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  • · Fachbeitrag · PKH/VKH

    Dieses Einkommen muss der Antragsteller zur Prozesskostenfinanzierung einsetzen

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Gerichtliche Mandate mit PKH oder VKH spielen in der Praxis eine sehr große Rolle. Allerdings ist nicht immer von vornherein klar, ob der Mandant die erhoffte staatliche Hilfe erhält. Denn er muss das über ein bestimmtes Einkommen hinausgehende Vermögen dafür einsetzen, um die Prozesskosten zu bezahlen. Erst wenn solches Vermögen aufgebraucht bzw. nicht vorhanden ist, kann dem Mandanten PKH/VKH bewilligt werden. Der folgende Beitrag klärt darüber auf, welches Einkommen bzw. Vermögen die Partei selbst einsetzen muss. |

    1. Der PKH-Antragsteller muss seine Verhältnisse offenlegen

    Dem Antrag auf Bewilligung von PKH/VKH ist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den insoweit notwendigen Belegen beizufügen. § 117 Abs. 4 ZPO schreibt zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung (PKHFV) eingeführten Vordrucks bedienen muss.

     

    MERKE | Bezieht der Antragsteller Sozialhilfe nach dem SGB XII, muss er gemäß § 2 Abs. 2 PKHFV nicht die Abschnitte E bis J des Vordrucks ausfüllen, soweit er einen aktuellen Bescheid vorlegt. Diese Erleichterung ist nicht auch zugunsten von Arbeitsuchenden anwendbar, die Grundsicherung nach dem SGB II beziehen und darüber einen Bewilligungsbescheid vorlegen (BFH JurBüro 16, 371).

     

    In der Praxis ist es immer wieder ein Problem, wenn die Partei eine Vielzahl von unsortierten Belegen vorlegt. Hier ist es nicht Aufgabe des Gerichts, sich durch die Masse durchzuarbeiten und zu versuchen, die dort belegten Beträge den Eintragungen in dem PKH-Formular zuzuordnen (LAG Schleswig-Holstein RVGreport, 16, 34; OLG Koblenz 19.7.18, 13 WF 575/18). Von der Partei kann vielmehr erwartet werden, dass sie dem Gericht zum Nachweis ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse die Belege sortiert und unter Verwendung von im Antragsformular eingetragener Belegnummern vorlegt. Ansonsten kann im Zweifel ein PKH-/VKH-Antrag sogar zurückgewiesen werden.

     

    Beachten Sie | Schon nach dem allgemein gültigen zivilprozessualen Beibringungsgrundsatz genügt es zur Begründung eines Anspruchs oder eines Rechtsmittels nicht, ohne schriftsätzliche Erläuterungen und entsprechenden Tatsachenvortrag auf als Anlagen beigefügte Schriftstücke zu verweisen. Das (Beschwerde-)Gericht muss sich den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht aus den eingereichten Unterlagen heraussuchen (BVerfG NJW 01, 1200; BGH 12.12.13, IX ZR 299/12). Dieser Grundsatz gilt auch in PKH-Verfahren.

     

    2. So wird die Bedürftigkeit des Antragstellers ermittelt

    Um die PKH bewilligt zu bekommen, muss der Antragsteller bedürftig sein. Die Bedürftigkeit ist am verwertbaren Vermögen gemäß § 115 Abs. 1 ZPO und am sog. einzusetzenden Einkommen zu messen. Schließlich sind Verbindlichkeiten (wie Steuern, Kreditarten, Vorsorgeaufwendungen) abzuziehen und Freibeträge anzurechnen.

    3. Das zählt/zählt nicht zum einzusetzenden Einkommen

    Einkommen sind alle Einkünfte in Form von Geld oder Geldeswert (Sachleistungen), und zwar unabhängig davon, woher sie stammen, ob sie pfändbar oder zu versteuern sind. Hierunter fallen auch freiwillige regelmäßige Zahlungen Dritter (z. B. des Lebensgefährten). Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Rechtsanspruch hierauf besteht oder nicht (OLG Karlsruhe FamRZ 04, 644; BGH FamRZ 08, 400).

     

    MERKE | PKH/VKH kann nicht bewilligt werden, wenn der Antragsteller nicht plausibel darlegt, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet (OLG Koblenz JurBüro 16, 431; BGH Rpfleger 18, 213; OLG Zweibrücken 30.7.18, 1 W 19/18).

     

     

    Checkliste / Von A bis Z: Diese Leistungen zählen zum einzusetzenden Einkommen

    Abfindung +

    Ja, bei Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes und bei Unterhaltsabfindungen. Sie sind für den Zeitraum, für den sie gewährt werden oder auf einen angemessenen Zeitraum umzulegen (OLG Karlsruhe FamRZ 02, 1196).

    Arbeitslosengeld I, II +

    Ja (BGH Rpfleger 08, 263; BGH JurBüro 10, 541).

    Aufwandsentschädigung +

    Ja: Wegen der Ersparnis häuslicher Kosten kann ein Drittel der einem Arbeitnehmer als Aufwandsentschädigung bezahlten Beträge pauschaliert als Einkommen i. S. d. § 115 Abs. 1 ZPO angerechnet werden (OLG Karlsruhe FamRZ 04, 645).

    Ausbildungsförderung nach BAföG +

    Ja, auch wenn diese als Darlehen gewährt wird (Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 115 Rn. 23 m. w. N.).

    Ausbildungsvergütung +

    Ja.

    Blindengeld -

    Nein: Dem Einkommen stehen Ausgaben in vermutet gleicher Höhe gegenüber (§ 1610a BGB, § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO; vgl. OLG Oldenburg NdsRpfleger, 07, 383; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 47).

    Blindenhilfe -

    → siehe Sozialleistungen infolge von Körper- und Gesundheitsschäden

    (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 47).

    Boni +

    → siehe Weihnachtsgeld

    Darlehen +/-

    Schulden dürfen nur berücksichtigt werden, soweit sie getilgt werden (OLGR Zweibrücken 01, 35; LAG Rheinland-Pfalz MDR 04, 718). Zahlt die Partei Raten auf ein Darlehen, sind diese i. d. R. nicht vom Einkommen abzuziehen, wenn die Partei den Kredit in Kenntnis bereits entstandener oder bevorstehender Verfahrenskosten aufgenommen hat (OLG Köln MDR 95, 314; OLG Naumburg FamRZ 09, 628). Denn die Partei muss ihr Einkommen vorrangig zur Begleichung dieser Kosten aufwenden. Etwas anderes gilt nur, wenn es sich um notwendige Anschaffungen handelt (OLG Zweibrücken FamRZ 04, 1501; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 44).

    Dienstwagen +

    Ja, sofern die Vergleichsberechnung mit den tatsächlichen Fahrtkosten eine Ersparnis ergibt (LAG Hamm 19.12.08, 14 Ta 464/08).

    Dienstwohnung, kostenlose Überlassung -

    Nein: Unentgeltliches Wohnen ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Es unterbleibt lediglich der Abzug der Unterkunftskosten nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 10 m. w. N.).

     

    → siehe Unentgeltliches Wohnen

    Direktversicherung zum Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge (§ 82 EStG) +

    Ja, wenn die Beiträge unverhältnismäßig hoch sind, sind sie dem Einkommen hinzuzurechnen.

     

    Hinweis: Die Beiträge des Arbeitnehmers sind Einkommen, das von ihm freiwillig in einer Versicherung angelegt wird. Sie werden direkt vom Arbeitslohn abgezogen. Die Versicherung ist bis zum Rentenalter dem Zugriff des Arbeitnehmers entzogen. Diese Versicherung ist eine Zusatzversicherung zur Rentenversicherung.

    Einmal- und Sonderzahlungen +

    → siehe Weihnachtsgeld

    Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit +

    Ja (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 10 m. w. N.).

    Einnahmen aus selbstständiger Arbeit +

    Ja. Der Gewinn ergibt sich aus der Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) für das Vorjahr. Als sachdienlich kann sich die Vorlage von Kontoauszügen der Privatkonten für den Zeitraum des letzten halben Jahres erweisen (BGH Rpfleger 92, 440; OLG Brandenburg FamRZ 98, 1301; OLG Brandenburg 23.8.07, 9 UF 217/06; OLG Stuttgart 18.4.06, 15 WF 95/06; vgl. auch Schürmann, NZFam 15, 401).

    Elterngeld -

    Nein. Es bleibt bis zur Höhe von 300 EUR unberücksichtigt (OLG Frankfurt FamRZ 19, 547; LAG Nürnberg 30.6.16, 7 Ta 74/16).

    Fiktive Einkünfte +/-

    Das Hinzurechnen kommt in Betracht, wenn die PKH-Partei es leichtfertig unterlässt, eine tatsächlich bestehende und zumutbare Erwerbsmöglichkeit zu nutzen. Dies gilt auch, wenn die PKH-Partei mit einem neuen Partner, der vollzeitbeschäftigt ist, zusammenlebt und dessen Haushalt führt (OLG Zweibrücken 16.5.91, 2 WF 50/91).

     

    Das Hinzurechnen scheidet aus, wenn die Partei Sozialleistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezieht (BGH FK 10, 138; OLG Saarbrücken MDR 12, 1367; OLG Dresden RVG prof. 18, 146).

    Freiwillige Leistungen Dritter (Zuwendungen) +/-

    Ja, wenn sie regelmäßig und in nennenswerter Höhe gewährt werden und wenn zu erwarten ist, dass der Zuwendende seine Zahlungen auch künftig fortsetzen wird (BGH FamRZ 08, 400).

     

    Nein, wenn sie nach § 115 ZPO i. V. m. SGB außer Ansatz bleiben (z. B. Leistungen eines Unterstützungsvereins; OLG Thüringen FamRZ 99, 1673).

    Freiwilliges Soziales Jahr (Taschengeld) +

    → siehe Ausbildungsvergütung

    Gehalt +

    Ja.

    Gratifikationen +

    → siehe Weihnachtsgeld

    Jahreswagen mit Arbeitnehmerrabatten +

    Ja. Es handelt sich um eine Sachzuwendung (Strohal, FamRZ 95, 459).

    Kapitalvermögen +

    Ja. Zur Berechnung der Einnahmen kann § 6 VO zu § 82 SGB XII entsprechend herangezogen werden. Übersteigen die Ausgaben die Einnahmen, dürfen die Verluste nicht von anderen Einkünften, z. B. vom Arbeitseinkommen oder von Kapitaleinkünften, abgezogen werden (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 13).

    Kindergeld +

    Ja, soweit es nicht für den notwendigen Lebensunterhalt des minderjährigen Kindes benötigt wird (BGH NJW 17, 962; OLG Stuttgart MDR 17, 901; OLG Karlsruhe FamRZ 16, 72; LAG Hamm FamRZ 2016, 1953; a. A. Rostock FamRZ 2013, 648; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 14).

    Kostgeld von Dritten +/-

    Streitig: nein nach OLG Koblenz 23.9.13, 13 WF 860/13, ja nach Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 10.

    Lohn +

    Ja.

    Lohnersatz +

    Ja, z. B. Krankengeld, Kurzarbeitergeld (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 20, 22).

    Natural- und Sachbezüge (des Arbeitgebers) +

    Ja, z. B. Kost und Logis. Als Maßstab können §§ 2, 3 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) herangezogen werden.

    Nießbrauch +

    Ja. Erträge aus einem Nießbrauchsrecht sind Einkommen (z. B. Miete, Nutzungsentschädigung und Pacht; BFH 18.11.11, VII S 32/11).

    Pflegegeld für Pflegekind nach §§ 27, 33, 39 SGB VIII +

    Ja, mit dem Anteil für den Pflege- und Erziehungsaufwand (OLG Karlsruhe 13.6.03, 16 WF 169/02; OLG Bremen FamRZ 13, 60; OLG Nürnberg FamRZ 10, 1361; Berücksichtigung erst ab dem dritten Kind: OLG Stuttgart MDR 17, 901).

    Pflegeversicherung -

    Nein. Leistungen aus der Pflegeversicherung (§ 13 Abs. 5 S. 1 SGB XI) sind kein Einkommen, da hierdurch die aus der Pflege resultierenden Belastungen abgegolten werden (LG Koblenz FamRZ 01, 308; OLG Bremen AGS 13, 430; Bayerisches LSG 13.6.13, L 2 P 10/12).

    Renten +

    Ja, Renten aller Art (OLG Bremen FamRZ 81, 988; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 18 m. w. N.).

    Sozialleistungen nach dem SGB XII +/-

    Ja. Allerdings sind Beiträge, die von Gesetzes wegen zur Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung zu leisten sind, vom einzusetzenden Einkommen abzuziehen (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 26; OLG Koblenz FamRZ 08, 421).

    Sozialleistungen infolge von Körper- und Gesundheitsschäden -

    Nein. Dem Einkommen stehen Ausgaben in vermutet gleicher Höhe gegenüber (sinngemäß § 1610a BGB; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 42).

    Steuerklassenwahl +/-

    Bei Wahl einer ungünstigen Steuerklasse muss sich die PKH-Partei den Ausgleichsanspruch gegen den Ehegatten anrechnen lassen, da diese Wahl nicht zulasten der steuerzahlenden Solidargemeinschaft getroffen werden darf (OLG Frankfurt FamRZ 00, 26; BGH VE 06, 38; a. A.: OLG Zweibrücken 31.8.17, 5 WF 117/17).

    Steuerrückerstattung +

    Ja, im Jahr der Erstattung (OLG Nürnberg JurBüro 06, 431).

    Strafgefangenenbezüge +

    Ja. Nach Abzug des Überbrückungsgelds und des Freibetrags für Erwerbstätige (wenn der Antragsteller in der JVA arbeitet) ist der allgemeine Freibetrag nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ZPO nur in Höhe des Taschengeldanspruchs nach § 46 StVollzG abzusetzen (OLG Brandenburg FamRZ 16, 1952; OLG München FamRZ 12, 1576; Karlsruhe FamRZ 98, 248).

    Studienkredit der KfW +

    Ja (BAG, JurBüro 16, 432).

    Taschengeldansprüche gegen den Ehegatten +

    Ja (OLG Karlsruhe Justiz 16, 219; OLG Rostock FamRZ 08, 2291; OLGR Stuttgart 08, 36; a. A. OLG Bamberg JurBüro 94, 751; OLG Zweibrücken 11.12.13, 6 WF 215/13).

    Unentgeltliches Wohnen -

    Nein. Unentgeltliches Wohnen wird dadurch berücksichtigt, dass der Abzug der Unterkunftskosten nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO unterbleibt (Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 17).

    Unterhalt der Partei +

    Ja (OLG München FamRZ 99, 598; OLG Karlsruhe FamRZ 02, 1195).

    Urlaubsgeld (1/12) +

    → siehe Weihnachtsgeld

    Vermietung und Verpachtung +

    Ja, nach Abzug der Aufwendungen von den Einnahmen. Ein Verlustausgleich bei anderen Einkunftsarten findet nicht statt (BGH JurBüro 84, 51; BFH ZSteu 12, R47‒48; a. A. OLG München MDR 06, 112: nicht bei krassem Missverhältnis). Zu den abzugsfähigen Ausgaben gehören auch Aufwendungen für Instandsetzung, nicht jedoch für Modernisierung und sonstige Verbesserungen (vgl. § 7 Abs. 2 VO zu § 82 SGB XII; Zöller/Schultzky, a. a. O., § 115 Rn. 12).

    Vermögenswirksame Leistungen -

    Nein (OLG Köln FamRZ 93, 1333; ArbG Regensburg Rpfleger 94, 70; a. A. OLG Nürnberg MDR 15, 1153; OLGR Dresden 02, 551; OLG Stuttgart FamRZ 05, 1183: nur Arbeitgeberanteil).

    Weihnachtsgeld (1/12) +

    Ja (OLG Karlsruhe 25.2.03, 16 WF 177/02; OLG Karlsruhe 8.3.04, 5 WF 26/04).

    Wohngeld +

    Ja (OLG Dresden FamRZ 02, 1413; OLG Rostock FamRZ 05, 992; LAG Freiburg NJW 82, 847; OLG Bamberg, FamRZ 84, 606).

    Zuschläge für Sonn-, Feiertags-, Nachtarbeit, Überstunden +

    Ja (BGH, NJW 80, 2251).

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2021 | Seite 32 | ID 46996448