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  • 31.08.2009 | Strafverfahren

    Gesetzliche Gebühren in verbundenen Verfahren

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Wird der Wahlverteidiger erst nach Verbindung der Verfahren zum Pflichtverteidiger bestellt, so bleiben die bereits zuvor und bis zur Verbindung in den Einzelsachen entstandenen Wahlverteidigergebühren bestehen (OLG Rostock 27.4.09, 1 Ws 8/09 (RVG), Abruf-Nr. 092646).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Gegen den Angeklagten waren sechs Verfahren anhängig. Der Anwalt war nur in den Verfahren 1, 2 und 4 als Wahlverteidiger tätig. Der Amtsrichter verband zunächst mit Verfügung im Verfahren 1 diese sechs Verfahren. Darüber hinaus wurde der Anwalt zum Pflichtverteidiger im führenden Verfahren 1 bestellt. Später erstreckte der Amtsrichter gemäß § 48 Abs. 5 S. 3 RVG die Wirkungen des § 48 Abs. 5 S. 1 RVG auch auf die hinzuverbundenen Verfahren 2 und 4. In diesen wurden dem Pflichtverteidiger als gesetzliche Gebühren die Grund- und Verfahrensgebühren gemäß Nr. 4101 VV RVG und Nr. 4107 VV RVG sowie die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG als Pflichtverteidigervergütung gewährt. Der Anwalt hat später noch eine Pauschgebühr nach § 51 RVG geltend gemacht. Diese ist ihm nicht gewährt worden.  

     

    Ausgangspunkt für die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung vorliegen, sind die gesetzlichen Gebühren des Pflichtverteidigers. Vor der Bestellung als Wahlverteidiger entfaltete Tätigkeiten und bereits dadurch entstandene Gebühren bleiben außer Betracht, sofern kein Fall des § 48 Abs. 5 S.1 RVG vorliegt oder eine Entscheidung nach § 48 Abs. 5 S. 3 RVG ergangen ist. Die Festsetzung der Grund- und Verfahrensgebühren sowie der Pauschale Nr. 7002 VV RVG in Höhe der Pflichtverteidigergebühren für die Verfahren 2 und 4 ist fehlerhaft. Wird der Wahlverteidiger erst nach Verbindung der Verfahren zum Pflichtverteidiger bestellt, bleiben die bis zur Verbindung entstandenen Wahlverteidigergebühren bestehen. Gemäß § 48 Abs. 5 S. 1 RVG kann er sie nicht nochmals als Pflichtverteidiger ersetzt verlangen. Das Problem der Erstreckung stellt sich in derartigen Fällen nicht.  

     

    Praxishinweis

    Die Ansicht des OLG ist unzutreffend und die Gewährung der Gebühren durch das AG zutreffend. Es geht nicht darum, ob der Anwalt, der als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist, Wahlanwaltsgebühren noch einmal geltend machen kann, sondern darum, ob er als Pflichtverteidiger auch solche Tätigkeiten mit den gesetzlichen Gebühren vergütet bekommt, die er als Wahlanwalt in den hinzuverbundenen Verfahren erbracht hat. Insoweit ist § 48 Abs. 5 S. 1 RVG einschlägig und vom AG zutreffend angewendet worden. Daher hätte es - insofern ist die Ansicht des OLG zutreffend - des Erstreckungsbeschlusses nicht bedurft. Die ausdrückliche Erstreckung nach § 48 Abs. 5 S. 3 RVG ist nur erforderlich, wenn der Anwalt in einem Verfahren bereits als Pflichtverteidiger beigeordnet ist und dann zu diesem Verfahren weitere Verfahren, in denen er nicht als Pflichtverteidiger beigeordnet ist, in denen er aber als Wahlanwalt tätig war, hinzuverbunden werden (OLG Jena JurBüro 09, 138).