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  • 06.06.2019 · IWW-Abrufnummer 209267

    Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 20.12.2018 – 6 W 129/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Brandenburg

    Beschl. v. 20.12.2018


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 25.06.2018 (1 O 208/17) geändert und wie folgt neu gefasst:

    Die von der Klägerin an den Beklagten gem. § 104 ZPO nach dem vollstreckbaren Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 04.07.2017 zu erstattenden Kosten werden auf 60.234,35 € (in Worten sechzigtausendzweihundertvierunddreißig 35/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit dem 05.12.2016 festgesetzt.

    Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

    Gründe

    I.

    Der Beklagte hat im Kostenfestsetzungsverfahren neben der für das Mahnverfahren angefallenen 0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3307 VV-RVG, die die Rechtspflegerin in der angefochtenen Entscheidung zugesprochen hat und die im Beschwerdeverfahren nicht weiter im Streit ist, auch eine 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG i.V.m. § 13 RVG angemeldet. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Kostenfestsetzungsantrag vom 02.12.2016 Bezug genommen. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt, sein Prozessbevollmächtigter habe am 24.02.2015 mit einer Mitarbeiterin der Klägerin telefonisch über seinen Widerspruch im Mahnverfahren gesprochen und hierbei insbesondere auf die Einrede der Verjährung hingewiesen.

    Die Klägerin hat den Inhalt eines solchen Gesprächs bestritten. Rechtsanwalt M... habe sich am 24.02.2015 inhaltlich nicht erklären können.

    Das Landgericht hat die geltend gemachte 1,2 Terminsgebühr nicht festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass diese nicht angefallen sei, weil nicht festgestellt werden könne, ob im Telefonat vom 24.02.2015 tatsächlich über die Einrede der Verjährung gesprochen worden sei. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist dem Beklagten am 11.07.2018 zugestellt worden.

    Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, die am 25.07.2018 beim Landgericht eingegangen ist. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Beklagte die Festsetzung der 1,2 Terminsgebühr weiter. Zum Inhalt des Telefonats vom 24.02.2015 bezieht er sich auf eine eidesstattliche Versicherung seines Rechtsanwalts M... vom 29.11.2018.

    Die Klägerin ist dem auch im Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Sie hat unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen ihrer Mitarbeiterin V... K... vom 07.11.2018 und vom 28.11.2018 vorgetragen, dass eine inhaltliche Besprechung im Telefonat am 24.02.2015 nicht stattgefunden habe, da Rechtsanwalt M... über den Sachstand in der Mahnbescheids-angelegenheit gar nicht informiert gewesen sei.

    II.

    Die von der Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 2 S. 3 RPflG iVm § 104 Abs. 3 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

    Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, die sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung und Neufassung der angefochtenen Entscheidung im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

    Die Beklagte kann sich mit Erfolg gegen die vom Landgericht vorgenommene Kostenfestsetzung zur Wehr setzen, weil das Landgericht in seine Kostenfestsetzung unzutreffend die vom Beklagten geltend gemachte 1,2 Gebühr in Höhe von 35.715,60 € gem. Nr. 3104 VV-RVG zzgl. Umsatzsteuer unberücksichtigt gelassen hat.

    Die 1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV ist hier angefallen.

    Nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbemerkung 3, Abs. III Nr. 2 VV-RVG verdient der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Nach der Intention des Gesetzgebers sollte mit dieser Regelung der Anwendungsbereich der Terminsgebühr erweitert werden; die Gebühr soll insbesondere bereits dann verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichteten Besprechungen mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Einigung zielen (BT-Drs. 15/1971, 209). Dementsprechend sind an das Merkmal der - auch telefonisch durchführbaren - Besprechung keine besonderen Anforderungen zu stellen. Die Terminsgebühr entsteht bereits, wenn der Gegner die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Äußerungen zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei zur Kenntnis nimmt oder sich auch nur an Gesprächen mit dem Ziel einer Einigung interessiert zeigt (vgl. BGH, NJW-RR 2017, S. 1148, 1149 [BGH 09.05.2017 - VIII ZB 55/16]).

    Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die telefonische Besprechung vom 24.02.2018, die unstreitig zwischen der Mitarbeiterin der Klägerin, V... K..., und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten, Rechtsanwalt M..., stattgefunden hat, löste die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG zugunsten des Beklagtenrechtsanwalts aus.

    Zwar ist der Inhalt des unstreitig geführten Telefonats im Detail umstritten. Im Verfahren nach den §§ 103 ff. ZPO ist es jedoch nicht erforderlich, dass sich die für die Festsetzung der beantragten Gebühren maßgeblichen Tatsachen ohne weitere Erhebungen aus der Gerichtsakte ergeben müssen oder unstreitig sind. Nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO genügt zur Berücksichtigung eines Ansatzes, dass er glaubhaft gemacht ist. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen. Zur Glaubhaftmachung können gem. § 294 Abs. 1 ZPO alle Beweismittel unter Einschluss der eidesstattlichen Versicherung verwendet werden. Weitere Voraussetzungen für den Nachweis der den Kostenansatz rechtfertigenden tatsächlichen Umstände sind nicht vorgesehen (vgl. zu allem BGH, NJW 2007, S. 2493 [BGH 04.04.2007 - III ZB 79/06]; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 104 Rn. 18).

    Hier besteht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass Rechtsanwalt M... an einer Besprechung teilgenommen hat, die auf die Erledigung des im Rahmen des zwischen den Parteien im Februar 2015 anhängigen Mahnverfahrens bestehenden Rechtsstreits mitgewirkt hat. Hierfür spricht bereits die vom Beklagten vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Rechtsanwalts M..., wonach eine inhaltliche Besprechung, die auf Einigung im Mahnverfahren gerichtet war, im Telefonat am 24.02.2015 mit Blick auf die Verjährungseinrede stattgefunden habe. Frau K... habe ihn danach nämlich angerufen, weil sie von ihm die Gründe für den Widerspruch seines Mandanten gegen den Mahnbescheid habe in Erfahrung bringen wollen. Insoweit deckt sich die eidesstattliche Versicherung des Beklagtenrechtsanwalts mit der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin der Klägerin vom 28.11.2018, wonach sie den Grund ihres Anrufs insoweit bestätigte. Hierbei handelt es sich, wenn auch nur in - von beiden Seiten bestätigt - sehr knapper Form, um die Mitwirkung eines auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichteten Gesprächs.

    Einen anderen Grund, als ein Gespräch mit dem Ziel der Erledigung des Rechtsstreits, hat die Klägerin im Übrigen auch nicht vorgetragen. Es sollte in dem Gespräch am 24.02.2015 den Ausführungen der Mitarbeiterin der Klägerin in ihrer eidesstattlichen Versicherung um die Gründe gehen, die der Mahnbescheidsforderung entgegenstehen könnten. Wenn aber eine Bankmitarbeiterin wegen inhaltlicher Gründe gegen eine Forderung den gegnerischen Rechtsanwalt anruft, um mit ihm über den Fall zu sprechen, handelt es sich schon begriffsnotwendig um eine "Besprechung" zur Erledigung der noch nicht abgeschlossenen Angelegenheit, für die zwar ein Mahnbescheid erlassen, aber hiergegen auch ein Widerspruch eingelegt worden war, im Sinne von Teil 3 Vorbemerkung 3, Abs. III Nr. 2 VV-RVG. Dies wird durch den Vortrag der Klägerin, ihre Mitarbeiterin habe Rechtsanwalt M... mehrfach versucht, telefonisch zu erreichen, bestätigt. Ganz offensichtlich wollte sie wissen, ob es sich für die Bank lohne, den Mahnbescheid ins Klageverfahren überzuleiten oder ggf. kostenmindernde Rücknahmemaßnahmen zu ergreifen. Die Länge des Telefonats und die inhaltliche Bereitschaft des Rechtsanwalts an einer konstruktiven oder kooperativen Mitwirkung sind für den Anfall der Terminsgebühr nicht konstitutiv.

    Insoweit kann es dahinstehen, ob Rechtsanwalt M..., was er eidesstattlich versichert hat und was angesichts der alsbald erfolgten Rücknahme des Mahnbescheids auch insgesamt sehr wahrscheinlich ist, inhaltlich tatsächlich auf die Verjährung der Forderung hingewiesen hat, denn die Klagerücknahme erfolgte in einem engen zeitlichen Zusammenhang. Dahinstehen kann auch, ob die erfolgte Klagerücknahme ihren Grund tatsächlich in dem Gespräch zwischen Frau K... und Herrn M... hatte oder die Klägerin wegen des erheblichen Prozessrisikos aus eigenem Antrieb die Klage zurücknahm (wie zuletzt im Schriftsatz vom 12.12.2018 behauptet).

    III.

    Die Nebenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Gründe, die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen, bestehen nicht.

    RechtsgebietTerminsgebührVorschriftenNr. 3104 VV RVG