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  • · Fachbeitrag · Vergleich

    Vergleichsabschluss mit Kostenquotelung: So berechnen Sie den Anteil Ihres Mandanten

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | In der Praxis kommt es immer wieder zu folgendem Fall: Im Rahmen außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen unterbreitet eine Partei ein Angebot zur Abgeltung einer eingeklagten Forderung. Im Rahmen des Vergleichs wird dann vereinbart, die Kosten zu quoteln. Bevor die Vereinbarung abgeschlossen wird, möchte der Mandant wissen, mit welchen Kosten er zu rechen hat. Hier muss der Mandant korrekt aufgeklärt werden. |

    1. Ausgangsfall

    K verklagt die Eheleute E, als Gesamtschuldner 5.000 EUR zu zahlen. Nach der mündlichen Verhandlung unterbreitet die Gegenseite einen Vergleichsvorschlag, wonach E insgesamt 3.500 EUR zahlen und die Kosten zu 3/4 tragen sollen. E fragen Rechtsanwalt R, was sie bei Abschluss des Vergleichs an Kosten zu zahlen hätten.

     

    2. So ermitteln Sie die Zahlungsverpflichtung

    Um die genaue Zahlungspflicht zu ermitteln, müssen Sie einen internen Kostenausgleich nach § 106 ZPO vornehmen. Insofern ist wie folgt vorzugehen:

     

    • Beispielsrechnung nach Ausgangsfall

    1. Gerichtskosten

    An Gerichtskosten sind entstanden: 1,0 Gebühr aus 5.000 EUR, Nr. 1211 Nr. 3 KVGKG

    146,00 EUR

    Davon muss der Kläger 1/4 tragen

    36,50 EUR

    K hat als Kläger vorschussweise gezahlt: 3,0 Gebühr gemäß Nr. 1210 KVGKG, § 12 Abs. 1 GKG

     

    438,00 EUR

    Erstattungsanspruch von K gegen E: 146 EUR ./. 36,50 EUR

    109,50 EUR

    Beachten Sie | Den Überschuss von 292 EUR (= 438 EUR Vorschuss ./. zu zahlende 146 EUR) erhält K unmittelbar durch das Gericht zurücküberwiesen.

    2. Außergerichtliche Kosten

    An außergerichtlichen Kosten sind entstanden:

    a) Klägervertreter

    1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 5.000 EUR

    393,90 EUR

    1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 5.000 EUR

    363,60 EUR

    1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003, 1000 VV RVG aus 5.000 EUR

    303,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    205,29 EUR

    1.285,79 EUR

    b) Beklagtenvertreter

    1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 5.000 EUR

    393,90 EUR

    0,3-Erhöhung, Nr. 1008 VV RVG

    90,90 EUR

    1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 5.000 EUR

    363,60 EUR

    1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003, 1000 VV RVG aus 5.000 EUR

    303,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    222,56 EUR

    1.393,97 EUR

    Gesamtsumme a) + b)

    2.679,76 EUR

    Davon muss K tragen: 1/4

    669,94 EUR

    Die eigenen ausgleichsfähigen Kosten von K betragen

    1.285,79 EUR

    Erstattungsanspruch von K gegen E

    615,85 EUR

    Zuzüglich Gerichtskostenanspruch

    109,50 EUR

    Insgesamt müssen E erstatten

    725,35 EUR

     

    MERKE | Problematisch kann die Berechnung hinsichtlich der anwaltlichen Gebühren allerdings werden, wenn neben der Hauptsache zugleich vorgerichtlich anzurechnende Kosten mit eingeklagt wurden und diese ebenfalls in der Vereinbarung berücksichtigt werden sollen. Hier kommt es auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarung bzw. deren Auslegung an.

     
    • Abwandlung 1: Geschäftsgebühr ‒ eindeutige Regelung

    In Abwandlung zum Ausgangsfall hatte K noch eine außergerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (Mittelgebühr) eingeklagt. Diese soll vom Vergleichsabschluss ebenfalls mit erfasst werden.

    1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG aus 5.000 EUR

    454,50 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    90,15 EUR

    564,65 EUR

    Lösung

    Hier ist die Berechnung unproblematisch, da sich aus dem Vergleich eindeutig ergibt, dass eine 1,5-Geschäftsgebühr aus 3.500 EUR tituliert ist. Insofern sind 0,75 aus 3.500 EUR anzurechnen. K kann daher folgende Kosten erstattet verlangen:

    1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 5.000 EUR

    393,90 EUR

    Gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen, 0,75 aus 3.500 EUR

    - 189,00 EUR

    1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 5.000 EUR

    363,60 EUR

    1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003, 1000 VV RVG aus 5.000 EUR

    303,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    169,38 EUR

    1.060,88 EUR

     
    • Abwandlung 2: Geschäftsgebühr ist nicht tituliert

    In Abwandlung zum Ausgangsfall hatte K noch eine außergerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (Mittelgebühr) eingeklagt. Der Vergleichstext sieht vor, dass E sich verpflichten, 3.500 EUR zu zahlen sowie „eine 1,5-Geschäftsgebühr aus 3.500 EUR“.

    1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG aus 5.000 EUR

    454,50 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    90,15 EUR

    564,65 EUR

    Lösung

    Die Geschäftsgebühr ist nicht tituliert. K hat jetzt zwei Möglichkeiten (vgl. Anwk-RVG/N. Schneider, 8. Aufl. § 15a Rn. 113): Er berechnet die Geschäftsgebühr und fordert diese direkt von E. Folge: Er kann dann nur noch den um die Anrechnung verminderten Betrag festsetzen lassen:

    1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 5.000 EUR

    393,90 EUR

    Gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen, 0,75 aus 3.500 EUR

    - 189,00 EUR

    1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 5.000 EUR

    363,60 EUR

    1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003, 1000 VV RVG aus 5.000 EUR

    303,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    169,38 EUR

    1.060,88 EUR

    Oder K lässt die Verfahrensgebühr anrechnungsfrei festsetzen. Dann kann er die Geschäftsgebühr aber nur noch in der um den Anrechnungsbetrag verminderten Höhe einfordern

    1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG aus 3.500 EUR

    454,50 EUR

    Gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen, 0,75 aus 3.500 EUR

    - 189,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    339,74 EUR

     
    • Abwandlung 3: Regelung fehlt

    Fehlt im Vergleich eine eindeutige Regelung darüber, inwieweit in der Vergleichssumme die Geschäftsgebühr enthalten ist, scheidet eine Anrechnung bei der Kostenausgleichung aus (BGH RVG prof. 11, 20). Dieser Fall betrifft den eingangs geschilderten Ausgangsfall!

     

    Beachten Sie | Dieses Ergebnis ist für E nachteilig, da sie sich nicht auf eine Anrechnung berufen können. Im Umkehrschluss ist dies positiv für K.

     
    • Abwandlung 4: Vergleichsauslegung lässt Titulierung der Geschäftsgebühr zu

    Eine Anrechnungsverpflichtung hinsichtlich der Geschäftsgebühr besteht auch, wenn sich durch eine Auslegung der Vereinbarung ergibt, dass eine Geschäftsgebühr im Vergleichsbetrag enthalten ist (OLG Koblenz AGS 10, 465; OLG Düsseldorf AGS 12, 357).

    In Abwandlung zum Ausgangsfall hatte K noch eine außergerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (Mittelgebühr) eingeklagt (Nr. 3. der Klageantrags). Im Vergleichstext heißt es u. a.: „E zahlen an K zum Ausgleich der Klageforderung einschließlich von Nr. 3 der Klageforderung 3.500 EUR.

     

    Lösung

    Die gewählte Formulierung „... einschließlich von Nr. 3 der Klageforderung...“ bei der es sich um die Geschäftsgebühr für die vorprozessuale Vertretung handelt, ist dahin gehend zu verstehen, dass damit die Gebühr in ihrer Gesamtheit tituliert ist. Insofern sind 0,75 aus 3.500 EUR anzurechnen.

     

    K kann daher folgende Kosten erstattet verlangen:

    1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG aus 5.000 EUR

    393,90 EUR

    Gemäß Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen, 0,75 aus 3.500 EUR

    - 189,00 EUR

    1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG aus 5.000 EUR

    363,60 EUR

    1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003, 1000 VV RVG aus 5.000 EUR

    303,00 EUR

    Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG

    20,00 EUR

    19 Prozent USt., Nr. 7008 VV RVG

    169,38 EUR

    1.060,88 EUR

     

    Weiterführender Hinweis

    • Gebührenanrechnung nach Prozessvergleich, RVG prof. 11, 20
    Quelle: Ausgabe 10 / 2017 | Seite 183 | ID 44830024