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  • · Fachbeitrag · Verfassungsbeschwerde

    Was ist der richtige Gegenstandswert?

    | Der Gegenstandswert im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 37 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 14 Abs. 1 RVG). Er beträgt jedoch mindestens 5.000 EUR. Laut BVerfG beträgt er bei stattgebenden Kammerentscheidungen i. d. R. 25.000 EUR. |

     

    Sachverhalt

    Im Fall des BVerfG ging es um die Vergütung bei unterlassener, bzw. fehlerhafter ärztlicher Aufklärung (25.1.17, 1 BvR 1304/13, Abruf-Nr. 193369). Das AG Frankfurt/Main hat den Beschwerdeführer verurteilt, 444,73 EUR nebst Zinsen sowie Anwaltsgebühren zu zahlen. Dieser hat erfolglos die Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) erhoben. Auf die Verfassungsbeschwerde hin hat das BVerfG das Urteil und den auf die Anhörungsrüge ergangenen Beschluss aufgehoben. Es hat festgestellt, dass das Land Hessen die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers erstatten muss. Im Rahmen der Kostenerstattung ist die Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit beantragt worden.

     

    Entscheidungsgründe

    Das BVerfG hat hier - abweichend von der o. g. Regel - den Gegenstandswert auf 12.500 EUR festgesetzt. Ausgangspunkt dieser Bewertung war die Bedeutung der Angelegenheit (BVerfGE 79, 365, 366 noch zu § 113 Abs. 2 S. 3 BRAGO a. F.). Der Umstand, dass § 14 Abs. 1 RVG die in dieser Grundsatzentscheidung aufgegriffene „gesetzliche Reihenfolge“ der Kriterien geändert hat und - anders als § 113 Abs. 2 S. 3 BRAGO a. F. - nun den anwaltlichen Arbeitsaufwand an erster Stelle nennt, hat insofern keine inhaltliche Änderung bewirkt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der Entscheidung ist zuzustimmen. Denn das subjektive Interesse des Beschwerdeführers am Verfahrensausgang war in Übereinstimmung mit dem Streitwert des Ausgangsverfahrens in Höhe von 444,73 EUR als gering zu bewerten. Objektiv weist der Fall im Verhältnis zum subjektiven Interesse ebenfalls nur ein untergeordnetes Gewicht auf, da der Beschluss betreffend die Anhörungsrüge kaum eine über den Einzelfall hinausgehende Wirkung hat.

     

    Das BVerfG begründet seine Behauptung leider nicht, die Änderung der früher in § 113 BRAGO enthaltenen „gesetzlichen Reihenfolge“ der Kriterien in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG, der nun den anwaltlichen Arbeitsaufwand an erster Stelle nennt, habe keine inhaltliche Änderung bewirkt. Das wird zu Recht anders gesehen (AnwK-RVG, 8. Aufl., § 14 Rn. 22; Burhoff, RVG, Teil A: Rahmengebühren [§ 14], Rn. 1561; LSG NRW NJW-RR 08, 87). Denn der Gesetzgeber hat bei Erlass des RVG zum 1.7.04 die Reihenfolge bewusst umgestellt, um den vom Anwalt erbrachten Zeitaufwand angemessen(er) zu honorieren. Der Zeitaufwand spiegelt sich aber gerade im „Umfang“ der anwaltlichen Tätigkeit wider, die ihre Grundlage in der „Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit“ hat. Das muss auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren gelten.

     

    PRAXISHINWEIS | Das heißt: Der Rechtsanwalt muss auf jeden Fall mit dem Umfang der Sache argumentieren

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2017 | Seite 104 | ID 44641716