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  • 24.06.2019 · IWW-Abrufnummer 209536

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 13.12.2018 – 7 K 131/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
     
    1

    Tatbestand
    2

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Erbschaftsteuer nach dem Tod von Herrn A hinterzogen hat.
    3

    Durch Testament vom 22.05.2000, eröffnet durch das Amtsgericht O am ....2006 (Az.: 1/2006), setzte der Erblasser, Herr A, Frau G zur Alleinerbin ein. Zudem vermachte er der Klägerin – neben fünf weiteren Vermächtnisnehmern (Frau B, Frau C, Herr D, E  und einer Universitätsbibliothek) - einen Geldbetrag in Höhe von 10.000 DM (s. Erbschaftsteuerakte des Beklagten) und setzte sie zur Testamentsvollstreckerin ein. Die Klägerin und der Erblasser kannten sich aus ihrer gemeinsamen beruflichen Zeit bei der F und pflegten ein freundschaftliches Verhältnis. Bereits zu Lebzeiten des Erblassers besaß die Klägerin eine Betreuungsvollmacht für den Erblasser und erledigte vor seinem Tod auch seine Bankangelegenheiten in Bezug auf dessen Vermögen bei der M-Bank in der Schweiz. Die Klägerin selbst unterhielt ein eigenes Konto bei der M-Bank in der Schweiz.
    4

    Am ....2006 verstarb der Erblasser.
    5

    Nach Aufforderung des Beklagten reichte die Klägerin in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin am 17.01.2007 beim Beklagten eine Erbschaftsteuererklärung ein, die sie unter Mitwirkung eines steuerlichen Beraters angefertigt hatte. In der Erbschaftsteuererklärung erklärte sie unter „übriges Vermögen“ die Wertpapierdepots bei der J-Bank in R, der K-Bank in R und der P-Bank in Höhe von insgesamt 400.114 €, sowie Guthaben bei Geldinstituten bei der J-Bank in R, der K-Bank in R, der P-Bank und der Q-Bank in R in Höhe von insgesamt 46.959 e€. In den „Anlagen Erwerber zur Erbschaftsteuererklärung“ führte die Klägerin weder in der sie betreffenden Anlage noch in den Anlagen der übrigen Erwerber unter „Sonstige Erwerbe“ das Vermögen aus der U Stiftung auf.
    6

    Daraufhin erließ der Beklagte am 20.02.2007 (Fälligkeit 23.03.2007) einen an die Alleinerbin adressierten Erbschaftsteuerbescheid, mit dem er die Erbschaftsteuer auf 173.680 € festsetzte. An die Klägerin als Vermächtnisnehmerin erging wegen der geringen Höhe des Vermächtnisses von 10.000 DM (5.200 €) kein Erbschaftsteuerbescheid.
    7

    Im Jahr 2012 wurden der Steuerfahndung N Geschäftsunterlagen der M-Bank Schweiz mit Sitz in W zugänglich gemacht. Zu diesen Unterlagen zählten unter anderem Dokumente, die auf Vermögensanlagen des Erblassers über die in Y (USA) domizilierende U Stiftung im Wert von rund 920.000 Schweizer Franken hinwiesen. Dabei handelte es sich um eine Kopie bzw. einen Ausdruck eines Dokumentes der U Stiftung Y, in dem es heißt (s. Strafakte, Bl. 7 Az. Az.: 123/15 V):
    8

    „U Stiftung, Y
    9

    Herrn A, geboren 10.02.1913, ….., nachfolgend Erstbegünstigter genannt, steht zu seinem Art. 3
    10

    a) Der Stiftungsgenuss am Nettovermögen der Stiftung und dessen Ertrag steht zunächst mit jeweils einem Betrag von EUR 10.000,-- zu
    11

    1. Frau B…
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    2. Frau C …
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    3. Frau G …
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    4. Herr D
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    b) Der Rest des nach Abzug der Beträge gemäss lit. a) verbleibenden Stiftungsvermögens und dessen Ertrag steht zu 100 % Frau X, geb. …., zu.“
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    Der Erblasser hatte die U Stiftung mit Sitz in Y anonym gegründet und die Erträge daraus zu Lebzeiten nicht versteuert.
    17

    Daraufhin leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung T am ....2013 ein Strafverfahren gegen die Klägerin wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung 2006 bis 2012 und des Verdachts der Erbschaftsteuerhinterziehung ein (s. Erbschaftsteuerakte des Bekl.). Nach einer Durchsuchung der Wohnräume der Klägerin stellte der Steuerfahndungsprüfer folgenden – zwischen den Beteiligten unstreitigen – Sachverhalt fest: Nach dem Tod des Erblassers informierten Mitarbeiter der M-Bank telefonisch alle Begünstigten der U Stiftung. Daraufhin reiste die Klägerin gemeinsam mit der Alleinerbin, Frau G, kurz nach dem Tod des Erblassers in die Schweiz und ließ bereits am 18.08.2006 das nach Abzug der Verfügungen zugunsten der weiteren Nachbegünstigten in Höhe von insgesamt 40.000 € verbleibende Vermögen von 536.879,10 € auf ein eigenes Konto bei der M-Bank transferieren, das sie bereits seit einigen Jahren dort führte (s. Kontoauszug der M-Bank Kto-Nr. 1; Erbschaftsteuerakte des Bekl.).
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    Im Laufe der Steuerfahndungsprüfung reichte die Klägerin am 12.08.2014 eine Schenkungsteuererklärung beim Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung T ein, in der sie eine auf den Todestag des Erblassers (....2006) ausgeführte Schenkung aus der U Stiftung in o.g. Höhe erklärte.
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    Der Steuerfahndungsprüfer vertrat in seinem Prüfungsbericht vom 27.04.2015 die Auffassung, dass die Klägerin Nachbegünstigte der in Y domizilierenden U Stiftung sei, die zu Lebzeiten wirtschaftlich und steuerlich nach § 39 der Abgabenordnung (AO) dem Erblasser zuzurechnen gewesen sei. Der Rechtsauffassung des Steuerfahndungsprüfers folgend erließ der Beklagte mit Datum vom 03.07.2015 einen erstmaligen Erbschaftsteuerbescheid gegen die Klägerin mit dem er die Erbschaftsteuer auf 167.080 € festsetzte. Der Besteuerung legte er folgende steuerpflichtigen Erwerbe zu Grunde:
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    Erwerb durch Vermächtnis, Barvermächtnis
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    3 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG))                                5.200 €
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    vermächtnisähnlicher Erwerb, U Stiftung M-Bank
    23

    3 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG)                                                                                                  536.879 €
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    Die Klägerin zahlte einen Teilbetrag auf die festgesetzte Erbschaftsteuer bereits am 21.11.2014 in Höhe von 163.180 € und den Restbetrag am 31.07.2015.
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    Gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom 03.07.2015 legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13.07.2016 als unbegründet zurückwies. Zu besteuern sei der Erwerb der Klägerin von Todes wegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf den ....2006. Die Klägerin habe das Vermögen aus der U Stiftung vom Erblasser erworben. Dabei sei am wahrscheinlichsten von einer Drittbegünstigung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG auszugehen. Möglich wäre auch eine Schenkung des Erblassers auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 des ErbStG. Letztlich könne die Bezeichnung der Besteuerungsgrundlage jedoch offen gelassen werden, da zutreffender Besteuerungsstichtag der ....2006, der Todestag des Erblassers, sei (§ 9 Abs. 1 ErbStG). Der Erbschaftsteuerbescheid sei hinreichend bestimmt, da es ausreichend sei, wenn der Lebenssachverhalt, der besteuert werde, genügend klar zum Ausdruck komme. Es sei ausgeschlossen, dass das Vermögen des Erblassers auf die U Stiftung übergegangen sei, da sich der Stifter bei Gründung weitere Entscheidungs- und Weisungsrechte vorbehalten habe. Das sog. Trennungsprinzip (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG) werde in diesen Fällen durchbrochen (s. BFH-Urteil vom 28.06.2007 II R 21/05, BStBl II 2007, 669). Aufgrund der Ermittlung der Steuerfahndung T könne als hinreichend gesichert angesehen werden, dass die U Stiftung im Verhältnis zum Stifter rechtlich und tatsächlich nicht frei über das auf sie übertragene Vermögen habe verfügen können. Schon deshalb sei das Trennungsprinzip durchbrochen und das Vermögen dem Erblasser zuzuordnen. Dies entspreche auch der Schenkungsteuererklärung der Klägerin, mit der sie geltend mache, das Vermögen vom Erblasser erhalten zu haben. Zudem habe der Erblasser die Stiftung anonym gegründet, so dass eine Zuordnung des Stiftungsvermögens unter Durchbrechung des Trennungsprinzips stets anzunehmen sei (FG Münster vom 11.12.2014 3 K 764/12, EFG 2015, 736). Der Beklagte wäre darüber hinaus dem Grunde nach zur Schätzung der Besteuerungsgrundlage berechtigt gewesen, wenn es auf den Stiftungsvertrag angekommen wäre.
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    Sodann setzte der Beklagte mit Bescheid vom 20.09.2016 Hinterziehungszinsen in Höhe von 76.196 € fest. Der Beklagte berechnete die Zinsen wie folgt:
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    163.180 €                91 Monate (24.03.2007 – 21.11.2014) =                            74.246,90 €
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        3.900 €              100 Monate (24.03.2007 – 31.07.2015) =                              1.950,00 €
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    Die Klägerin erhob gegen den Hinterziehungszinsenbescheid erfolglos Einspruch. Der Beklagte führte in seiner zurückweisenden Einspruchsentscheidung vom 15.12.2016 zur Begründung aus, dass der Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - gegeben sei. Die Klägerin habe mit Hinterziehungsvorsatz gehandelt, da ihr der aufgrund der Erbschaft erfolgte Vermögenszufluss offenkundig bei Abgabe der Erbschaftsteuererklärung bekannt gewesen sei. Es könne dahin stehen, ob die Klägerin im Bewusstsein der Unrichtigkeit der von ihr abgegebenen Erbschaftsteuererklärung gehandelt habe oder aber irrig davon ausgegangen sei, einen der Schenkungsteuer unterliegenden Vorgang verschwiegen zu haben. Dass ein Steueranspruch existiert habe, auf den sie eingewirkt habe, stehe zweifelsfrei fest. Dies werde bereits durch die im Rahmen des Strafverfahrens nachgereichte Schenkungsteuererklärung belegt. Die Klägerin sei keinem Tatbestandsirrtum unterlegen, als sie sich auf die Angaben des Stiftungsvertreters verlassen habe, hinsichtlich der Abgaben sei alles erledigt. Vielmehr hätte sie fachliche Informationen eines mit dem deutschen Steuerrecht vertrauten Sachverständigen einholen können und müssen. Ihr müsse bei ihrem gemeinschaftlichen Handeln mit der Erbin auch bewusst gewesen sein, dass der Erblasser die Stiftung zum Zwecke der „Steuervermeidung“ errichtet gehabt habe. Schließlich scheide auch ein Verbotsirrtum aus, da die Klägerin die gebotene Sorgfalt habe vermissen lassen. Ein etwaiger Verbotsirrtum sei daher verschuldet, so dass der Vorsatz der Klägerin bestehen bleibe.
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    Die Klägerin könne auch nicht erfolgreich einwenden, dass es sich bei der Vermögensübertragung aus der U Stiftung um einen nichtsteuerbaren Vorgang handele, weil es sich um eine Zuwendung aus der Stiftung handeln und die Stiftung weiter fortbestehen würde. Hiergegen spreche bereits die nachgereichte Schenkungsteuererklärung. Der Sachverhalt für die Festsetzung der Hinterziehungszinsen sei hinreichend aufgeklärt. Es liege auf der Hand, dass bei einer Steuerhinterziehung der wahre Sachverhalt durch den Täter bewusst verschleiert werde und im Nachhinein oftmals nur teilweise aufklärungsfähig sei, so dass die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung ermittelt werden müssten. Im Streitfall stehe eine Erbschaftsteuerhinterziehung fest, wie bereits in der Einspruchsentscheidung vom 13.07.2016 begründet.
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    Hiergegen hat die Klägerin am 17.01.2017 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie geltend macht, dass die Festsetzung der Hinterziehungszinsen nicht auf einem ausermittelten Sachverhalt, sondern auf Sachverhaltsannahmen und Schätzungen beruhe. Das aus der U-Stiftung zugeflossene Vermögen stamme nicht aus der Erbschaft. Vielmehr müsse in dubio pro reo davon ausgegangen werden, dass das Vermögen zuvor beim Erblasser separiert und auf die Stiftung übertragen worden sei. Der Beklagte mutmaße aus zahlreichen Ermittlungen gegen andere Steuerpflichtige, die Stiftungen in Y gegründet hätten, dass sich auch der Erblasser in den Statuten und Reglements vollumfänglich Rechte vorbehalten habe, weiterhin frei über sein Vermögen zu verfügen. Der Beklagte stütze seine Einspruchsentscheidung auf Wahrscheinlichkeiten und verweise auf die Unsicherheiten, die einer Schätzung anhaften würden. Zudem verweise der Beklagte darauf, dass der Erblasser die Stiftung anonym gegründet habe. Die schenkungsteuerliche Fiktion des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG sei nicht nachgewiesen, da es nicht erkennbar sei, dass die Stiftung aufgehoben worden sei. Genauso gut könne es sich um eine laufende Zuwendung handeln. Soweit Satz 2 der Vorschrift auch Zwischenberechtigte erfasse, die Zuwendungen aus einer Vermögensmasse ausländischen Rechts erhalten würden, halte der BFH es für ernstlich zweifelhaft, ob dies auch für Stiftungen ausländischen Rechts gelten würde (BFH-Beschluss vom 21.07.2014 II B 40/14, BFH/NV 2014, 1554).
    32

    Schließlich würde es der Klägerin am erforderlichen Vorsatz fehlen, da sie keine Kenntnis davon gehabt habe, dass sich der Erblasser eine vollumfängliche Verfügungsmacht zurückbehalten habe. Die Klägerin habe allenfalls grob fahrlässig gehandelt. Sie habe auf eine Aussage eines vor Ort in W anwesenden Vertreters der Stiftung vertraut, der auf ihre Nachfrage erklärt habe, dass hinsichtlich der Abgaben alles erledigt sei. In diesem Vertrauen habe sie ihrem Bruder und ihrer Nichte jeweils 100.000 € geschenkt. Hätte sie gewusst, dass das Vermögen schenkungsteuerpflichtig sei, hätte sie diese Schenkungen unterlassen.
    33

    Die Klägerin beantragt,
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    den Hinterziehungszinsenbescheid vom 20.09.2016 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15.12.2016, sowie den Änderungsbescheid vom 23.11.2018 aufzuheben.
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    Der Beklagte beantragt,
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                  die Klage abzuweisen.
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    Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen Bezug auf seine Einspruchsentscheidung.
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    Das Gericht hat die Akten in der Strafsache Az.: 123/15 beigezogen. Das Strafverfahren ist durch Strafbefehl vom 11.01.2016 beendet, wonach die Klägerin wegen Einkommensteuerhinterziehung in drei Fällen sowie Erbschaftsteuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist.
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    Im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens hat die Klägerin am 22.11.2013, dem Tag der Durchsuchung, folgendes gegenüber den Steuerfahndungsprüfern erklärt (s. Aktenvermerk vom 22.11.2013, Strafakte, Bl. 138):
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    „Die Beschuldigte führte aus, dass sie im Jahr 2006 von dem verstorbenen A ein Kapitalvermögen der M-Bank W i.H.v. ca. 550.000 € geerbt habe, welches in einer Stiftung angelegt gewesen war. … Herr A habe ihr schon zu Lebzeiten von dem Vermögen in der Schweiz erzählt und dass er dieses nicht den Finanzbehörden gegenüber erklärt hatte. Sie selbst sei mit 60 Jahren (1991) in Rente gegangen und habe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung von 100.000 DM erhalten, die sie sodann in die Schweiz brachte und dort auf ein Konto ebenfalls der M-Bank einzahlte. Diese Kapitalanlage habe sie auch nicht gegenüber den Finanzbehörden erklärt. Nach dem Tod des Herrn A habe sie einen Anruf der M-Bank Schweiz erhalten und sie sei dann gemeinsam mit Frau G … die ebenfalls Erbin geworden war, in die Schweiz zur M-Bank gefahren. Die M-Bank habe zu allen Erben Kontakt aufgenommen. Bei dem Treffen in der Schweiz sei dann der Übertrag ihres Anteils des Vermögens geregelt worden. Sie habe das Geld auf ihre bestehende Kontoverbindung bei der M-Bank übertragen lassen. …“
    41

    Mit Schriftsatz vom 31.07.2014 teilte die Klägerin ergänzend mit, dass nach ihren Erkenntnissen die U-Stiftung vom Erblasser wie eigenes Vermögen verwaltet worden sei. Der Erblasser habe nach der Übertragung von Vermögen bei Gründung in Höhe von 920.000 CHF jährlich über 100.000 CHF aus dem Stiftungsvermögen für seinen Unterhalt verfügt. In den Jahren 2002 bis 2006 seien diese Zahlungen offenbar über ein Konto der Klägerin entnommen worden, da der Erblasser gesundheitlich dazu selbst nicht mehr in der Lage gewesen sei. Die Transaktionen seien im Wesentlichen von der V AG / L (Schweiz) in Zusammenarbeit mit der M-Bank vorgenommen worden. Als der Erblasser gestorben sei, sei das restliche Vermögen ausgezahlt worden.
    42

    In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, dass sich aus der früheren gemeinsamen Arbeit mit dem Erblasser eine Freundschaft zu ihm und seiner – vorverstorbenen – Ehefrau entwickelt habe. Als sie 1991 pensioniert worden sei, habe sie die Abfindung auf Rat des Erblassers auf einem Konto in der Schweiz bei der M-Bank angelegt. Damals sei es in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis durchaus üblich gewesen, in der Schweiz ein Konto zu haben. Sie habe gewusst, dass auch der Erblasser seit vielen Jahren in der Schweiz ein Konto gehabt habe. Etwa Anfang 2000 habe der Erblasser zu ihren Gunsten eine Betreuungsvollmacht ausgestellt. Er habe auch eine Stiftung gründen wollen und sich daraus monatlich Beträge zum Lebensunterhalt auszahlen lassen. Im Jahr 2003 habe der Erblasser seinen 90. Geburtstag gefeiert und später einen Schlaganfall erlitten. In der Folgezeit habe sie die Bankangelegenheiten des Erblassers geregelt, auch in Bezug auf das Vermögen in der Schweiz. Nach dem Tod des Erblassers hätten sie und die anderen Nachbegünstigten einen anonymen Anruf aus der Schweiz erhalten. Im Gespräch habe sich herausgestellt, dass es um das Vermögen des Erblassers in der Schweiz ginge. Daraufhin sei sie zusammen mit der Alleinerbin in die Schweiz gereist und habe das ihr zustehende Geld auf ihr Konto bei der M-Bank transferieren lassen. Da sie nach der Aussage des Bankberaters davon ausgegangen sei, dass hinsichtlich etwaiger Abgaben alles erledigt sei, habe sie im November 2006 ihrem Bruder und ihrer Nichte jeweils 100.000 € geschenkt. Es sei damals niemals ihre Absicht gewesen, irgendwelche Steuern zu hinterziehen.
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    Am 23.11.2018 hat der Beklagte den angefochtenen Hinterziehungszinsenbescheid hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der normierten Zinshöhe nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 AO für vorläufig erklärt.
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    Entscheidungsgründe
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    Die Klage ist unbegründet.
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    Der angefochtene Hinterziehungszinsenbescheid vom 20.09.2016 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15.12.2016 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz der Finanzgerichtsordnung – FGO –. Zu Recht hat der Beklagte gegen die Klägerin Hinterziehungszinsen in Höhe von 76.196 € festgesetzt.
    47

    I. Nach § 235 Abs. 1 Satz 1 AO sind hinterzogene Steuern zu verzinsen. Der Begriff "hinterzogene Steuern" ist anhand des § 370 AO zu bestimmen (vgl. BFH-Urteil vom 14.08.1991 X R 86/88, BStBl II 1992, 128). Hiernach macht sich wegen Steuerhinterziehung strafbar, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). Eine Steuerverkürzung liegt vor, wenn die Steuern nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Die Tat muss vollendet, d. h. es müssen sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand verwirklicht sein. Eine strafbefreiende Selbstanzeige schließt die Zinserhebung nicht aus (vgl. Rüsken in Klein, AO, 13. Aufl. 2016, § 235 Rn. 5 m.w.N.).
    48

    1. Im Streitfall ist das Stiftungsvermögen des Erblasser aus der U Stiftung in den Nachlass der Alleinerbin gefallen, und die Klägerin hat einen Anteil des Stiftungsvermögens durch Vermächtnis gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erworben, so dass sie insoweit in der von ihr beim Beklagten eingereichten Erbschaftsteuererklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen unvollständige Angaben gemacht hat (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Bei der Aufzählung des „übrigen Vermögens“ hat die Klägerin nicht das Vermögen aus der U Stiftung in Höhe von insgesamt 556.879,10 € aufgeführt, sondern sich auf die inländischen Sparkonten und Wertpapierdepots des Erblassers beschränkt. Bei der „Anlage Erwerber zur Erbschaftsteuererklärung“ hat die Klägerin ebenfalls weder in der sie betreffenden Anlage noch in den Anlagen der anderen Erwerber unter „sonstige Erwerbe“ das aus der U Stiftung erhaltene Vermögen aufgeführt. Durch diese unvollständigen Angaben in der Erbschaftsteuererklärung ist es ihr gegenüber zunächst zu keiner Erbschaftsteuerfestsetzung gekommen, da das erklärte Vermächtnis von 5.200 € unterhalb des persönlichen Freibetrags lag. Ihr Anteil am Stiftungsvermögen in Höhe von 536.879,10 € unterlag jedoch nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als Vermächtnis der Erbschaftsteuer und hätte zu einer entsprechenden Erbschaftsteuerfestsetzung durch den Beklagten geführt.
    49

    Auf der Grundlage der Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat davon überzeugt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass das Vermögen des Erblassers bei Gründung der U Stiftung zu dessen Lebzeiten zivil- und steuerrechtlich (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG) nicht wirksam auf die Stiftung übertragen wurde, da er die U Stiftung zum Zwecke der Steuerhinterziehung gegründet hatte. Dies hat zur Konsequenz, dass die U Stiftung nach deutschem Recht nicht anzuerkennen ist. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in seinem Teilurteil vom 30. April 2010 (Az. I-22 U 126/06, ZEV 2010, 528 unter B.I.2.d.) entschieden, dass eine Stiftung ausländischen Rechts – dort liechtensteinischen Rechts – nach dem Vorbehalt des ordre public gemäß Art. 6 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ausnahmsweise nicht anzuerkennen ist, wenn ihr Hauptzweck der Hinterziehung von deutschen Steuern dient. Steht als Hauptzweck für die Stiftungsgründung die Steuerhinterziehung fest, hat dies zur Folge, dass unter Durchbrechung des sog. Trennungsprinzips das Stiftungsvermögen nicht vom Vermögen des Stiftungsgründers getrennt ist, sondern weiterhin diesem zuzurechnen ist (s. auch BGH-Beschluss vom 03.12.2014, IV ZB 9/14, ZEV 2015, 163 unter II.2.a.(3)). Dieser zivilrechtlichen Rechtsprechung folgt auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung (vgl. Urteile des FG Düsseldorf vom 25.01.2017 4 K 2319/15 Erb, EFG 2017, 581 m. zust. Anm. Neu und vom 02.04.2014 4 K 3718/12 Erb, EFG 2014, 855, zitiert nach juris Rn. 30; Urteil des FG Münster vom 11.12.2014 3 K 764/12 Erb, EFG 2015, 736, zitiert nach juris Rn. 34, 35, Rev. II R 9/15). Der erkennende Senat hält die Auffassung der zivilrechtlichen und finanzgerichtlichen Rechtsprechung für zutreffend und schließt sich dieser an.
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    Die Überzeugung, dass im Streitfall Hauptzweck der Gründung der U Stiftung die Steuerhinterziehung war, hat der Senat aus der unbestrittenen Tatsache gewonnen, dass die Stiftung seinerzeit anonym vom Erblasser gegründet worden war und er die daraus resultierenden Erträge nicht der deutschen Einkommensteuer unterworfen hat. Darüber hinaus wollte der Erblasser mit der Stiftungsgründung seine Nachfolgeregelung für das in Deutschland unversteuerte Vermögen sicherstellen. Ziel war es, dass die von ihm bereits früher bei der M-Bank in der Schweiz angelegten Gelder und die in Deutschland unversteuerten Erträge nach seinem Tode an die von ihm gewünschten Personen „vermacht“ werden, ohne dass die deutschen Steuerbehörden von der Existenz dieser Gelder nach seinem Tod Kenntnis erlangen. Dementsprechend hat er als Nachbegünstigte die gleichen fünf Personen eingesetzt, die er bereits in seinem Testament bedacht hat. Die Verschleierung des schweizerischen Vermögens vor den deutschen Steuerbehörden auch über den Tod des Erblassers hinaus hat sich durch die Stiftungsgründung manifestiert, um eine Trennung der Vermögensteile in einen in Deutschland versteuerten Teil und einen unversteuerten Teil fortzusetzen. Dieser Hauptzweck der Steuerhinterziehung führt dazu, dass die U Stiftung nach deutschem Recht nicht anzuerkennen ist.
    51

    Das Stiftungsvermögen war – aus o.g. Gründen und der damit einhergehenden fehlenden Trennung des Vermögens der U Stiftung vom Vermögen des Erblassers – mit dem Erbfall in den Nachlass der Erbin gefallen, § 1922 BGB (vgl. Urteil des FG Münster vom 11.12.2014 3 K 764/12 Erb, EFG 2015, 736 unter Rn. 35, Rev. II R 9/15). Die Klägerin erwarb durch Vermächtnis (§ 1939 BGB) einen Anspruch gegen die Erbin (§ 2147 BGB) auf den ihr zustehenden Anteil am Stiftungsvermögen, der am 18.08.2006 durch Überweisung des Betrags von 536.879,10 € auf ihr eigenes Konto bei der M-Bank Schweiz entsprechend von der Erbin erfüllt wurde.
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    Ein Vermächtnis ist die Zuwendung eines einzelnen Vermögensvorteils von Todes wegen durch Testament oder Erbvertrag (§§ 1939, 1941 BGB). Das Vermächtnis ist eine Verfügung von Todes wegen, durch die der Erblasser dem Bedachten einen Anspruch auf eine Leistung gegen den beschwerten Erben zuwendet (§ 2147 BGB).
    53

    Im Streitfall fehlt es zwar im Testament an einer Verfügung des Erblassers über das Stiftungsvermögen der U Stiftung, jedoch kann eine solche Regelung im Wege der ergänzenden Auslegung des Testaments hergeleitet werden, § 2084 BGB entsprechend (vgl. Urteil des FG Bremen vom 16.06.2010 1 K 18/10 (5), EFG 2010, 1801 unter II.; insoweit zustimmend Piltz, ZEV 2011, 236, 238). Die ergänzende Auslegung eines Testamentes ist nur dann zulässig, wenn dieses eine planwidrige, unbewusste Lücke aufweist (vgl. hierzu eingehend Leipold in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 2084 Rn. 84 ff.).
    54

    Das Testament des Erblassers vom 22.05.2000 enthält konsequenterweise keinerlei Regelung zum Stiftungsvermögen, da das in Deutschland nicht versteuerte Vermögen auch nach dem Tod des Erblassers weiterhin verborgen bleiben sollte. Der Erblasser ging zudem davon aus, dass das Vermögen durch die Nachbegünstigtenregelung im Rahmen der Stiftungsgründung hinreichend gesichert nach seinem Tode auf die Begünstigten aufgeteilt ist. Der Erblasser wird nicht den Fall bedacht haben, dass die Stiftung nach deutschem Recht nicht anerkannt wird, so dass das gesamte Stiftungsvermögen in den Nachlass fällt und damit der Alleinerbin zusteht. Da diese Erbfolge nicht dem hypothetischen Willen des Erblasser entsprochen haben dürfte, legt der Senat das Testament ergänzend dahingehend aus, dass im Falle des Scheiterns der Stiftungskonstruktion der Erblasser den Nachbegünstigten gegen die Erbin jeweils einen Anspruch in Höhe der in der Stiftungsurkunde genannten Höhe vermachen wollte.
    55

    Jedenfalls ist nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO die Verfügung des Erblassers von Todes wegen entsprechend seinem Willen ausgeführt worden, so dass eine mögliche zivilrechtliche bedeutsame Formunwirksamkeit des Vermächtnisses, steuerrechtlich unerheblich ist. Denn fehlt es an einer formwirksamen Verfügung von Todes wegen, hat der Erblasser aber das ernstliche Verlangen geäußert, dass nach seinem Tode mit Teilen des Nachlasses in dem von ihm gewollten Sinne zu verfahren sei, und kommt der Erbe diesem Willen nach, ist die Erbschaftsteuer so zu erheben, wie sie bei Wirksamkeit der Verfügung zu erheben wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 09.11.2005 II B 163/04, BFH/NV 2006, 554 unter II.1.; s. auch Urteil des FG Bremen vom 16.06.2010 1 K 18/10 (5), EFG 2010, 1801 unter III.; insoweit zustimmend Piltz, ZEV 2011, 236, 238). Im Streitfall ist der Wille des Erblassers, im Falle des Scheiterns der Stiftungskonstruktion zugunsten der Klägerin ein entsprechendes Vermächtnis auszusetzen, durch die Überweisung des Anteils am Stiftungsvermögen am 18.08.2006 auf ein eigenes Konto der Klägerin bei der M-Bank in der Schweiz im Beisein und im Einvernehmen mit der Alleinerbin vollzogen worden. Damit ist das Vermögen auch bei ihr entsprechend einem Vermächtnis zu besteuern.
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    2. Durch die unvollständigen Angaben der Klägerin in der Erbschaftsteuererklärung über das Stiftungsvermögen der U Stiftung, von dem der Beklagte bis zu den Ermittlungen der Steuerfahndung keine Kenntnis hatte, ist eine Erbschaftsteuerverkürzung i.S.d. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO eingetreten, da die Erbschaftsteuer gegenüber der Klägerin als Vermächtnisnehmerin (wegen der Freibeträge) zunächst gar nicht festgesetzt worden war.
    57

    3. Die Klägerin handelte auch vorsätzlich in Bezug auf die unvollständigen Angaben in der Erbschaftsteuererklärung und die daraus resultierende Steuerverkürzung.
    58

    Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht absichtliches Handeln erforderlich, sondern es genügt in diesem Zusammenhang die Bejahung eines sogenannten bedingten Vorsatzes (Eventualvorsatz). Vorsätzlich in diesem Sinne handelt nach ständiger Rechtsprechung auch, wer es für möglich hält, dass er den Tatbestand verwirklicht oder das billigt oder doch in Kauf nimmt (vgl. BGH-Urteil vom 16.12.2009 1 StR 491/09, HFR 2010, 866 und 08.09.2011 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160 m.w.N.). Bei der Steuerhinterziehung ist bedingter Vorsatz bereits dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige sich über die Steuerrechtslage im Unklaren ist und es ihm möglich erscheint, dass bei zutreffender Anwendung des Steuerrechts er die steuerlich relevanten Tatsachen der Finanzbehörde mitteilen müsste (vgl. BGH-Urteil vom 08.09.2011 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160 m.w.N.).
    59

    Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin zumindest bedingt vorsätzlich handelte. Die Klägerin hatte bereits zu Lebzeiten des Erblassers Kenntnis von dessen Vermögen in der U Stiftung und wusste, dass das Vermögen und die Erträge bislang in Deutschland nicht versteuert wurden. Ihr war bekannt, dass auch nach dem Tod des Erblassers das Vermögen dem deutschen Fiskus nicht offengelegt werden sollte, um eine mögliche Erbschaftsteuerlast zu vermeiden. Daher transferierte sie das Vermögen auf ihr eigenes Konto in der Schweiz. Bei der Anfertigung der Erbschaftsteuererklärung hat die Klägerin die Hilfe eines steuerlichen Beraters in Anspruch genommen. Sie hätte daher ohne Weiteres das Stiftungsvermögen gegenüber diesem steuerlichen Berater offen legen können und ihre Besorgnis in Bezug auf die Steuerpflicht des Stiftungsvermögens ausräumen können. Hingegen hat die Klägerin den für sie leicht zugänglichen steuerrechtlichen Rechtsrat eines deutschen Steuerberaters nicht in Anspruch genommen, sondern auf die Aussage eines schweizerischen Bankberaters, dass hinsichtlich etwaiger Abgaben alles erledigt sei, vertraut. Dabei hätte es sich der Klägerin aufdrängen müssen, dass dieser Aussage ein nicht allzu hoher Stellenwert beizumessen war, da es die Aufgabe des Bankberaters war, das bei seiner Bank angelegte Vermögen deutscher Kunden vor dem deutschen Fiskus zu verschleiern. Dieses möglicherweise der besonderen emotionalen Situation nach dem Tod des Erblassers geschuldete, gewollt leichtgläubige Vertrauen der Klägerin, dass von dieser Aussage auch die deutsche Erbschaftsteuer umfasst war, täuscht jedoch nicht über die Bedenken der Klägerin hinweg, dass das Stiftungsvermögen möglicherweise in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig war. Da zum nahen persönlichen Umfeld der Klägerin jedoch neben dem Erblasser weitere Personen gehörten, die ähnliche Vermögensanlagen in der Schweiz unterhielten, ohne vom deutschen Fiskus belangt zu werden, ist auch die Klägerin ihren Zweifeln nicht weiter nachgegangen, obwohl sie selbst mit eigenen Geldanlagen in der Schweiz über Erfahrung verfügte. Vielmehr hat die Klägerin es billigend in Kauf genommen, dass es durch ihr Verhalten zu einer Erbschaftsteuerverkürzung kommen könnte.
    60

    Für die Annahme des Vorsatzes reicht es sogar aus, wenn die Klägerin über ihre Pflicht, das Stiftungsvermögen zu erklären, im Unklaren war, es ihr aber möglich erschien, dass sie dazu verpflichtet sein könnte und durch ihre unvollständigen Angaben in der Erbschaftsteuererklärung Erbschaftsteuern verkürzt werden. Diese Annahme ist im Streitfall jedenfalls zu bejahen. Die Klägerin war verpflichtet gewesen, einen entsprechenden Rechtsrat einzuholen.
    61

    Soweit die Klägerin vorträgt, dass ihr nicht klar war, dass die Auskehrung des Stiftungsvermögens einen steuerpflichtigen Erwerb nach § 3 ErbStG darstellt, handelt es sich insoweit nicht um einen vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum i.S.v. § 16 Strafgesetzbuch – StGB –, sondern um einen Verbotsirrtum nach § 17 StGB (vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 15.05.2014 4 K 1403/12, DStRE 2015, 1203; s. auch BGH-Urteil vom 08.09.2011 1 StR 38/11, NStZ 2012, 160 unter III.). Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er nach § 17 StGB ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert werden (vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 15.05.2014 4 K 1403/12, DStRE 2015, 1203).
    62

    Die Klägerin hätte einen solchen Irrtum durch steuerliche Beratung in Deutschland vermeiden können, so dass im Streitfall ein vermeidbarer Verbotsirrtum vorliegt, der keinen Ausschluss der Schuld zur Folge hat. Allein das Vertrauen auf die Richtigkeit der Aussage des schweizerischen Bankberaters reicht nicht aus, um einen Verbotsirrtum anzunehmen. Vielmehr hätte sich der Klägerin die Frage aufdrängen müssen, ob der schweizerische Bankberater umfassend das komplexe deutsche Erbschaftsteuerrecht erfassen und richtig beurteilen kann.
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    4. Zu Recht ist der Beklagte gemäß § 235 Abs. 2 Satz 2 1. Alternative und Abs. 3 Satz 1 AO von einem Zinslauf von 91 Monaten bis zur ersten Teilzahlung am 21.11.2014 ausgegangen (§ 235 Abs. 3 Satz 1 AO). Für den Restbetrag beträgt der Zinslauf zutreffend 100 Monate. Der Erbschaftsteuerbescheid gegen die Alleinerbin wies den 24.03.2007 als Fälligkeitstag aus. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt den Steuervorteil erlangt hat, § 235 Abs. 2 Satz 1 AO. Hinsichtlich der Zinshöhe gemäß § 238 Abs. 1 Satz 1 AO von einhalb Prozent für jeden Monat hat der Beklagte den angefochtenen Hinterziehungszinsenbescheid mit Bescheid vom 23.11.2018 nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 AO zutreffend für vorläufig erklärt, so dass eine zukünftige Entscheidung des Bundesverfassungsgericht in der Sache 1 BvR 2237/14 entsprechend berücksichtigt werden könnte.
    64

    Zinsschuldner ist nach § 235 Abs. 1 Satz 1 AO derjenige, zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind. Dies ist der Schuldner der hinterzogenen Steuern. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG schuldet der Erwerber – hier die Klägerin als Vermächtnisnehmerin – die Erbschaftsteuer.
    65

    II. Die Kostenentscheidung, nach der die Klägerin die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen hat, beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, da der Beklagte nur in Bezug auf den Vorläufigkeitsvermerk, also nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.