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  • · Fachbeitrag · Berufung

    Kostenerstattungsanspruch des Beklagten

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka

    | Endet das Berufungsverfahren nicht durch Urteil, sondern wird die Berufung zurückgenommen, verworfen oder nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, will der Berufungsbeklagte seine Kosten erstattet haben. Der folgende Beitrag zeigt die wichtigsten Fallgestaltungen und ihre Abrechnung. |

    1. Berufung wird zurückgenommen

    Wird die Berufung zurückgenommen, trägt der Berufungskläger nach § 516 Abs. 3 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens. Welche Kosten der Berufungsbeklagte erstattet verlangen kann, hängt vom Verlauf des Verfahrens ab.

     

    • Fall 1 (Berufung nur zur Fristwahrung)

    A wird vom LG zur Zahlung von 15.000 EUR verurteilt. Sein Anwalt legt Berufung ein. Die Berufungsschrift enthält den Hinweis: „Die Berufung wird zunächst nur fristwahrend eingelegt. Der gegnerische Prozessbevollmächtigte wird gebeten, sich noch nicht zu bestellen und keine Anträge anzukündigen.“

    Wird die Berufung mit dem Hinweis eingelegt, dass dies nur aus Gründen der Fristwahrung erfolgt, löst der dennoch gestellte Antrag auf Zurückweisung zwar die volle 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV RVG) aus. Diese ist jedoch nicht erstattungsfähig. Denn nach h.M. (BGH AGS 07, 537; BGH NJW 03, 1324) ist es vor Eingang einer Berufungsbegründung bzw. eines Berufungsantrags zur sachgerechten Rechtsverteidigung ausreichend, dass sich der Anwalt des Berufungsbeklagten lediglich bestellt. Sachanträge, die das Verfahren nicht fördern können, führen nicht zur Erstattung der vollen Verfahrensgebühr.

     

    Die 1,1-Verfahrensgebühr (Nr. 3200, 3201 VV RVG) für den Bestellungsschriftsatz ist dagegen erstattungsfähig (OLG Saarbrücken OLGR 06, 1096). Denn die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei kann nicht selbst beurteilen, was zur Rechtsverteidigung zu veranlassen ist. Ihr kann daher nicht zugemutet werden, abzuwarten, was der anwaltlich vertretene Berufungskläger weiter unternimmt, bevor sie selbst einen Anwalt beauftragen darf.

     

    PRAXISHINWEIS | Will der Berufungskläger gegnerische Kosten für das Berufungsverfahren insgesamt vermeiden, muss er mit dem Gegner ein Stillhalteabkommen schließen. Also eine Zusage des Berufungsbeklagten, für eine gewisse Zeit weder einen Anwalt zu bestellen noch einen Antrag anzukündigen. Dann können weder der gegnerische Meldeschriftsatz noch ein eventueller Zurückweisungsantrag erstattungsfähige Gebühren auslösen (OLG München OLGR 06, 724).

    Bis zur Rücknahme der nur fristwahrend eingelegten Berufung können nun unterschiedliche Verfahrenskonstellationen auftreten:

     

    • Fall 2 (Begründung erfolgt, wird aber dem Gegner nicht zugestellt)

    A wird vom LG zur Zahlung von 15.000 EUR an B verurteilt und legt Berufung zur Fristwahrung ein. Die Berufung wird am letzten Tag der Frist begründet, es fehlt jedoch die Unterschrift des Anwalts. Der Senat stellt die Begründung zunächst nicht dem B zu, da der Berufungsführer zur Stellungnahme aufgefordert werden soll. B stellt einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung.

    Geht eine Berufungsbegründung zwar bei Gericht ein, wird aber dem Berufungsbeklagten nicht zugestellt (z.B. wegen Verfristung oder sonstigen Formmängeln, auf die das Berufungsgericht den Berufungsführer zunächst hinweisen will), hat das OLG Brandenburg (OLGR 06, 281) die Erstattungsfähigkeit der vollen Verfahrensgebühr für den Zurückweisungsantrag verneint. Denn ohne Zustellung der Berufungsbegründung habe sich der Berufungsbeklagte mit dieser auch nicht inhaltlich auseinandersetzen und durch einen Gegenantrag bzw. dessen Begründung das Verfahren fördern können.

     

    PRAXISHINWEIS | In einem solchen Fall sollte der Anwalt allerdings trotzdem die volle 1,6-Verfahrensgebühr zur Festsetzung anmelden und sich auf die Entscheidung des BGH vom 2.10.08 (AGS 09, 143; ebenso BGH AGS 11, 44) berufen. Dort hat der BGH eine erstattungsfähige 1,6-Verfahrensgebühr für den reinen Zurückweisungsantrag ohne jegliche Auseinandersetzung mit der Sache selbst bejaht. Ist damit eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Berufungsbegründung für die Erstattungsfähigkeit der vollen Verfahrensgebühr nicht erforderlich, dann kann es auch nicht darauf ankommen, auf welchem Umstand dies beruht.

     

    • Fall 3 (Begründung erfolgt und wird zugestellt)

    A legt gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung zur Fristwahrung ein und begründet diese form- und fristgerecht. Die Berufungsbegründung wird dem B zugestellt, der die Zurückweisung der Berufung beantragt, ohne auf die sachlichen Argumente der Berufung einzugehen. Daraufhin nimmt A die Berufung zurück (Alternative: Die Berufung wird nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen).

    Wird die Berufung erst nach ihrer Begründung zurückgenommen oder nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, ist die volle 1,6-Verfahrensgebühr für den Zurückweisungsantrag erstattungsfähig (BGH AGS 11, 44). Denn für den Berufungsbeklagten entspricht es bei Eingang der Berufungsbegründung zweckentsprechender Rechtsverteidigung i.S. des § 91 ZPO, einen Zurückweisungsantrag anzukündigen. Dies gilt sowohl, wenn der Berufungsbeklagte einen begründeten Zurückweisungsantrag mit eigenen Sachargumenten stellt als auch, wenn lediglich der Zurückweisungsantrag ohne eine sachliche Auseinandersetzung gestellt wird (BGH a.a.O.). Denn allein der Zurückweisungsantrag reicht nach Ansicht des BGH aus, um klarzumachen, dass der Berufungsbeklagte die Zurückweisung des Rechtsmittels in vollem Umfang anstrebt.

     

    • Abwandlung

    Wie Fall 3, nur hat B den Zurückweisungsantrag schon gestellt, bevor die Berufungsbegründung des A erfolgt ist.

    Hat der Berufungsbeklagte schon vor Eingang der Berufungsbegründung einen „vorsorglichen“ Zurückweisungsantrag gestellt, muss er ihn nach Eingang der Berufungsbegründung nicht wiederholen, um die Erstattungsfähigkeit der vollen 1,6-Verfahrensgebühr auszulösen (BGH AGS 10, 513). Es gibt allerdings auch eine Fallgestaltung, bei der der Anwalt den Zurückweisungsantrag aus Gründen äußerster Vorsicht wiederholen sollte:

     

    • Abwandlung

    Wie Fall 3, nur hat B den Zurückweisungsantrag schon vor Eingang der Berufungsbegründung gestellt und A hat dann die Berufung nach Hinweis des Senats auf einen beabsichtigten Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgenommen.

    Der BGH (NJW 07, 3723) hat in einem solchen Fall die Erstattungsfähigkeit der vollen 1,6-Verfahrensgebühr für einen verfrühten Zurückweisungsantrag verneint, weil die Berufung zwar später begründet, dann jedoch auf einen gerichtlichen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgenommen wurde und es zu keiner Entscheidung in der Sache mehr kam. Diese Sichtweise überzeugt nicht, weil bei der Frage der Erstattungsfähigkeit geprüft wird, ob der Berufungsbeklagte nach Einreichung der Berufungsbegründung ein berechtigtes Interesse am Zurückweisungsantrag hatte. Wenn aber die Frage der Notwendigkeit von Anwaltskosten i.S. von § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO im Zeitpunkt der Rechtsmittelbegründung beurteilt wird, dann kann es nicht mehr darauf ankommen, wie sich das Verfahren in der Folgezeit weiter entwickelt =- durch Rücknahme des Rechtsmittels oder durch Entscheidung des Gerichts in der Sache.

     

    PRAXISHINWEIS | Um auf diese Rechtsprechung des BGH zu reagieren, sollte der Anwalt, wenn die Rechtsmittelbegründung der Gegenseite eingeht, seinen Zurückweisungsantrag unverzüglich wiederholen, um einer eventuellen Rechtsmittelrücknahme zuvor zu kommen. Denn dann handelt es sich wieder um die „normale“ Reihenfolge von Rechtsmittelbegründung und Zurückweisungsantrag, bei dem die Erstattungsfähigkeit der vollen Verfahrensgebühr nicht in Zweifel gezogen wird.

     

    • Fall 4 (Antrag auf Kostenentscheidung)

    A legt gegen das Urteil fristwahrend Berufung ein und nimmt diese innerhalb der Frist ohne Einreichung einer Berufungsbegründung zurück. B stellt den Antrag, dem A die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, was auch geschieht.

    Wird die Berufung ohne Antragstellung bzw. Begründung zurückgenommen, dann kann der Berufungsbeklagte - anders als nach der früheren Rechtslage gemäß § 515 Abs. 3 ZPO a.F. - keine 1,6-Verfahrensgebühr aus dem Kostenwert für den Kostenantrag beanspruchen. Denn im Zuge der ZPO-Reform wurde § 515 Abs. 3 ZPO durch § 516 Abs. 3 ZPO n.F. ersetzt. Danach ergeht die Kostenentscheidung nach der Berufungsrücknahme von Amts wegen. Es handelt sich also bei dem Kostenantrag des B um einen das Verfahren nicht fördernden Sachantrag. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn das Gericht nicht binnen einer angemessenen Zeit von sich aus eine Kostenentscheidung trifft.

     

    • Fall 5 (Berufung ohne Vorbehalt)

    A wird vom LG zur Zahlung von 15.000 EUR verurteilt und legt dagegen Berufung ein, ohne zu erklären, dass dies nur zur Fristwahrung erfolge. B stellt einen Zurückweisungsantrag. Später wird die Berufung zurückgenommen, ohne dass eine Begründung eingereicht wurde.

    Wird die Berufung ohne eine Erklärung zur Fristwahrung eingelegt, so ist nach h.M. auch hier die Stellung eines Sachantrags verfrüht und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich, solange ein Berufungsantrag nicht gestellt und das Rechtsmittel nicht begründet worden ist (BGH NJW 03, 1324). Erstattet wird also auch in diesem Fall nur die 1,1-Verfahrensgebühr (Nr. 3200, 3201 VV RVG) für den Meldeschriftsatz.

    2. Berufung wird verworfen

    Wird die Berufung verworfen, stellt sich die Frage, ob die volle 1,6-Verfahrensgebühr, oder nur die 1,1-Verfahrensgebühr erstattungsfähig ist.

     

    • Fall 6 (Berufung wird verworfen)

    A wird vom LG zur Zahlung von 15.000 EUR verurteilt und legt Berufung ein, ohne diese zu begründen. Nach Ablauf der Begründungsfrist weist der Senat darauf hin, dass die Berufung mangels fristgerechter Begründung unzulässig ist. Nun stellt B einen Antrag auf Verwerfung der Berufung, was dann auch geschieht.

    Ist die Begründungsfrist abgelaufen und besteht aufgrund einer Mitteilung des Berufungsgerichts kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Berufung mangels fristgerechter Begründung unzulässig ist, so ist nicht die volle 1,6-Verfahrensgebühr für den Antrag auf Zurückweisung der Berufung erstattungsfähig, sondern nur die 1,1-Verfahrensgebühr für den Bestellungsschriftsatz. Es besteht in diesem Fall kein billigenswerter Anlass, noch einen Sachantrag zu formulieren, zumal das Berufungsgericht nach § 522 Abs. 1 S. 1 ZPO von Amts wegen prüfen muss, ob die Begründungsfrist eingehalten ist und der Berufungsbeklagte auch nicht davon ausgehen kann, durch seinen Antrag das Verfahren wesentlich zu beschleunigen (BGH AGS 10, 50).

     

    • Abwandlung

    In Fall 6 stellt der B nach Ablauf der Begründungsfrist einen Verwerfungsantrag, ohne dass der Senat zuvor auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat.

    Bei einer solchen Fallgestaltung wird in der Rechtsprechung teilweise vertreten, dass die volle 1,6-Verfahrensgebühr erstattungsfähig ist (KG NJW-RR 09, 1007; OLG Stuttgart AGS 07, 272; OLG Stuttgart JurBüro 05, 366). Denn der Berufungsbeklagte könne durch seinen Antrag und dessen Begründung die Verwerfung der Berufung und damit das Berufungsverfahren fördern. Er habe ein berechtigtes Interesse daran, dass das erstinstanzliche Urteil so schnell wie möglich rechtskräftig werde, z.B. im Hinblick auf eine Zwangsvollstreckung. Auch eine wirtschaftlich vernünftige Partei dürfe von sich aus auf eine Verwerfung der gegnerischen Berufung hinwirken und müsse sich nicht darauf verlassen, dass sich das Gericht von Amts wegen zeitnah mit der Zulässigkeit der Berufung befasse . Es erscheint allerdings bedenklich, die Gebühr für einen Verwerfungsantrag generell als erstattungsfähig anzusehen, da es nach der ZPO eines solchen Antrags nicht bedarf. Etwas anderes könnte gelten, wenn das Gericht nicht von sich aus in angemessener Frist eine Entscheidung trifft.

     

    • Abwandlung

    Die Berufungsbegründung wird am letzten Tag der Frist bei Gericht eingereicht. Die Parteien streiten darum, ob das Gericht für das Berufungsverfahren überhaupt zuständig ist. Der Gegner stellt einen Verwerfungsantrag. Der Berufungskläger nimmt schließlich die Berufung zurück.

    Für den Fall, dass die Zulässigkeit der Berufung zwischen den Parteien streitig ist, handelt es sich bei dem Antrag auf Verwerfung um eine zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderliche Maßnahme (BGH NJW 09, 3102). Damit ist die volle 1,6-Verfahrensgebühr für den Verwerfungsantrag erstattungsfähig.

    3. Berufung wird nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen

    Gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO soll das Berufungsgericht die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückweisen, wenn sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

     

    • Fall 7 (Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO)

    A wird zur Zahlung von 15.000 EUR verurteilt und legt Berufung ein. Der Senat weist - nach entsprechendem Hinweis - die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück.

    Erteilt das Berufungsgericht einen solchen Hinweis, so ist hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der 1,6-Verfahrensgebühr zu differenzieren:

     

    • Variante 1

    In Fall 7 ist dem Gegner die Berufungsbegründung bereits zugestellt worden und dieser hat einen Zurückweisungsantrag gestellt. Sodann entscheidet der Senat nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO.

    Ist die Berufungsbegründung bereits zugestellt, ist die durch den Zurückweisungsantrag ausgelöste 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG auch erstattungsfähig. Denn sobald der Berufungskläger mit Antragstellung und Begründung das Rechtsmittelverfahren vorantreibt, ist auch der Berufungsbeklagte nicht mehr aus Gründen der Kostenminimierung gehalten, auf einen Sachantrag zu verzichten (OLG Hamburg OLGR 06, 814).

     

    • Variante 2

    In Fall 7 wird die Zustellung der Berufungsbegründung mit dem Hinweis verbunden, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 S. 2 ZPO). Der Gegner stellt nun einen Zurückweisungsantrag.

    Auch wenn der Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO bereits mit der Zustellung der Rechtsmittelbegründung verbunden wird, ist die Erstattungsfähigkeit der vollen 1,6-Verfahrensgebühr für den Zurückweisungsantrag zu bejahen. Denn es besteht ein schutzwürdiges Interesse des Berufungsbeklagten, mit anwaltlicher Hilfe in der Sache frühzeitig zu erwidern, um die vom Berufungsgericht beabsichtigte Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege durch eigene zusätzliche Argumente zu fördern (BGH NJW 04, 73; OLG Köln AGS 10, 515 ähnlich: OLG Koblenz OLGR 06, 792).

     

    Der Antrag auf Zurückweisung der Berufung ist in diesem Verfahrensstadium mehr als eine nur kostenerhöhende Maßnahme. Denn da das Berufungsgericht unter Fristsetzung eine Stellungnahme vom Berufungskläger verlangt (§ 522 Abs. 2 S. 2 HS. 2 ZPO), kann durch den Vortrag des Berufungsbeklagten, insbesondere im Hinblick auf eventuellen neuen Vortrag in der Berufungsinstanz, die Sach- und Rechtslage anders gewichtet werden.

     

    • Variante 3

    In Fall 7 wird die Berufungsbegründung zugestellt. Der Senat weist darauf hin, dass er zunächst keine Frist für eine Berufungserwiderung setze, weil er erst ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO prüfen wolle.

    Auch in diesem Fall ist die volle 1,6-Verfahrensgebühr erstattungsfähig (BGH NJW 10, 3170). Es liegt hier eine Verfahrenssituation vor, in der das Gericht lediglich darauf hinweist, dass es anhand des Akteninhalts prüfen wird, ob eine Zurückweisung der Berufung in Betracht kommt. Wenn aber sogar ein bereits erfolgter Hinweis nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO die Erstattungsfähigkeit der vollen Verfahrensgebühr nicht hindert, dann erst recht nicht der Hinweis, dass das Gericht zunächst die mögliche Verfahrensweise nach § 522 Abs. 2 ZPO zu prüfen gedenkt. Denn in diesem Fall hat das Gericht noch gar keine Einschätzung zu den Erfolgsaussichten der Berufung geäußert, sodass der Berufungsbeklagte ein schützenswertes Interesse daran hat, die Zurückweisung der Berufung mit eigenen Argumenten zu fördern um damit sein Verfahrensziel zu erreichen.

     

    Der Umstand, dass der Berufungskläger seine Berufung begründet hat, zeigt ausreichend deutlich, dass er gewillt ist, das Verfahren durchzuführen. In einem solchen Stadium kann dann nicht vom Berufungsbeklagten aus Kostengründen verlangt werden, erst einmal die Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO abzuwarten. Denn er kann weder sicher sein, ob das Gericht nach Prüfung der Akte überhaupt einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO erteilen wird, noch wie es dann - nach Stellungnahme des Berufungsklägers - tatsächlich in der Sache entscheidet.

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2011 | Seite 211 | ID 29675090