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  • · Fachbeitrag · Umbeiordnung

    Was ist mit „Mehrkosten“ eines Pflichtverteidigers?

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    | Welcher (Pflicht-)Verteidiger kennt nicht den Streit mit der Staatskasse in den Fällen der sog. einvernehmlichen Umbeiordnung, wenn „umbeigeordnet” wird unter der Vorgabe: „keine Mehrkosten für die Staatskasse”? Dann wird später oft mit dem Kostenbeamten darum gestritten, was denn nun „Mehrkosten” sind. Die Vertreter der Staatskasse tendieren dahin, zu sagen: alles oder so viel wie möglich. Das OLG Celle sieht das anders. |

     

    Sachverhalt

    Das AG hatte zunächst einen ortsansässigen Verteidiger zum Pflichtverteidiger bestellt. Ihn hatte das AG später entpflichtet und einen anderen (Wahl-)Pflichtverteidiger beigeordnet, der seinen Kanzleisitz in G. hat, unter dem Hinweis, dass durch die Umbeiordnung entstehende Mehrkosten nicht erstattet werden. Dagegen hatte der Pflichtverteidiger Beschwerde eingelegt, die aber u. a. mit der Begründung verworfen wurde, die Umbeiordnung sei nur möglich gewesen, wenn der Staatskasse keine Mehrkosten entstehen.

     

    Im Rahmen der Kostenfestsetzung beantragte der Verteidiger zusätzlich Fahrtkosten für drei Hauptverhandlungstermine i. H. v. jeweils 99,60 EUR (Nr. 7003 VV RVG) sowie Tage- und Abwesenheitsgeld i. H. v. 25 EUR (Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG) und zweimal 40 EUR (Nr. 7005 Nr. 2 VV RVG) nebst anteiliger Umsatzsteuer. Diese Positionen sind nicht festgesetzt worden. Begründung: Sie seien nur durch die Umbeiordnung entstanden, da der Verteidiger aus G. komme und nicht wie der vormalige Verteidiger aus H. Das Rechtsmittel des Verteidigers hatte Erfolg (OLG Celle 6.2.19, 2 Ws 37/19, Abruf-Nr. 208353).

     

    • 1. Die durch den Begriff der Mehrkosten bei einer Umbeiordnung geschützten Fiskalinteressen reichen nicht weiter, als wenn der Beschuldigte den jetzt gewählten Verteidiger von vornherein bezeichnet hätte und dieser hätte beigeordnet werden können.

     

    • 2. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass nach dem 2. Opferrechtsreformgesetz das Kriterium der Gerichtsnähe des Verteidigers i. d. R. keine entscheidende Voraussetzung für die Verteidigerbestellung mehr ist, ist der Mehrkostenbegriff bei einer Umbeiordnung dahin auszulegen, dass die Gebührenpositionen ausgeschlossen werden sollen, die durch die Umbeiordnung doppelt entstehen.
     

    Relevanz für die Praxis

    Der Vergütungsanspruch des bestellten Verteidigers bestimmt sich nach dem Beiordnungsbeschluss (§ 48 Abs. 1 RVG). Hier wurde eine Erstattung der durch die Umbeiordnung entstandenen Mehrkosten ausgeschlossen. Von dem auslegungsfähigen Begriff der „Mehrkosten“ werden aber die hier geltend gemachten Positionen der Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes nicht erfasst.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2019 | Seite 95 | ID 45851769