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  • · Fachbeitrag · Haftpflichtprozess

    Sonderfall: Mitverklagter Fahrer kann Anwaltskosten erstattet verlangen

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | In Verkehrsunfallprozessen wird i. d. R. neben dem Halter und dem Haftpflichtversicherer auch der Fahrer verklagt ‒ schon allein aus dem Grund, um ihn als Zeugen auszuschalten. Ist dem Fahrer die Klage zugestellt worden, beauftragt er häufig einen Anwalt damit, ihn zu beraten, was zu tun sei. Übernimmt im Anschluss der Haftpflichtversicherer die gesamte Prozessführung, stellt sich die Frage, ob der Fahrer die Kosten seines Anwalts erstattet verlangen kann. Das OLG Frankfurt hält zumindest die Kosten einer Beratung für erstattungsfähig. |

     

    Sachverhalt

    Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin nach einem Verkehrsunfall sowohl den Halter H, den eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer V als auch den Fahrer F des gegnerischen Fahrzeugs verklagt. Nach Zustellung der Klage und Aufforderung zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft hatte F Rechtsanwalt R beauftragt, der für ihn die Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat. Im weiteren Verlauf erklärte H, dass er die Prozessführung aufnehme und einen gemeinsamen Anwalt A für alle drei Beklagten beauftragt habe. Als A die Prozessführung für alle drei Beklagten übernahm, legte R das Mandat nieder. Nachdem die Klage abgewiesen worden war, beantragte F, die ihm entstandenen Anwaltskosten festzusetzen, beschränkt auf die Höhe der Kosten einer Erstberatung nebst Auslagen und Umsatzsteuer. Erst das OLG gab dem Festsetzungsantrag statt (OLG Frankfurt 13.5.22, 18 W 67/22, Abruf-Nr. 231689).

     

    Relevanz für die Praxis

    Grundsätzlich sind nach § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO nur die Kosten eines Anwalts erstattungsfähig. In einem Ausnahmefall wie dem vorliegenden ist jedoch auch die Erstattung der Kosten eines weiteren Anwalts zulässig: Hier war dem Fahrer die Klage mit der Aufforderung zugestellt worden, die Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen, da anderenfalls ein Versäumnisurteil ergehen würde. Insofern war der Fahrer berechtigt, einen Anwalt zu beauftragen, die Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen.