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  • · Fachbeitrag · Erstattung von Aktenkopien

    Anwaltsfreundliche Argumentationshilfen

    | Häufig gibt es Streit darüber, ob die vom Verteidiger aus der Akte gefertigten Kopien zu erstatten sind. Meist sind die AG in dieser Frage großzügiger als die LG und OLG. Ein Beispiel liefert das AG Iserlohn. Es gibt Verteidigern argumentative „Munition“, wenn ein Gericht mal wieder an der falschen Stelle sparen möchte. |

     

    Entscheidungsgründe

    Das AG verweist allgemein darauf, dass es einem Strafverteidiger nicht zuzumuten sei, die Akte bereits bei Erhalt durchzuarbeiten, nur um entscheiden zu können, welche Schriftstücke möglicherweise noch relevant für das weitere Verfahren sein könnten. Hinzu komme, dass sich diese Frage in einem frühen Verfahrensstadium, in dem oft auch noch keine Besprechung mit dem Mandanten stattgefunden hat, nicht ohne Weiteres beurteilen lasse (16.9.16, 5 Ls 614 Js 153/15-103/15, Abruf-Nr. 193371).

     

    Relevanz für die Praxis

    Eine davon abweichende Rechtsauffassung führt für den Rechtsanwalt zu einer nicht vertretbaren Mehrarbeit, die ineffektiv ist und die dem im Strafverfahren gebotenen Beschleunigungsgrundsatz zuwiderläuft: Dem Verteidiger wird bei Akteneinsicht regelmäßig aufgegeben, die Akte binnen drei Tagen zurückzusenden. Dies lässt - wenn überhaupt - nur eine grobe Sichtung der Akte zu. Vielen Strafverteidigern ist es jedoch aufgrund ständiger (Auswärts-)Termine nicht möglich, die Akten bei Eingang durchzusehen. Sie - und damit auch das Gericht - sind für eine zügige Rücksendung darauf angewiesen, dass die Akten vom Kanzleipersonal eigenständig kopiert werden.

     

    Die Prüfung im Einzelfall, welche Seiten tatsächlich benötigt werden, lässt sich aber nicht vorab vom Verteidiger auf seine Mitarbeiter übertragen. Zumal eine solche Prüfung im Regelfall dem Verteidiger nicht abschließend möglich sein wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Eine Ausnahme macht das AG bei umfangreichen Fallakten, Fremdakten, Beiakten oder Sonderbänden, die den vertretenen Angeklagten nicht sofort klar erkennbar betreffen, bei denen Abgrenzungen zu anderen Angeklagten vorzunehmen sind oder die augenscheinlich ohne Relevanz sind. Diese bedürfen zumindest einer vorläufigen groben Sichtung durch den (Pflicht-)Verteidiger. Hier muss er bestimmen, was zu kopieren ist.

     

    Weiterführende Hinweise

    • AG Bochum RVGprof. 08, 103
    • AG Bremen RVGprof. 11, 175
    Quelle: Ausgabe 06 / 2017 | Seite 101 | ID 44641718