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  • 19.10.2018 · IWW-Abrufnummer 204999

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 26.07.2018 – 3 K 233/18 EW

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

    Die Revision wird zugelassen.
     
    1

    Tatbestand
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    Streitig ist, ob Ferienhäuser einer Ferienhausanlage als Wohnungen im Sinne des Bewertungsgesetzes (BewG) zu bewerten sind.
    3

    Der Kläger ist ein 1953 gegründeter gemeinnütziger Verein. Ihm gehören Feriendörfer in O (Bundesland 1), C (Bundesland 2), L (Bundesland 3), E (Bundesland 4), T (Bundesland 5) und D (Bundesland 6).
    4

    In L ist der Kläger Eigentümer des Grundstücks A-Straße 1 mit einer Fläche von 26 652 qm. Darauf befinden sich 15 Doppelhäuser mit je zwei Wohnungen, ein Spielhaus, Geräteschuppen und Außenanlagen.
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    Die Häuser sind im Juni 1960 bezugsfertig geworden. Sie sind in Massivbauweise errichtet und verfügen über Ölofenheizung und zentrale Warmwasserversorgung. Die bebaute Fläche der einzelnen Ferienhäuser variiert zwischen 89 qm und 102 qm. Die Ferienhäuser wurden zunächst nicht bewertet, weil die Finanzverwaltung davon ausgegangen war, dass keine Grundsteuerpflicht besteht. Ausgenommen davon war die sog. Verwalterwohnung, für die ein Einheitswert festgestellt worden ist, zuletzt auf den 01.01.1964, fortgeführt auf den 01.01.1974.
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    Nach Überprüfung der Rechtslage vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass nach dem Grundsteuergesetz vom 07.08.1973 die damalige Befreiung nicht mehr zu gewähren sei; auf das Schreiben des Finanzamts U vom 18.05.2016 wird Bezug genommen. Der Beklagte griff das Verfahren auf und schloss sich dieser Auffassung an. Bei den Ferienhäusern handele es sich um Wohnungen, die nach § 5 Abs. 2 Grundsteuergesetz (GrStG) grundsteuerpflichtig seien, auch wenn sie zu gemeinnützigen Zwecken genutzt würden.
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    Seit Januar 2016 hat die Stadt L die Ferienhäuser zur Unterbringung von Flüchtlingen für einen Zeitraum von fünf Jahren angemietet.
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    Der Kläger gab eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 01.01.2012 ab.
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    Der Beklagte führte eine Nachfeststellung durch, weil der Grund für die Befreiung von der Grundsteuer weggefallen sei. Es erfolgte eine Art- und Wertfortschreibung. Das Grundstück wurde als Geschäftsgrundstück bewertet, der Einheitswert im Sachwertverfahren auf X DM festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 15.03.2017 Bezug genommen, Blatt 83 ff. der Einheitswertakte.
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    Der Kläger legte Einspruch ein. Bei den Ferienhäusern handele es sich nicht um Wohnungen, da die Ferienhäuser in der Nebensaison, also im Herbst und Frühling, nur stark eingeschränkt und im Winter gar nicht nutzbar seien. Es fehle in allen Häusern an eigenen Telefon-, Internet- und Fernsehanschlüssen. Die Ferienhäuser seien nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet, und vor allem nicht dazu bestimmt. Bei der Definition des Begriffs der „Wohnung“ sei die Einheitlichkeit der Rechtsordnung zu wahren. Der Begriff könne nicht nach Belieben im Baurecht und im Steuerrecht unterschiedlich gehandhabt werden. Eine Wohnung liege vor, wenn die einzelnen Wohnungen nicht nur zum Wohnen geeignet, sondern baurechtlich dazu auch bestimmt seien. Dies sei, wie oben ausgeführt, nicht möglich. Es gebe auch keine Briefkästen. Ein Wlan-Anschluss existiere nur im Haupthaus.
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    Die Häuser würden auch nur temporär zweckentsprechend überlassen. Durch diese entsprechende Überlassung verwirkliche der Kläger seinen gemeinnützigen Zweck.
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    Es werde auch auf die Baugenehmigung vom 28.08.1959 verwiesen. Die Genehmigung sei erteilt worden zur Errichtung und zum Betrieb als Feriendorf im Außenbereich. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bauschein Bezug genommen, Blatt 121 der Einheitswertakten.
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    Es sei auch noch darauf hinzuweisen, dass die Häuser nur mit Ölöfen beheizt werden könnten. Somit seien die Häuser nach heutigem Wohnstandard faktisch nicht als Wohnraum zum dauerhaften Wohnen geeignet und damit unvermietbar.
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    Daran ändere auch nichts, dass dort inzwischen Flüchtlinge untergebracht seien. Es handele sich um eine Notunterbringung, die Nutzung sei auch nur auf Zeit (fünf Jahre) angelegt, bis die Unterbringung der Flüchtlinge geregelt sei.
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    Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Bei den Ferienhäusern handele es sich um abgeschlossene Wohneinheiten mit jeweils einem eigenen Eingang. Die erforderliche Mindestgröße von 25 qm pro Wohnung sei nicht unterschritten. Küche, Bad oder Dusche und Toilette seien vorhanden, so dass die Führung eines selbständigen Haushalts möglich sei. Die Wohnungen seien mit Ölöfen beheizbar, auch eine Warmwasserversorgung liege vor. Eine ganzjährige Nutzung sei, entgegen der Auffassung des Klägers, möglich. Dies zeige sich schon daran, dass die Stadt L die Wohnungen ganzjährig zur Unterbringung von Flüchtlingen nutze. Für den Wohnungsbegriff sei es unmaßgeblich, ob die Häuser über einen Internet-, Telefon-, Fernsehanschluss und einen Briefkasten verfügten, zumal laut Internetseite des Klägers in allen Feriendörfern eine Wlan-Verbindung vorhanden sei.
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    Der Auffassung des Klägers, dass hinsichtlich des Begriffs der Wohnung von der Einheitlichkeit der Rechtsordnung auszugehen sei und der Begriff der Wohnung im Bau- und Steuerrecht nicht unterschiedlich gehandhabt werden könne, sei nicht zu folgen. Es werde auf das Urteil des BFH vom 25.05.1979 (III R 41/78, BStBl II 1979, 543) Bezug genommen. Die von der Rechtsprechung entwickelte typologische Umschreibung des bewertungsrechtlichen Begriffs der Wohnung gelte auch für den Wohnungsbegriff im Sinne des § 5 Abs. 2 GrStG (vgl. BFH-Urteil vom 21.04.1999 II R 5/97, BStBl. II 1999, 496 mit weiteren Nachweisen und BFH-Beschluss vom 11.05.2006 II B 120/05, BFH/NV 2006, 1706).
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    Grundbesitz, der zugleich Wohnzwecken diene, sei nur unter den in § 5 Abs. 1 GrStG genannten Voraussetzungen von der Grundsteuer befreit. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 18.01.2018 Bezug genommen.
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    Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er verweist weiter auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 28.09.2000 (4 A 6435/99, nicht veröffentlicht), in dem das Verwaltungsgericht folgendes feststelle:
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    „Die rechtlichen Voraussetzungen für die Nutzungsuntersagung liegen vor, da den Klägern für die Nutzung des Gebäudes zum Dauerwohnen keine Baugenehmigung erteilt worden ist, die Aufnahme dieser Nutzung jedoch der Baugenehmigungspflicht gem. § 68 Abs. 1 NBauO in Verbindung mit § 2 Abs. 5 NBauO unterliegt. (…) Eine Ausnahme der Befreiung nach § 21 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB kommt nicht offensichtlich in Betracht. Eine Ausnahme nach § 31 Abs. 2 BauGB kann in Ermangelung einer entsprechenden Ermächtigung im Bebauungsplan ohnehin nicht zugelassen werden.“
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    Da eine dauerhafte Wohnnutzung in einem Sondergebiet unzulässig sei, könne auch keine Grundsteuer erhoben werden. Dauerhaftes Wohnen sei vorliegend nicht zulässig, da es sich um eine Bebauung im unbeplanten Außenbereich handele. Zugelassen sei allein die temporäre Nutzung zu Erholungszwecken. Weder seien die Gebäude zum dauerhaften Wohnen geeignet, noch sei ein dauerhaftes Wohnen im Sinne der Begründung eines Wohnsitzes baurechtlich zulässig. Soweit dort temporär Flüchtlinge untergebracht seien, sei dies auf Bitten der Gemeinde geschehen, die ansonsten erhebliche Probleme bei der Unterbringung gehabt hätte. Dies nun als Argument gegen den Kläger zu verwenden, sei befremdlich. Es handele sich um eine Notunterbringung, die nicht den üblichen und in der Region vorherrschenden Wohnstandards genüge. Die Ferienhäuser seien nach derzeitigem Wohnstandard, und nur dies sei ausschlaggebend, nicht dauerhaft vermietbar. Diese einfachen Ferienhäuser mit Wohnhäusern gleichzusetzen, überzeuge nicht. Die Führung eines „selbständigen Haushalts“ ohne Telefon, Fernsehen, Briefkasten, Internet und ausreichende Heizung sei vorliegend nicht nur unmöglich, sondern auch rechtlich unzulässig.
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    Der Kläger beantragt,
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                  den Bescheid auf den 01.01.2012 über die Feststellung des Einheitswerts vom 15.03.2013 und die Einspruchsentscheidung vom 18.01.2018 aufzuheben,
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                  hilfsweise, für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
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    Der Beklagte beantragt,
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                  die Klage abzuweisen.
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    Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung. Der bewertungsrechtliche Begriff der Wohnung sei erfüllt. In dem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover, auf das sich der Kläger beziehe, gehe es um die Nutzung eines Wohngebäudes als Dauerwohnung, für welches die Nutzung als Dauerwohnung in der Baugenehmigung explizit ausgeschlossen worden sei. Nach dem hier vorliegenden Bauschein sei die Errichtung eines Feriendorfs genehmigt worden. Eine Dauernutzung sei nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Der Sachverhalt sei somit nicht vergleichbar. Unabhängig davon komme es nach der Rechtsprechung des BFH für die Frage, ob eine Wohnung im Sinne des Bewertungsrechts vorliege, allein darauf an, ob in den Räumen nach der Verkehrsauffassung tatsächlich ein Haushalt geführt werden könne. Es spiele keine Rolle, ob die jeweiligen Bewohner häufig wechselten und die Ferienhäuser nur vorübergehend für Erholungszwecke nutzten. Die Baugenehmigung sei auch nicht mit der Begründung verweigert worden, dass die betreffenden Räume nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen geeignet seien (vgl. BFH-Urteil vom 24.04.1991 II R 2/89, BStBl II 1991, 683). Nur in diesem Fall könnten die Räume auch bewertungsrechtlich nicht als Wohnung qualifiziert werden.
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    Der Senat hat am 26.07.2018 mündlich verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
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    Entscheidungsgründe
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    Die Klage ist nicht begründet.
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    Der angefochtene Einheitswertbescheid vom 15.03.2017 und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung, FGO).
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    Der Beklagte hat die Ferienhäuser zu Recht als Wohnungen im Sinne des Bewertungsrechts bewertet.
    32

    I. Das Begehren des Klägers hätte nur dann Erfolg, wenn das Grundstück von der Grundsteuer befreit und die Feststellung eines Einheitswerts deswegen für keine Steuer von Bedeutung wäre (§ 19 Abs. 4 BewG). Das ist jedoch nicht der Fall.
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    1. Von der Grundsteuer befreit ist Grundbesitz,
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    -          der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a GrStG) oder
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    -          der von einer inländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrStG),
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    für gemeinnützige  oder mildtätige Zwecke benutzt wird.
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    Zu Wohnzwecken benutzter Grundbesitz ist aber nur nach den in § 5 Abs. 1 GrStG genannten Voraussetzungen von der Grundsteuer befreit, die Befreiung gilt danach nur für
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    1. Gemeinschaftsunterkünfte der Bundeswehr, der ausländischen Streitkräfte, der internationalen militärischen Hauptquartiere, der Bundespolizei, der Polizei und des sonstigen Schutzdienstes des Bundes und der Gebietskörperschaften sowie ihrer Zusammenschlüsse;
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    2. Wohnräume in Schülerheimen, Ausbildungs- und Erziehungsheimen sowie Prediger- und Priesterseminaren, wenn die Unterbringung in ihnen für die Zwecke des Unterrichts, der Ausbildung oder der Erziehung erforderlich ist. Wird das Heim oder Seminar nicht von einem der nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 begünstigten Rechtsträger unterhalten, so bedarf es einer Anerkennung der Landesregierung oder der von ihr beauftragten Stelle, daß die Unterhaltung des Heims oder Seminars im Rahmen der öffentlichen Aufgaben liegt;
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    3. Wohnräume, wenn der steuerbegünstigte Zweck  im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 nur durch ihre Überlassung erreicht werden kann;
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    4. Räume, in denen sich Personen für die Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke ständig bereithalten müssen (Bereitschaftsräume), wenn sie nicht zugleich die Wohnung des Inhabers darstellen.
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    2. Für Wohnungen gilt die Befreiung nach § 5 Abs. 1 GrStG aber nicht, denn Wohnungen sind stets steuerpflichtig, auch wenn die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 GrStG vorliegen (§ 5 Abs. 2 GrStG).
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    Rechtsträgern im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und b GrStG wird die Grundsteuerbegünstigung damit nicht gewährt, auch wenn sie Wohnungen Dritten in Verfolgung und Verwirklichung eines gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecks überlassen. Diese Einschränkung der Befreiung von der Grundsteuer ist mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG-Beschluss vom 04.04.1984 1 BvR 1139/82, HFR 1984, 436; BFH-Urteile vom 21.04.1999 II R 5/97, BStBl II 1999, 496; vom 15.03.2001 II R 38/99, BFH/NV 2001, 1449; vom 11.04.2006 II R 77/04, BFH/NV 2006, 1707).
    44

    II. Bei den Ferienhäusern des Klägers handelt es sich um Wohnungen im bewertungsrechtlichen Sinn.
    45

    1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Bewertungsrecht ist unter einer Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass sie die Führung eines selbständigen Haushalts auf Dauer ermöglichen. Dazu ist es u. a. erforderlich, dass die abgeschlossene Wohneinheit eine bestimmte Fläche (25 qm) nicht unterschreitet. Darüber hinaus müssen grundsätzlich die für die Führung eines selbständigen Haushalts notwendigen Einrichtungen wie Küche, Bad oder Dusche und Toilette vorhanden sein. Für Bewertungsstichtage ab 01.01.1974 ist es auch erforderlich, dass die als Wohnung in Betracht kommenden Räumlichkeiten eine von anderen Wohnungen oder Räumen baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bilden. Vgl. zum Wohnungsbegriff BFH-Urteile vom 05.10.1984 III R 192/83, BStBl II 1985, 151; vom 21.07.1993 II R 75/92, BFH/NV 1994, 410; vom 21.04.1999 II R 5/97, BStBl II 1999, 496; vom 11.04.2006 II R 77/04, BFH/NV 2006, 1707; vom 04.12.2014 II R 20/14, BStBl II 2015, 610).
    46

    Nach der Rechtsprechung des BFH ist der Wohnungsbegriff des § 75 BewG bewertungsrechtlicher Natur; er ist daher ohne Rücksicht auf Regelungen in einem Bebauungsplan oder in anderen Gesetzen auszulegen, sofern diese Regelungen eine andere Zielrichtung als das Bewertungsrecht haben. Deshalb ist z.B. unerheblich, ob das betreffende bebaute Grundstück zu einem durch Bebauungsplan ausgewiesenen Wochenendhausgebiet gehört (vgl. BFH-Urteile vom 24.04.1991 II R 2/89, BStBl II 1991, 683; vom 25.05.1979 III R 41/78, BStBl II 1979, 543, vom 27.09.1985 III R 68/84, BStBl II 1985, 706). Jedoch setzt auch der Wohnungsbegriff im bewertungsrechtlichen Sinne voraus, dass die betreffenden Räume zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind, selbst wenn sie --wie z.B. die Räume eines Wochenendhauses-- rechtlich nicht zum dauernden Aufenthalt bestimmt sind (vgl. BFH-Urteil vom 24.04.1991 II R 2/89, BStBl II 1991, 683 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 25.05.1979 III R 41/78, BStBl II 1979, 543). Verweigert daher eine Behörde eine Baugenehmigung mit der Begründung, die betreffenden Räume seien zum dauernden Aufenthalt von Menschen nicht geeignet, so können die betreffenden Räume in der Regel auch bewertungsrechtlich nicht als Wohnung anerkannt werden.
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    Mit Urteil vom 22.09.1993 (II R 63/91, BStBl II 1994, 415) entschied der BFH, dass ein während des ganzen Jahres nutzbares Ferienhaus, dessen Wohnfläche 49 qm beträgt und das neben einem Aufenthaltsraum mit Küchenzeile ein Bad und drei Schlafräume enthält, eine Wohnung im Sinne von § 5 Abs. 2 GrStG darstelle, wobei es ohne Belang sei, dass die jeweiligen Bewohner bedürftigen Bevölkerungskreisen angehören, häufig wechseln und das Ferienhaus nur vorübergehend - zu Erholungszwecken – nutzen. Nach dieser Entscheidung steht der Annahme einer Wohnung im bewertungs- und grundsteuerlichen Sinne nicht entgegen, dass das Ferienhaus nicht über eine separate Strom-, Gas- und Wasserversorgung verfügt, wenn das Ferienhaus an entsprechende Gemeinschaftseinrichtungen angeschlossen ist.
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    Diese für den Begriff der Wohnung von der Rechtsprechung entwickelte typologische Umschreibung gilt entsprechend auch für den Wohnungsbegriff im Sinne des § 5 Abs. 2 GrStG (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.1993 II R 63/91, BStBl II 1994, 415, mit weiteren Nachweisen).
    49

    2. Die Ferienhäuser des Klägers erfüllen die Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des BFH für die Annahme einer Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne erforderlich sind.
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    Bei den Ferienhäusern handelt es sich um abgeschlossene Wohneinheiten. Jede Wohnung hat einen eigenen Eingang. Die erforderliche Mindestgröße von 25qm wird nicht unterschritten. Küche, Bad oder Dusche und Toilette sind vorhanden. Ein selbständiger Haushalt kann damit in den Ferienhäusern geführt werden.
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    Die Wohnungen sind beheizbar. Sie sind an die Warmwasserversorgung angeschlossen.
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    Die Wohnungen sind auch ganzjährig nutzbar, da sie beheizbar sind. Tatsächlich werden sie derzeit auch ganzjährig zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt, auch wenn es nach Auffassung des Senats für die Qualifikation als Wohnung nicht auf die derzeitige tatsächliche Nutzung ankommt.
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    Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die Ferienhäuser über eine eigene Klingel, einen Briefkasten, einen Telefon-, Fernseh- und Internetanschluss verfügen. Ob eine Wohnung eine Klingel, einen Briefkasten, einen Telefon-, Fernseh- und Internetanschluss hat, richtet sich nach den individuellen und damit subjektiven Wünschen und Bedürfnissen des Bewohners; über die Frage, ob es sich um eine Wohnung handelt, sagen sie nichts aus.
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    Weiter kommt es auch nicht darauf an, ob die Wohnung den derzeitigen sog. Wohnstandards entspricht und nach seiner Auffassung in dem derzeitigen Zustand tatsächlich nicht vermietbar ist. Auch hier handelt es sich um subjektive Merkmale, die nicht geeignet sind, den Begriff der Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne zu definieren. Lediglich wenn nach dem Baurecht der Aufenthalt von Menschen in den Ferienhäusern untersagt würde, käme man zu einem anderen Ergebnis. Das ist im Streitfall aber nicht der Fall, die Wohnungen werden derzeit für einen Zeitraum von vorerst fünf Jahren von der Stadt L Flüchtlingen zur Nutzung überlassen.
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    Soweit der Kläger meint, hinsichtlich des Begriffs der Wohnung sei von der Einheitlichkeit des Rechts auszugehen, folgt dem der Senat nicht. Denn nach der Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, hat der Umstand, dass nach dem Baurecht aus infrastrukturellen Gründen ein Dauerwohnen nicht erlaubt ist, auf die für die Abgrenzung des Begriffs der Wohnung maßgebende Verkehrsauffassung keinen Einfluss; der BFH führt dazu weiter aus: „Ob eine Wohnung im Sinne des Bewertungsrechts vorliegt, hängt allein davon ab, ob in den Räumen nach der Verkehrsauffassung tatsächlich ein Haushalt geführt werden kann. Daß die Räume auch rechtlich zur Dauernutzung geeignet sind, wird nicht vorausgesetzt. Dieser Auffassung entspricht Abschnitt 15 Abs 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens (BewRGr), in dem für die Beurteilung eines Wochenendhauses als Einfamilienhaus ebenfalls eine rechtliche Dauernutzung nicht verlangt wird.“ Vgl. BFH-Urteil vom 25.05.1979 III R 41/79, BStBl II 1979, 543.
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    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    57

    Die Revision war zuzulassen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), da der Kläger Eigentümer von Ferienhaussiedelungen in mehreren Bundesländern ist und hier ebenfalls die Frage streitig ist, ob es sich um Wohnungen im Sinne des BewG handelt.