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  • · Fachbeitrag · Kostenfestsetzung

    Rechtsanwaltskosten eines freiwilligen Güteverfahrens im nachfolgenden Rechtsstreit

    | Die Modelle außergerichtlicher Streitbeilegung haben sich etabliert. Eine aktuelle Entscheidung des BGH muss Rechtsanwälte jedoch aufhorchen lassen. |

     

    Relevanz für die Praxis

    Der BGH hat nämlich entschieden: Die Kosten anwaltlicher Vertretung in einem freiwilligen Güteverfahren im nachfolgenden Rechtsstreit sind gemäß § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 ZPO nicht erstattungsfähig (15.1.19, II ZB 12/17, Abruf-Nr. 207090).

     

    § 15a Abs. 1 EGZPO regelt für das sog. obligatorische Güteverfahren: Es kann durch Landesgesetz bestimmt werden, dass die Erhebung der Klage erst zulässig ist, nachdem von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen. Gemäß § 15a Abs. 4 EGZPO gehören zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 Abs. 1, 2 ZPO die Kosten der Gütestelle ‒ also gerade nicht Anwaltskosten ‒ , die durch das Einigungsverfahren nach § 15a Abs. 1 EGZPO entstanden sind. Eine ähnliche Regelung enthält § 91 Abs. 3 ZPO.

     

    Für die anwaltliche Praxis ist auf der Basis der BGH-Entscheidung künftig wie folgt zu unterscheiden:

     

    • Obligatorisches Güteverfahren nach § 15a EGZPO: Die in einem solchen Verfahren angefallenen Anwaltskosten stellen nach h. M. sog. Vorbereitungskosten dar und unterliegen somit der Erstattungsfähigkeit nach § 91 ZPO (BayObLG NJW-RR 05, 724; OLG Karlsruhe OLGR 08, 761; OLG Köln NJW-RR 10, 431; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 91 Rn. 9; HK-ZPO/Gierl, 7. Aufl., § 91 Rn. 6; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl., § 91 Rn. 7a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 76. Aufl., § 91 Rn. 101; a. A. OLG Hamm OLGR 07, 672).
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    • MERKE | Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO gehören neben den durch Einleiten und Führen eines Prozesses ausgelösten Kosten auch die Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Diese werden aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (BGH PAK 13, 213; BGH AGS 17, 357).

       

      Eine Klage, die ohne vorheriges, notwendiges Güteverfahrens erhoben wird, ist ohne Weiteres abzuweisen.

       

      Folge: Das Einleiten und Führen eines obligatorischen Güteverfahrens dient nicht nur dazu, einen Rechtsstreit zu vermeiden, sondern bildet zugleich eine notwendige Voraussetzung für eine gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs und dient insoweit auch dazu, einen konkreten Rechtsstreit vorzubereiten.

       
    • Freiwilliges Güteverfahren: Anwaltskosten, die in einem freiwilligen, also nicht obligatorischen Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind, gehören nach Ansicht des BGH hingegen nicht zu den ‒ erstattungsfähigen ‒ Vorbereitungskosten.

     

    PRAXISTIPP | Unabhängig von der Frage, ob es sich um ein obligatorisches oder freiwilliges Güteverfahren handelt, können und sollten die Parteivertreter bei einem gerichtlichen Vergleichsabschluss stets klären, ob hierdurch angefallene außergerichtliche (Anwalts-)Kosten zu den Kosten des Rechtsstreits zählen und wer diese trägt.

     

    Musterformulierung / Kostentragungsvereinbarung

    Es wird vereinbart, dass von den Kosten des Rechtsstreits und den angefallenen ‒ auch außergerichtlichen ‒ Kosten vor der Gütestelle der (Zutreffendes auswählen) Kläger/Beklagte … (z. B. 1/4) und der (Zutreffendes auswählen) Beklagte/Kläger … (z. B. 3/4) trägt.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 134 | ID 45961706