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  • · Fachbeitrag · Kostenfestsetzung

    Verfahrensaussetzung bei Wertstreitigkeiten

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    Wird im Kostenfestsetzungsverfahren die Bestimmung des maßgeblichen Gebührenstreitwerts erforderlich, ist das Verfahren bis zur Entscheidung des hierfür zuständigen Ausgangsgerichts auszusetzen (BGH 20.3.14, IX ZB 288/11, Abruf-Nr. 141223).

     

    Sachverhalt

    Das Insolvenzgericht wies einen Antrag der Gläubigerin G auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin S zurück. Die dem Antrag zugrunde gelegte Forderung sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der G blieb erfolglos. S ließ sich sowohl im Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als auch im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertreten. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragte sie die Festsetzung einer 1,0-Verfahrensgebühr für das Eröffnungsverfahren (Nr. 3313 VV RVG) und einer 0,5-Verfahrensgebühr für das Verfahren über die sofortige Beschwerde (Nr. 3500 VV RVG). Berechnet wurde jeweils nach der dem Eröffnungsantrag zugrunde gelegten Forderung in Höhe von 1.239.164,19 EUR.

     

    Das AG setzte die der S von G zu erstattenden Kosten antragsgemäß fest. Das LG wies die sofortige Beschwerde der G zurück. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde hat sich G gegen die Annahme des LG gewendet, der Gegenstandswert bemesse sich nach der dem Eröffnungsantrag zugrunde gelegten Forderung. Der BGH hob den Kostenfestsetzungsbeschluss auf und verwies die Sache an das LG zurück.

     

    Entscheidungsgründe

    Im Kostenfestsetzungsverfahren wird lediglich geprüft, ob die geltend gemachten Kosten das zugrunde liegende Verfahren betreffen, ob sie entstanden sind und notwendig waren. Die Wertfestsetzung, die für das Verfahren nach §§ 104 ff. ZPO Bindungswirkung entfaltet, erfolgt in einem gesonderten Verfahren. Ist über die für die Kostenerstattung maßgebliche Wertfestsetzung noch nicht rechtskräftig entschieden worden, fehlt es regelmäßig an einer Grundlage für die Durchführung des Verfahrens nach §§ 104 ff. ZPO. Der Rechtspfleger muss das Verfahren daher entsprechend § 104 Abs. 3 S. 2 ZPO, § 11 Abs. 4 RVG bis zur fehlenden Entscheidung aussetzen.

     

    Auch das im Kostenfestsetzungsverfahren tätige Beschwerdegericht kann die ausstehende Wertfestsetzung nicht an sich ziehen. Hierdurch würde ein vom Gesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossener Rechtszug begründet. In Verfahren für die Festsetzung des Gegenstandswerts findet nämlich eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt (§ 68 Abs. 1 S. 5, § 66 Abs. 3 S. 3 GKG, § 33 Abs. 4 S. 3 RVG).

     

    Von einer Aussetzung des Kostenfestsetzungsverfahrens kann nur in den folgenden zwei Fällen abgesehen werden:

     

    • Ein zur Wertfestsetzung führendes Verfahren schwebt noch nicht oder
    • die Durchführung eines solchen Verfahrens ist bloße Förmelei, sodass deshalb das Rechtsschutzbedürfnis hierfür fehlt.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung trifft den in der Praxis ständig vorkommenden Fall, dass die Kostenfestsetzung beantragt wird, allerdings eine hierfür erforderliche Grundlage - nämlich der Streitwert - nicht festgestellt wurde. Zwar ergibt sich aus dem Kostenfestsetzungsantrag regelmäßig eine Bezifferung des Werts. In einem solchen Fall liegt nach Auffassung des BGH zwar nahe, dass hierdurch zugleich auch eine Festsetzung des Gegenstandswerts in dem im Kostenfestsetzungsantrag benannten Wert beantragt wird. Hierüber entscheidet aber nicht das Kostenfestsetzungsorgan selbst, sondern entweder das funktionell zuständige Ausgangsgericht - hier Insolvenzgericht - oder gegebenenfalls das Beschwerdegericht.

     

    Insofern hätte das Kostenfestsetzungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Gegenstandswert für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren in dem dafür vorgesehenen Verfahren ausgesetzt werden müssen. Denn weder war vorliegend für die Berechnung der Anwaltsgebühren eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG auf Antrag hin durch das Ausgangsgericht erfolgt, noch war der festzusetzende Wert offenkundig und zwischen den Parteien unstreitig. Festgesetzt wurde nur der Gegenstandswert für die Gerichtsgebühren, der allerdings im vorliegenden Insolvenzverfahren für die Wertermittlung der Anwaltsgebühren nicht maßgeblich ist. Ein Fall des § 32 Abs. 1 RVG ist daher nicht gegeben, weil sich der Wert für die Gebühren des Rechtsanwalts nicht gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 RVG (unmittelbar) nach den Wertvorschriften für die Gerichtsgebühren richtet, sondern vielmehr nach der besonderen Wertvorschrift des § 28 RVG.

     

    FAZIT | Wenn der Anspruch auf Kostenerstattung nicht nur Rechtsanwaltsgebühren, sondern auch verauslagte Gerichtskosten umfasst und sich die Rechtsanwaltsgebühren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG) berechnen, muss sowohl eine Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG als auch eine solche nach § 33 RVG beantragt werden. Dies ist notwendig, auch wenn sich letztlich identische Werte ergeben.

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • RVG prof. 14, 68: Beschwerdevergütung im straf- und bußgeldlichen Kostenfestsetzungsverfahren
    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 130 | ID 42662482