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  • 03.03.2011 | Einkommensteuer

    Grenzüberschreitende Leistungen: So werden sie bei gemeinnützigen Stiftungen besteuert

    von RA/StB Dr. Claudia Klümpen-Neusel, HSBC Trinkaus & Burkhardt AG, Stiftungszentrum, Düsseldorf

    Die Unterstützung des öffentlichen Gemeinwohls durch Stiftungen spielt sich selbst im Gemeinnützigkeitsbereich nicht mehr nur innerhalb eines Landes ab. Immer öfter kommt es vor, dass ausländische Stiftungen Destinatäre im Inland unterstützen oder umgekehrt inländische Stiftungen Destinatäre im Ausland. Solche grenzüberschreitenden Sachverhalte führen zu der Frage, ob bei der Stiftung oder dem Destinatär die steuerlichen Vergünstigungen des Gemeinnützigkeitsrechts greifen oder nicht. Der folgende Beitrag behandelt das Thema anhand zweier Beispielsfälle.  

    Inbound-Fall

    Ein sogenannter Inbound-Fall liegt vor, wenn eine ausländische Stiftung Zahlungen ins Inland an einen in Deutschland ansässigen Destinatär leistet. Diesem Beispiel liegt ein realer Sachverhalt zugrunde, den der BFH mit Urteil vom 15.9.10 (X R 33/08, Abruf-Nr. 110725) entschieden hat.  

     

    Beispiel 1

    Die S Stiftung mit Sitz in Frankreich ist eine nach dortigem Recht als gemeinnützig anerkannte Organisation. Ihr Zweck besteht in der Förderung der medizinwissenschaftlichen Forschung. Destinatär D mit Wohnsitz in Deutschland bewirbt sich bei S um ein Stipendium, das ihm die S auch gewährt. D fragt sich, ob und wenn ja, in welchem Staat, diese Destinatszahlungen besteuert werden.  

     

    Lösung: Aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland ist D hier unbeschränkt steuerpflichtig. Das bedeutet, dass D mit seinem gesamten Welteinkommen und mit sämtlichen Schenkungen der deutschen Einkommen- bzw. Schenkungsteuer unterliegt. Da sich Einkommensteuer - entgeltlicher Erwerb bzw. Gegenüberstehen von Leistung und Gegenleistung - und Schenkungsteuer - unentgeltlicher Erwerb, der Freigebigkeit aufseiten des Schenkenden voraussetzt - gegenseitig ausschließen, wird deutlich, dass bereits an dieser Stelle die erste Weiche gestellt werden muss: Handelt es sich bei den Destinatszahlungen der S an D um eine Schenkung oder um entgeltliche Einkünfte?  

     

    Nach der Rechtsprechung des BGH sollen Zuwendungen einer Stiftung an Destinatäre keine Schenkungen sein (zuletzt BGH SB, 10, 63, Abruf-Nr. 093478). Begründet wird dies damit, dass die Zuwendung einer Stiftungsleistung allein der Erfüllung des Stiftungszwecks diene und die Zuwendung somit ihren Rechtsgrund im Stiftungszweck finde. Die Leistung in Erfüllung des Rechtsgrundes „satzungsgemäßer Stiftungszweck“ stehe einer Freigebigkeit und damit einer zivilrechtlichen Schenkung entgegen. Auch wenn in der Literatur diese Ansicht des BGH bezweifelt wird (Gantenbrink, ZEV 10, 102), so ist doch nicht zu übersehen, dass auch das Steuerrecht die Wertung der Rechtsprechung widerspiegelt. Denn im Gegensatz zur Errichtung und Auflösung einer Stiftung erfasst das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz die satzungsmäßigen Leistungen einer Stiftung an einen Destinatär nicht als steuerpflichtige Schenkung. Im Folgenden soll daher von der Entgeltlichkeit der Destinatszahlungen ausgegangen werden. D erzielt somit Einkünfte, die grundsätzlich der Einkommensteuer unterliegen können, nicht aber der Schenkungsteuer.  

     

    Damit steht aber noch nicht fest, dass die Stiftungsleistungen in Deutschland tatsächlich der Einkommensteuer unterworfen werden. Voraussetzung hierfür wäre, dass es sich bei den Destinatszahlungen um steuerbare Einkünfte handelt, die einer der sieben in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten zugeordnet werden können.  

     

    Ungeachtet dieser Überlegungen zur Besteuerung nach dem EStG ließ es der BFH in der Entscheidung vom 15.9.10 jedoch ausdrücklich offen, ob die Destinatszahlungen steuerbar seien und welcher Einkunftsart sie unterfielen. In Betracht könnten sonstige Einkünfte in Form wiederkehrender Leistungen (§ 22 EStG) oder Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (§ 18 EStG), kommen. Da es aufgrund steuerlicher Vergünstigungsvorschriften letztendlich keine Rolle spielte, wie die Einkünfte zu qualifizieren sind, blieb die nicht entscheidungserhebliche Frage allerdings unbeantwortet.