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  • 06.05.2021 · IWW-Abrufnummer 222226

    Oberlandesgericht Oldenburg: Beschluss vom 09.12.2020 – 6 W 68/20

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Oldenburg

    Beschluss vom 09.12.2020


    Tenor:

    1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Oldenburg vom 14.9.2020 (17 O 759/20) wird zurückgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

    Gründe

    I.

    Die Parteien stritten um Ansprüche auf Rückzahlung einer Mietkaution aus einem Mietvertrag für Kontore, gewerbliche Räume und Grundstücke. Nachdem die Hauptforderung vollständig bezahlt wurde, hat das LG Oldenburg mit Beschluss vom 25.6.2020 festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist und die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegt.

    Der Beschluss ist dem Klägervertreter am 6.7.2020 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 6.7.2020, der als elektronisches Dokument am 7.7.2020 bei dem LG Oldenburg eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt. Der Schriftsatz ist nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen gewesen. Nach dem Transfervermerk ist der Schriftsatz aus einem besonderen elektronischen Postfach (beA) eingereicht worden. Ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis (im Folgenden: VHN) ist nicht festzustellen gewesen.

    Der Klägervertreter ist deshalb mit Schreiben des LG Oldenburg vom 20.8.2020 darauf hingewiesen worden, dass ein elektronisches Dokument nach § 130 a Abs. 3 ZPO entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person zu versehen sei oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden müsse. Zwar sei der Kostenfestsetzungsantrag auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht; es fehle jedoch der vertrauenswürdige Herkunftsnachweis, welcher belege, dass die verantwortende Person selbst das elektronische Dokument eingereicht habe. Zur Nachholung der ordnungsgemäßen Übermittlung wurde eine Nachfrist von 2 Wochen gesetzt. Mit einfach signiertem Schriftsatz vom 4.9.2020, am gleichen Tag - erneut ohne VHN - elektronisch übermittelt an das Gericht, teilte der Klägervertreter mit, er habe den Kostenfestsetzungsantrag vom 6.7.2020 selbst unterzeichnet und per beA eingereicht; eine elektronische Signatur sei nicht erforderlich.

    Mit Beschluss vom 14.9.2020 hat das Landgericht den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin wegen Formmangels zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach § 130 a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 Nr. 2 ZPO ein elektronisches Dokument mit einer einfachen Signatur nur durch die verantwortende Person selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg formwirksam eingereicht werden könne. Die Einhaltung der entsprechenden Form sei aus dem vormals genutzten Transfervermerk bzw. dem aktuell zu nutzenden Prüfvermerk zu dem elektronischen Eingang durch den VHN ersichtlich. Im vorliegenden Transfervermerk bzw. im Prüfvermerk fehle der VHN jedoch. Dadurch stehe fest, dass der Klägervertreter die Übermittlung nicht - wie erforderlich - selbst durch Nutzung seiner eigenen Signaturkarte vorgenommen habe. Zwar könne der Mangel geheilt werden, indem das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen wird; auch das sei aber nicht der Fall gewesen. Eine Heilung durch formwirksame Einreichung des Kostenfestsetzungsantrags sei innerhalb der gesetzten Frist nicht erfolgt.

    Der Beschluss wurde dem Klägervertreter am 12.10.2020 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 23.10.2020 - elektronisch übermittelt an das Gericht am gleichen Tag - hat der Klägervertreter sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.9.2020 eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe den Kostenfestsetzungsantrag eigenhändig unterzeichnet und eingescannt; der Beschluss sei per beA von seinem Postfach, allerdings nicht mit seiner Signaturkarte, sondern mit derjenigen seiner Mitarbeiterin übermittelt worden. Dem Formerfordernis des § 130 a Abs. 3 ZPO sei damit Genüge getan.

    Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 24.11.2020 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde vorgelegt.

    II.

    1) Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss vom 14.9.2020 ist unbegründet. Das Landgericht hat den Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin wegen Formmangels zu Recht zurückgewiesen.

    Der Kostenfestsetzungsantrag i.S.d. §§ 103 ff. ZPO kann nach § 130 a Abs. 1 ZPO auch als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden, wenn es für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist (§ 130 a Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Anforderungen an die Signatur und den Übermittlungsweg ergeben sich aus § 130 a Abs. 3 und 4 ZPO. In der auf der Grundlage des § 130 a Abs. 2 S. 2 ZPO ergangenen und zum 1.1.2018 in Kraft getretenen ERVV sind die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen geregelt. Das elektronische Dokument muss mit einer qeS der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130 a Abs. 3, 4 ZPO).

    a) Eine qualifizierte elektronische Signatur lag hier nicht vor.

    b) Auf die qeS kann verzichtet werden, wenn ein sicherer Übermittlungsweg gewählt wird. Die sicheren Übermittlungswege sind in § 130 a Abs. 4 ZPO definiert. Dazu zählt nach § 130 a Abs. 4 Nr. 2 ZPO der Übermittlungsweg zwischen dem beA oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts. Der Kostenfestsetzungsantrag wurde von dem Klägervertreter einfach signiert. Die Übermittlung erfolgte per beA; sie wurde jedoch nicht durch den Klägervertreter selbst, sondern durch dessen Mitarbeiterin vorgenommen.

    (1) Ob das ordnungsgemäße Einreichen eines elektronischen Dokuments ohne qeS voraussetzt, dass derjenige, der das elektronische Dokument signiert hat, mit dem tatsächlichen Versender aus dem beA übereinstimmt, ist umstritten. Die h. M. bejaht dies (BAG, Beschl. vom 5.6.2020, 10 AZN 53/20, NJW 2020 2351 ff.; OLG Braunschweig, Beschl. v. 8.4.2019, 11 U 146/18, NJW 2019, 2176 [BGH 11.04.2019 - I ZR 205/18]; ArbG Lübeck Verfügung v. 19.6.2019 - 6 Ca 679/19, BeckRS 2019, 16942; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 130 a Rn. 11; Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 130 a Rn. 6; Bacher NJW 2015, 2753, 2754; Leuering NJW 2019, 2739, 2741 f.; Müller FA 2019, 170, 171; ders. NZA 2019, 1682, 1683; ders. NZS 2018, 207, 209; ders. JuS 2018, 1193; Poguntke/v. Villiez NZA 2019, 1097, 1098; Ulrich/Schmieder NJW 2019, 113, 114; Zedler MDR 2015, 1163, 1164; wohl auch Radke jM 2019, 272, 276; differenzierend nach Voraussetzungen und Auswirkungen Preuß ZZP 129 [2016] 421, 428; dagegen Schmieder/Liedy NJW 2018, 1640; Lapp jurisPR-ITR 17/2019 Anm. 3 zu C und D; offengelassen von jurisPK-Internetrecht/Bernhardt/Leeb, 6. Aufl., Kap. 6 Rn. 280.1).

    (2) Der h.M. ist zuzustimmen. Ein elektronisches Dokument, das aus einem beA versandt wird und nicht mit einer qeS versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt.

    (a) Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 130 a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO nicht eindeutig entnehmen, wer das elektronische Dokument auf dem sicheren Übermittlungsweg versandt haben muss. Soweit das OLG Braunschweig das Wort "und" hervorhebt und daraus ableitet, dass die verantwortende Person eine zweiaktige Handlung vornehmen muss, die aus Signatur und Einreichung besteht, folgt dieser Schluss nicht zwingend aus dem Normtext (OLG Braunschweig, Beschl. v. 8.4.2019, 11 U 146/18, NJW 2019, 2176 [BGH 11.04.2019 - I ZR 205/18]). Die Wendung "von der verantwortenden Person" kann sich nur auf das ihr folgende "signiert" beziehen, in gleicher Weise aber auch auf die im letzten Satzteil enthaltene Formulierung "auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden". Ebenso wenig ergibt sich aus § 130 a Abs. 4 Nr. 2 ZPO, wer ein elektronisches Dokument versenden muss (BAG, Beschl. vom 5.6.2020, 10 AZN 53/20, NJW 2020 2351 ff.).

    (b) Eine einschränkende Auslegung dahin, dass ein sicherer Übermittlungsweg nach § 130 a Abs. 4 Nr. 2 ZPO nur gegeben ist, wenn die verantwortende Person den Schriftsatz selbst versendet, ist jedoch mit Blick auf die Systematik sowie auf den Sinn und Zweck der Vorschrift geboten.

    In systematischer Hinsicht steht der sichere Übermittlungsweg bei einer Signatur durch die verantwortende Person gleichrangig neben der qeS (Müller NZA 2019, 1682, 1683). Die qualifizierte elektronische Signatur tritt ihrerseits an die Stelle der eigenhändigen Unterschrift iSd § 130 Nr. 6 ZPO. Neben den sonstigen Funktionen der Unterschrift soll sie auch gewährleisten, dass das elektronische Dokument nicht spurenlos manipuliert werden kann (Perpetuierungs- oder Integritätsfunktion, vgl. BT-Drs. 14/4987, 24; BGH, Beschl. v. 14. 5. 2013 - VI ZB 7/13, NJW 2013, 2034 Rn. 9 mwN). Diese Funktionen sollen auch bei einer einfachen Signatur und einem sicheren Übermittlungsweg garantiert werden. Zum Ausdruck kommt dieser Aspekt in den sonstigen bundeseinheitlichen Übermittlungswegen nach § 130 a Abs. 4 Nr. 4 ZPO. Sie sind nur dann als sichere Übermittlungswege anzusehen, wenn die Authentizität und Integrität der Daten gewährleistet sind. Der Gleichrang von qeS und sicherem Übermittlungsweg bei einfacher Signatur ergibt sich auch aus der Entwurfsbegründung. Auf Seite 25 heißt es dort, dass die das Dokument verantwortende Person das elektronische Dokument mit einer qeS nach dem Signaturgesetz versehen oder einen sicheren Übermittlungsweg nutzen muss (BT-Drs. 17/12634, 25). Beide Pflichten richten sich an die verantwortende Person (BAG, Beschl. vom 5.6.2020, 10 AZN 53/20, NJW 2020 2351 ff.).

    Diese systematischen Erwägungen werden von Sinn und Zweck gestützt, die mit der Neuregelung verfolgt werden. Mit der Änderung des § 130 a ZPO wollte der Gesetzgeber keine Abkehr vom bisher geltenden Recht vornehmen, sondern es ergänzen. Nach der Entwurfsbegründung sollte mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten auf die hinter den Erwartungen zurückgebliebene Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs reagiert werden. Als Grund für das fehlende Nutzervertrauen wurde die mangelnde Akzeptanz der qeS ausgemacht. Abhilfe sollte eine anwenderfreundliche Kommunikation schaffen, die Zugangshürden für die elektronische Kommunikation mit der Justiz bedeutend senkt und das Nutzervertrauen stärkt (BT-Drs. 17/12634, 1, 20). Die Nutzung der qeS sollte weiterhin möglich sein, um der Form zu genügen. Sie sollte aber nicht mehr zwingend erforderlich sein, wenn das elektronische Dokument stattdessen einfach signiert und auf einem sicheren Kommunikationsweg an die Justiz übermittelt wird. Dem Gesetzgeber ging es insbesondere darum, auch mit der Einführung zusätzlicher Kommunikationsmöglichkeiten weiterhin die Authentizität des übermittelten Dokuments zu gewährleisten. Das findet sich in der Entwurfsbegründung wieder, wenn auf Seite 20 angeführt ist, dass eine Kommunikation per EGVP bei Versendung aus einem beA oder einem Postfach mit vergleichbarem Authentizitätsgrad als sicher angesehen werden kann (BT-Drs. 17/12634, 20).

    Daran wird deutlich, dass ein abschließender Akt, mit dem die Verantwortung übernommen wird, auch dann erforderlich ist, wenn ein lediglich einfach signiertes elektronisches Dokument übermittelt wird (BAG, Beschl. vom 5.6.2020, 10 AZN 53/20, NJW 2020 2351 ff.; OLG Braunschweig, a.a.O.).

    Bei einem beA nach § 31 a BRAO ist die Identität des Absenders technisch abgesichert. Die Bundesrechtsanwaltskammer richtet für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein beA empfangsbereit ein. Neueintragungen nehmen die Rechtsanwaltskammern nach §31 Abs. 1 S. 5 BRAO nur vor, nachdem ein Identifizierungsverfahren durchgeführt worden ist (Müller FA 2019, 170, 171). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass weitere Zugangsberechtigungen zum Postfach möglich sind (§ 31 a Abs. 3 S. 3 BRAO, § 23 der VO über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer vom 23.9.2016 - Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung - RAVPV, BGBl. 2016 I 2167, idF des Gesetzes zur Neuregelung der notwendigen Verteidigung v. 10.12.2019, BGBl. 2019 I 2128). Nach § 23 Abs. 3 S. 5 RAVPV kann das Recht, nicht-qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, zwar nicht auf andere Personen übertragen werden. Die Versendung durch andere Personen ist jedoch technisch möglich.

    Echtheit und Integrität des Dokuments können deshalb nur gewährleistet werden, wenn es entweder mit einer qeS versehen ist oder von der verantwortenden Person selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg bei der Justiz eingereicht worden ist. Nach dem Vorstehenden kann als Absender nur der tatsächliche Versender und nicht der Postfachinhaber gemeint sein (vgl. Schmieder/Liedy NJW 2018, 1640, 1642).

    (3) Damit ist für einen sicheren Übermittlungsweg iSv § 130 a Abs.4 Nr. 2 ZPO erforderlich, dass die verantwortende Person das elektronische Dokument selbst versendet. Wird das beA durch eine andere Person als den Postfachinhaber - zum Beispiel das Sekretariat eines Rechtsanwalts - verwendet, liegt kein sicherer Übermittlungsweg vor, so dass die qeS unverzichtbar ist (BAG, Beschl. vom 5.6.2020, 10 AZN 53/20, NJW 2020 2351 ff.). Der Einwand des Klägers, dass vor der Einführung des beA der postalische Versand auch von Mitarbeitern durchgeführt wurde, verfängt nicht: Postalisch versandte schriftliche Dokumente sind ersichtlich nicht als elektronisches Dokument i.S.v. §130 a ZPO einzuordnen. Gerade weil letztere elektronisch leicht änderbar sind, wurden als Absicherung die Regelungen zur qualifizierten Signatur bzw. der Einreichung über einem sicheren Übermittlungsweg eingeführt (BGH, Beschl. v. 14.10.2014 - XI ZB 13/13, NJW-RR 2015, 624 Rn. 13, beck-online).

    (4) Die von den Gerichten von Amts wegen vorzunehmende Prüfung, ob ein Rechtsmittel oder Antrag formgerecht eingereicht wurde, kann bei einem elektronisch übermittelten Dokument, das nicht mit einer qeS versehen ist, nur anhand des VHN vorgenommen werden.

    (a) Die Postfächer des beA besitzen eine eindeutige SAFE-ID, die stets mit DE.BRAK beginnt. Die DE.BRAK-SAFE-ID allein genügt jedoch nicht als Beleg dafür, dass das beA auch als sicherer Übermittlungsweg iSd § 130 a Abs. 4 Nr. 2 ZPO verwendet wurde. Unabhängig davon, ob der Rechtsanwalt selbst oder ein Mitarbeiter gesendet hat, wird immer die SAFE-ID des Anwalts im Transfervermerk und im Prüfprotokoll der eingehenden Nachricht angezeigt. Die aufgrund des Mitarbeiterzertifikats in der beA-Verwaltung sichtbare SAFE-ID des Mitarbeiters tritt nach außen dagegen nicht in Erscheinung (Müller FA 2019, 170, 171).

    (b) Ob die Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg erfolgt ist, kann nur anhand eines VHN geprüft werden (Müller NZS 2018, 207, 209). Beim VHN handelt es sich technisch um einen speziellen OSCI-Header und eine bestimmte fortgeschrittene, prüfbare Signatur am äußeren Umschlag der EGVP-Nachricht. Sichtbar ist der VHN im EGVP-Transfervermerk und im EGVP-Prüfprotokoll. Dort wird der VHN - wenn ein solcher vorhanden ist - in der Zeile "Informationen zum Übermittlungsweg" dargestellt. Der VHN dient dem Nachweis, dass eine Nachricht aus einem bestimmten Postfach (beBPo, beA, beN, EGVP-Postfach einer Justizbehörde) versandt wurde. Dieser Nachweis wird nur an einer Nachricht angebracht, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Das Versandpostfach muss nach Authentifizierung und Identifizierung des Postfachinhabers in einem bestimmten sicheren Verzeichnisdienst geführt werden. Der Postfachinhaber muss zu dem Zeitpunkt, in dem die Nachricht erstellt wird, sicher an dem Postfach angemeldet sein (BAG, Beschl. vom 5.6.2020, 10 AZN 53/20, NJW 2020 2351 ff.).

    Übermittelt der Inhaber des beA selbst, wird in der ersten Zeile des ersten Schriftfelds unter "Angaben zur Nachricht" der Hinweis "sicherer Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach" angebracht (vgl. zu dem Screenshot eines entsprechenden Transfervermerks BAG Beschl. v. 5.6.2020 - 10 AZN 53/20, BeckRS 2020, 13297 Rn. 28, beck-online).

    Übermittelt - wie hier - eine dritte Person, die nicht Inhaber des beA ist, fehlt in dem ersten Schriftfeld über der Zeile "Eingang auf dem Server" die Zeile zu den "Informationen zum Übermittlungsweg" (vgl. zu dem Screenshot eines entsprechenden Transfervermerks BAG Beschl. v. 5.6.2020 - 10 AZN 53/20, BeckRS 2020, 13297 Rn. 28, beck-online sowie Bl. 45 d.A.).

    (c) Das gegen die Nutzung des VHN geltend gemachte Argument, eine gesetzliche Grundlage fehle, überzeugt nicht.

    Bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung, ob ein Antrag formwirksam eingereicht wurde, sind die Regeln des Freibeweises anwendbar. Hierzu muss das Gericht auf den Transfervermerk und gegebenenfalls ergänzend auf das Prüfprotokoll und den Prüfvermerk zurückgreifen. Dabei handelt es sich um Bestandteile der Akte nach § 298 Abs. 2 ZPO. Das empfangende Gericht macht auf diese Weise aktenkundig, dass ein elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt wurde.

    Mit Blick darauf, dass das beA nach § 31 a Abs. 3 S. 3 BRAO, § 23 RAVPV weitere Zugangsberechtigungen zum Postfach ermöglicht, muss das empfangende Gericht mithilfe der technischen Möglichkeiten prüfen, ob der Inhaber des Postfachs selbst oder eine dritte Person das elektronische Dokument übermittelt hat. Nach § 20 Abs.3 RAVPV hat die Bundesrechtsanwaltskammer zu gewährleisten, dass für den Empfänger feststellbar ist, dass die Nachricht von dem Rechtsanwalt selbst versandt wurde, wenn nicht-qualifiziert signierte elektronische Dokumente durch einen Rechtsanwalt auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt werden. Dazu dient der im System angelegte VHN (BAG, Beschl. v. 5.6.2020, NJW 2020, 2351 [BAG 05.06.2020 - 10 AZN 53/20] Rn. 14-32, beck-online).

    Weil der Kostenfestsetzungsantrag - auch auf gerichtlichen Hinweis - weder mit einer qeS versehen noch vom Klägervertreter einfach signiert durch diesen per beA übersandt wurde, leidet er - wie das Landgericht richtig angenommen hat - an einem Formfehler. Das Landgericht hat den Kostenfestsetzungsantrag daher zutreffend zurückgewiesen.

    2) Die Klägerin hat die nicht ermäßigte Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO i.V.m. Nr. 1812 KV GVG). Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

    RechtsgebietElektronischer RechtsverkehrVorschriften§§ 103 ff., § 130a ZPO