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  • · Fachbeitrag · Wahlverteidigergebühren

    Freispruch: Argumente für höhere Gebühren

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Münster/Augsburg

    | Im Fall eines Freispruchs des Mandanten gibt es im Straf- und Bußgeldverfahren oft Streit um die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Wahlanwaltsgebühren. Die Bezirksrevisoren als Vertreter der Staatskasse tendieren aus fiskalischen Gründen regelmäßig zu niedrigen Gebühren. Argumentationshilfe dagegen bietet eine Entscheidung des AG Köthen. |

     

    Sachverhalt

    Das AG hatte den Betroffenen im Bußgeldverfahren freigesprochen. Seine notwendigen Auslagen hat es der Landeskasse auferlegt. Der (Wahl-)Verteidiger hat für drei Hauptverhandlungstermine, an denen er teilgenommen hatte, jeweils die Terminsgebühr Nr. 5110 VV RVG in Höhe einer Mittelgebühr von 255 EUR geltend gemacht. Die Bezirksrevisorin hat die Terminsgebühren nur in Höhe von 180 EUR bzw. 150 EUR als erstattungsfähig angesehen. Das AG hat jedoch letztlich die Terminsgebühren jeweils in Höhe von 204 EUR festgesetzt (22.11.16, 13 OWi 31/16, Abruf-Nr. 192497).

     

    Relevanz für die Praxis

    Das AG geht davon aus, dass das Verfahren als leicht unterdurchschnittlich anzusehen war. Die Mittelgebühr von jeweils 255 EUR sei daher nicht gerechtfertigt. Das AG stellt aber klar: Die Terminsgebühren sind jeweils in Höhe der einem in gleicher Sache tätigen Pflichtverteidiger entstehenden Gebühr festzusetzen. Es sei nicht ersichtlich, warum einem Verteidiger bei einem Freispruch weniger Gebühren zustehen sollen, als einem Pflichtverteidiger, wenn dieser eine vergleichbare Angelegenheit wahrgenommen hätte.

     

    MERKE | Obwohl die Entscheidung für Verteidiger positiv ist, stellt sie eine Mindermeinung dar. Denn nach allgemeiner Meinung haben die für den Pflichtverteidiger im RVG vorgesehenen gesetzlichen (Fest-)Gebühren grundsätzlich auf die Bemessung der Gebühren des Wahlanwalts keine Auswirkungen. Insoweit handelt es sich um Festbetragsgebühren bzw. Pauschalgebühren, bei denen die besonderen Umstände des Einzelfalls - anders als bei den Rahmengebühren des Wahlanwalts - keine Rolle spielen. Folge: Die Gebühren des Wahlanwalts können daher auch niedriger als die eines Pflichtverteidigers sein (LG Koblenz Rpfleger 09, 698; LG Neuruppin 22.12.11, 11 Qs 72/11; 2.1.12, 11 Qs 62/11; LG Osnabrück Nds.Rpfl 08, 228; AG Koblenz JurBüro 05, 593). Das wäre nur unzulässig, wenn das RVG die Festbetragsgebühren des Pflichtverteidigers als Untergrenzen der Gebührenrahmen festgelegt hätte, was aber nicht der Fall ist.

     

    Trotz dieser entgegenstehenden Rechtsprechung sollten sich Verteidiger auf das AG Köthen berufen. Nur so kommt eine Diskussion um die allgemeine Höhe der Wahlanwaltsgebühren in Gang. Die Argumentation muss lauten: Wenn schon der Pflichtverteidiger eine so hohe Gebühr bekommt, dann muss ich sie als Wahlverteidiger erst recht erhalten. Denn nach dem Gebührengefüge des RVG sollen die Tätigkeiten des Wahlverteidigers mit höheren Gebühren als die der Pflichtverteidiger honoriert werden.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2017 | Seite 83 | ID 44574201