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  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Geschäftsgebühr im Kfz-Haftpflichtprozess ist immer anzurechnen

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

    Korrespondiert der Anwalt außergerichtlich zunächst mit dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners und erhebt er nach Scheitern der außergerichtlichen Regulierung die Klage ausschließlich gegen den Schädiger, ist die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr gleichwohl auf die Verfahrensgebühr des Rechtsstreits anzurechnen und in der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen (KG 1.3.13, 2 W 49/12, Abruf-Nr. 131673).

     

    Sachverhalt

    Der Anwalt hatte außergerichtlich nur mit dem Haftpflichtversicherer korrespondiert. Nach Scheitern der Verhandlungen klagte er ausschließlich gegen die Fahrerin des gegnerischen Fahrzeugs. Die Klage hatte Erfolg. Der Anwalt beantragte die Festsetzung einer vollen Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr, obwohl der Versicherer den Schaden einschließlich einer daraus berechneten 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) bereits bezahlt hatte. Das LG hat antragsgemärß festgesetzt. Die sofortige Beschwerde, mit der die Beklagte geltend macht, die bereits gezahlte Geschäftsgebühr müsse hälftig angerechnet werden, hatte Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Geschäftsgebühr war nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Das OLG geht davon aus, dass es sich bei den vorgerichtlich und gerichtlich geltend gemachten Ansprüchen um „denselben Gegenstand“ i.S. der Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG handelt. Es beruft sich dabei ausdrücklich auf OLG Karlsruhe (AGS 94, 43), das eine Anrechnung bejaht, weil der Versicherer nach § 10 Abs. 5 AKB bevollmächtigt ist, alle ihm zur Befriedigung oder Abwehr der Ansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen des Versicherten abzugeben. Daraus folgt, dass ein Versicherer außergerichtlich immer auch als Vertreter des Versicherten tätig wird. Dies führt dazu, dass eine nur gegen den Schädiger gerichtete Klage gegen eine Person geführt wird, die der Geschädigte zusammen mit dem Versicherer auch schon vorprozessual in Anspruch genommen hat. Damit besteht Identität der Anspruchsgegner, sodass „derselbe Gegenstand“ gegeben ist.

     

    Praxishinweis

    Die Frage, ob eine Geschäftsgebühr anzurechnen ist, wenn vorgerichtlich nur der Versicherer in Anspruch genommen wird und gerichtlich nur der Schädiger, ist strittig. Das OLG München (ZfSch 90, 267) hatte eine Anrechnung verneint, seine Auffassung aber zwischenzeitlich wieder aufgegeben (RVG prof. 12, 56). Gegen eine Anrechnung ist das OLG Bamberg (OLGR 98, 121), ebenso Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., Vorbem. 3 VV RVG Rn. 200. Die Frage wird bis zu einer Entscheidung des BGH strittig bleiben. Unverständlicherweise hat das KG die Rechtsbeschwerde trotz divergierender OLG-Entscheidungen nicht zugelassen.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 101 | ID 39701270