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  • 16.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122527

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 09.11.2011 – 12 K 12174/08

    1. Der handelsrechtlich begründete Strukturunterschied zwischen GmbH und AG spricht dagegen, die nachträgliche Erhöhung oder Gewährung von Bezügen für in der Vergangenheit geleistete Dienste des eine GmbH beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einerseits und andererseits des Vorstandsmitgliedes, das vermöge seines Aktienbesitzes allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen eine AG zu beherrschen imstande ist, für den Bereich des Rechts der Ertragsteuern schlechthin gleich zu behandeln.

    2. Bei einer AG liegt eine vGA – nur – dann vor, wenn im Einzelfall eine vertragliche Gestaltung im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihrem Vorstandsmitglied, das zugleich Mehrheitsaktionär ist, einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds und nicht auf einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen ausgerichtet ist.


    3. Im Streitfall war die Erhöhung der Pensionszusage, einhergehend mit der Anpassung der Witwenversorgung, nicht einseitig an den Interessen des beherrschenden Vorstandsmitglieds ausgerichtet und daher ungeachtet der nicht mehr gegebenen Erdienensmöglichkeit sowie der eingeräumten Option der Inanspruchnahme vor Erreichen des 65. Lebensjahrs nicht als vGA anzusehen.


    FG Berlin-Brandenburg v. 09.11.2011

    12 K 12174/08

    Tatbestand:
    Die Beteiligten streiten über die Qualifizierung der Erhöhung der Pensionszusage zugunsten des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin.

    Die Klägerin wurde im Jahre 1978 als C GmbH gegründet. Geschäftsführer war der spätere Vorstandsvorsitzende, der am … 1943 geborene Herr AD. Nach dem Anstellungsvertrag vom … 1978 stand ihm eine Pension in Höhe von DM 4 000 zu. Nach seinem Ableben sollte seine Ehefrau ED eine lebenslange Witwenrente in Höhe von monatlich DM 2 400 erhalten. Im Jahre 1995 erteilte die Klägerin AD eine neuerliche Pensionszusage, die an der Höhe seines Pensionsanspruchs nichts änderte. Geändert wurde allerdings die Regelung über die Witwenrente. Nunmehr sollte nach dem Ableben des AD die zu diesem Zeitpunkt mit ihm in gültiger Ehe lebende Ehegattin eine Witwenrente in Höhe von 60 % der Altersrente bzw. der zuletzt gezahlten Altersrente erhalten.

    Mit Umwandlungsbeschluss vom … 2001 wurde die GmbH in eine Aktiengesellschaft (AG) mit der F-AG umgewandelt. AD war zunächst Alleinaktionär der Klägerin, in der Folgezeit waren Aktionäre AD zu 76 %, GD, die Ehefrau des AD, zu 12 % und HD, der Sohn des AD, ebenfalls zu 12 %. AD war Vorstandsvorsitzender, GD und HD waren weitere Vorstandsmitglieder. Die Gesellschaft hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01. Juli bis zum 30. Juni.

    Der Aufsichtsrat der Klägerin bestand im streitigen Zeitraum aus folgenden Personen:

    ■I.;

    ■J.;

    ■K.;

    ■L.;

    ■M.;

    ■N.

    Am … 2001 schlossen die Klägerin, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, und AD einen neuen Anstellungsvertrag ab. Nach § 3 Abs. 1 wurde der Vertrag auf fünf Jahre geschlossen. Rechtzeitig, nämlich ein Jahr vor Beendigung des Vertrages, sollten der Aufsichtsratsvorsitzende der Klägerin und AD über eine Verlängerung des Vertrages um weitere fünf Jahre verhandeln. Zur Pension ist in § 6 des Vertrages folgendes geregelt:

    „(1) Scheidet Herr AD nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder bei Dienstunfähigkeit aus den Diensten der Gesellschaft aus, hat er Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Ruhegehalts. Das Ruhegehalt beträgt EURO 3.579,04. Davon sind EURO 2.045,17 durch eine Pensionszusage der C-GmbH abgedeckt, für die wiederum eine entsprechende Rückversicherung abgeschlossen wurde.

    Eine Witwen- und Waisenversorgung wird in dem Maße zugesagt, wie sie durch die entsprechende Versicherung, die durch die C-GmbH abgeschlossen wurde, möglich ist.

    (2) Scheidet Herr AD als Vorstandsmitglied aus den Diensten der Gesellschaft aus, ohne dass die Voraussetzungen des § 6 (1) erfüllt sind und ohne dass in seiner Person ein Grund gegeben ist, der die Gesellschaft zur fristlosen Kündigung berechtigen würde, hat er ebenfalls den Anspruch gemäß Abs. 1.”

    In einer Ergänzung zum Anstellungsvertrag vom … 2001, ebenfalls datiert vom … 2001, heißt es:

    „In § 6 des Anstellungsvertrages ist das Ruhegehalt für Herrn AD geregelt. …

    Eine kürzere Dienstzeit, als bis zu Vollendung des 65. Lebensjahres, führt zu einer Kürzung der Rente um 0,5 % pro Monat des vorzeitigen Bezugs der Altersrente. Der vorzeitige Bezug ist jedoch frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.”

    Am 22. Dezember 2005 wurde der Anstellungsvertrag des AD um weitere fünf Jahre bis zum … 2011 verlängert.

    In den Jahren 2005/2006 nahm der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2004 an. Er sah danach die Erhöhung der Pensionszusage zugunsten des AD im Jahre 2001 als verdeckte Gewinnausschüttung an und verminderte die Pensionsrückstellungen der Klägerin um EUR 145 974 (2002), EUR 9 153 (2003) und EUR 9 603 (2004).

    Der Beklagte erließ am … 2007 Änderungsbescheide über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2000 bis 2004, gesonderte Feststellungen nach § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) für 2000 und 2001, gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 47 Abs. 1 KStG zum 30. Juni 2000 und 30. Juni 2001, gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 27, 28 und 38 KStG zum 30. Juni 2002, 30. Juni 2003 und 30. Juni 2004, gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG, Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 2000 bis 2004 und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2000 bis 2004, sowie am … 2006 Änderungsbescheide über Gewerbesteuermessbetrag, Gewerbesteuer 2002 und Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2002. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte in nun nicht mehr streitigen Punkten abhalf. Im Hinblick auf den hier streitigen Punkt der steuerlichen Anerkennung der Erhöhung der Pensionszusage hatte der Einspruch keinen Erfolg.

    Die Klägerin weist darauf hin, dass die Pensionszusage zugunsten des AD im Jahre 2001 erheblich hinter der Gehaltsentwicklung zurückgeblieben war. Sie macht geltend, dass die Rechtsprechung zu Pensionsrückstellungen bei beherrschenden GesellschafterGeschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) nicht auf eine Aktiengesellschaft übertragen werden könne, da ein Mehrheitsaktionär und Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, anders als ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, bei Abschluss eines Vertrages nicht selbst agieren könne. Die Aktiengesellschaft müsse vielmehr durch den Aufsichtsrat vertreten werden. Dieser habe bei ihr, der Klägerin, im streitigen Zeitraum aus sechs Personen bestanden, die mit der Familie D weder verwandt noch verschwägert gewesen seien. Zwar würden die Aufsichtsratsmitglieder von der – aus Mitgliedern der Familie D bestehenden – Hauptversammlung gewählt werden, jedoch entbehre die Vermutung, AD habe auf die Aufsichtsratsmitglieder im Hinblick auf die Erhöhung seiner Pensionszusage Einfluss genommen, jeder Grundlage. Weiter führt die Klägerin aus, dass AD zum Zeitpunkt der Erhöhung der Pensionszusage zwar bereits das 58. Lebensjahr vollendet gehabt habe; dies sei jedoch unbedeutend. Jeder „normale” Arbeitnehmer habe Anspruch darauf, dass das Unternehmen regelmäßig eine Erhöhung der laufenden Rente prüfe. Da die entsprechende Regelung des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht gelte, sei es angemessen, für sie eine entsprechende Dynamisierung der Rente zu vereinbaren. Jeder ordnungsgemäß handelnde Geschäftsleiter hätte, so die Auffassung der Klägerin, gegenüber einem fremden Dritten eine Anpassung der betrieblichen Rente vorgenommen. Die Erhöhung sei auch noch erdienbar gewesen, denn der verbleibende Erdienungszeitraum habe deutlich über fünf Jahren gelegen. Ein Erdienungszeitraum von zehn Jahren ergebe sich nicht aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen und könne daher nicht ausnahmslos gefordert werden. Entscheidend sei vielmehr die Gesamtausstattung und die Frage, ob danach eine Überversorgung vorliege. Das sei hier keinesfalls zu bejahen, habe die Pension des AD zum Zeitpunkt der Zusageerhöhung doch nur 13,3 % seines Gehalts betragen. Zudem sei AD am … 2005 für weitere fünf Jahre als Vorstandsmitglied bestellt worden. Auch habe die ursprüngliche Pensionszusage keine Wertsicherungsklausel enthalten. Selbst bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern stelle eine erforderliche Anpassung an erhebliche Steigerungen der Lebenshaltungskosten wirtschaftlich gesehen keine Neuzusage dar, so dass für die entsprechende Erhöhung auch kein neuer Erdienungszeitraum gefordert werden könne. Die Steigerung der Lebenshaltungskosten von 1978 bis 2001 habe 45 % betragen und sei somit als erheblich anzusehen.

    Bei der Bemessung der verdeckten Gewinnausschüttung sei der Beklagte unzutreffend davon ausgegangen, dass sich aufgrund der Zusagenerhöhung vom … 2001 auch die Witwenrente erhöht habe. Das sei nicht der Fall; diese betrage nach wie vor 60 % von DM 4 000.

    Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung die Klage gegen die ursprünglich ebenfalls angefochtenen Bescheide über Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 2002 bis 2004 sowie Gewerbesteuer 2003 und 2004 zurückgenommen. Das Verfahren hinsichtlich dieser Bescheide ist sodann abgetrennt und eingestellt worden.

    Die Klägerin beantragt,

    die Bescheide über Körperschaftsteuer 2002, 2003 und 2004, Gewerbesteuermessbetrag 2003 und 2004, alle vom … 2007 sowie die Bescheide über Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 2002 vom … 2006, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … 2008, dahingehend zu ändern, dass die Erhöhung der Pensionsrückstellungen aus der Zusage vom … 2001 nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen berücksichtigt werden,

    sowie,

    die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er ist der Auffassung, dass die Pensionszusage an AD steuerlich nicht anzuerkennen sei, weil sie nicht mehr erdienbar gewesen sei. Zwischen Erteilung der Pensionszusage und der Vollendung des 65. Lebensjahres hätten nur weniger als sieben Jahre gelegen; erforderlich sei jedoch ein Erdienungszeitraum von zehn Jahren. Zudem sei das Nachzahlungsverbot verletzt. Es sei schließlich zweifelhaft, ob der lückenhafte Vertrag vom … 2001 der Maßgabe gerecht werde, dass Vereinbarungen zwischen einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer und seiner Kapitalgesellschaft im Vorhinein, klar und eindeutig getroffen werden müssten. Die von der Rechtsprechung gefundenen entsprechenden Vorgaben für die Anerkennung von Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführers von Gesellschaften mit beschränkter Haftung seien auf die Rechtsverhältnisse zwischen der Klägerin und AD übertragbar, weil AD als Allein- bzw. Mehrheitsaktionär der Klägerin die Mitglieder des Aufsichtsrates selbst habe bestimmen und dadurch dafür Sorge habe tragen können, dass seine Interessen vertreten würden.

    In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagtenvertreter ergänzend darauf hingewiesen, dass die ursprüngliche Pensionszusage wenige Monate nach Gründung der Klägerin und damit ohne Einhaltung der nach der Rechtsprechung erforderlichen Wartezeit erteilt worden sei. Der Beklagte hat weiter vorgetragen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), wie sie insbesondere in der Entscheidung vom 23. Februar 2005 (Aktenzeichen I R 70/04, Bundessteuerblatt [BStBl] II, 2005, 882) zum Ausdruck komme, die Verletzung der Wartefrist für die Zukunft fortwirke und die steuerliche Berücksichtigung der ursprünglich zu früh erteilten Pensionszusage auch Jahre später noch hindere.



    Entscheidungsgründe:
    1. Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung [FGO]).

    a) Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG darf eine verdeckte Gewinnausschüttung das steuerlich zu erfassende Einkommen einer Körperschaft nicht mindern. Eine verdeckte Gewinnausschüttung in diesem Sinne kann u.a. dadurch ausgelöst werden, dass die Körperschaft ihrem Anteilseigner eine Pensionszusage erteilt, die sie unter ansonsten vergleichbaren Umständen einem nicht an ihr Beteiligten nicht erteilt hätte. Das hat der BFH im Hinblick auf Pensionszusagen einer GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer in ständiger Rechtsprechung entschieden. Für eine Versorgungszusage, die eine AG ihrem Aktionär erteilt, gilt – zumindest im Grundsatz – nichts anderes (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2002 – I R 93/01, Sammlung der Entscheidungen der Bundesfinanzhofs [BFH/NV] 2003, 946, unter II.1. der Gründe; ebenso Erhart/Lücke, BetriebsBerater [BB] 2007, 183, 184). Die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer kann jedoch nicht einschränkungslos auf Aktionäre einer AG übertragen werden ( BFH-Urteile vom 15. Dezember 1971 – I R 76/68 , BStBl 1972 II S. 436 unter II.1. der Gründe; I R 5/69, BStBl 1972 II S. 438 unter II.2. der Gründe; Binnewies, Deutsches Steuerrecht [DStR] 2003, 2105, 2106; Streck/Binnewies, Die Aktiengesellschaft [AG] 1998, 26, 28), und zwar auch dann nicht, wenn der betreffende Aktionär Alleingesellschafter und Vorstandsmitglied der Gesellschaft ist. Insbesondere kann eine Zusage gegenüber einem Mehrheitsaktionär, der zugleich Vorstandsmitglied der AG ist, in diesem Zusammenhang nicht ohne weiteres mit der Zusage einer GmbH gegenüber ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gleichgesetzt werden (BFH in BFH/NV 2003, 946 aaO.; Binnewies aaO.). Dem steht der Umstand entgegen, dass gemäß § 112 des Aktiengesetzes (AktG) eine AG bei Rechtsgeschäften mit ihren Vorstandsmitgliedern von ihrem Aufsichtsrat vertreten wird, wodurch eine Wahrung der Interessen der Gesellschaft eher gewährleistet ist als bei Verträgen zwischen einer GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter (BFH in BFH/NV 2003, 946 aaO.; Binnewies asO.). Der handelsrechtlich begründete Strukturunterschied zwischen GmbH und AG spricht z.B. dagegen, die nachträgliche Erhöhung oder Gewährung von Bezügen für in der Vergangenheit geleistete Dienste des eine GmbH beherrschenden GesellschafterGeschäftsführers und des Vorstandsmitgliedes, das vermöge seines Aktienbesitzes allein oder zusammen mit ihm nahestehenden Personen eine AG zu beherrschen imstande ist, für den Bereich des Rechts der Ertragsteuern schlechthin gleich zu behandeln (BFH in BStBl II 1972, 438 unter II.2.b) der Gründe).

    Dabei verkennt die Rechtsprechung nicht, dass die Aufsichtsratmitglieder von der Hauptversammlung gewählt werden und dass dies, vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmungen, mit einfacher Stimmenmehrheit geschieht. Daraus ergeben sich für den Mehrheitsaktionär gewisse Einflussmöglichkeiten hinsichtlich seiner Bestellung, seiner Abberufung und der Gestaltung des Anstellungsvertrages. Der Mehrheitsaktionär kann Personen in den Aufsichtsrat wählen, die sich voraussichtlich seinen Wünschen fügen werden. Er kann auch versuchen, die gewählten Aufsichtsratmitglieder unter Hinweis auf seine Macht, sie wiederzuwählen oder nicht wiederzuwählen, seinen Wünschen geneigt zu machen. Aber diese Möglichkeiten des Einflusses bleiben hinter denen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH zurück. Der Aufsichtsrat ist als selbständiges Organ der Gesellschaft nur der Gesellschaft gegenüber verantwortlich und zur Sorgfalt verpflichtet. Er ist weder an Weisungen des Vorstands noch an Weisungen der Hauptversammlung gebunden. Ein Mehrheitsaktionär kann daher, was seine Bestellung zum Vorstandsmitglied, seine Abberufung und den Inhalt des Anstellungsvertrages betrifft, seinen Willen im Allgemeinen nicht so leicht durchsetzen wie der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Die im Falle einer vom Willen des herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers abhängigen GmbH typischerweise bestehende Gefahr des Missbrauchs freier Gestaltungsmöglichkeiten zum Zwecke der Gewinnmanipulierung ist somit bei der AG geringer (BFH in BStBl 1972 II S. 438 unter II.2.b) der Gründe; Streck/Binnewies aaO., 27; ähnlich differenzierend und unter ausdrücklichem Hinweis auf die diesbezüglichen Nachweispflichten der Finanzverwaltung: Gosch, in Gosch, KStG, 2. Auflage [2009], § 8 Rdnr. 566.

    Bei einer AG liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung demgemäß – nur – dann vor, wenn im Einzelfall eine vertragliche Gestaltung im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihrem Vorstandsmitglied, das zugleich Mehrheitsaktionär ist, einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds und nicht auf einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen ausgerichtet ist. (BFH in BFH/NV 2003, 946 aaO.; in BStBl 1972 II S. 348 unter II.3. der Gründe). Ob die entsprechende vertragliche Gestaltung durch die Machtstellung des Mehrheitsaktionärs – und ggf. Vorstandsmitglieds – veranlasst ist oder nicht, muss das Finanzgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen konkreten Einzelfalles beurteilen (BFH in BFH/NV 2003, 946, unter II.2. der Gründe). Dabei kommt der Zusammensetzung des Aufsichtsrates besondere Bedeutung zu (BFH in BStBl 1972 II S. 436 unter 1.c) der Gründe).

    b) Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erhöhung der Pensionszusage, einhergehend mit der Anpassung der Witwenversorgung, allein durch Ausübung der Machtstellung des AD zustande gekommen ist.

    Es handelt sich bei der Vereinbarung schon nicht um eine solche, die einseitig an den Interessen des AD und nicht auf einen gerechten Ausgleich der beiderseitigen Interessen ausgerichtet ist. Auch ein nicht an der Klägerin beteiligter Arbeitnehmer in leitender Stellung hätte nach mehr als 20jähriger Tätigkeit für die Klägerin auf eine Erhöhung der Pensionszusage auf ein den wirtschaftlichen Verhältnissen angepasstes Niveau gedrängt. Angesichts der Gehaltsentwicklung des AD, die unstreitig nicht als unangemessen anzusehen ist, hätte ein gesellschaftsfremder Dritter vermutlich sogar eine betragsmäßig höhere Anpassung verlangt. Angesichts der – ebenfalls unstreitigen – Verdienste des AD für die Klägerin (die sich z.B. in der Verfünffachung des Umsatzes zwischen 1978 und 2001 widerspiegeln) hätte ein ordentlicher Geschäftsleiter sich einer entsprechenden Forderung eines gesellschaftsfremden Vorstandsvorsitzenden schwerlich entziehen können.

    Der Senat misst dem Umstand, dass die Erhöhung der Pensionszusage nach den von der Finanzgerichtsbarkeit in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen nicht mehr vollständig erdient werden konnte, keine entscheidende Bedeutung bei. Zum einen ist bei einer AG eine rückwirkende Entlohnung nicht von vorneherein ausgeschlossen und erscheint hier – angesichts der Überfälligkeit der Erhöhung der Pensionszusage – auch nicht unangemessen. Wenn aber die Erhöhung der Pensionszusage jedenfalls auch Leistungen des AD in der Vergangenheit abgelten sollte, so kann es nicht maßgeblich sein, dass er der Klägerin u.U. nicht mehr volle zehn Jahre in der Zukunft zur Verfügung stehen würde. Zum anderen haben die Vertragsbeteiligten, wie sich aus der Vertragsabrede über die rechtzeitige Aufnahme von Verhandlungen über eine Tätigkeit des AD für weitere fünf Jahre ergibt, eine Weiterbeschäftigung des AD über das 65. Lebensjahr hinaus ausdrücklich ins Auge gefasst, so dass es sowohl aus der Sicht der Klägerin als auch nach dem Verständnis des AD keinesfalls unwahrscheinlich war, dass dieser noch mehr als zehn Jahre für jene tätig sein würde.

    Soweit der Beklagte behauptet, der Vertrag vom … 2001 sei lückenhaft und es sei zweifelhaft, ob er der Maßgabe gerecht werde, dass Vereinbarungen zwischen einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer und seiner Kapitalgesellschaft im Vorhinein, klar und eindeutig getroffen werden müssten, teilt der Senat diese Zweifel nicht. Der Beklagte hat auch nicht spezifiziert, aus welchen Umständen sie erwachsen könnten.

    Auch der Umstand, dass AD nach § 6 Abs. 3 des Vertrages auch bei Ausscheiden aus dem Unternehmen vor Beendigung des 65. Lebensjahres unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf Pensionsleistungen haben sollte, führt nach Auffassung des Senats nicht zu einer unangemessenen Begünstigung. Die Interessen der Klägerin werden durch die weitere Vereinbarung, nach der sich in diesem Fall die Höhe der Pension reduziert, in angemessener Weise berücksichtigt.

    Zudem sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass AD besonderen Einfluss auf die Mitglieder des Aufsichtsrates gehabt hätte. Der Beklagte hat insoweit in der Einspruchsentscheidung (dort S. 5 unten) zwar vorgetragen, dass die Einflussnahme des AD auf die Mitglieder des Aufsichtsrates aufgrund seiner Position als Allein-/Mehrheitsaktionär und Vorstand derjenigen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH vergleichbar gewesen sei. Er hat jedoch – auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung – keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die diese Behauptung zu stützen vermögen. Der Senat kann offen lassen, ob dem BFH zuzustimmen ist, dass es in Fällen wie dem hier zu entscheidenden Sache der Klägerin sei, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergebe, dass für die zu beurteilende vertragliche Regelung nicht die Machtstellung als Mehrheitsaktionär maßgebend war (BFH in BStBl 1972 II S. 438 unter II.2.b) der Gründe), obwohl der Beklagte grundsätzlich die Feststellungslast für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung trägt (darauf weisen Streck/Binnewies aaO., 28, zutreffend hin). Die Klägerin hat hier ihre Mitwirkungspflicht in hinreichender Weise erfüllt, indem sie unwidersprochen vorgetragen hat, dass es sich bei den Aufsichtsratsmitgliedern um Persönlichkeiten der Wirtschaft gehandelt habe, die mit der Familie D weder verwandt noch verschwägert gewesen seien. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen des Senats, nach denen die Aufsichtsratsmitglieder sämtlich Personen waren, die in vielerlei Hinsicht im wirtschaftlichen Leben Berlins und Brandenburgs engagiert waren und die von ihrem Aufsichtsratsmandat bei der Klägerin weder im Hinblick auf ihre Reputation noch in finanzieller Hinsicht abhängig waren. Auch hat der Senat keinerlei weitere wirtschaftliche Verflechtungen zwischen der Klägerin und den übrigen Unternehmen, für die die Aufsichtsratsmitglieder tätig waren – etwa in der Weise, dass AD ein Aufsichtsratsmandat bei einem der Unternehmen, bei dem eines „seiner” Aufsichtsratsmitglieder im Vorstand tätig war, innegehabt hätte – feststellen können. Bei dieser Sachlage liegt es bei dem Beklagten, Umstände darzutun, die eine Einflussmöglichkeit des AD auf die Aufsichtsratsmitglieder nahelegen (ebenso Binnewies aaO, 2107; Streck/Binnewies aaO., S. 30; ähnlich Erhart/Lücke aaO., 186). Daran fehlt es jedoch.

    Schließlich führt auch der Hinweis des Beklagten darauf, dass die ursprüngliche Pensionszusage ohne Einhaltung einer erforderlichen Wartefrist erteilt worden sei, nicht dazu, dass der Pensionszusage für die Streitjahre die steuerliche Anerkennung zu versagen wäre.

    Nach allgemeinen Grundsätzen wird eine solche Wartefrist für verzichtbar gehalten, wenn das Unternehmen aus eigener Erfahrung Kenntnisse über die Befähigung des Geschäftsleiters hatte, etwa weil dieser vor Gründung der GmbH bereits als Einzelunternehmer tätig war und das Einzelunternehmen in die GmbH eingebracht hat, oder in Fällen des Management-buy-outs (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2002 – I R 70/04 , BStBl 2005 II S. 882 unter II.2.a) der Gründe). Dass danach im Streitfall überhaupt eine Wartezeit einzuhalten war, hat der Beklagte lediglich behauptet, nicht aber substantiiert vorgetragen. Eine Sachverhaltsaufklärung in diese Richtung erübrigt sich allerdings. Selbst wenn die Zusage seinerzeit unter Verletzung der von der Rechtsprechung grundsätzlich verlangten Wartefrist erteilt worden wäre, so wirkt dieser Mangel keinesfalls über nahezu 30 Jahre fort, wenn unterdessen die Pensionszusage einmal neu gefasst und einmal erhöht wurde und das Unternehmen zudem von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird. Etwas anderes lässt sich auch nicht der von dem Beklagten genannten Entscheidung entnehmen, in der es um eine im Jahre 1995 erteilte Pensionszusage ging, deren steuerliche Anerkennung für die Jahre 1996 und 1997 zu beurteilen war, also für den Zeitraum, innerhalb dessen eine Pensionszusage noch überhaupt nicht hätte erteilt werden dürfen. Der BFH hat in dieser Entscheidung keinesfalls ausgesprochen, dass der zunächst einmal zu früh erteilten Pensionszusage für den Zeitraum, für den sie hätte erteilt werden dürfen, weiterhin die Anerkennung zu versagen sei.

    2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war für notwendig zu erklären, da die Sach- und Rechtslage nicht so einfach war, dass die Klägerin sich selbst hätte vertreten können.

    RechtsgebieteKStG, EStG, AktGVorschriftenKStG § 8 Abs. 3 S. 2 EStG § 6a AktG § 112