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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Bei den Reisekosten eines im Verhandlungstermin für einen Versicherer auftretenden Rechtsanwalts handelt es sich nicht um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, wenn zwar nicht der Versicherer, jedoch dessen mit der Vertragsabwicklung betrautes Tochterunternehmen über eine eigene Rechtsabteilung verfügt und diese die gesamten Regulierungsverhandlungen und auch den sonstigen vorgerichtlichen Schriftverkehr mit dem Versicherungsnehmer geführt hatte (OLG Bamberg 4.3.13, 1 W 12/13, Abruf-Nr. 132667).

     

    Sachverhalt

    Die Beklagte - eine französische Versicherungsgesellschaft - ist der Architektenhaftpflichtversicherer des Beklagten. Nach dem Versicherungsschein war mit der Betreuung des Klägers im Rahmen der Kundenbeziehung die A AG mit Sitz in F betraut. Diese verfügt über eine eigene Rechtsabteilung. Der Kläger nahm die Beklagte auf Zahlung aus einem Versicherungsfall in Anspruch, wobei er die Klage beim LG in B einreichte. Dieses verwies den Rechtsstreit an das LG, das die Klage letztlich mit rechtskräftigem Endurteil abwies und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegte. Die Beklagte ließ sich im Verfahren durch Rechtsanwalt R aus H vertreten. Im Kostenfestsetzungsantrag beantragte die Beklagte u.a. Fahrtkosten des R festzusetzen. Das LG hat dem Antrag entsprochen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hatte Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG ist von einem Ausnahmefall i.S. der Rechtsprechung des BGH (vgl. unten) ausgegangen. Die Beklagte hat sich zur Abwicklung des Vertragsverhältnisses mit dem Kläger umfassend der A AG bedient. Diese ist insbesondere auch allein gegenüber dem Kläger aufgetreten, als es um die Regulierung des streitgegenständlichen Versicherungsfalls ging. Ausweislich der bei der Akte befindlichen Unterlagen wurde die den Schadensfall betreffende Korrespondenz zwischen dem Kläger und seinem Versicherer ausschließlich mit der A AG geführt. Dies gilt sowohl für den Haftpflichtprozess als auch für die Frage der Deckung. Wenn der Versicherer aber ein Tochterunternehmen mit der Vertragsabwicklung betraut, das die Auseinandersetzung mit dem Versicherungsnehmer bis zur Prozessreife hin durch seine Rechtsabteilung betreibt, dann ist er sowohl in der Lage als auch kostenrechtlich gehalten, einen Rechtsanwalt durch diese Rechtsabteilung umfassend schriftlich instruieren zu lassen. Weshalb es in dieser Konstellation seitens des Versicherungsunternehmens eines eingehenden Mandantengesprächs für die Prozessführung bedürfen sollte, ist nicht ersichtlich. Die von der Beklagtenseite geltend gemachten Reisekosten des R sind daher nicht gemäß § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erstattungsfähig, ohne dass die Frage entschieden werden müsste, ob sie die Reisekosten eines Rechtsanwalts vom Sitz der Beklagten in P. oder auch vom Sitz der A AG in F aus übersteigen.

     

    Praxishinweis

    Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei den Reisekosten eines Rechtsanwalts nicht um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S. des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts feststand, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein würde. Dies ist u.a. regelmäßig der Fall, wenn es sich bei der Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt. In diesen Fällen ist im allgemeinen davon auszugehen, dass der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Prozessbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren (BGH NJW-RR 04, 855; NJW-RR 13, 242). Diesen Ausnahmefall hat das OLG hier zutreffend angenommen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zu den erstattungsfähigen Reisekosten einer Partei für die Wahrnehmung gerichtlicher Termine, RVG prof. 13, 48
    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 152 | ID 42260183