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  • · Fachbeitrag · Unfallschadenregulierung

    ABC der Schadenspositionen: So berechnen Sie den Gegenstandswert

    von RiOLG Dr. Julia Bettina Onderka, Köln

    | Im Rahmen der Unfallschadenregulierung wird der Anwalt mit der Durchsetzung unterschiedlicher Schadenspositionen beauftragt. Für die Bestimmung des Gegenstandswerts ist entscheidend, welche Positionen berücksichtigt werden und welche als Nebenforderungen außer Betracht bleiben. Die folgende Aufstellung gibt einen Überblick hierüber. |

    1. Grundsatz: Haupt- und Nebenforderung unterscheiden

    Da auch für die außergerichtliche Tätigkeit gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 RVG der Gerichtsgebührenwert maßgeblich ist, richtet sich die Abgrenzung von Haupt- und Nebenforderung nach § 43 GKG: Nach Abs. 1 der Norm werden Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten bei der Wertberechnung nicht berücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen neben dem Hauptanspruch betroffen sind. Sie sind nur maßgeblich, wenn sie ohne den Hauptanspruch geltend gemacht werden, soweit sie ihn nicht übersteigen, § 43 Abs. 2 GKG.

    2. Typische Besonderheiten einzelner Schadenspositionen

    Für einige Schadenspositionen, die typischerweise bei der Regulierung eines Verkehrsunfalls auftreten, ergeben sich folgende Besonderheiten:

     

    a) Ab- und Anmeldekosten des Kfz

    Die Kosten, die für die Abmeldung des Unfallwagens oder Anmeldung des angeschafften Neuwagens anfallen (in der Regel 50 bis 75 EUR), sind bei der Wertbestimmung als eigenständige Schadensposition zu berücksichtigen.

     

    b) Allgemeine Kostenpauschale

    Bei Beschädigung eines Kfz steht dem Geschädigten, sofern es sich nicht nur um einen Bagatellschaden handelt, für Telefon-, Porto- und Fahrkosten eine Auslagenpauschale in Höhe von 20 bis 25 EUR zu. Diese Pauschale ist dem Streitwert hinzuzurechnen (BGH AGS 07, 320; OLG Oldenburg JurBüro 07, 314).

     

    c) Anwaltskosten

    Die Kosten der anwaltlichen Regulierung des Unfallschadens sind in der Regel Nebenforderungen nach § 43 Abs. 1 GKG, § 23 Abs. 1 S. 3 RVG und nur ausnahmsweise Hauptforderungen. Werden die außergerichtlichen Anwaltskosten (Geschäftsgebühr) nach erfolglosem Regulierungsversuch im Rechtsstreit neben den übrigen Schadenersatzansprüchen geltend gemacht, erhöht dies nach h.M. den Streitwert ebenfalls nicht (BGH AGS 09, 344; BGH AGS 07, 231; KG AGS 08, 249; OLG Celle AGS 07, 321). Denn Gebühren für die vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs sind Kosten, die bei der Berechnung des Gegenstandswerts unberücksichtigt bleiben, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

     

    • Beispiel - außergerichtliche Kosten als Nebenforderung

    Anwalt A erhält den Auftrag, außergerichtlich 3.000 EUR Unfallschaden einzufordern. Der Versicherer V zahlt nicht. A erhebt sodann auftragsgemäß Klage auf Zahlung von 3.000 EUR zuzüglich der außergerichtlich entstandenen Kosten (Geschäftsgebühr, Auslagenpauschale, Umsatzsteuer). Der Gegenstandswert der gerichtlichen Tätigkeit beläuft sich auf 3.000 EUR.

     

     

    PRAXISHINWEIS | Die BGH-Rechtsprechung wird von den Instanzgerichten überwiegend nicht mehr in Zweifel gezogen. Überzeugen kann sie jedoch nicht. Bedenken Sie folgende Argumentation: Die h.M. stuft die vorgerichtlichen Anwaltskosten als Nebenforderung ein, weil die Kostenforderung von der Hauptforderung abhängig sei. Bei Sachverständigenkosten und der Unkostenpauschale sei dies anders (und diese daher auch keine Nebenforderungen). Ihre Ersatzfähigkeit hänge nicht davon ab, in welchem Umfang Ersatz für den eigentlichen Sachschaden zu leisten sei. Allerdings sind auch die Sachverständigenkosten von der Hauptforderung abhängig, da sie nur in dem Umfang erstattet werden, wie die Hauptsacheforderung Erfolg hat. Bei teilweisem Unterliegen im Unfallersatzprozess werden die entsprechenden Kosten auch nur anteilig ersetzt.

     

     

    An der Qualifikation als Nebenforderung ändert es nach der h.M. nichts, wenn die Forderung im Klageantrag nicht gesondert ausgewiesen, sondern als Teil der Hauptsacheforderung geltend gemacht wird (BGH AGS 07, 231; OLG Frankfurt AGS 06, 251). Wird dagegen nur noch die Gebührenforderung eingeklagt - etwa weil der Rechtsstreit nach Zahlung in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde, ist die Gebührenforderung damit zur wertbestimmenden Hauptforderung geworden (BGH AGS 08, 187).

     

    Die Anwaltskosten für das gerichtliche Verfahren sind Nebenforderungen im Rechtsstreit und erhöhen den Gegenstandswert nicht. Eine Ausnahme gilt nach § 43 Abs. 3 GKG lediglich, wenn ausschließlich die Anwaltskosten gerichtlich geltend gemacht werden. Dann bestimmen sie den Streitwert.

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    • Ausnahme: Verhandlung nur über die gerichtlichen Anwaltskosten

    Im Rechtsstreit zahlt der Versicherer V die Klageforderung von 10.000 EUR vor dem Termin. Verhandelt wird anschließend nur noch über die Kosten, über die die Parteien eine Einigung treffen.

     

     

    Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG berechnet sich aus dem Wert der Hauptforderung von 10.000 EUR. Insoweit sind die Kosten Nebenforderungen. Die Termins- und die Einigungsgebühr berechnen sich nach dem Wert der bis dahin angefallenen Kosten, die nunmehr zur Hauptforderung werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Der Beitrag wird fortgesetzt.
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 214 | ID 42741910