sei. Diese Bestimmung regele den Ausgleich zwischen der Förderung des Allgemeinwohls und der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts. Es bedürfe daher im Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem funktionierenden Wettbewerb und der steuerlichen Förderung ideeller Zwecke. Sei die von der Körperschaft verfolgte Mehrung des Gemeinwohls auch ohne steuerrechtlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, so sei aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar. Im Streitfall trete der Kl. mit der Mosterei zweifelsfrei in Wettbewerb zu anderen - steuerpflichtigen - Anbietern. Dieser Wettbewerb sei auch nicht unvermeidbar. Wie bereits ausgeführt, könne der Satzungszweck des Kl. auch ohne den Betrieb einer Mosterei auf andere Weise verwirklicht werden. Die Mostleistungen sowie das Aufziehen von Säften auf Flaschen stelle sich entgegen der Auffassung des Kl. nicht ausschließlich als Ergebnis der Arbeitstherapie der betreuten Personen und damit als notwendige Folge der Erfüllung des von dem Kl. verfolgten gemeinnützigen Zwecks dar. Es werde seitens des FA nicht bestritten, dass es der Verwirklichung des Satzungszwekkes durchaus dienlich sei, die betreuten Personen in die Arbeitsabläufe in der Mosterei zu integrieren. Es werde jedoch bezweifelt, dass der Satzungszweck nicht auch auf andere Weise verwirklicht werden könne. Nach Auffassung des FA könne bei der Prüfung der Frage, ob die steuerliche Privilegierung der Mosterei gerechtfertigt sei, nicht außer Acht bleiben, dass in der Mosterei der Anteil der Arbeitsleistung der betreuten Personen (im Prüfungszeitraum zwischen drei und vier Personen, in den Folgejahren zwei bis vier Personen) an der Gesamtarbeitsleistung deutlich in den Hintergrund rücke. Aufgrund ihrer Behinderungen seien die Betreuten nach eigener Aussage des Kl. zum Teil selbst nach mehreren Jahren nicht in der Lage, bestimmte Arbeitsabläufe selbständig durchzuführen. Der Kl. selbst habe darauf verwiesen, dass darüber hinaus die Arbeit in der Mosterei "gefahrgeneigt"sei, was die selbständige Arbeit der Betreuten zusätzlich erschwere. Das Gros der Arbeit könne nur von den drei ständig in der Mosterei tätigen Betreuern sowie den während der Hauptsaison in erheblichem Umfang beschäftigten, ebenfalls nicht zu dem Kreis der Betreuten gehörenden Hilfskräften, erbracht werden. Deutlich werde dies insbesondere auch aus der von dem Kl. eingereichten tabellarischen Aufstellung über die von den Betreuten durchgeführten Arbeiten in der ersten Jahreshälfte 1996. Einen Großteil der Arbeitsleistung mache die Teilnahme an der Saftauslieferung aus. Bei der Auslieferung komme jedoch den Betreuten auch lediglich die Funktion eines Begleiters zu. Die Auslieferung erfolge mit einem Kraftfahrzeug, das stets von einem Betreuer geführt werden müsse. Abgesehen von Hilfeleistungen beim Be- und Entladen des Fahrzeugs dürfte für die Betreuten insoweit kaum die Möglichkeit arbeitstherapeutischer Tätigkeit gegeben sein. Einen weiteren Schwerpunkt der von den Betreuten zu erledigenden Arbeiten würden weitere nicht unmittelbar mit dem Mostbetrieb zusammenhängende Tätigkeiten bilden, wie beispielsweise Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten. Bei der Gesamtbetrachtung würden die von den Betreuten geleisteten unmittelbar mit dem Mostbetrieb zusammenhängenden Tätigkeiten nur einen geringen Umfang ausmachen. Das FA gehe daher davon aus, dass für eine arbeitstherapeutisch sinnvolle Beschäftigung der Betreuten der Betrieb einer Mosterei nicht zwingend erforderlich und mithin auch der Wettbewerb zur Erfüllung des Satzungszwecks nicht unvermeidbar gewesen sei. Allein die Tatsache, dass der Kl. in der Mosterei durchschnittlich drei Behinderte mit Hilfstätigkeiten beschäftigt habe, rechtfertigte die Steuerbegünstigung nicht.
    23

    Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kl. weiterhin die Einordnung der Süßmosterei als Zweckbetrieb geltend macht. Insoweit führt der Kl. ergänzend Folgendes aus:
    24

    Die Mosterei sei ab 1986 von dem Kl. aufgebaut worden, nachdem sich ab diesem Zeitpunkt erst der Bedarf ergeben habe, für die nun heranwachsenden Betreuten nach ihrer Schulpflichtzeit eine geeignete berufliche Trainingswelt einzurichten und vorzuhalten, zum Erlernen sowohl manuell-handwerklicher als auch geistig-psychischer Fähigkeiten und Fertigkeiten als Notwendigkeit für den Übergang von Schule zu Beruf. Es sei schlicht unzutreffend, dass es zuvor (oder auch später) beim Kl. Werkstätten, wie vom FA in der Einspruchentscheidung erstmals ausgeführt, gegeben hätte. Es habe keine "Haus- und Viehwirtschaft" gegeben. Gehalten worden seien ein paar Hühner für den Eigenbedarf der hier Wohnenden und natürlich sei auch gekocht und das Haus sauber gehalten worden und von den Kindern und Jugendlichen sei im Rahmen des erzieherisch sinnvoll Gebotenen dabei mitgewirkt worden. Es habe auch keine Werkstatt als Gartenpflege gegeben, ungeachtet dessen, dass natürlich auch hier, wie bei jedem Hausbesitz, im Garten auch gehakt, geharkt, Unkraut gezogen, Gras gemäht worden sei usw. Es habe auch keine Tischlerei oder Schlosserei als Werkstätten in dem hier relevanten Sinne, sondern lediglich diesbezügliche Räume nebst Materialausstattungen für den Eigenbedarf in der Übergangszeit der handwerklichen Herrichtung des Objekts für den zukünftigen Nutzungsbedarf gegeben, was im Kosteninteresse weitgehend in Eigenarbeit erledigt worden sei. Die Aufgabe der Eingliederungshilfe gehe indes dahin, den heranwachsenden Behinderten die Ausübung eines ihrer Behinderung angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen. Dazu gehöre nicht nur die Ausbildung zu einem Beruf oder einer Tätigkeit, sondern auch die Schaffung und Erhaltung der Voraussetzungen für die Berufsausbildung oder Tätigkeit. Derartiges habe es beim Kl. bis 1986 indessen nicht gegeben und der Bedarf dazu habe sich auch erst zu dieser Zeit eingestellt. Dabei hätte sich seinerzeit beim Äpfelpressen von Früchten des Gartens gezeigt, dass die dabei entstehenden, ganz unterschiedlichen Arbeitsabläufe das besondere Interesse der Heranwachsenden gefunden hätten und offenbar Motivation für weitergehende Engagements sein könnten. Aus dieser Ausgangssachlage heraus sei die Einrichtung der Mosterei als Maßnahme der Eingliederungshilfe im vorstehenden Sinne für einen (geeigneten) Übergang von Schule zu Beruf oder angemessener beruflich vergleichbarer Tätigkeit entstanden.
    25

    Die entgegen stehenden Ausführungen des FA seien auch im Rechtlichen falsch:
    26

    Das FA meine offensichtlich, aus seiner eigenen Kompetenz heraus dazu befinden zu können, was für die hier betreuten Behinderten an Hilfe gut und richtig sei. Es artikuliere seine diesbezügliche Meinung dahin, so ein bisschen Mitwirkung in Haus und Garten sei doch völlig ausreichend und für die hier Betreuten schon das Richtige. Derartiges könne dem FA nicht durchgelassen werden. Die Kompetenz für derartige Beurteilung liege nicht beim FA, sondern allein beim Einrichtungsträger im Benehmen mit dem Träger der Sozialhilfe, vgl. z. B. § 36 Kinder- und Jugendhilfegesetz -KJHG- (= SGB VIII) und § 46 Bundessozialhilfegesetz -BSHG-. Für die Behinderten sei gesetzlich ein sozialrechtlicher Rechtsanspruch dahin begründet, dass diese zur Beurteilung kompetenten Stellen ihr diesbezügliches Beurteilungsermessen i. S. der für den Behinderten bestmöglichen Lösung ausüben würden. Dementsprechend und entsprechend abgestimmter Ermessensausübung sei hier auch bei und mit der Einrichtung der Mosterei als betriebliches Übungsfeld für den hier betreuten Personenkreis zwischen Schulzeit und Beruf bzw. anderer angemessener Tätigkeit verfahren worden. Dabei sei gerade die Mosterei mit ihren vielfältigen Übungs- und Tätigkeitsmöglichkeiten und sozialen Bezügen für geeignet und geboten befunden worden.
    27

    Insoweit verweist der Kl. auch auf das Ausführungsgesetz zu Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG), nämlich das SGB IX vom 19. Juni 2001 (BStBl I 1046 ff), insbesondere §§ 132 ff des Gesetzes und die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache14/5074).
    28

    Die Verantwortlichen des Kl. hätten sich im Jahre 1998 vor eine Umsatzsteuerforderung des FA bis einschließlich Kalenderjahr 1993 um 136.991,98 DM zuzüglich Zinsen bis November 1996 in Höhe von bereits 23.545,00 DM gestellt gesehen. In dieser Situation hätten die Verantwortlichen des Kl. insbesondere vor der Frage und der ganz persönlichen Entscheidung gestanden, ob sie vor diesem Hintergrund die Tätigkeit des Betriebs der Süßmosterei fortführen sollten mit den daraus ggf. resultierenden gravierenden Haftungsgefahren für sich selbst. Dieser Gesamtsachverhalt sei 1998 der Grund gewesen, den Betrieb der Süßmosterei einzustellen.
    29

    Im Übrigen beruft sich der Kläger nunmehr auch auf das Vorliegen eines Zweckbetriebes gem. § 68 Nr. 3 AO. Auf die Voraussetzungen des § 65 AO käme es daher nicht mehr an.
    30

    Der Kl. beantragt,

    den KSt-Bescheid 1990 vom 27. November 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1998 aufzuheben und das FA zu verpflichten, für das Jahr 1990 einen KSt-Freistellungsbescheid zu erlassen.
    31

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.
    32

    Das FA nimmt Bezug auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend Folgendes vor:
    33

    Dem Einwand des Kl., er habe niemals Werkstätten der vom FA bezeichneten Art betrieben, werde entgegen gehalten, dass sich aus den dem FA vorliegenden Unterlagen Gegenteiliges ergebe. Bereits in seinem Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit habe der Kl. am 19. August 1976 ausgeführt, dass die Errichtung verschiedener Werkstätten (u. a. Holzwerkstatt, Siebdruckwerkstatt) betrieben werde. Im Rahmen der Mitgliederversammlung am 1. Mai 1984 seien Werkstätten wie Tischlerei und Schlosserei erwähnt worden. Der weitere Vorwurf des Kl., dem FA stehe bereits aufgrund der ihm fehlenden Fachkompetenz nicht zu, darüber zu befinden, auf welche Art und Weise Behinderte arbeits- und sozialtherapeutisch betreut würden, gehe fehl. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass das FA in seiner Einspruchsentscheidung nicht den Standpunkt vertreten habe, "ein bisschen Mitwirkung in Haus und Garten sei doch völlig ausreichend und für die hier Betreuten schon das Richtige". Das FA sei vielmehr davon ausgegangen, dass der Kl. mit den von ihm unterhaltenen Werkstätten auch in den Jahren zwischen der Gründung des Vereins (1976) und der Errichtung der Mosterei (1986) seinen unveränderten Satzungszweck in vollem Umfang erfüllt habe. Hieraus habe es sodann geschlossen, dass die Erfüllung des Satzungszwecks auch ohne die Mosterei offensichtlich durchaus möglich gewesen sei. Der Kl. beschuldige das FA auch zu Unrecht, dass es das vorgelegte Gutachten nicht beachtet habe. Das FA habe in seiner Entscheidungsfindung sämtliche ihm vorliegende Unterlagen einbezogen. Dass es das Gutachten im Rahmen der Einspruchsentscheidung nicht besonders hervorgehoben habe, bedeutet nicht, dass es unbeachtlich geblieben sei. Das FA stelle auch in keiner Weise die Kompetenz des Gutachters oder die Aussage des Gutachtens in Frage. Wie auch der Kl. betone, ziehe das Gutachten das Fazit, dass"das pädagogische Konzept des Vereins ... nur Sinn (macht), wenn gleichzeitig der Heimbereich und der Arbeitsbereich angeboten werden". Nach Ansicht des FA treffe das Gutachten jedoch keine Aussage darüber, dass für die Verwirklichung des Satzungszwecks der Betrieb der Mosterei unerlässlich sei. Das FA bezweifle jedenfalls, auch unter Berücksichtigung der vom Kl. eingereichten Unterlagen und seiner eigenen Schilderungen, dass gerade der Mostbetrieb die optimale und einzig mögliche Umsetzung des Satzungszwecks des Kl. biete.
    34

    Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie vier Bände Steuerakten und 1 Hefter Rechtsbehelfsvorgänge Bezug genommen. Diese waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
    Gründe
    35

    Die Klage ist zulässig.
    36

    Der Kläger kann insbesondere auch geltend machen, durch den angefochtenen Bescheid i. S. v. § 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) in seinen Rechten verletzt zu sein, obwohl die KSt für das Streitjahr auf 0,00 DM festgesetzt ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH reicht es für die Darlegung einer Rechtsverletzung aus, dass der Kläger geltend macht, er sei von der KSt befreit und durch den auf 0,00 DM lautenden KSt-Bescheid sei zu Unrecht seine KSt-Pflicht bejaht worden. (BFH-Urteile vom 13. Juli 1994, BStBl II 1995, 134; vom 21. Oktober 1999, BStBl II 2000, 325). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem das FA eine partielle Steuerpflicht für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers bejaht.
    37

    Die Klage ist aber unbegründet.
    38

    Die angefochtenen Verwaltungsakte sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kl. daher nicht in seinen Rechten; eine Aufhebung kommt somit nicht in Betracht (§ 100 Abs. 1 FGO).
    39

    Das FA hat zu Recht gegenüber dem Kl. einen KSt-Bescheid erlassen, da die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nicht gegeben sind.
    40

    Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der Fassung des Streitjahres 1990 sind Körperschaften von der KSt befreit, die nach ihrer Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 51 bis 68 AO). Die Steuerbefreiung ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG i. V. m. § 64 AO jedoch insoweit ausgeschlossen, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i. S. d. § 14 AO unterhalten wurde, der kein Zweckbetrieb war.
    41

    Der Kl. diente nach seiner im Streitjahr geltenden Satzung und seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar einem gemeinnützigen Zweck i. S. d. § 53 Nr. 1 AO (der selbstlosen Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe Anderer angewiesen sind). Der Kl. verfolgte diesen Zweck ausschließlich und unmittelbar i. S. d. §§ 56 und 57 AO und erfüllte auch die übrigen für die Steuerbefreiung erforderlichen Voraussetzungen der §§ 59 und 60 AO. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Weiter gehen die Beteiligten zu Recht davon aus, dass die Süßmosterei einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Kl. i. S. d. § 14 AO darstellte, denn der Betrieb der Süßmosterei ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen erzielt werden und die über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgeht.
    42

    Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG i. V. m. § 64 AO steht dem Kl. die KSt-Befreiung hierfür nur dann zu, wenn der Betrieb der Süßmosterei ein Zweckbetrieb i. S. d. §§ 65 ff AO darstellt.
    43

    Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb "Süßmosterei" erfüllt entgegen der Ansicht des Kl. nicht die Voraussetzungen eines Zweckbetriebes i. S. d. § 65 AO. Nach dieser Vorschrift ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn

        der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
        die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
        der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.

    44

    Diese drei Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb müssten kumulativ erfüllt sein (vgl. Tipke / Kruse, Kommentar zur AO, § 65 Tz. 1).
    45

    Nach § 65 Nr. 1 AO muss der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb direkt und unmittelbar der Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke dienen, er muss also in seiner ganzen Ausgestaltung auf die Verwirklichung dieser Ziele ausgerichtet sein. Er muss also insgesamt einen integralen Bestandteil der steuerbegünstigten Tätigkeit darstellen; ist das der Fall, schadet es nicht, wenn einzelne Tätigkeiten nicht der steuerbegünstigten Tätigkeit dienen (Tipke / Kruse, a. a. O., Tz. 2; Uterhark in Schwarz, Kommentar zur AO, § 65 Rz. 3). Nicht ausreichend ist das Erwirtschaften von Mitteln für den ideellen Bereich (Fischer in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur AO, § 65 Rn. 19).
    46

    Diese Voraussetzung ist im Streitfall - wovon auch das FA ausdrücklich ausgeht - erfüllt, da der Betrieb der Süßmosterei in seiner Gesamtrichtung, d. h. mit den ihn begründenden Tätigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen, der Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks des Kl. diente. Die Süßmosterei wurde von dem Kl. unterhalten, um den von ihm Betreuten nach der Schulzeit die Möglichkeit einer Beschäftigung zu bieten und einen Übergang von Schule zu Beruf oder angemessener beruflich vergleichbarer Tätigkeit zu ermöglichen.
    47

    Zweifelhaft ist, ob die Voraussetzungen des § 65 Nr. 2 AO durch den Kl. erfüllt wird. § 65 Abs. 2 AO verlangt, dass die steuerbegünstigten Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können. Dies trifft nicht zu, wenn die Erfüllung der Zwecke auch ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb möglich ist. Vielmehr muss der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb das einzige Mittel sein, die steuerbegünstigten Zwecke zu erreichen (BFH-Urteile vom 9. April 1987, BStBl II 1987, 659; vom 15. Oktober 1997 in Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1998, 150; Beschluss vom 6. Juni 2000 in BFH/NV 2000, 1506). Dagegen liegt kein Zweckbetrieb vor, wenn durch die Tätigkeit die steuerbegünstigten Zwecke zwar besonders wirksam verfolgt werden können, die Tätigkeit aber für die Erreichung der Zwecke nicht unvermeidbar ist, sondern auch andere Möglichkeiten der Zweckverfolgung bestehen, durch die keine Konkurrenzsituation mit steuerpflichtigen Unternehmen eintritt (BFH-Urteil vom 13. August 1986, BStBl II 1986, 831).
    48

    Nach dem Vortrag des Kl. waren vor 1986 keine der sich aus der Süßmosterei ergebenden vergleichbaren Beschäftigungsmöglichkeiten für die betreuten Behinderten gegeben. Erst zu dieser Zeit habe sich auch ein Bedarf für ein solches Beschäftigungsangebot ergeben. Dieser Klägervortrag steht in einem gewissen Widerspruch zu dem ursprünglichen Konzept des Kl. (vgl. Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit vom 19. August 1976), in dem ausdrücklich z. B. von der Holzwerkstatt, einer Siebdruckwerkstatt und einer Schmiede als Werkbereiche der Einrichtung gesprochen wird. Auch ist unklar, inwieweit die gemeinnützigen Zwecke des Kl. nach der Einstellung des Betriebs der Süßmosterei erreicht werden. Dies könnte dafür sprechen, dass die Süßmosterei für die Erreichung der steuerbegünstigten Zwecke des Kl. nicht unvermeidbar gewesen war.
    49

    Letztlich kann der Senat die Frage des § 65 Nr. 2 AO aber dahingestellt sein lassen, weil jedenfalls die Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO nicht erfüllt ist. Die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO verlangt, dass die von dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgehende Wettbewerbswirkung auf das zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks unvermeidbare Maß begrenzt werden muss (Tipke / Kruse, a. a. O., § 65 Tz. 3 m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 26. April 1995, BStBl II 1995, 767) sind wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von Körperschaften, die Arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen durch Angebot von Arbeit und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen helfen wollen (sog. Beschäftigungsgesellschaften), nicht schon dann Zweckbetriebe, wenn sie den von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen eine Beschäftigungsmöglichkeit bieten. Anders sind danach aber wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von Beschäftigungsgesellschaften zu beurteilen, in denen schwer vermittelbare und von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen beruflich qualifiziert und/oder sozial pädagogisch betreut werden, um sie auf eine Tätigkeit im normalen Arbeitsprozess vorzubereiten.
    50

    Dem Kl. ist unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze als eine Einrichtung, die behinderten Personen eine Beschäftigungsmöglichkeit bietet und auf einen Übergang zur beruflichen Tätigkeit vorbereitet, zwar zuzugestehen, dass er sein Angebot unter Marktbedingungen produziert, um die von ihm betreuten Personen realitätsnah an das Arbeitsleben und an den Arbeitsprozess heranführen zu können. Zu prüfen ist aber in diesem Zusammenhang auch, ob der Umfang der Beschäftigung zu einer gesteigerten und damit vermeidbaren Form der Wettbewerbsteilnahme führt. Denn im Hinblick auf die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO ist ein zurückhaltendes Verhalten der Einrichtung am Markt geboten, da der Staat nach Art. 3 Abs. 1 GG zur Wettbewerbsneutralität verpflichtet ist. Die steuerliche Begünstigung eines Wettbewerbers - hier des Kl. - ist nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG nur zulässig, wenn ein hinreichender sachlicher Grund für eine steuerrechtliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung vorliegt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 26. Oktober 1976 in Entscheidungen des BVerfG -BVerfGE-43, 58; BFH-Urteil vom 26. April 1995, a. a. O.). Somit ist abzuwägen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem nicht durch steuerrechtliche Begünstigungen beeinträchtigten Wettbewerb und dem Interesse der Allgemeinheit an der Förderung des steuerbegünstigten Zwecks (BFH-Urteil vom 26. April 1995, a. a. O. m. w. N.). Dabei ist nicht erforderlich, dass tatsächlich ein Wettbewerb stattfindet. Es genügt, dass es möglich ist, dass solche Leistungen von privatrechtlichen Betrieben im Markt angeboten werden. Geschützt wird damit nicht nur der tatsächliche Wettbewerb, sondern auch der potenzielle Wettbewerb (Uterhark a. a. O. Rz. 7; Gersch in Klein, Kommentar zu AO, § 65 RNr. 6; BFH-Urteile vom 27. Oktober 1993, BStBl II 1994, 573; vom 26. April 1995, BStBl II 1995, 767; vom 15. Oktober 1997 in BFH/NV 1998, 150; vom 30. März 2000, BStBl II 2000, 705). Da auch auf den potenziellen Wettbewerb abzustellen ist, ist im Einzelfall nicht zu ermitteln, mit welchen konkreten Betrieben der Zweckbetrieb in Konkurrenz tritt (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 13. August 1986, BStBl II 1986, 831, 832; Uterhark a. a. O.; a. A. wohl BFH im Urteil vom 30. März 2000 a. a. O., der für den dortigen Streitfall konkrete Feststellungen zur Wettbewerbssituation vor Ort fordert). Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen gelangt der Senat zu der Erkenntnis, dass der Kl. mit dem Betrieb der Süßmosterei, die nach § 65 Nr. 3 AO gebotene Zurückhaltung im Wettbewerb nicht gewahrt hat. Für die Beschäftigung von max. drei betreuten Personen, für die aufgrund ihrer Behinderungen zudem teilweise nur einfachste Arbeiten in Frage kamen, war ein derart umfangreicher Betrieb nicht erforderlich. Auch das Verhältnis zu den übrigen ebenfalls drei in der Süßmosterei beschäftigten nicht behinderten Personen zeigt, dass der Betrieb des Kl. für die Beschäftigung der Betreuten überdimensioniert war und damit jedenfalls vom Umfang her den Wettbewerb stärker beeinträchtigte, als es für die Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar war. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch die Höhe der mit der Süßmosterei erzielten Umsätze. Nach dem ersten Jahr 1987 mit einem Umsatz von rd. 30.000,00 DM stieg der Umsatz bis zum Streitjahr 1990 auf rd. 374.000,00 DM. Damit ist unter Berücksichtigung der geringen Zahl der beschäftigten betreuten Personen eine Größenordnung erreicht, die eine Bevorzugung im Wettbewerb mit vergleichbaren nicht steuerbegünstigten Betrieben nicht mehr rechtfertigt (vgl. auch zu einem ähnlichen Fall Finanzgericht Brandenburg, Urteil vom 25. November 1998 in Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1999, 199).
    51

    Entgegen der erstmalig in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht des Kl. liegen auch nicht die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs gemäß § 68 Nr. 3 AO vor. Nach dieser Vorschrift in der Fassung des Streitjahres sind Zweckbetriebe auch Werkstätten für Behinderte, die nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, sowie Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, die der Eingliederung von Behinderten dienen.
    52

    Voraussetzung für § 68 Nr. 3 1. Alternative AO wäre das Vorliegen einer Werkstatt für Behinderte. Dieser Begriff richtet sich nach allgemeiner Ansicht nach § 54 Schwerbehindertengesetz (SchwerbG) in der Fassung des Streitjahres vom 26. August 1986 in Bundesgesetzblatt (BGBl) I 1986, 1421 (vgl. z. B. Gersch a. a. O. § 68 Rn. 6; Tipke / Kruse, a. a. O. § 68 Tz. 4; Uterhark a. a. O. § 68 Rz. 3). Der Kl. trägt nicht vor und es ist auch im Übrigen nicht erkennbar, dass er zu den begünstigten Werkstätten in diesem Sinne gehört.
    53

    Aber auch nach § 68 Nr. 3 2. Alternative AO ist der Betrieb der Süßmosterei nicht als Zweckbetrieb anzuerkennen. Allerdings ist dem Kl. zuzugestehen, dass nach einem weiten Verständnis des Wortlauts die Voraussetzungen vorliegen könnten. Denn im weitesten Sinne kann man die Süßmosterei als eine "Einrichtung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie" ansehen, "die der Eingliederung von Behinderten dient". Doch auch bei der Auslegung dieser Vorschrift kann nach Ansicht des Senats der gesetzgeberische Gedanke des § 65 Nr. 3 AO bezüglich der Vermeidung unnötiger Wettbewerbsbeeinträchtigungen nicht unbeachtet bleiben. Das Verhältnis der Vorschriften der § 65 AO und § 68 AO ist im Einzelnen noch ungeklärt. Im Ausgangspunkt wird - soweit ersichtlich - im Allgemeinen davon ausgegangen, dass § 68 AO als spezielle Vorschrift im Verhältnis zu § 65 AO anzusehen ist mit der Folge, dass bei einer in § 68 genannten Einrichtung die Zweckbetriebseigenschaft auch dann vorliegt, wenn sie die in § 65 AO genannten Voraussetzungen nicht erfüllt (Gersch a. a. O. § 68 Rz. 1; Sauer in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 68 Rn. 1; Fischer in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur AO, § 68 Rn. 4 mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung in Bundestagsdrucksache 11/4176, 12 zur Neufassung des § 68 AO in der Fassung des Vereinsförderungsgesetzes vom 18. Dezember 1989; ebenso Tipke / Kruse, a. a. O. Tz. 1). Auch nach den Entscheidungen des BFH vom 18. Januar 1995 (BStBl II 1995, 446) und 4. Mai 1994 (BStBl II 1994, 886) enthielt § 68 AO schon in der Fassung vor dem Vereinsförderungsgesetz einen gesetzlichen Katalog einzelner Zweckbetriebe und ging als spezielle Norm der Regelung des § 65 AO vor. Dennoch wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass die Grundsätze des § 65 AO auch in den Fällen des § 68 AO zumindest teilweise berücksichtigt werden müssen. So ist es nach Scholtz (in Koch / Scholtz, Kommentar zur AO, § 68 Rn. 2) zweifelhaft, ob die Grundsätze des § 65 AO auch dann in vollem Umfang zurückzutreten haben, wenn die Aufzählung in § 68 AO nur deklaratorische Bedeutung hat und die Einrichtung nicht unwesentlich in den Wettbewerb eingreift. Nach Fischer (a. a. O. Rn. 9) ist bei einer wettbewerbsrelevanten Tätigkeit des Vereins im Sinne des § 65 Nr. 3 AO dem durch eine restriktive Auslegung des § 68 AO Rechnung zu tragen. Uterhark (a. a. O. Rz. 4) vertritt die Ansicht, dass bei § 68 Nr. 3 AO zwar der Umsatz an Dritte entgegen der Nr. 2 nicht begrenzt ist, aber § 65 Nr. 3 AO zu beachten ist. Schanhoff (in Handbuch der steuerlichen Gemeinnützigkeit Rn. 100) hält die Beschäftigung Nichtbehinderter, also des Stammpersonals, zumindest über einen längeren Zeitraum gesehen nur in einem für den Arbeitsablauf notwendigen Ausmaß für zulässig. Nach dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 11. Dezember 1998 (EFG 1999, 858) ist bei einer schwerwiegenden Verletzung der Wettbewerbsneutralität eine Einrichtung, die grundsätzlich unter § 68 AO fällt, nicht als Zweckbetrieb anzuerkennen.
    54

    Auch der Senat ist der Ansicht, dass der Grundsatz der aus Art. 3 GG abgeleiteten Wettbewerbsneutralität des Staates aufgrund des sehr weit gefassten Wortlauts des § 68 Nr. 3 2. Alternative AO zumindest bei der Auslegung zu einer restriktiven Anwendung dieser Begünstigungsnorm führen muss. Denn im Extremfall wäre ansonsten z. B. bei Beschäftigung eines Behinderten bei gleichzeitiger Beschäftigung von 20 Nichtbehinderten und der Erzielung eines Millionenumsatzes ebenfalls ein steuerbegünstiger Zweckbetrieb gegeben. Hierin zeigt sich, dass eine gewisse Begrenzung geboten ist. Eine nach § 68 Nr. 3 2. Alternative AO begünstigte Einrichtung kann danach nur eine solche sein, deren Schwerpunkt in der Beschäftigungs- und Arbeitstherapie liegt und das Auftreten im Wettbewerb zu nicht begünstigten Unternehmen lediglich eine unabwendbare Nebenwirkung darstellt. Hierfür kann insbesondere auf die Gedanken zurückgegriffen werden, die auch der Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO zu Grunde liegen. Das heißt, dass ein Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Nr. 3 AO ebenfalls erfordert, dass der Wettbewerb nur insoweit beeinträchtigt wird, als es für die Erreichung des begünstigten Zwecks unvermeidbar ist. Insofern wurde oben bereits ausgeführt, dass nach Auffassung des Senats im Streitfall der Betrieb der Süßmosterei des Kl. einen derart großen Umfang angenommen hatte, der für die Erfüllung der satzungsmäßigen Aufgaben des Kl. nicht erforderlich war. Die Zweckbetriebseigenschaft nach § 68 Nr. 3 2. Alternative AO ist somit ebenfalls nicht erfüllt.
    55

    Nach alledem war die Klage abzuweisen.
    56

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    57

    Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da es zu der Auslegung des § 68 Nr. 3 und dem Verhältnis dieser Norm zu § 65 AO bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.