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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Kostenerstattung nach Berufungsrücknahme

    | Sind im Berufungsverfahren die Kosten für das Einreichen eines Schriftsatzes (1,6-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 RVG VV), mit dem beantragt wird, das Rechtsmittel zurückzuweisen, auch erstattungsfähig, wenn dieser erst nach Rücknahme der Berufung bei Gericht eingeht? Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass dies keinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch zugunsten des Rechtsmittelgegners auslöst. |

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH begründet dies mit § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO (25.2.16 III ZB 66/15, Abruf-Nr. 184724). Hiernach muss nach der Berufungsrücknahme der Berufungskläger (§ 516 Abs. 3 ZPO) dem Gegner dessen Kosten erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Notwendig sind nur Kosten für Maßnahmen, die bei ihrer Vornahme objektiv erforderlich und geeignet zur Rechtsverfolgung oder -verteidigung erscheinen. Dafür ist auf den Zeitpunkt der kostenverursachenden Handlung abzustellen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Es muss stets zwischen der Entstehung von Kosten und deren Erstattungsfähigkeit unterschieden werden. Der BGH betont, dass Prozesse sparsam zu führen sind. Danach ist ein Zurückweisungsantrag nach Berufungsrücknahme keine zur Rechtsverteidigung objektiv erforderliche Maßnahme. Die Frage, ob dem Rechtsmittelgegner ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zusteht, bleibt davon unberührt. Insofern steht dem Anwalt aufgrund des Mandatsvertrags ein solcher Kostenanspruch zu.

     

    PRAXISHINWEIS | Oft setzt das Berufungsgericht dem Rechtsmittelkläger gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO eine Frist, sich zur Rechtsmittelrücknahme zu erklären. Hier empfiehlt sich Folgendes für den Rechtsmittelbeklagten, der erwägt, zum Fristende zu erwidern: Er sollte zunächst - ggf. telefonisch - bei Gericht fragen, ob das Rechtsmittel evtl. bereits zurückgenommen ist. Ist die nicht der Fall, sollte er unverzüglich per Fax bei Gericht Klageabweisung beantragen, um so die 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG VV erstattungsfähig werden zu lassen.

     

    Endet der Auftrag des Anwalts durch Rücknahme des Rechtsmittels, bevor ein Schriftsatz mit Sachantrag oder -vortrag eingereicht worden ist, kommt die Erstattung einer ermäßigten Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 RVG VV in Betracht. Das setzt aber voraus, dass der Prozessbevollmächtigte des Rechtsmittelgegners aufgrund eines Auftrags schon vor der Rücknahme des Rechtsmittels das Geschäft i. S. v. Teil 3 Vorb. 3 Abs. 2 RVG VV betrieben hat und damit die ermäßigte 1,1-fache Verfahrensgebühr angefallen ist. Daran fehlte es hier.

     

    PRAXISHINWEIS | Um zumindest eine 1,1-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3201 RVG VV erstattet zu bekommen, empfiehlt es sich, dem Gericht glaubhaft darzulegen, dass Sie im Berufungsverfahren das Geschäft aufgrund eines Auftrags bereits vor der Rücknahme des Rechtsmittels betrieben haben (Entgegennahme des Auftrags sowie erster Informationen können genügen, BGH PAK 07, 132). Auf keinen Fall entsteht die Verfahrensgebühr allein dadurch, dass Sie die Berufungserwiderung nach Rechtsmittelrücknahme einreichen.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2016 | Seite 101 | ID 44019615