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  • 23.07.2020 · IWW-Abrufnummer 216969

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 04.05.2020 – 1 Ta 59/20

    Wird im Fall einer (voreiligen) Zeugnisklage ohne vorherige außergerichtliche Geltendmachung das Zeugnis nicht zeitnah erteilt, kann für die - anschließende - weitere Rechtsverfolgung PKH zu bewilligen sein


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 09.03.2020 (5 Ca 2406/19) dahingehend abgeändert, dass der Klägerin für den Klageantrag zu 3) ab dem 10.01.2020 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H aus F zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalts gewährt wird.



    Gründe



    I.



    Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 78 Satz 1 ArbGG zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.



    Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Klageantrag zu 3) waren ab dem 10.01.2020 gegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Klageantrag die gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 a Abs. 1 ArbGG erforderliche Erfolgsaussicht.



    1. Allerdings ist das Arbeitsgericht Siegburg in dem angefochtenen Beschluss im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass die Erhebung einer Zeugnisklage regelmäßig mutwillig i. S. v. § 114 Abs. 2 ZPO ist, wenn ein Zwischenzeugnis nicht zuvor außergerichtlich unter Fristsetzung erbeten worden war (LAG Köln 03.04.2019 - 9 Ta 10/19 - NZA-RR 2019, 382, Rn. 10; LAG Hamm 03.06.2019 - 5 Ta 195/19 - juris, Rn. 17). An einer solchen außergerichtlichen Geltendmachung des Zwischenzeugnisses fehlt es vorliegend.



    2.



    a) Erfolgsaussicht kann sich aber in besonderen Fällen nachträglich gleichwohl ergeben, wenn der Arbeitgeber trotz (voreiliger) Klageerhebung das Zeugnis nicht zeitnah erteilt und damit durch sein Verhalten deutlich werden lässt, dass eine außergerichtliche Geltendmachung erfolglos gewesen wäre (OLG Brandenburg v. 18.04.2018 - 13 WF 68/18 - juris, Rn. 2; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 114 Rn. 45).



    b) Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die beklagte Arbeitgeberin nicht durch außergerichtliches Schreiben, sondern mittels Klageschrift aufgefordert hat, das Zwischenzeugnis binnen drei Wochen nach Zustellung der Klage zu übersenden. Bleibt eine solche Aufforderung ohne Erfolg, kann für die anschließende weitere Rechtsverfolgung PKH zu bewilligen sein (Korinth, ArbRB 2020, 92 (94)). Denn der Fall ist vergleichbar der Situation bei einer vergeblichen außergerichtlichen Aufforderung und nachträglicher Klageerweiterung um einen Zeugnisantrag.



    c) Die Voraussetzungen des Ausnahmefalls sind vorliegend erfüllt.



    Den im Falle eines Rechtsstreits über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Anspruch eines Arbeitnehmers auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses (BAG 04.11.2015 - 7 AZR 933/13 - NZA 2016, 547, Rn. 39) hat die Beklagte trotz Aufforderung und Fristsetzung zunächst nicht erfüllt. Erst im Laufe der Vergleichsverhandlungen wurde - wie die Beklagte mit Schreiben vom 17.03.2020 selbst einräumt - der Zeugnisanspruch erfüllt. Bei dieser Sachlage war die gerichtliche Geltendmachung eines Zwischenzeugnisses nach Fristablauf jedenfalls ab dem 10.01.2020 nicht mehr mutwillig, sondern für die Geltendmachung des Anspruchs aufgrund der Untätigkeit der Beklagten erforderlich.



    3. Die eingeschränkte Beiordnung rechtfertigt sich aufgrund der Regelung in § 121 Abs. 3 ZPO.



    II.



    Der Beschluss ist unanfechtbar.

    Vorschriften§§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 78 Satz 1 ArbGG, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 11 a Abs. 1 ArbGG, § 114 Abs. 2 ZPO, § 121 Abs. 3 ZPO