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  • 07.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238162

    Oberlandesgericht Karlsruhe: Beschluss vom 13.12.2022 – 19 W 6/22

    Eine Zusammenrechnung der Streitwerte gemäß § 39 Abs. 1 GKG setzt nicht voraus, dass die Streitgegenstände gleichzeitig geltend gemacht werden (Anschluss an OLG München, Beschluss vom 13.12.2016 - 15 U 1407/16 -, NJW-RR 2017, 700 [OLG München 13.12.2016 - 15 U 2407/16]; OLG Schleswig, Beschluss vom 07.03.2022 - 3 W 3/22 -, NJW-RR 2022, 931 Rn. 12; OLG Rostock, Beschluss vom 08.01.2020 - 4 W 25/19 -, NJOZ 2021, 1310; OLG Celle, Beschluss vom 20.05.2008 - 2 W 108/08 -, NJOZ 2008, 2277; OLG Koblenz, Beschluss vom 28.12.2005 - 5 W 829/05 -, BeckRS 2006, 529; OLG Hamm, Beschluss vom 12.05.2005 - 24 U 7/05 -, NJOZ 2005, 3149 u. a.).


    Oberlandesgericht Karlsruhe

    Beschluss vom 13.12.2022


    Tenor:

    Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Mosbach vom 08.12.2021 abgeändert und der Streitwert auf 13.815,67 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Die Klägerin ist im Baugewerbe tätig und betreibt ein auf Schalungstechnik spezialisiertes Unternehmen sowie einen Baufachhandel. Die Beklagte ist Inhaberin eines Bauunternehmens.

    Ab Mai 2021 mietete die Beklagte in insgesamt acht Verträgen Schalungs- und Deckenstützen sowie weitere Schalungselemente für ein Bauvorhaben an. Die Klägerin rechnete gegenüber der Beklagten Mietkosten von insgesamt 16.277,30 € ab. Die Beklagte leistete Mietzahlungen von 1.756,44 € und 4.680,75 €, so dass ein Restbetrag von 9.840,11 € verblieb. Weitere Zahlungen der Beklagten erfolgten zunächst nicht.

    Am 10.08.2021 beantragte die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheids über 9.840,11 €. Der Mahnbescheid wurde am Folgetag erlassen und der Beklagten am 13.08.2021 zugestellt. Am 23.08.2021 ging der Widerspruch der Beklagten ein. Am 14.09.2021 wurde das Verfahren an das Landgericht Mosbach abgegeben.

    Die Beklagte zahlte am 30.09.2021 weitere 9.835,11 € an die Klägerin.

    In ihrer Anspruchsbegründung vom 05.10.2021 beantragte die Klägerin daher, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.840,11 € nebst Zinsen in Höhe von 9 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.08.2021 zu zahlen, abzüglich einer am 30.09.2021 geleisteten Zahlung in Höhe von 9.835,11 €. Im Umfang der erfolgten Zahlung werde die Hauptsache für erledigt erklärt. Ferner beantragte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung weiterer 3.975,56 € nebst Zinsen zu verurteilen, die sich aus den ihr für den Monat September 2021 zustehenden Mietforderungen für die vermieteten Geräte ergäben.

    Das Gericht forderte die Beklagte mit Verfügung vom 14.10.2021 auf, Verteidigungsbereitschaft binnen zwei Wochen ab Zustellung der Anspruchsbegründung anzuzeigen. Mit Schriftsatz vom 19.10.2021 beantragte die Klägerin im Fall des Vorliegens der Voraussetzungen den Erlass eines Versäumnisurteils.

    Mit Versäumnisurteil vom 08.11.2021 verurteilte das Landgericht Mosbach die Beklagte antragsgemäß. Die Beklagte hat kein Rechtsmittel eingelegt.

    Mit Beschluss vom 08.12.2021 hat das Landgericht den Streitwert für das Mahnverfahren und das streitige Verfahren bis zum 29.09.2021 auf 9.840,11 € und für das streitige Verfahren vom 30.09.2021 bis zum 05.10.2021 auf 5 € und ab dem 30.09.2021 auf 3.980,56 € festgesetzt. Hiergegen wenden sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit der Beschwerde und trägt vor, die Streitgegenstände des ursprünglichen Klageanspruchs und des mit der Klageerweiterung geltend gemachten weiteren Klageanspruchs seien nach § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt. Das Landgericht hat ausgeführt, es sehe die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung mehrerer wirtschaftlich nicht identischer Streitgegenstände nur für gegeben an, wenn die Streitgegenstände gleichzeitig geltend gemacht würden, und stützt sich hierzu auf eine in Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansicht.

    II.

    Die nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte und zulässige Beschwerde gegen den den Streitwert festsetzenden Beschluss (§ 63 Abs. 2 GKG) des Landgerichts hat Erfolg.

    Nach § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet. Im Falle eines vorgeschalteten Mahnverfahrens wird der erste Rechtszug des Streitverfahrens durch den Eingang der Akten beim Streitgericht eingeleitet (Schindler, in: BeckOK Kostenrecht, 39. Edition, 01.10.2022, § 40 Rn. 4 m.w.N.). Zum Zeitpunkt des Eingangs der Akten beim Streitgericht begehrte die Klägerin den schon im Mahnverfahren geltend gemachten Betrag vom 9.840,11 €. Mit der Anspruchsbegründung hat die Klägerin den weiteren Antrag gestellt, die Beklagte zur Zahlung weiterer 3.975,56 € zu verurteilen. Der bisherige und der neue, zusätzliche Antrag sind zusammenzurechnen, denn gemäß § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und Rechtszug die Werte mehrerer (wirtschaftlich nicht identischer) Streitgegenstände grundsätzlich zusammengerechnet.

    Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.10.2021 die Erledigung wegen der zwischenzeitlich erfolgten Zahlung in Höhe von 9.835,11 € erklärt hat, wirkt sich dies auf den für die Gerichtskosten maßgeblichen Wert nicht aus, reduziert diesen nicht. Eine Regelung für eine nachträgliche Wertreduzierung enthält das GKG nicht. Schon seit der zum 01.07.1994 in Kraft getretenen Kostenrechtsänderung, die für das gerichtliche Verfahren keine Unterscheidung mehr in Verfahrens- und Urteilsgebühr vornahm (vgl. BT-Drucks. 12/6962, S. 52), sind im Verlauf des Rechtsstreits eintretende Teilerledigungen oder andere teilweise Abschichtungen des Streitstoffs für den Streitwert nicht mehr relevant. Solche Veränderungen wirken sich allenfalls auf die für die Rechtsanwaltsgebühren maßgeblichen Gegenstandswerte aus. Insoweit ist im Rahmen der gerichtlichen Wertfestsetzung nach § 63 GKG - die die Gerichtskostenfestsetzung betrifft - vom Gericht keine differenzierte Wertfestsetzung vorzunehmen ( OLG Schleswig, Beschluss vom 07.03.2022 - 3 W 3/22 -, NJW-RR 2022, 931 Rn. 12 m.w.N.).

    Soweit die Klägerin mit ihrer teilweisen Erledigungserklärung einen weiteren konkreten Zahlungsantrag in Höhe von 3.975,56 € gestellt hat, lag darin eine werterhöhende Klagerweiterung auf Basis weiterer fällig gewordener Mietforderungen.

    Ob diese Addition nur stattfindet, soweit die Streitgegenstände gleichzeitig nebeneinander geltend gemacht werden, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten (offen gelassen in OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.06.2016 - 4 W 42/16 -, BeckRS 2016, 104047).

    1. Nach einer Auffassung sind die Werte nur zu addieren, soweit verschiedene Streitgegenstände gleichzeitig geltend gemacht worden sind, nicht dagegen, soweit sie nacheinander geltend gemacht wurden ( OLG Dresden, Beschluss vom 29.12.2006 - 5 W 1517/06 -, BeckRS 2007, 5149;  OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.03.2009 - 3 W 3/09 -, NJW-RR 2009, 1078  [OLG Karlsruhe 09.02.2009 - 17 W 46/08]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.08.2010 - 24 W 9/10 -, BeckRS 2010, 22837;  OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.09.2010 - 8 W 1685/10 -, BeckRS 2010, 25149; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.12.2011 - 4 W 74/11 -, NJOZ 2012, 1171; OLG Schleswig, Beschluss vom 28.02.2012 - 17 W 1/12 -, SchlHA 2012, 351; Greger, in: Zöller, ZPO, 34. Auflage, 2022, § 263 Rn. 32).

    Die Entstehungsgeschichte des § 39 GKG spreche dafür, dass nur etwas gleichzeitig Vorhandenes zusammengerechnet werden könne. Vor dieser Vorschrift habe sich die Zusammenrechnung aus der Verweisung in § 12 Abs. 1 GKG aF auf § 5 Hs. 1 ZPO ergeben. Mit der Einstellung in § 39 Abs. 1 GKG habe die Regelung für alle Gerichtsbarkeiten Geltung erlangen sollen (BT-Drucks. 15/1971, S. 154). Inhaltlich sei aber keine Änderung beabsichtigt gewesen. Die in § 5 Hs. 1 ZPO vorausgesetzte Gleichzeitigkeit (Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO, 19. Auflage, 2022, § 5 Rn. 5) müsse also auch im Rahmen des § 39 Abs. 1 GKG gelten. Der Gesetzgeber habe insoweit nicht zwischen Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert differenzieren wollen. Eine Streitwertänderung im laufenden Verfahren sei möglich und müsse zu einer zeitlich gestaffelten Streitwertbestimmung führen. Außerdem sei für die Gebührenwertbemessung das sachliche Interesse der Parteien maßgeblich, das bei einer Auswechslung des Streitgegenstands nur auf eine Bescheidung des zuletzt gestellten Antrags gerichtet sei. Das Argument nicht vergüteter Arbeit sei nicht tragfähig, denn § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG sehe eine Werterhöhung durch einen Hilfsantrag auch nur dann vor, wenn über diesen entschieden wurde, obwohl Anwaltschaft und Gericht ihre Tätigkeit nicht auf den Hauptantrag beschränkten.

    2. Nach der Gegenansicht sind die Werte wirtschaftlich nicht identischer Streitgegenstände zur Bestimmung des Gebührenstreitwerts auch dann zusammenzurechnen, wenn sie lediglich nacheinander und nicht gleichzeitig nebeneinander geltend gemacht werden (OLG München, Beschluss vom 13.12.2016 - 15 U 1407/16 -, NJW-RR 2017, 700  [OLG München 13.12.2016 - 15 U 2407/16];  OLG Schleswig, Beschluss vom 07.03.2022 - 3 W 3/22 -, NJW-RR 2022, 931 Rn. 12;  OLG Rostock, Beschluss vom 08.01.2020 - 4 W 25/19 -, NJOZ 2021, 1310;  OLG Celle, Beschluss vom 20.05.2008 - 2 W 108/08 -, NJOZ 2008, 2277;  OLG Koblenz, Beschluss vom 28.12.2005 - 5 W 829/05 -, BeckRS 2006, 529;  OLG Hamm, Beschluss vom 12.05.2005 - 24 U 7/05 -, NJOZ 2005, 3149;  OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.11.2019 - 7 OA 35/19 -, NVwZ-RR 2020, 567; LAG Sachsen, Beschluss vom 21.10.2016 - 4 Ta 168/16 -, BeckRS 2016, 73950;  LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2014 - 5 Ta 125/14 -, BeckRS 2014, 73563; Schneider, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage, 2021, § 39 GKG Rn. 16; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Auflage, 2021, § 39 GKG Rn. 2; Schindler, in: BeckOK Kostenrecht, 39. Edition, 01.10.2022, § 39 GKG Rn. 26 f.; Elzer, in: Toussaint, Kostenrecht, 52. Auflage, 2022, § 39 GKG Rn. 12).

    Der Wortlaut des § 39 Abs. 1 GKG enthalte den Grundsatz der Streitwertaddition innerhalb eines Verfahrens und Rechtszugs. Anders als für Hilfsansprüche und Hilfsaufrechnungen (§ 45 GKG) fehle eine Ausnahmevorschrift für Fälle der Klageänderung. Ein gesetzgeberischer Wille, wonach § 39 Abs. 1 GKG wie § 5 Hs. 1 ZPO auszulegen sei, habe im Gesetz keinen Ausdruck gefunden. Eher sei der Wortlaut des GKG (in "demselben Verfahren") weiter als der in der ZPO ("in einer Klage geltend gemachte Ansprüche"). Bei der Frage der Zuständigkeit (§ 5 ZPO) sei es sinnvoll, auf die Gleichzeitigkeit abzustellen, weil nicht mehr anhängige Ansprüche keine Verweisung erforderten. Dagegen spreche im Rahmen des Gebührenstreitwerts für eine Wertaddition die in der Regel anfallende Mehrarbeit, die unabhängig davon sei, ob die Ansprüche gleichzeitig oder nacheinander geltend gemacht werden. Der gleiche Gedanke gelte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( Beschluss vom 19.10.2006 - V ZB 91/06 -, NJW 2007, 769 Rn. 17) bei der Mehrvertretungsgebühr des Anwalts gemäß Nr. 1008 RVG VV. Wie der Rechtsanwalt (§ 22 Abs. 1 RVG) müsse auch das Gericht nicht unentgeltlich einzelne Streitgegenstände bearbeiten, nur weil deren Verfolgung später wieder aufgegeben wird. Ein Umkehrschluss aus Nr. 1211 GKG KV zeige, dass eine - auch teilweise - Reduzierung der Klageforderung den nach § 40 GKG mit Anhängigkeit entstandenen Streitwert nicht vermindere. Zudem sei der Streitwert konsequenterweise so zu bemessen, wie es auch Grundlage der Kostenverteilung sei, wenn die Klage zurückgenommen oder durch Klageänderung ausgetauscht werde.

    3. Der Senat schließt sich der zuletzt dargestellten Meinung an. Eine Zusammenrechnung gemäß § 39 Abs. 1 GKG setzt nicht voraus[..], dass die Streitgegenstände gleichzeitig geltend gemacht werden.

    a) Die Vorschrift ordnet nach ihrem Wortlaut die Zusammenrechnung der Werte aller Streitgegenstände in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug an. Eine Begrenzung auf gleichzeitig anhängige Ansprüche findet im Wortlaut keine Stütze. Eine Ausnahmevorschrift wie § 45 GKG fehlt hierfür. Die Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 154) zeigt zwar, dass der Gesetzgeber den Grundsatz der Zusammenrechnung für alle Gerichtsbarkeiten verankern wollte, nicht aber, dass er diesen im Einzelnen so verstanden haben wollte, wie es zuvor durch die Anknüpfung an den Zuständigkeitsstreitwert des § 5 ZPO vorgegeben war. Gegenüber dieser Vorschrift ist der Wortlaut des § 39 Abs. 1 GKG weiter und die Einführung einer eigenen Vorschrift für den Gebührenstreitwert, die gegenüber der allgemeinen Verweisung in § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG vorrangig ist, ermöglicht ebenfalls ein von der früheren Auffassung abweichendes Verständnis, auch wenn es in der Gesetzbegründung keine Anhaltspunkte für einen positiven Willen des Gesetzgebers dahingehend gibt.

    Dem Gebührenstreitwert kommt eine andere Funktion zu als dem Zuständigkeitsstreitwert. Für die Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts (§ 5 ZPO) wäre es sinnwidrig, früher anhängige, dann aber nicht mehr geltend gemachte Ansprüche einer Verweisung vom Amtsgericht an das Landgericht zu Grunde zu legen.

    Der Gebührenstreitwert dagegen dient der Bemessung der wertabhängigen Gerichtsgebühren, die sich durch Klagerücknahme, übereinstimmende Erledigterklärung oder andere unstreitige Erledigungen zwar vermindern lassen, dies jedoch nicht auf der Ebene des Streitwerts, sondern des Gebührensatzes (vgl. Nr. 1211 GKG KV). Die Rücknahme einer Klage senkt den Streitwert nicht auf Null, sondern belässt ihn unverändert. Ebenso bleibt es bei dem ursprünglichen Streitwert, wenn die Klage nur teilweise zurückgenommen wird. Eine zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzung hat für die Gerichtsgebühren nicht zu erfolgen, denn die Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG dient lediglich der Bemessung der Gerichtsgebühren. Die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 1210 GKG KV) ist aber bereits nach dem Streitwert im Zeitpunkt der Anhängigkeit (§ 40 GKG) angefallen. Die Terminsgebühr des Rechtsanwalts kann sich zwar nach einem niedrigeren Wert zum Zeitpunkt des Termins richten. Dann liegt ein Fall des § 33 Abs. 1 Var. 1 RVG vor, nicht jedoch eine Änderung des Streitwerts für die Gerichtsgebühren.

    b) Auch systematische Gründe sprechen gegen die Voraussetzung, dass nur bei gleichzeitiger Geltendmachung eine Addition erfolgen kann. Die Vorschrift des § 39 GKG ist vorrangig gegenüber § 48 Abs. 1 Satz GKG, so dass § 5 Hs. 1 ZPO gerade keine Anwendung (mehr) findet. Eine Vorschrift, die die Zusammenrechnung wie § 45 GKG von besonderen Voraussetzungen abhängig macht, fehlt.

    c) Die historische Auslegung liefert keinen klaren Anhaltspunkt für einen im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers und steht einer Anwendung auf nacheinander anhängige Streitgegenstände nicht entgegen.

    d) Die teleologische Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift schließlich spricht ebenfalls dafür, § 39 Abs. 1 GKG auch auf nacheinander anhängige Ansprüche anzuwenden, denn anders als bei der Frage der sachlichen Zuständigkeit, die in § 5 ZPO geregelt ist, gibt es bei der Bemessung der Gerichtsgebühren anhand der anhängig gewordenen Streitgegenstände (§§ 40, 47 GKG) keinen Grund, die Zusammenrechnung auf gleichzeitig geltend gemachte Ansprüche zu beschränken. Dass der Gesetzgeber bei der Schaffung von § 5 ZPO zugleich das Kostenrecht in den Blick genommen hatte, kann nicht angenommen werden. Vor allem aber gibt es keinen sachlichen Grund für die mit der eine Gleichzeitigkeit fordernden Ansicht einhergehende massive kostenrechtliche Bevorzugung desjenigen, der statt zweier selbstständiger Klagen zu erheben, in ein Verfahren nacheinander mehrere Streitgegenstände einführt. Selbst bei Addition der Werte verbleibt ihm aufgrund der Gebührendegression noch ein Kostenvorteil.

    Eine Kostenentscheidung ist wegen § 68 Abs. 3 GKG nicht veranlasst.

    RechtsgebietStreitwertVorschriften§ 39 Abs. 1 GKG; § 40 GKG