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  • 21.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132661

    Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 10.12.2012 – 4 W 48/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OLG Brandenburg

    10.12.2012

    4 W 48/12

    hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandessgerichts
    am 10.12.2012
    durch

    I Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht jör. Chwolik-Lanfermann, Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer and Richterin am Oberlandesgericht Brune

    beschlossen:
    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde der/ Klägerin wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 17.07.2012 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1.

    Der Streitwert für die Gerichtsgebühren sowie die Rechtsanwaltsgebühren der Hauptparteien wird auf 11.604,85/6 festgesetzt.
    2.

    Der Streitwert für die Rechtsanwaltsgebühren des Streithelfers wird auf bis 2.000,- EUR festgesetzt.

    Gründe
    1

    I.

    Die Klägerin hat die Beklagten auf der Grundlage eines Bauvertrages über die Errichtung eines Zweifamilienhauses auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 11.604,85 EUR in Anspruch genommen.
    2

    Die Beklagten haben teilweise die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch erklärt und im übrigen Zurückbehaltungsrechte wegen einer Mehrzahl von Mängeln betreffend unterschiedliche Gewerke geltend gemacht, darunter auch Mängel an der vom Streithelfer der Klägerin als deren Subunternehmer eingebauten Holztreppe.
    3

    1.

    Die Klägerin hat die Beklagten auf der Grundlage eines Bauvertrages über die Errichtung eines Zweifamilienhauses auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 11.604,85 EUR in Anspruch genommen.
    4

    Die Beklagten haben teilweise die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch erklärt und im übrigen Zurückbehaltungsrechte wegen einer Mehrzahl von Mängeln betreffend unterschiedliche Gewerke geltend gemacht, darunter auch Mängel an der vom Streithelfer der Klägerin als deren Subunternehmer eingebauten Holztreppe.
    5

    Nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen S, das u.a. auch die Mängel der Holztreppe betraf und insoweit erforderliche Mängelbeseitigungskosten alternativ in Höhe von (gerundet) 960,- EUR bzw. 1.950,- EUR ermittelte, hat die Klägerin dem Streithelfer mit Schriftsatz vom 24.01.2011 den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten.
    6

    Nachdem der Sachverständige Simon sein Gutachten betreffend die Holztreppe ergänzt hat und ein weiteres Sachverständigengutachten wegen Mängeln in Bezug auf andere Werkleistungen eingeholt worden ist, die die Klägerin - wie auch bereits die nicht die Holztreppe betreffenden Leistungen, die Gegenstand des Gutachtens des Sachverständigen Simon waren - durch andere Subunternehmer hatte ausführen lassen, haben die Parteien sowie der (erstinstanzlich als Streitverkündeter bezeichnete) Streithelfer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2012 folgenden Vergleich geschlossen:

    "1)

    Zum Ausgleich sämtlicher streitgegenständlicher Forderungen zahlen die Beklagten als Gesamtschuldner an die Klägerin 3.000,- EUR. Mit dieser Zahlung sind alle gegenseitig in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Forderungen ausgeglichen und erledigt. Das gilt auch für die Forderungen zwischen Klägerin und Streitverkündetem.

    2)

    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2/3, die Beklagten als Gesamtschuldner 1/3 mit Ausnahme der Kosten des Streitverkündeten und der Vergleichskosten, die Vergleichskosten werden gegeneinander aufgehoben, von den Kosten des Streitverkündeten trägt der Streitverkündete 2/3 und jeweils 1/6 die Klägerseite und 1/6 die Beklagten als Gesamtschuldner."

    7

    Das Landgericht hat den Streitwert mit Beschluss vom 17.07.2012 (einheitlich) auf 11.604,85 EUR festgesetzt.
    8

    Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, der Streitwert hinsichtlich der vom Streithelfer zu berechnenden Kosten sei entsprechend den in dem Gutachten des Sachverständigen Simon ermittelten Mangelbeseitigungskosten auf eine geringere Höhe zu bestimmen.
    9

    Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sich zur Begründung auf Entscheidungen des BGH (BGHZ 31, 144 ff.) und des KG (MDR 2004, 1445) gestützt.
    10

    II.

    Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 68 Abs. 1 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb Zwei-Wochen-Frist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG eingelegt worden.
    11

    Sie ist auch begründet.
    12

    Für die Kosten der Streithilfe ist jedenfalls auf Antrag einer der Parteien gemäß § 33 Abs. 1 RVG - ein solcher ist im vorliegenden Fall in der sofortigen Beschwerde der Klägerin zu sehen - ein gesonderter Streitwert festzusetzen, wenn das Interesse des Streithelfers, der nach einer Streitverkündung durch eine der Hauptparteien dem Rechtsstreit beigetreten ist, sich nur auf einen abgrenzbaren Teil des Rechtsstreits in der Hauptsache bezieht.
    13

    Dabei verkennt der Senat nicht, dass die vom Landgericht vertretene Rechtauffassung, wonach der Streitwert einer durchgerührten Nebenintervention mit dem Streitwert der Hauptsache übereinstimmt, vertretbar ist. Diese Auffassung, die der BGH in einem Beschluss vom 30.10.1959 (Az.: V ZR 204/57, veröffentlicht in BGHZ 31, 144 ff. = MDR 1960, 41) vertreten hat, wird auch in jüngerer Zeit noch von verschiedenen Oberlandesgerichten, jedenfalls für den Fall geteilt, dass der Streithelfer sich den Anträgen der Hauptpartei angeschlossen hat (vgl. nur: KG Beschluss vom 26.07.2004 - 2 W 18/04 - = MDR 2004, 1445; OLG Düsseldorf Beschluss vom 10.01.2006 - I 24 W 64/05, 24 W 64/05; OLG Hamm Beschluss vom 16.01.2007 - 17 W 86/06; OLG Frankfurt Beschluss vom 13.02.2009 - 10 W 4/09; OLG München 29.01.2010 - 13 W 634/10). Dies wird damit begründet, dass der Nebenintervenient, wenn er auch mit seinem Beitritt eigene wirtschaftliche Interessen verfolge, gleichwohl am Prozess in gleichem Umfang beteiligt sei wie die Partei, der er beigetreten sei. Seine Angriffs- und Verteidigungsmittel bezweckten den Sieg dieser Partei, und zwar in voller Höhe des von ihr oder gegen sie geltend gemachten Klageanspruchs. Er könne auch selbständig Rechtsmittel einlegen, wobei die Beschwer ebenso wie der Gebührenstreitwert gerade in der Rechtsmittelinstanz nur nach dem Interesse der unterstützten Hauptpartei bemessen werden könne. Ob das wirtschaftliche Interesse des Nebenintervenienten dem der Hauptpartei gleichkomme oder ob es geringer oder gar höher sei, spiele nur im Innenverhältnis zwischen ihm und der unterstützten Hauptpartei und später für die Höhe eines etwaigen Rückgriffsanspruchs eine Rolle. Im Übrigen würde, wollte man die jeweiligen wirtschaftlichen Belange, die hinter dem Beitritt des Nebenintervenienten stünden, ausschlaggebend sein lassen, eine erhebliche Unsicherheit in das Wertfestsetzungsverfahren hineingetragen. Das Gericht wäre möglicherweise genötigt, Rechtsbeziehungen zu untersuchen, die außerhalb des eigentlichen Rechtsstreits liegen.
    14

    Andere Oberlandesgerichte stellen dagegen für den Streitwert einer durchgeführten Streitverkündung oder Nebenintervention unabhängig von einer Antragstellung des Streithelfers auf das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Streithelfers am Obsiegen der von ihm unterstützten Partei, nach oben begrenzt durch die Höhe des Hauptsachestreitwertes, ab (so z.B.: OLG Köln Beschluss vom 12.03.2004 - 11 W 13/04; OLG Celle Beschluss vom 28.10.2004 - 6 W 110/04, 6 W 111/04; OLG Hamm Urteil vom 16.10.2007 - 21 U 43/07 - Rn. 13; OLG Nürnberg Beschluss vom 03.04.2006 - 4 W 137/06; Schleswig-Holsteinisches OLG Beschluss vom 28.08.2008 - 14 W 51/08; OLG Rostock Beschluss vom 21.10.2009 - 3 W 50/08; ebenso Zöller-Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn. 16 "Nebenintervention"; Schneider- Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 4249 ff. m.w.N.).
    15

    Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.
    16

    Eine Differenzierung danach, ob der Streithelfer sich den Anträgen der unterstützen Hauptpartei in vollem Umfang angeschlossen hat, ist in vielen Fällen gar nicht möglich. Dies zeigt sich gerade auch im vorliegenden Fall, in dem es, nachdem der Streithelfer dem Rechtsstreit beigetreten ist, infolge des Vergleichsschlusses in der nächsten mündlichen Verhandlung zu einer Antragstellung gar nicht mehr gekommen ist; gleiches gilt im Übrigen immer, wenn der Streithelfer die Beklagtenseite unterstützt, da er keinen Antrag aufteilweise Klageabweisung stellen kann.
    17

    Entscheidend ist allerdings, dass eine Gleichsetzung des Streitwertes einer durchgeführten Nebenintervention, insbesondere einer solchen, die durch eine Streitverkündung initiiert wurde, zu einer unnötigen und bezogen auf die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten unangemessenen Kostenbelastung führt, wenn der Wert der Hauptsache und das (Abwehr-)interesse des Streithelfers - wie hier - erheblich auseinanderfallen.
    18

    So ist es etwa in Bauprozessen, in denen - wie hier - ein Bauträger (gleiches gilt für Generalunter- oder -übernehmer), der Bauleistungen durch eine Mehrzahl von Subunternehmern hat durchführen lassen, von seinem Auftraggeber wegen Mängeln verschiedener Gewerke in Anspruch genommen wird, durchaus nicht ungewöhnlich, dass jener allen Subunternehmern, deren Gewerke betroffen sind, den Streit verkündet. Der Streitwert in der Hauptsache wird in diesem Fall durch die Summe der für die Beseitigung der Mängel in den verschiedenen Gewerken erforderlichen Kosten bestimmt. Würde auch der Wert der Nebenintervention nach diesem Streitwert bestimmt, hätte dies für jeden Subunternehmer, der dem Rechtsstreit auf Seiten des Bauträgers beitritt, zur Folge, dass er ein Kostenrisiko auch in Bezug auf den Wert der Mängel an anderen Gewerken übernehmen muss, obwohl sein Interesse ausschließlich in der Abwehr von Ansprüchen besteht, die Mängel an seinem Gewerk betreffen. Noch gravierender sind die Auswirkungen für den Gegner des Bauträgers, dessen Kostenrisiko sich entsprechend der Anzahl der beitretenden Subunternehmer vervielfachen würde, obwohl sich nichts daran geändert hat, dass die Interessen aller Beteiligten, wirtschaftlich betrachtet, nicht höher sind als die Summe der für die Beseitigung der Mängel in den verschiedenen Gewerken erforderlichen Kosten.
    19

    Vor diesem Hintergrund relativieren sich auch die verfahrensrechtlichen Aspekte, mit denen die Gegenauffassung argumentiert. Der Streithelfer, dessen Abwehrinteresse im Verhältnis zur unterstützen Hauptpartei nur auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes der Hauptsache beschränkt ist, wird seine verfahrensrechtlichen Möglichkeiten regelmäßig nur soweit nutzen, wie dieser Teil betroffen ist; selbst soweit die selbständige Einlegung eines Rechtmittels durch den Streithelfer in Rede steht, kommt ggf. eine beschränkte Einlegung des Rechtsmittels in Betracht. Auch im vorliegenden Fall hat der Streithelfer sich schriftsätzlich nur zu denjenigen Fragen, insbesondere des Gutachtens des Sachverständigen Simon geäußert, die die Mängel an der von ihm errichteten Holztreppe betrafen.
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    Nicht zu überzeugen vermag schließlich das Argument, die Ermittlung des wirtschaftlichen Interesses des Streithelfers belaste die Streitwertfestsetzung mit Schwierigkeiten und Unsicherheiten. Die wirtschaftlichen Interessen des Streithelfers lassen sich, gerade in denjenigen Fällen, in denen sie von dem Interesse der Hauptpartei erheblich abweichen, - wie das OLG Rostock (Beschluss vom 21.10.2009 - 3 W 50/08 - Rn. 35) überzeugend erläutert hat - regelmäßig durch Auslegung der Streitverkündung und/oder der Beitrittserklärung zu bestimmen.
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    Ist danach der Streitwert für die Streithilfe, konkret für die Rechtsanwaltsgebühren des Streithelfers, gemäß § 3 ZPO nach seinem Abwehrinteresse in Bezug auf Rückgriffsansprüche der Klägerin, zu bemessen, sind im vorliegenden Fall die in dem Gutachten des Sachverständigen S vom 02.12.2010 ermittelten Mangelbeseitigungskosten entsprechend der aufwändigeren Alternative in Höhe von 1.950,- EUR zugrunde zu legen.
    22

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 RVG).

    RechtsgebietRVGVorschriften§ 33 Abs. 1 RVG