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  • · Fachbeitrag · Strafprozessrecht

    Reiseantritt reicht nicht für „geplatzten Termin“

    | Die Terminsgebühr für einen sog. geplatzten Termin nach Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG entsteht nur, wenn der Rechtsanwalt körperlich im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an dem Termin erscheint. Der bloße Antritt der Anreise reicht nicht. Das hat jetzt noch einmal das OLG Naumburg bekräftigt (12.8.20, 1 Ws [s] 154/20, Abruf-Nr. 218747 ). |

     

    Doch diese strikt am Gesetzeswortlaut orientierte Entscheidung widerspricht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, nämlich nutzlosen Zeitaufwand des Verteidigers zu honorieren. Und der ist nicht erst gegeben, wenn der Verteidiger im Sitzungssaal erscheint.

     

    Auch der Hinweis auf „Abgrenzungsprobleme“ geht fehl. Das Gericht führte insofern Folgendes aus: Will man bereits die Anreise zu einem Gerichtstermin für ein Erscheinen im Sinne der Vorschrift ausreichen lassen, würde dies zu erheblichen Unsicherheiten in der Abgrenzung führen. Denn die Anreise kann auf verschiedene Arten erfolgen: Beginnt die Anreise schon, wenn ein ortsansässiger Rechtsanwalt, der das Gerichtsgebäude zu Fuß aufsucht, sein Büro verlassen hat, oder ist eine Annäherung an das Gebäude erforderlich? Hat die Anreise mit dem Losfahren am Kanzleisitz des Rechtsanwalts begonnen? Kann eine dem Erscheinen gleichzusetzende Anreise erst angenommen werden, wenn ein Drittel oder mehr der Wegstrecke zurückgelegt worden ist? Bereits das LG Magdeburg hat überzeugend darauf hingewiesen, dass es ureigene Aufgabe von Richtern ist, gerade solche Abgrenzungsprobleme zu lösen (RVG prof. 20, 136). Das sollte auch einem OLG gelingen.

     

    Aus vergütungstaktischen Gesichtspunkten ist Verteidigern in den Fällen, in denen sie die Terminsabsage nach Reiseantritt erreicht, Folgendes zu empfehlen: Die Reise fortsetzen, um im (leeren) Gerichtssaal zu erscheinen, und sich so die Terminsgebühr für den „geplatzten Termin“ sichern.

    Quelle: ID 46935064