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  • · Fachbeitrag · Erstreckung

    Keine zusätzliche Erstreckungsanordnung

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Die kostenrechtliche Rückwirkung gemäß § 48 Abs. 5 S. 1 RVG erfasst die Tätigkeit als Wahlverteidiger in allen Verfahren, die vor der Beiordnung verbunden worden sind. Einer zusätzlichen Anordnung der Erstreckung auf verbundene Verfahren gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG bedarf es in diesen Fällen nicht. Eine Erstreckungsanordnung gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG ist nur veranlasst, wenn die Verbindung der Verfahren nach der Beiordnung des Verteidigers erfolgt (OLG Bremen 7.8.12, Ws 137/11, Abruf-Nr. 123110).

    Sachverhalt

    Rechtsanwalt R verteidigte den Angeklagten in mehreren Verfahren. Diese waren zum Teil schon im Ermittlungsverfahren verbunden worden, zum Teil erst in der Hauptverhandlung. Danach wurde R als Pflichtverteidiger beigeordnet. Eine Erstreckung gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG wurde weder beantragt, noch beschlossen. Festgesetzt wurden nur die im führenden Verfahren entstandenen Gebühren. Das LG hat auf Beschwerde des R auch die übrigen Gebühren anerkannt. Das Rechtsmittel der Staatskasse hatte keinen Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Die in den verbundenen Verfahren entstandenen Grund- und Verfahrensgebühren ergeben sich bereits unmittelbar aus § 48 Abs. 5 S. 1 RVG. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verteidiger wirkt auch kostenrechtlich zunächst allein in die Zukunft. Von diesem Grundsatz macht § 48 Abs. 5 RVG drei Ausnahmen. Dem Wortlaut des § 48 Abs. 5 S. 3 RVG lässt sich aber kein Hinweis entnehmen, dass es einer Erstreckungsanordnung gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG auch bei einer Verbindung der Verfahren vor der Beiordnungsentscheidung des § 48 Abs. 5 S. 1 RVG bedarf. Satz 3 setzt ersichtlich voraus, dass die Verbindung zu einem Verfahren erfolgt, in dem bereits eine Beiordnungsentscheidung getroffen worden ist. Die gegenteilige Auffassung lässt in der Praxis schwer zu überwindende Anwendungshindernisse und kaum begründbare Zufallsergebnisse besorgen. Eine Erstreckungsanordnung ist mithin nur veranlasst, wenn die Verbindung der Verfahren nach der Beiordnung des Verteidigers erfolgt. Diese Verbindungen werden in aller Regel durch die Gerichte der Hauptsache zu einem Zeitpunkt vorgenommen, zu dem sich die Frage problemlos beantworten lässt, ob auch in dem hinzu zu verbindenden Verfahren eine Verteidigerbestellung notwendig wäre und deshalb eine Erstreckung der Wirkungen des § 48 Abs. 5 S. 1 RVG anzuordnen ist.

     

    Praxishinweis

    Das OLG Koblenz hat in dieser Frage gerade erst anders entschieden (OLG Koblenz AGS 12, 390; ebenso OLG Oldenburg RVG prof. 11, 104; OLG Rostock RVG prof. 09, 155). Zutreffend ist diese Ansicht jedoch nicht. Die wohl h.M. entscheidet wie das OLG Bremen (KG JurBüro 09, 531; OLG Hamm RVGreport 05, 273; OLG Jena Rpfleger 09, 171; LG Dortmund StraFo 06, 358). Der Verteidiger sollte aber trotzdem immer ausdrücklich die Erstreckung beantragen.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2012 | Seite 186 | ID 36122090