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  • · Fachbeitrag · Gebührenstreitwert

    Gestaffelte Wertfestsetzung ist unzulässig

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | Eine zeitlich gestaffelte Wertfestsetzung ist unzulässig. Soweit sich die Anwaltsgebühren nach unterschiedlichen Werten richten, ist diese Wertfestsetzung nach dem OLG Bremen dem Verfahren nach § 33 RVG vorbehalten. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Im Streitfall hatte der Kläger K zunächst einen Betrag von knapp 19.000 EUR eingeklagt. Vor der mündlichen Verhandlung nahm er die Klage um ca. 3.200 EUR zurück, sodass nur noch über den reduzierten Klageantrag von 15.800 EUR verhandelt worden ist. Nach Abschluss des Verfahrens hat das Gericht den Streitwert auf knapp 19.000 EUR festgesetzt. Hiergegen hat K Streitwertbeschwerde erhoben, weil der Streitwert gestaffelt ‒ bis zur Rücknahmeerklärung auf knapp 19.000 EUR und hiernach auf 15.800 EUR ‒ festzusetzen sei. Hilfsweise hat er beantragt, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit abweichend festzusetzen. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache insoweit dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Den hilfsweise gestellten Antrag des K auf Festsetzung des Werts der anwaltlichen Tätigkeit hat das LG als unzulässig verworfen. Das OLG Bremen hat die Beschwerde zurückgewiesen (5.1.22, 2 W 56/21, Abruf-Nr. 227872).

     

    Relevanz für die Praxis

    In der Praxis ist die Tatsache nahezu unbekannt, dass gestaffelte Streitwertfestsetzungen unzulässig sind. Das LG hatte daher im vorliegenden Fall zu Recht den Streitwert in Höhe der ursprünglichen Klageforderung festgesetzt. Die Klagerücknahme hatte keinen Einfluss auf den Streitwert.

     

    Denn die nach § 63 Abs. 2 S. 2 1 GKG zu treffende Wertfestsetzung zielt allein auf den Wert für die zu erhebende Gerichtsgebühr ab. Für den Wert dieser Gebühr kommt es gemäß § 40 GKG auf den Wert des Streitgegenstands im Zeitpunkt der ihn betreffenden Antragstellung an. Eine teilweise Rücknahme nach Klageerhebung hat demnach keine Auswirkungen auf den für die Gerichtsgebühr festzusetzenden Wert (vgl. KG AGS 18, 344; OLG München NJW-RR 17, 700). Daher kommen zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzungen für die Gerichtsgebühren wegen einer teilweisen Reduzierung des Streitwerts nicht in Betracht.

     

    Soweit der Kläger (hilfsweise) eine gesonderte Festsetzung nach § 33 RVG beantragt hat, muss das Gericht den Antrag bescheiden. Soweit nämlich der Gegenstandswert der anwaltlichen Gebühren vom Streitwert der Gerichtsgebühren abweicht, ist gemäß § 33 RVG eine gesonderte Wertfestsetzung vorzunehmen. Das ist hinsichtlich der Terminsgebühr der Fall, wenn diese erst nach Klagerücknahme entstanden ist. Dieser Wert muss gesondert festgesetzt werden (OLG München NJW-RR 17, 700; KG AGS 18, 344; OLG Dresden NJW-RR 19, 575; LG Mainz AGS 18, 571).

     

    Soweit das Gericht den Antrag auf gesonderte Festsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG als unzulässig verwirft, ist gegen diese gesonderte Entscheidung eine ‒ nach § 33 Abs. 3 S. 3 RVG fristgebundene ‒ Beschwerde statthaft. Die erforderliche Beschwer ergibt sich dabei schon allein aus der Zurückweisung des Antrags (OLG Hamm JurBüro 21, 147; OLG Frankfurt AGS 20, 518).

     

    Wird diese Beschwerde allerdings ‒ wie hier ‒ nicht erhoben, kann offenbleiben, ob das Gericht den Antrag als zulässig hätte ansehen und den Wert für die Terminsgebühr gemäß § 33 Abs. 1 RVG gesondert hätte festsetzen müssen. Die Abweisung wird rechtskräftig. Im Verfahren nach § 33 RVG besteht keine Möglichkeit, den Wert von Amts wegen festzusetzen oder abzuändern.

     

    Beachten Sie | Die Entscheidung „eine Gebühr ‒ ein Wert“ ist zutreffend. Für das erstinstanzliche Verfahren wird nur eine einzige Gerichtsgebühr erhoben, sei es zu 3,0 (Nr. 1210 GKG-KV) oder zu 1,0 (Nr. 1211 GKG-KV). Wird aber nur eine einzige Gebühr erhoben, kann es auch nur einen einzigen Wert geben. Die Gerichtsgebühren werden nicht nach Zeitabschnitten erhoben (OLG München NJW-RR 17, 700; LG Stendal NJW-RR 19, 703; LG Mainz AGS 18, 571). Eine gestaffelte Wertfestsetzung ist daher auch aus diesem Grund sinnlos und weder eine Klagerücknahme noch eine anderweitige Erledigung des ursprünglichen Streitgegenstands führen zu einer Ermäßigung der Gerichtsgebühr.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 04 / 2022 | Seite 59 | ID 48059967