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  • 16.01.2020 · IWW-Abrufnummer 213626

    Landgericht Landshut: Beschluss vom 19.12.2019 – 32 T 3724/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Landshut
        
    Az.:     32 T 3724/19
    M 2611/19 AG Freising

    In Sachen

    xxx

    wegen Kostenfestsetzung
    hier: Kostenfestsetzungsbeschwerde

    erlässt das Landgericht Landshut - 3. Zivilkammer - durch den Richter am Landgericht - als Einzelrichter am 19.12.2019 folgenden

    Beschluss

    I. Auf die Beschwerde der Gläubigerin werden die von dem Schuldner an die Gläubigerin gemäß § 788 ZPO aufgrund der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Passau vom 29.12.2011 (Az.: 4 O 851/11) sowie aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Passau vom 30.01.2012 (Az.: 4 O 851/11) zu erstattenden notwendigen Kosten der bisherigen Vollstreckungsmaßnahmen und der Kosten der Zustellung in entsprechender Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Freising vom 14.10.2019 auf 1.153,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.08.2019 festgesetzt.

    II. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

    III. Der Beschwerdewert wird auf die Gebührenstufe bis 1.500,-- EUR festgesetzt.

    IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen aus dem im Tenor bezeichneten Versäumnisurteil und Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Passau.

    Der Gläubigervertreter hat in den Jahren 2013 bis 2019 alle zwei Jahre Einwohnermeldeauskünfte und Bonitätsauskünfte betreffend den Schuldner erholt. Die Bonitätsauskünfte ergaben regelmäßig, dass eine Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen erscheint.

    Die Gläubigerin hat beim Amtsgericht Freising Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO beantragt. Das Amtsgericht Freising hat Kosten in Höhe von 38,30 EUR festgesetzt. Es handelt sich dabei um die Kosten der Auskunftsfirmen, Kosten für die Einwohnermeldeamtsanfragen sowie Zustellkosten. Nicht festgesetzt hat das Amtsgericht Freising die Gebühren des Gläubigervertreters für die Einholung der Auskünfte bei Meldeämter und der Creditreform. Für diese Tätigkeiten ihres Rechtsanwalts hat die Gläubigerin die Festsetzung von 4 x einer 0,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG beantragt, und zwar 256,40 EUR gemäß Rechnung aus  dem Jahr 2013, 278,90 EUR gemäß Rechnung aus 2015, 278,90 EUR gemäß Rechnung aus 2017 sowie 301,40 EUR gemäß Rechnung aus 2019. Die Rechtspflegerin erachtet die Anwaltsgebühren nicht für festsetzungsfähig. Anwaltsgebühren nach Nr. 3309 VV RVG seien nicht angefallen. Es handle sich um geringfügige Tätigkeiten, die keine Gebühren auslösen.

    Gegen diesen formlos hinausgegebenen Beschluss hat die Gläubigerin mit am 18.11.2019 zugegangenem Schreiben sofortige Beschwerde eingelegt. Sie verfolgt die Festsetzung der angemeldeten Gebühren in voller Höhe (insgesamt: 1.150,40 EUR zuzüglich Zustellkosten) weiter. Sie ist der Auffassung, die Gebühren seien bereits mit der Beauftragung des Rechtsanwalts im Vollstreckungsverfahren angefallen.

    Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Sie ist der Ansicht, die Erholung von Kreditauskünften und Einwohnermeldeamtsauskünften stelle eine nicht festsetzungsfähige vorbereitende Tätigkeit dar. Eine Festsetzung könne erst dann erfolgen, wenn eine Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt worden ist.

    Das Beschwerdegericht - Einzelrichter - hat am 25.11.2019 einen Hinweis dahingehend erteilt, dass die Beschwerde Erfolg haben könnte. Des Weiteren wurden die Vollstreckungsunterlagen angefordert und eingesehen.

    Der Schuldner hat innerhalb der ihm eingeräumten Stellungnahmefrist keine Erklärung abgegeben.

    II.

    Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Festsetzung der Verfahrensgebühren ist statthaft und zulässig. Die sofortige Beschwerde wurde fristgerecht eingelegt und der Beschwerdewert ist erreicht (§§ 788 Absatz 1, 100 Absatz 4, 567 ff. ZPO).

    In der Sache hat die Beschwerde Erfolg.
    Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den gerichtlichen Hinweis vom 25.11.2019 verwiesen.
    Im übrigen sind folgen Erklärungen veranlasst:

    1.:

    Für den Anfall einer 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG ist es nicht erforderlich, dass das Vollstreckungsorgan von dem Rechtsanwalt beauftragt wird. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts in der Vollstreckung beginnt nicht erst mit der Beantragung von staatlichem Zwang, sondern mit seinem Tätigwerden nach Erteilung des Vollstreckungsauftrags, häufig mit der Entgegennahme der Information oder aber mit der Prüfung, ob eine Vollstreckungsmaßnahme angebracht ist. Hierfür verdient er bereits eine 0,3 Vollstreckungsgebühr (Müller-Rabe/Gerold/Schmidt, 3309 VV RVG Rdnr. 34). Für die Entstehung der Gebühr ist nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt bereits einen Antrag auf Vollstreckung gestellt oder eine die Vollstreckung vorbereitende Tätigkeit mit Außenwirkung vorgenommen hat (Müller-Rabe, a.a.O. Rdnr. 37).

    Im vorliegenden Fall hat der Rechtsanwalt Bonitätsauskünfte eingeholt und sich entschieden, von einer Beauftragung des Vollstreckungsorgans abzusehen. Nach der vorgenannten Kommentierung genügt dies für den Anfall einer 0,3 Verfahrensgebühr.

    2.:

    Fraglich könnte sein, ob im vorliegenden Fall von einer geringfügigen Tätigkeit auszugehen ist, die nicht gebührenauslösend ist (so die Gründe der angefochtenen Entscheidung) oder deren Kosten zumindest vom Gegner nicht zu erstatten sind, nachdem die Gläubigerin eine Handesgesellschaft ist, die über kaufmännische Erfahrung verfügt.

    In diesem Zusammenhang ist auf die bereits zitierte Rechtsprechung des BGH (NJW 2006, Seite 1598) zu verweisen, wonach die Einschaltung eines Rechtsanwalts bei Vollstreckungsmaßnahmen im Zivilrecht immer als notwendig anzusehen ist, und zwar selbst in dem Fall, dass ein Großunternehmen die Zwangsvollstreckung betreibt.

    3.:

    Im vorliegenden Fall ist zudem von vier Angelegenheiten auszugehen und nicht nur von einer einzigen Angelegenheit. Die Auskünfte wurden von dem Rechtsanwalt im Abstand von 2 Jahren erholt.

    Nur eine Vollstreckungsmaßnahme ist dann gegeben, wenn die einzelnen Teilakte in einem inneren Zusammenhang zueinander stehen und der jeweils nächste Akt sich als eine Fortsetzung der vorausgehenden Vollstreckungshandlungen darstellt (Müller-Rabe, a.a.O. Rdnr. 657). So war es im Fall der im Hinweis der Kammer vom 25.11.2019 zitierten Entscheidung des BGH vom 12.12.2003. In diesem Verfahren wurden während eines laufenden Zwangsvollstreckungsverfahrens Anfragen beim Einwohnermeldeamt getätigt. Der BGH hat es abgelehnt, zweimal eine 0,3 Verfahrensgebühr festzusetzen.

    Im vorliegenden Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Auskunftserholung in einem Abstand von jeweils 2 Jahren erfolgte. Ist eine Vollstreckungsmaßnahme beendet, so ist die nächste Maßnahme eine neue Angelegenheit. Beendet ist die Vollstreckungsmaßnahme, wenn der Gläubiger befriedigt ist oder wenn ein Vollstreckungsversuch als fruchtlos abgebrochen wird (Müller-Rabe, a.a.O., Rdnr. 60).

    Vorliegend hatte der Gläubigervertreter aufgrund der von ihm erholten Kreditauskünfte jeweils zu entscheiden, ob ein Vollstreckungsorgan mit Vollstreckungsmaßnahmen beauftragt werden soll oder nicht. Die jeweilige Tätigkeit des Gläubigervertreters endete mit der Entscheidung, aus Kostengründen von der Beauftragung eines Vollstreckungsorgans abzusehen und nach zwei Jahren eine erneute Prüfung vorzunehmen.

    Hätte der Gläubigervertreter im Abstand von 2 Jahren staatliche Vollstreckungsmaßnahmen beauftragt, die ergebnislos verlaufen wären und dann nach zwei Jahren wiederum einen Vollstreckungsversuch unternommen, wären jeweils 0,3 Verfahrensgebürhren angefallen, wie sich aus der soeben zitierten Rdnr. 60 bei Müller-Rabe ergibt.

    Die Tatsache, dass sich der Gläubigervertreter dazu entschieden hat, keine staatlichen Maßnahmen zu beauftragen, weil diese lediglich mit Kosten verbunden gewesen wären, steht deshalb nach Auffassung des Einzelrichters dem Anfall und der Festsetzung von 4 Gebühren nicht entgegen.

    Weitere Einwendungen gegen die Gebührenberechnung wurden nicht erhoben. Fehler insofern sind auch nicht ersichtlich.

    Kostenentscheidung: § 91 ZPO.

    Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.




     
    -
                      

    RechtsgebietVollstreckungskostenVorschriftenNr. 3309 VV RVG