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  • · Fachbeitrag · Pflichtverteidigergebühren

    Bestellung mit Gebührenanrechnung unzulässig

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Wird der Verteidiger mit der Einschränkung beigeordnet, dass er sich die an einen als Pflichtverteidiger bereits beigeordneten Rechtsanwalt gezahlte Vergütung anrechnen lassen muss, kollidiert diese Beschränkung mit dem Vergütungsanspruch des Verteidigers, wenn sich der Rechtsanwalt mit der Einschränkung nicht einverstanden erklärt hat. Ein im Voraus erklärter (teilweiser) Gebührenverzicht des Pflichtverteidigers ist zulässig (OLG Braunschweig 9.6.11, Ws 126/11, Abruf-Nr. 113167).

    Sachverhalt

    Zunächst war Rechtsanwalt A als Pflichtverteidiger beigeordnet. An dessen Stelle wurde Rechtsanwalt B bestellt. Seine Bestellung ist vom LG dahin eingeschränkt worden, dass die bereits bei A entstandenen Gebühren in Abzug zu bringen sind, damit durch die Auswechselung des Pflichtverteidigers keine Mehrkosten entstehen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Ein im Voraus erklärter Gebührenverzicht des neuen Pflichtverteidigers ist zulässig und steht nicht im Widerspruch zu § 49b Abs. 1 BRAO. Hat er sich aber mit der Gebühreneinschränkung nicht einverstanden erklärt, kollidiert eine solche Beschränkung mit seinem Vergütungsanspruch als Verteidiger. Hier lag bei der Beiordnung von B keine Einverständniserklärung mit dem teilweisen Gebührenverzicht vor. Auch ein stillschweigendes Einverständnis des B liegt nicht vor. Denn B hat mit dem Hinweis, es bestehe kein Vertrauensverhältnis zwischen dem Verurteilten und A, ersichtlich einen wichtigen Grund für einen Anwaltswechsel und damit die Voraussetzungen für die eigene uneingeschränkte Beiordnung behauptet. Fehlt diese Einverständniserklärung, hätte das zwar dazu führen können, dass der Antrag auf Bestellung von B abgelehnt wird. Ist es aber vom Gericht versäumt worden, die Einverständniserklärung einzuholen, darf sich das nicht zulasten des Verteidigers auswirken, der eine entsprechende Verzichtserklärung gerade nicht abgegeben hat. 

     

    Praxishinweis

    Die h.M. geht davon aus, dass die Pflichtverteidigerbeiordnung inhaltlich beschränkt werden kann (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 140 Rn. 5). Eine gebührenrechtliche Beschränkung wird hingegen als unzulässig angesehen (Volpert in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., Teil A: Umfang des Vergütungsanspruchs [§ 48 Abs. 1], Rn. 1388). Eine gebührenrechtliche Beschränkung des Gebührenanspruchs kann sich nur aus RVG-Vorschriften ergeben bzw. setzt das Einverständnis mit dieser Einschränkung voraus (LG Zwickau StRR 09, 242). Zutreffend ist es, wenn das OLG in dem Zusammenhang die Zulässigkeit eines Gebührenverzichts des Rechtsanwalts bejaht hat (vgl. dazu Burhoff/Burhoff. a.a.O., Teil A: Gebühren-/Vergütungsverzicht, Rn. 647; unzutreffend a.A. OLG Naumburg, RVG prof. 10, 133).

    Quelle: Ausgabe 10 / 2011 | Seite 173 | ID 28150970