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  • · Fachbeitrag · Verkehrsunfall

    Mehrere Geschädigte ‒ derselbe Unfall: Was nun?

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    | Wird der Anwalt wegen desselben Verkehrsunfalls von zwei Geschädigten beauftragt, jeweils deren Schadenersatzansprüche durchzusetzen, liegen verschiedene Angelegenheiten vor. Er kann somit die Geschäftsgebühr aus den jeweiligen Werten gesondert abrechnen. Das gilt nach dem AG Augsburg auch, wenn es sich bei den Geschädigten um Mutter und Tochter handelt. |

     

    Sachverhalt

    Bei einem Verkehrsunfall wurden M und ihre Tochter T verletzt. Sie beauftragten an verschiedenen Tagen Rechtsanwalt R, ihre Schadenersatzansprüche zu regulieren. R führte die Regulierungen zum Abschluss und rechnete seine Geschäftsgebühren jeweils gesondert gegenüber M und T aus dem jeweiligen Erledigungswert ab. Der Haftpflichtversicherer H war der Auffassung, R könne gegenüber den beiden Geschädigten nur eine Angelegenheit abrechnen und zahlte lediglich eine Geschäftsgebühr aus dem Gesamterledigungswert. Die Klage auf Erstattung des restlichen Honorars hatte vor dem AG Augsburg Erfolg (AG Augsburg 19.7.19, 20 C 1003/19, Abruf-Nr. 212718).

     

    Entscheidungsgründe

    Hier lag nicht eine einheitliche Angelegenheit i. S. d. § 15 Abs. 2 RVG vor. Auch wenn die Ansprüche aus demselben Verkehrsunfall herrührten, fehlte es am einheitlichen Auftrag. Die Aufträge wurden nämlich an verschiedenen Tagen erteilt. Bereits dies rechtfertigt die Annahme getrennter Aufträge. Alleine aus der Tatsache, dass es sich bei den Geschädigten um Mutter und Tochter handelt, ist nicht zu folgern, dass diese auch mit der gemeinsamen Geltendmachung der Forderungen einverstanden waren. Der Anwalt durfte daher schon wegen seiner Verschwiegenheitspflicht die Ansprüche nicht in einer Angelegenheit führen. Dass hier derselbe Sachverhalt zur Haftung dem Grunde nach gegeben war, ist unerheblich, da der Anwalt im Hinblick auf die Haftung der Höhe nach unterschiedliche Prüfungsaufgaben erledigen musste. Das Gericht hat die gesondert angefallenen Gebühren auch als erstattungsfähig angesehen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung entspricht der einhelligen Rechtsprechung (AG Hannover 29.8.11, 526 C 3807/11; AG Mülheim VA 12, 167; AG Landshut AGS 15, 542). Das gilt auch bei Vertretung von Eheleuten (LG Passau VA 15, 167; AG Bochum AGS 16, 506; AG Lörrach RVGprof. 19, 147) oder von Partnern einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft (AG Passau AGS 16, 2). Erst recht gilt dies, wenn es sich bei dem Fahrer um den Arbeitnehmer des Halters handelt (AG Weilburg AGS 19, 264) oder wenn es sich bei den Geschädigten um Eigentümer verschiedener Fahrzeuge handelt (AG Aichach AGS 16, 205).

     

    PRAXISTIPP | Um Probleme zu vermeiden, sollten Sie schon zu Beginn des Mandats dokumentieren, dass verschiedene Angelegenheiten vorliegen, indem Sie sich getrennte Aufträge und jeweils gesonderte Vollmachten erteilen lassen. Sie sollten zudem gesonderte Akten anlegen und auch die Korrespondenz gesondert führen.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 24 | ID 46280688